Krankenversicherung - Beschäftigung - Familientherapie
Tatbestand:
Im Streit steht der sozialversicherungsrechtliche Status der Klägerin zu 1) in ihrer Tätigkeit als Familientherapeutin für
die Klägerin zu 2) in der Zeit vom 1. August 2009 bis 25. Januar 2011.
Die Klägerin zu 2) ist ein anerkannter Träger der Kinder- und Jugendhilfe. Die Berliner Jugendämter beauftragen sie gemäß
§ 4 Sozialgesetzbuch Achtes Buch (SGB VIII) mit ambulanten Hilfen zur Erziehung und mit Eingliederungshilfen für behinderte junge Menschen. Im Streit sind hier Tätigkeiten
der ambulanten Erziehungshilfe nach § 27 Abs. 3 SGB VIII. Die Klägerin schloss hierzu mit dem Land Berlin einen Trägervertrag ab (Leistungs-Entgelt- und Qualitäts-Entwicklungsvereinbarungen;
Trägervertrag Nr. 1402/2007).
Durch Einzelfallverträge mit dem jeweils örtlich zuständigen Jugendamt verpflichtete sie sich zur Durchführung der Leistung
im Einzelfall im Rahmen des Vertrages und zu den Bedingungen des Trägervertrages. Der Abschluss eines Einzelfallvertrages
setzte die vorherige Feststellung des Anspruches und des Bedarfs im Rahmen des Hilfeplanverfahrens voraus.
Die Klägerin zu 2) bediente und bedient sich zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen überwiegend festangestellter Mitarbeiter.
Ausschließlich die Familientherapie lässt sie durch freie Therapeuten durchführen. Die Auftragsvergabe wurde dabei durch eine
Angestellte koordiniert. Das Team der Familientherapeutinnen trat unter dem Namen "D" auf.
Das Prozedere stellte und stellt sich allgemein so dar: Ein pädagogisch-therapeutischer Bedarf ergibt sich aufgrund von Auffälligkeiten
in der Familiensituation und im Verhalten des jeweiligen Kindes, die dem Jugendamt gemeldet werden, an das sich manche Familien
auch direkt wenden. Erscheint dem Jugendamt nach dem Ergebnis seiner eigenen Aufklärungsbemühungen eine Familientherapie geboten
und sind die Eltern damit einverstanden, diese Hilfe anzunehmen, bittet das Jugendamt einen möglichst nahe am Wohnort der
Familie ansässigen Träger um die Übernahme dieser Therapie. Der Hilfeplan enthält lediglich die Problembeschreibung (Symptombeschreibung)
die (möglicherweise unterschiedlichen) Ziele der beteiligten Personen der Familie, die für erforderlich und geeignet erhaltene
Hilfeart - hier aufsuchende Familientherapie - und Absprachen oder ähnliches mit den Erziehungsberechtigten zur kontinuierlichen
und verlässlichen Therapieteilnahme. Da die aufsuchende Familientherapie regelmäßig durch zwei Therapeuten durchgeführt wird,
sucht sich jeder Therapeut seinen Co-Therapeuten selbst, wobei nicht unbedingt auf Honorarkräfte der Klägerin zu 2) zurückgegriffen
wird.
Die Klägerin zu 1) ist Diplom-Psychologin. Sie hat sich im Schwerpunkt systemische Familientherapie weitergebildet. Sie war
seit 2003 als Psychologin für den sozialpsychiatrischen Dienst in zwei Berliner Bezirksämtern, als Leiterin beim D und als
Familientherapeutin für einen Jugendhilfeträger tätig. Seit Ende Juli 2009 ist sie im Rahmen eines Teilzeitbeschäftigungsverhältnisses
beim D tätig.
Sie war im streitgegenständlichen Zeitraum als Familientherapeutin für die Klägerin zu 2) tätig. Die Klägerin zu 2) und sie
schlossen hierzu am 29. Juli 2009 einen "Vertrag über freie Mitarbeit".
Die Klägerin zu 1) betreute mit einem Co-Therapeuten im Auftrag der Klägerin zu 2) durchschnittlich etwa vier Fälle als Familientherapeutin
gleichzeitig.
Am 4. September 2009 stellten die Kläger gemeinsam einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status.
Die Klägerin zu 1) gab unter anderem an, Eigenakquise bei den zuständigen Jugendämtern zu betreiben bzw. dass die Sozialarbeiter
sich direkt an die Familientherapeuten wie sie wendeten.
An der Erstellung des Hilfeplanes seien maßgeblich das Jugendamt, die Familie und die Therapeutin beteiligt. Auf der Helferkonferenz
werde der Hilfeplan erstellt. Die Klägerin zu 2) mache keine Vorgaben zur Methodik und Therapie, sie -die Klägerin zu 1)-
habe vielmehr ihre eigene Konzeption zur aufsuchenden Familientherapie. Die Klägerin zu 2) biete keine Fortbildungsseminare
oder Supervisionen an.
Am Ende der Hilfe erfolge ein Bericht an das Jugendamt.
Nach vorangegangener Anhörung stellte die Beklagte gegenüber den Klägern mit Bescheid vom 9. März 2010 fest, dass die Tätigkeit
als Familientherapeutin bei der Klägerin zu 2) seit dem 1. August 2009 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses
ausgeübt werde. Die Versicherungspflicht dem Grunde nach beginne mit dem Tag der Aufnahme der Beschäftigung. In der Gesamtwürdigung
aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten Tatsachen überwögen die Merkmale einer abhängigen Beschäftigung.
Die Klägerinnen erhoben hiergegen am 16. März 2010 Widerspruch.
Die Klägerin zu 2) reichte die konkreten Hilfepläne ein.
Die Beklagte änderte mit Bescheid vom 29. November 2010 den Bescheid vom 9. März 2010 dahingehend ab, dass in der seit dem
1. August 2009 ausgeübten Beschäftigung als Familientherapeutin bei der Klägerin zu 2) Versicherungspflicht in der Krankenversicherung,
der Pflegeversicherung, der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe. Die Versicherungspflicht
beginne am 1. August 2009.
Sie wies mit Widerspruchsbescheid vom 7. März 2011 den Widerspruch der Klägerin gegen die versicherungsrechtliche Beurteilung
zurück.
Die Klägerinnen haben hiergegen am 24. März 2011 Klage vor dem Sozialgericht Berlin (SG) erhoben. Zur Begründung haben sie unter anderem ausgeführt, die Beklagte stelle zu Unrecht auf eine vorgebliche Gesamtverantwortung
des Jugendamtes aus § 79 SGB VIII ab. Der Spielraum der Klägerin zu 1) bei der Durchführung der Familientherapie habe damit nichts zu tun. Die Klägerin zu
2) habe ihr keine Weisungen erteilt. Dass die Arbeitszeit sich nach den persönlichen Belangen der zu betreuenden Personen
zu richten habe, begründe keine Eingliederung in den Betrieb der Klägerin zu 2). Auch die Einhaltung von Qualitätsstandards
sei kein taugliches Kriterium für eine unselbständige Beschäftigung. Auch die Vereinbarung von Arbeitsstundenkontingenten
und eines Stundensatzes spreche nicht für Abhängigkeit. Solches gebe es auch bei anderen Freiberuflern. Auch trage die Klägerin
zu 1) ein Unternehmerrisiko und habe alle materiellen Mittel, die sie für ihre Arbeit benötige selbst finanziert (Räumlichkeiten
für das Anfertigen von Berichten, entsprechende Ausstattung, Haftpflichtversicherung, Telefon, Kleidung und Arbeitsmittel).
Das SG hat durch Urteil vom 20. November 2014 den Bescheid der Beklagten vom 9. März 2010 in der Gestalt des Bescheides vom 29.
November 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 7. März 2011 aufgehoben und festgestellt, dass die Klägerin zu
1) hinsichtlich ihrer Tätigkeit als Familientherapeutin bei der Klägerin zu 2) in der Zeit vom 1. August 2009 bis 25. Januar
2011 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der
Arbeitsförderung unterlag. Weder habe die Klägerin zu 2) der Klägerin zu 1) Aufgaben zugeteilt noch habe sie deren Arbeitszeiten
oder den Arbeitsort beeinflussen können. Sie sei auch nicht verpflichtet gewesen, andere Mitarbeiter der Klägerin zu 2) zu
vertreten. Das gesamte Team der Familientherapeuten sei von den weiteren fest angestellten Mitarbeitern insoweit abgegrenzt
gewesen, als dass diese nicht an Meetings teilnahmen, keine dienstlichen Mailadressen verwandten und nicht Teil des betrieblichen
Beschwerdemanagements gewesen seien. Die Klägerin zu 2) habe lediglich bei der Kontaktaufnahme zwischen dem Jugendamt und
der Familientherapeutin als Vermittlerin fungiert.
Gegen das ihr am 3. Dezember 2014 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten vom 23. Dezember 2014.
Zur deren Berufung hat sie u. a. ausgeführt, es sei rechtlich gar nicht zulässig, dass die Klägerin zu 1) ihre Tätigkeit für
die Klägerin zu 2) rechtlich selbständig ausübe. Die Klägerin zu 1) sei nach Übernahme der Aufträge auch nicht völlig frei
gewesen.
Sie beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. November 2014 aufzuheben und die Klagen abzuweisen.
Die Klägerinnen beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Kläger haben ausgeführt, nach den Berliner Regelungen könnten ambulante Leistungen sehr wohl durch freie Mitarbeiter erbracht
werden. Die Klägerin habe auch ein Unternehmerrisiko. Sie trage das Risiko der Auftragsakquise.
Auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze und die erwähnten Unterlagen wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung hat Erfolg.
Die Klage ist abzuweisen, da der streitgegenständliche Bescheid vom 9. März 2010 in der Fassung des Änderungsbescheides vom
19. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. März 2011 rechtmäßig ist und die Klägerinnen nicht in ihren
Rechten verletzen.
Der Eintritt von Versicherungspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung
wegen Aufnahme einer abhängigen Tätigkeit bestimmt sich nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch, § 5 Abs. 1
Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch, § 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch und § 20 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes
Buch. Die für den Eintritt von Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung sowie der Kranken-, Renten- und sozialen
Pflegeversicherung danach erforderliche Beschäftigung wird in §
7 Abs.
1 SGB IV näher definiert. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für
eine Beschäftigung sind nach §
7 Abs.
1 Satz 2
SGB IV eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Abzugrenzen ist die eine
Versicherungspflicht begründende abhängige Beschäftigung von einer selbständigen Tätigkeit. Nach der Rechtsprechung des BSG liegt Beschäftigung vor, wenn die Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit erbracht wird. Dieses Merkmal ist bei einer Beschäftigung
in einem fremden Betrieb gegeben, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und mit seiner Tätigkeit einem Zeit,
Dauer, Ort und Art der Ausführung erfassenden Weisungsrecht unterliegt. Dabei kann sich die Weisungsgebundenheit insbesondere
bei Diensten höherer Art zu einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinern. Dagegen ist eine selbständige
Tätigkeit durch ein eigenes Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über
die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen freie Gestaltung von Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob eine abhängige
Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit vorliegt, richtet sich danach, welche der genannten Merkmale bei Betrachtung des
Gesamtbildes der Verhältnisse überwiegen (vgl. zum Ganzen BSG Urt. v. 25. April 2012 - B 12 KR 24/10 R - juris-Rdnr. 16).
Ausgangspunkt der Prüfung, ob die Klägerin zu 1) bei der Klägerin zu 2) im Rahmen einer Beschäftigung oder als Selbständige
tätig wurde, sind die für ihre Tätigkeit maßgebliche vertraglichen Vereinbarungen.
Hier ist zwar mit dem SG davon auszugehen, dass die Klägerin und die Beigeladene eine Beschäftigung auf freier Basis vereinbaren wollten. Allerdings
ist bereits nach dem Vertrag der Status der Tätigkeit unklar. Dieser ist einerseits als "Vertrag über freie Mitarbeit" bezeichnet.
Die Arbeit soll jedoch nach § 2 (Arbeitsumfang, Gestaltung) Nr. 2 S. 2 in einem Ko-Therapeutenteam erfolgen. Eine Abstimmung
ist also erforderlich. Der Leistungsumfang richte sich weiter nach der Leistungsbeschreibung des Landesjugendamtes und der
Bewilligung des zuständigen bezirklichen Jugendamtes. In § 2 Nr. 4 heißt es dann, Weisungen bezüglich der des Arbeit freien
Mitarbeiters durch die Klägerin zu 2) bezögen sich lediglich auf das Ergebnis der Beratung/Therapie.
Der Klägerin zu 2) ist damit vertraglich ein ausdrückliches Weisungsrecht gerade hinsichtlich des therapeutischen Kernbereichs
der Tätigkeit eingeräumt.
Soweit der Geschäftsführer der Klägerin zu 2) erklärt hat, er könne sich die Klausel in § 2 Ziffer 4 nicht mehr erklären,
nach der Erinnerung habe "D" den Vertrag mitgebracht, ändert dies an der Regelung nichts.
Dass die Klägerin zu 2) von diesem Weisungsrecht keinen Gebrauch gemacht hat, ist für die rechtliche Einordnung nicht von
Relevanz.
Für die Frage einer Beschäftigung im Sinne des §
7 Abs.
1 SGB IV kommt es nur auf die rechtliche Möglichkeit im (gedachten) Konfliktfall an. Eine "Schönwetter-Selbstständigkeit" ist nämlich
mit Blick auf das Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände schwerlich hinnehmbar
und nicht anzuerkennen (BSG, Urteil vom 19. August 2015 - B 12 KR 9/14 R -, Rdnr. 35 mit Bezugnahme u. a. auf BSGE 111, 257).
Damit kommt es auf die tatsächliche Ausgestaltung der Verhältnisse nicht mehr an. Aber auch nach diesen ist hier von Abhängigkeit
auszugehen.
Der Senat ist hier zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin zu 1) in tatsächlicher Hinsicht einem Weisungsrecht unterlegen
hat. In der praktischen Umsetzung der vertraglichen Vereinbarung stellte sich ihre Tätigkeit als in die Arbeitsorganisation
der Klägerin zu 2) integriert dar.
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats gehört die Tätigkeit als Familienhelfer zu den durch die Persönlichkeit des Dienstleisters
bestimmten Tätigkeiten, die sowohl in der Form einer abhängigen Beschäftigung als auch in der einer selbständigen Tätigkeit
erbracht werden (vgl. bereits Urteil des erkennenden Senats v. 17. Januar 2014 - L 1 KR 137/13). Nicht der Rahmen einer bestehenden betrieblichen Organisation, sondern die Fähigkeiten, Kenntnisse und Erfahrungen des
konkret und einzeln handelnden Familienhelfers sind prägend für die Ausgestaltung der Tätigkeit.
(Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 06. November 2015 - L 1 KR 88/14 -, Rdnr. 40, juris). Gleiches gilt grundsätzlich auch für die Tätigkeit einer Psychologin als ("aufsuchende") Familientherapeutin.
Eine abhängige Beschäftigung der Klägerin zu 1) ergibt sich auch jedenfalls noch nicht daraus, dass die Klägerin zu 2) gegenüber
dem Jugendamt als Kostenträger verpflichtet war, die ambulante Erziehungshilfe nach den Vorgaben des SGB VIII zu erbringen. Wie dem erkennenden Senat und auch den Beteiligten aus einer Vielzahl an Verfahren bekannt ist, bewilligen
die Bezirksämter als Träger der Jugendhilfe (Jugendamt) durch Bescheid gegenüber den betroffenen Eltern Jugendhilfemaßnahmen,
mit deren Durchführung sie die Klägerin zu 2) unter Bezugnahme auf die Regelungen des Berliner Rahmenvertrags für den Jugendhilfebereich
und die von der Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung abgeschlossenen Trägervertrag beauftragen. Den Regelungen
des SGB VIII, insbesondere den §§ 79 Abs. 1, 21 und 36 SGB VIII, aber auch § 8a SGB VIII in der ab dem 1. Oktober 2005 geltenden Fassung kann nicht entnommen werden, dass die Helfer in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis
stehen müssen. Aus leistungsrechtlicher Sicht des SGB VIII können Leistungen etwa der Familienhilfe sowohl durch abhängig Beschäftigte als auch durch selbständig Tätige erbracht werden
(so für Leistungen nach dem SGB VIII bereits ausdrücklich BSG, Urt. v. 25. April 2012 - B 12 KR 24/10 R - juris-Rdnr. 18ff). Auch die dem Jugendamt verbleibende Gesamtverantwortung (§ 79 SGB VIII) und die Verpflichtung des Trägers auf die Einhaltung von Qualitätsstandards hinzuwirken (§ 79a SGB VIII) ändern daran nichts. Denn diese Verpflichtung betrifft lediglich das Verhältnis zwischen der Klägerin zu 1) als Träger und
dem jeweiligen Bezirksamt, nicht das Verhältnis zwischen ihr und der Klägerin zu 2). Eine Weisungsbefugnis bedarf aber einer
gesonderten rechtlichen Grundlage. Dafür reicht nicht aus, dass bei der Ausübung einer Dienstleistung bestimmte öffentlich-rechtliche
Vorgaben zu beachten sind (Urteil des BSG vom 25. April 2012 - B 12 KR 24/10 R - juris-Rdnr. 19). Auch der zwischen dem Land Berlin und der Klägerin zu 2) geschlossene Vertrag enthält nicht die Vorgabe,
dass die (selbständigen) Leistungsträger die von ihnen übernommenen Jugendhilfeaufgaben ihrerseits nur mit abhängig Beschäftigten
erfüllen dürften.
Einige der bereits genannten, im Rahmen des §
7 SGB IV für die Abgrenzung zwischen selbständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung entwickelten Kriterien sind für die Einstufung
der Tätigkeit eines Therapeuten wie die eines Familienhelfers oder eines Einzelfallhelfers ohne wesentliche Bedeutung. Denn
angesichts der Umstände, welche die Ausübung dieser Tätigkeit prägen, haben sie keine Aussagekraft dafür, ob die Tätigkeit
in Abhängigkeit oder als Selbständiger verrichtet wird. Das betrifft die Fragen des Unternehmerrisikos, das Nutzen fremder
Arbeitsmittel und die freie Zeiteinteilung. Insoweit ist die Tätigkeit dadurch bestimmt, dass die Träger der Jugendhilfe (auch)
an die selbständigen von ihnen beauftragten Leistungsträger einen bestimmten Stundensatz zahlen, der sich nicht an einem besonderen
unternehmerischen Erfolg, sondern an der Dauer der erbrachten Dienstleistung orientiert. Deswegen stellt es kein Argument
für oder gegen die Selbständigkeit eines Helfers dar, dass er wegen des festen Stundensatzes nicht das Risiko trägt, Arbeitsleistungen
zu erbringen ohne eine Vergütung dafür zu erhalten.
Der Senat hat deshalb in ständiger Rechtsprechung geurteilt, für die Tätigkeit nach dem SGB VIII sei typisch, dass sie mit dem zu betreuenden Kind oder Jugendlichen und in dessen Wohnumfeld erbracht seien, der Helfer dabei
alleine arbeite und nicht in einen betrieblichen arbeitsteiligen Prozess eingebunden sei. Das Fehlen des für eine abhängige
Beschäftigung eigentlich kennzeichnenden Faktors einer arbeitsteiligen Einbindung in eine fremde betriebliche Organisation
vermöge daher nicht zu belegen, dass der therapeutische Helfer als Selbständiger gearbeitet habe. Umgekehrt spreche nicht
für eine abhängige Beschäftigung, dass sich ein Helfer für die zeitliche Verabredung seiner Tätigkeit an den terminlichen
Möglichkeiten des von ihm zu betreuenden Kindes oder Jugendlichen zu orientieren habe. Diese Notwendigkeit ergebe sich nämlich
aus der Natur der Sache.
Hier hat die Klägerin als Therapeutin allerdings nicht alleine gearbeitet. Die Betreuung erfolgte in einem Team mit einem
Co-Therapeuten. Bereits dies kann auf eine Eingliederung in eine fremde Organisation hindeuten.
Die Klägerin zu 1) hat in der mündlichen Verhandlung beim SG selbst ausgeführt, sie hätten als Kollegium beraten, ob ein Fall inhaltlich und fachlich passe und welches Team ihn übernehmen
könne. Am Ende sei als Team eine Entscheidung getroffen worden. Die Koordinatorin habe dann nach der Teambesprechung zugesagt,
an der ersten Hilfekonferenz hätten ein Sozialarbeiter, beide Therapeuten und die Familie teilgenommen. Wenn eine Therapeutin
verhindert gewesen sei, seien die Termine auch mal einzeln wahrgenommen worden.
Im Unterschied zu bereits vom Senat entschiedenen Fällen kann nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Beteiligten damit
nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin zu 1) den maßgeblichen Hilfeplan in alleiniger Verantwortung entworfen hat.
Die Klägerin zu 1) ist zudem auch nach außen hin als Mitarbeiterin der Klägerin zu 2) erschienen, was als Indiz ebenfalls
auf eine Einordnung in deren Betrieb spricht.
Bei Gelegenheitsarbeitsverhältnissen ist es weiter nicht ausgeschlossen, dass die Arbeit nur zu den Zeiten und zu den Bedingungen
stattfindet, zu welchen der Arbeitnehmer bereit ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG und entspricht dem Ergebnis in der Sache.
Gründe für die Zulassung der Revision nach §
160 Abs.
2 Nr.
1 oder 2
SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um einen Einzelfall.