Erstattung von Aufwendungen für eine stationäre Krankenhausbehandlung
Voraussetzungen eines Eilfalles
Bedarfsbezogenes Moment
Sozialhilferechtliches Moment
Notsituation
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Aufwendungen für eine stationäre Krankenhausbehandlung in Höhe von 54.665,83
EUR.
Die Klägerin betreibt das Uklinikum in B. In dieses wurde am 22.12.2012 (Samstag) der Patient M S (geboren ...) mit einem
MCA Infarkt (Schlaganfall) eingeliefert und dort vom 22. Dezember 2012 bis zum 20. März 2013 behandelt. Die Klägerin gibt
an, dass insgesamt Behandlungskosten i.H.v. 54.665,83 EUR entstanden seien, die dem Patienten am 2. April 2013 in Rechnung
gestellt worden sind.
Der Patient war zum Zeitpunkt der Krankenhausaufnahme im Zuständigkeitsbereich des Beklagten wohnhaft. Bei der privaten Krankenversicherung
SIKa.G. war der Patient vom 1997 bis 2010 versichert. In einem späteren Antrag zur Prüfung der Aufnahme bei einer privaten
Krankenversicherung gab der Patient an, von 1997 bis 2010 bei der privaten Krankenversicherung "SI" versichert gewesen zu
sein. Er gab an, selbständig tätig zu sein und zuletzt Einnahmen in Höhe von 4.000,00 EUR monatlich erzielt zu haben. Er habe
einen Existenzgründerzuschuss im Januar 2012 erhalten. Die Klägerin ging offenbar bei Aufnahme des Patienten davon aus, dass
der Kläger bei der S I K a.G. weiterhin versichert sei. Diese teilte der Klägerin unter dem 14. Januar 2013 mit, dass Kosten
nicht übernommen werden könnten. Unter dem 14. Januar 2013 unterschrieb der Patient einen Antrag auf Gewährung von Leistungen
nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - SGB II -. In diesem Antrag wurde u.a. angegeben, dass der Patient nicht krankenversichert sei und als Selbständiger Einnahmen in
Höhe von 4.000,00 EUR erziele.
Mit einem "Antrag Kostenübernahme im Rahmen des § 25 SGB Zwölftes Buch" vom 26. März 2013, der bei dem Beklagten am 28. März
2013 einging, beantragte die Klägerin "vorsorglich" die Übernahme der Krankenhauskosten, eine Rechnung werde nachgereicht,
ebenso ein von dem Patienten ausgefüllter Fragebogen zu seinen persönlichen Verhältnissen.
Der Beklagte lehnte mit Bescheid vom 10. April 2013 die Kostenübernahme ab. Der Patient habe zum Personenkreis der Pflichtversicherten
gemäß §
5 Abs.
1 Nr.
13 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch -
SGB V - gehört. Diese Pflichtversicherung sei vorrangig.
Mit ihrem Widerspruch vom 09. Juli 2013 machte die Klägerin geltend, dass ein Krankenversicherungsverhältnis zum Zeitpunkt
der Aufnahme des Patienten nicht mehr bestanden habe. Im Gegensatz zu einer Vorversicherung bei der gesetzlichen Krankenversicherung
greife eine Versicherung bei einer privaten Krankenversicherung erst ab Wiederaufnahme durch diese und nicht rückwirkend.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16. April 2014 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Der Antrag auf Kostenübernahme sei jedenfalls
nicht innerhalb einer angemessenen Frist nach § 25 Satz 2 SGB XII gestellt worden. Das Interesse des Sozialhilfeträgers gehe dahin, möglichst zeitnah zu prüfen, ob bei Dritten Rückgriff genommen
werden könne. Eine Antragstellung sei daher in der Regel angemessen, wenn sie innerhalb eines Monats ab Kenntnis des Nothelfers
von der wahrscheinlichen Sozialhilfebedürftigkeit erfolge. Der Erstattungsantrag der Klägerin sei nicht innerhalb dieser Frist
eingegangen. Die Ablehnung der Kostenübernahme durch das private Krankenversicherungsunternehmen habe der Klägerin bereits
am 14. Januar 2013 vorgelegen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte eine Kostenübernahme beantragt werden müssen, um mögliche
Ersatzansprüche des Trägers der Sozialhilfe gegen die Krankenkasse nicht zu vereiteln. Zu diesem Zeitpunkt habe sich der Patient
noch in stationärer Behandlung befunden und eine Klärung unklarer Verhältnisse sei möglich gewesen. Da ein Antrag auf Leistungen
nach dem SGB II bereits am 14. Januar 2013 gestellt worden sei, habe die Klägerin auch bereits ab diesem Zeitpunkt Kenntnis von der möglichen
Sozialhilfebedürftigkeit gehabt. Weiterhin müsse eine Hilfebedürftigkeit bei dem Empfänger der Nothilfe vorgelegen haben.
Der Patient habe angegeben, zuletzt 4.000,00 EUR brutto monatlich verdient zu haben. Ein sozialhilferechtlicher Bedarf des
Patienten sei nicht nachgewiesen. Die Klägerin habe sich vorrangig an den Patienten zu wenden.
Daraufhin hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Berlin erhoben, mit der sie weiterhin die Erstattung der Kosten von dem
Beklagten begehrt hat. Sie hat geltend gemacht, der Patient habe angegeben, privat krankenversichert zu sein. Tatsächlich
sei er bei der S I K a.G. privat krankenversichert gewesen, dieses Versicherungsverhältnis habe jedoch schon im Oktober 2010
geendet. Eine Rücksprache mit dem Patienten sei zunächst nur begrenzt möglich gewesen, da dessen Sprachfähigkeit eingeschränkt
gewesen sei. Eine Rückfrage bei dem Krankenversicherungsunternehmen habe ergeben, dass der Patient dort nicht mehr versichert
gewesen sei. Eine Ablehnung der Kostenübernahme durch die private Krankenversicherung sei am 14. Januar 2013 erfolgt. Der
Antrag auf Kostenübernahme bei dem Beklagten sei innerhalb einer angemessenen Frist gestellt worden. Es sei bei der Beurteilung
der Angemessenheit auf den konkreten Einzelfall abzustellen. Sie, die Klägerin, habe nicht schon bei oder kurz nach Aufnahme
des Patienten den Beklagten informieren können, weil erst später bekannt geworden sei, dass eine Mitgliedschaft in einer privaten
Krankenversicherung nicht bestanden habe. Es habe zunächst keine Veranlassung bestanden, den Beklagten über die Krankenhausbehandlung
zu informieren. Während des stationären Aufenthaltes des Patienten habe sie, die Klägerin, sich intensiv bemüht, ein bestehendes
privates Versicherungsverhältnis abzuklären bzw. sich eine Kostenzusage von einer privaten Krankenversicherung geben zu lassen.
Diese Bemühungen seien mit dem Schreiben der S I vom 14. Januar 2013 noch nicht beendet gewesen. Es habe weitere Korrespondenz
mit der Versicherung stattgefunden, so datiere das letzte Schreiben der SIKa.G. in dieser Sache vom 2. April 2014. § 25 SGB XII solle dem Krankenhaus das Irrtumsrisiko in Bezug auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit seiner Patienten grundsätzlich
nicht abnehmen. Dies gelte jedoch nicht, wenn eine Benachrichtigung des Sozialhilfeträgers gerade aus Gründen der Unvorhersehbarkeit
und Eilbedürftigkeit der Leistung unterbleibe. Andernfalls müssten alle Krankenhäuser, die Notfallpatienten behandelten, unabhängig
von den Angaben des Patienten jeweils beim zuständigen Sozialhilfeträger vorsorglich alsbald einen Antrag auf Kostenübernahme
stellen. Sie, die Klägerin, habe alles getan, um den Sachverhalt aufzuklären.
Der Beklagte ist der Klage unter Verweis auf die Begründung des Widerspruchsbescheides entgegengetreten.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 9. Februar 2017 die Klage abgewiesen. Die Voraussetzungen für einen Anspruch nach § 25 SGB XII seien nicht gegeben. Zwar sei vorliegend das bedarfsbezogene Element des Eilfalls gegeben gewesen, weil eine sofortige medizinische
Hilfe in Form einer stationären Krankenhausbehandlung erforderlich gewesen sei. Die Klägerin habe auch zunächst ohne Verletzung
einer Obliegenheit davon ausgehen dürfen, den Sozialhilfeträger nicht einschalten zu müssen. Dies habe sich jedoch am 14.
Januar 2013 mit der Mitteilung des Versicherungsunternehmens, dass eine Kostenübernahme nicht möglich sei, geändert. Ab diesem
Zeitpunkt habe für die Klägerin keine Kostensicherheit bestanden. Die Überprüfung der für die Kostensicherheit wesentlichen
Umstände gehöre zu den Obliegenheiten eines ordnungsgemäßen Krankenhausbetriebes, das Irrtums- und Fehleinschätzungsrisiko
werde dem Nothelfer nicht abgenommen. Dass die Klägerin am 14. Januar 2013 erkannt habe, dass der Patient möglicherweise nicht
für die Behandlungskosten würde aufkommen können, zeige die Veranlassung der Antragstellung nach dem SGB II. Es sei nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen nicht gleichzeitig ein Antrag nach § 25 SGB XII bei dem Beklagten gestellt worden sei. Es sei unerheblich, dass sich die Klägerin noch über einen längeren Zeitraum bemüht
habe, eine Kostenzusage durch eine private Krankenversicherung zu erreichen. Soweit in der Zeit vom 22. Dezember 2012 bis
zum 14. Januar 2013 sowohl das bedarfsbezogene als auch das sozialhilferechtliche Element eines Eilfalles gegeben gewesen
sei, müsse für das Bestehen eines Erstattungsanspruchs der Klägerin gegenüber dem Beklagten darüber hinaus Hilfebedürftigkeit
in der Person des Patienten vorgelegen haben. Dies könne dahingestellt bleiben, da die Klägerin den Erstattungsanspruch jedenfalls
nicht innerhalb einer angemessenen Frist beim Beklagten geltend gemacht habe. Aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität sei
eine Frist von einem Monat als angemessen anzusehen, die regelmäßig mit dem Ende des Eilfalls beginne. Vorliegend habe der
Eilfall am 14. Januar 2013 geendet, so dass die Frist am 14. Februar 2013 geendet habe. Am 28. März 2013 sei die Frist daher
abgelaufen gewesen.
Gegen das am 16. Februar 2017 zugestellte Urteil richtet sich die am 15. März 2017 eingelegte Berufung, mit der die Klägerin
ihr Begehren weiterverfolgt.
Sie macht im Wesentlichen geltend, das Bundessozialgericht - BSG - habe hinsichtlich der Ausschlussfrist keine abschließende Festlegung getroffen. Bei der Beurteilung, was angemessen sei,
sei jeweils auf den konkreten Einzelfall abzustellen. Es seien die Belange und Möglichkeiten des Nothelfers einerseits und
die des Sozialhilfeträgers andererseits zu berücksichtigen. Das Sozialgericht habe nicht einbezogen, dass besondere Umstände
vorgelegen hätten, die eine Verlängerung der Frist bis zum 2. April 2014 erforderlich gemacht hätten. Die Klägerin habe den
Beklagten nicht schon bei oder kurz nach Aufnahme des Patienten informieren können, weil dessen Mitgliedschaft in einer privaten
Krankenversicherung noch hätte überprüft werden müssen. Dies habe die Klägerin während des stationären Aufenthaltes intensiv
versucht. Erst eine Rückfrage bei der SIKa.G. habe ergeben, dass der Patient dort nicht mehr versichert gewesen sei. Die Ablehnung
der Kostenübernahme durch die Versicherung sei unter dem 14. Januar 2013 erfolgt. Dem Ablehnungsschreiben sei jedoch keine
Begründung zu entnehmen gewesen. Es sei aus Erfahrung bekannt, dass die Privatversicherer zunächst grundsätzlich eine Kostenübernahme
ablehnen würden. Deshalb habe sich die Klägerin nicht mit der Ablehnung zufrieden geben dürfen. Sie, die Klägerin, habe abwarten
dürfen, ob die Versicherung ihre Entscheidung korrigiere. Diese Verhandlungen hätten sich über einen längeren Zeitraum hingezogen.
Erst mit Schreiben vom 2. April 2014 habe das Versicherungsunternehmen endgültig eine Kostenübernahme abgelehnt. Da es eine
gesetzlich festgelegte Frist im Sinne des § 25 Satz 2 SGB XII nicht gäbe, seien bei der Beurteilung der Angemessenheit die Umstände des Einzelfalles heranzuziehen. Die Rechtsprechung
hierzu sei variabel. Bei dem Hinweis des Sozialgerichts, dass die Klägerin am 14. Januar 2013 erkannt habe, dass der Patient
möglicherweise nicht für die Behandlungskosten würde aufkommen können, handele es sich um eine reine Vermutung, die durch
nichts belegt sei. Vielmehr forderten die Bezirksämter des Beklagten von den Kliniken durchweg den Nachweis der Beantragung
von Leistungen nach dem SGB II durch den Patienten. Geschehe dies nicht, nehme der Beklagte dies als Argument, dass Hilfebedürftigkeit nicht nachgewiesen
sei. Die Klägerin habe deshalb rein vorsorglich unter dem 14. Januar 2013 einen entsprechenden Antrag aufgenommen und an das
Jobcenter Berlin-Mitte gesendet. Dies belege jedoch keineswegs, dass die Klägerin davon ausgegangen sei, eine Erstattung durch
die Privatversicherung sei nicht mehr erreichbar gewesen. Stelle man auf das Schreiben vom 14. Januar 2013 ab, so bestünde
ein Anspruch auf Kostenerstattung für in der Zeit vom 22. Dezember 2012 bis zum 14. Januar 2013 erbrachte Leistungen.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 09. Februar 2017 und den Bescheid des Beklagten vom 10. April 2013 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 16. April 2014 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 54.665,83 EUR zu
zahlen.
Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Das Bestehen eines Eilfalles erfordere ein sozialhilferechtliches Element,
dass eine rechtzeitige Leistung des Sozialhilfeträgers objektiv nicht zu erlangen gewesen sei. Sobald für den Krankenhausträger
die Mittellosigkeit eines Patienten erkennbar sei, bestünde eine Verpflichtung zur unverzüglichen Mitteilung an den Sozialhilfeträger,
deren Unterlassen das Ende des Eilfalles zur Folge habe. Vorliegend sei ab Ablehnung der Kostenübernahme unter dem 14. Januar
2013 durch das Krankenversicherungsunternehmen der Eilfall beendet gewesen. Es komme nicht darauf an, dass die Klägerin weiterhin
versucht habe, das Krankenversicherungsunternehmen zu einer Übernahme der Kosten zu bewegen. Das sozialhilferechtliche Element
entfalle nicht erst dann, wenn der Nothelfer sicher weiß, dass er einen Antrag stellen müsse, sondern bereits dann, wenn er
vermuten müsse, dass eine Kostenübernahme auf einem anderen Weg nicht erfolgversprechend sein könnte. Die Beantragung von
Leistungen nach dem SGB II zeige vorliegend, dass diese Vermutung bei der Klägerin bestanden habe. Ab Ende des Eilfalles sei der Antrag innerhalb eines
Monats zu stellen. Die angemessene Frist habe damit am 14. Februar 2013 geendet. Selbst wenn der Monatsfrist keine Ausschließlichkeit
zukomme, habe die Klägerin keinerlei besondere Umstände vorgetragen. Er, der Beklagte, habe auch nicht die Kosten, welche
zwischen dem 22. Dezember 2012 und dem 14. Januar 2013 entstanden seien, zu erstatten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte
und der Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung beraten und entscheiden, weil die Beteiligten sich mit dieser
Entscheidungsweise einverstanden erklärt haben (§§
153 Abs.
1,
124 Abs.2
Sozialgerichtsgesetz -
SGG -).
Die statthafte Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Das Sozialgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen. Der angefochtene
Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte
die für die Behandlung des Patienten S(P) entstandenen Kosten ersetzt. Die Voraussetzungen hierfür nach der hier allein in
Betracht kommenden Anspruchsgrundlage des § 25 SGB XII sind nicht erfüllt.
Nach § 25 Satz 1 SGB XII sind demjenigen, der in einem Eilfall einem anderen Leistungen erbracht hat, die bei rechtzeitigem Einsetzen von Sozialhilfe
nicht zu erbringen gewesen wären, die Aufwendungen in gebotenem Umfang zu erstatten, wenn er sie nicht aufgrund rechtlicher
oder sittlicher Pflicht selbst zu tragen hat.
Diese Vorschrift regelt abschließend einen Kostenersatzanspruch einer (auch juristischen) Person, die anstelle des Sozialhilfeträgers,
hier des Beklagten, Hilfeleistungen ohne dessen Auftrag erbringt (BSG v. 23.08.2013 - B 8 SO 19/12 R - juris, Rn. 21).
Voraussetzung ist danach, dass für die Zeit, für die für eine Leistungserbringung Aufwendungen zur Erstattung gefordert werden,
ein Eilfall im Sinne der Vorschrift vorgelegen hat. Dies ist nach den zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts in dem
angefochtenen Urteil schon nicht für den gesamten hier geltend gemachten Zeitraum der Behandlungen vom 22. Dezember 2012 bis
zum 20. März 2013 gegeben.
Ein Eilfall ist dann gegeben, wenn nach den Umständen des Einzelfalls umgehend geholfen werden muss und eine rechtzeitige
Einschaltung des Trägers der Sozialhilfe nicht möglich gewesen ist (Neumann in Hauck/Noftz, § 25 SGB XII, Rn. 9, m.w.N.). Ein Eilfall in diesem Sinne erfordert das Zusammentreffen eines bedarfsbezogenen mit einem sozialrechtlichen
Moment. Das bedarfsbezogene Moment verlangt, dass bei dem Empfänger der Nothilfe ein bestehender Bedarf unabweisbar ist und
unmittelbar durch den Nothelfer gedeckt werden muss. Das sozialhilferechtliche Moment ist dann erfüllt, wenn der Sozialhilfeträger
keine Kenntnis von dem Leistungsfall hatte, eine rechtzeitige Leistung objektiv nicht zu erlangen ist. Die Notsituation muss
keine Zeit zur Unterrichtung des zuständigen Trägers und dessen Entschließung zur Hilfegewährung gelassen haben (vgl. Waldhorst-Kahnau
in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, § 25, Rn. 20 ff., m.w.N.; BSG, a.a.O., Rn. 17 f.).
Danach lagen die Voraussetzungen eines Eilfalles im Sinne des § 25 Satz 1 SGB XII hier zunächst ab 22. Dezember 2012 vor, denn P. wurde mit einem Schlaganfall in die Krankenhauseinrichtung der Klägerin eingeliefert
und musste umgehend einer Akutbehandlung zugeführt werden. Das bedarfsbezogene Element des Eilfalles war damit durch das Erfordernis
des unmittelbaren Eingreifens der erforderlichen Behandlung in dem Krankenhaus gegeben. Das bedarfsbezogene Element bestand
auch nach den mit den Akten vorliegenden Nachweisen der bis zur Entlassung am 20. März 2013 erbrachten Krankenhausleistungen
für den Zeitraum der Krankenhausbehandlung fort (vgl. zum Fortbestand des Eilfalles BSG, a.a.O., Rn. 17). Es ist nicht ersichtlich, dass während der Zeit des stationären Aufenthalts die Behandlungen des P. nicht
(weiterhin) notwendig waren, P. der besonderen sächlichen und personellen Ausstattung eines Krankenhauses bedurfte (§
27 Abs.
1 Satz 2 Nr.
5 i.V.m. §
39 SGB V); dies wird von dem Beklagten auch nicht in Abrede gestellt.
Auch lag zunächst, wie vom Sozialgericht zutreffend angenommen, das sozialhilferechtliche Moment vor, denn eine rechtzeitige
Leistung des Beklagten war im Hinblick auf die Notfallsituation (Schlaganfall) jedenfalls unmittelbar mit Behandlungsbeginn
objektiv nicht zu erlangen.
Das sozialhilferechtliche Moment des Eilfalles im Sinne des § 25 SGB XII endet mit der Kenntnis des Sozialhilfeträgers von dem Bedarfsfall, die Kenntnis bildet die Zäsur für die sich ausschließenden
Ansprüche des Nothelfers und des Hilfebedürftigen (BSG, a.a.O., Rn. 18). Diese "Zäsur" tritt allerdings auch dann ein, wenn für den Nothelfer die Mittellosigkeit des Hilfeempfängers
erkennbar ist und er den Träger der Sozialhilfe nicht informiert (Waldhorst-Kahnau., a.a.O.; BSG v. 18.11.2014 - B 8 SO 9/13 R juris, Rn. 16). Es besteht im Hinblick darauf, dass der Nothelfer im Sinne des § 25 SGB XII eine dem Träger der Sozialhilfe obliegende öffentliche Aufgabe wahrnimmt und dies nur für die Zeit gerechtfertigt sein kann,
in der der Sozialhilfeträger selbst keine Kenntnis des Bedarfsfall hat und haben kann (vgl. BSG v. 23.08.2013 - B 8 SO 19/12 R - a.a.O., Rn. 22), eine Obliegenheit des Nothelfers, den Sozialhilfeträger dann zu informieren,
wenn ihm Umstände bekannt werden, die ein Eintreten des Sozialhilfeträgers möglich erscheinen lassen. Dann ist es an dem Träger
der Sozialhilfe, im Rahmen eines bei ihm angesiedelten Verwaltungsverfahrens die weitere Eintrittspflicht der Sozialhilfe
zu prüfen und ggf. bedarfsdeckende Leistungen zu gewähren. Die Obliegenheit schließt zwar ein, dass das Krankenhaus selbst
prüft, ob ein eintrittspflichtiger Dritter (Krankenkasse) einzutreten hat. Soweit die Klägerin jedoch meint, im vorliegenden
Fall habe ihre Prüfpflicht noch bis Abschluss der Krankenhausbehandlung, gar bis April 2014 bestanden und deshalb sei der
Beklagte nicht zu unterrichten gewesen, ist dem nicht zu folgen.
Vor dem Hintergrund der bestehenden Aufgaben des Trägers der Sozialhilfe und der nur ausnahmsweisen Erbringung von Leistungen
für diesen durch den Nothelfer muss sichergestellt sein, dass der öffentliche Träger frühzeitig Kenntnis von einem (möglichen)
Bedarfsfall erhält. Deshalb endet eine in diesem Sinne "Eilzuständigkeit" des Nothelfers schon dann, wenn eine Kostentragung
einer Krankenkasse zweifelhaft ist (vgl. BSG v. 23.08.2013 - B 8 SO 19/12 R - a.a.O., Rn. 22) und erst recht, wenn die zunächst für leistungspflichtig gehaltene Krankenkasse
gegenüber dem Nothelfer eine Kostenübernahme ablehnt (vgl. für den Fall der Verneinung eines Versicherungsschutzes durch den
Patienten BSG v. 18.11.2014 - B 8 SO 9/13 R - a.a.O., Rn. 16). Vorliegend war spätestens am 14. Januar 2012 der Eilfall beendet, da spätestens
zu diesem Zeitpunkt der Klägerin bekannt geworden ist, dass die bisher als einstandspflichtig angenommene Krankenkasse die
nicht unerheblichen Kosten der Behandlungen nicht übernehmen werde und der Klägerin andere einzusetzende Mittel des P. nicht
bekannt waren. Damit hat zu diesem Zeitpunkt die Einschaltung des Beklagten für die Klägerin nahegelegen. Dass die Klägerin
weiterhin einen entgegen der Mitteilung der Krankenkasse bestehenden Versicherungsschutz des P. hat klären wollen, führt gerade
nicht dazu, dass weiterhin von einem Eilfall im Sinne des § 25 SGB XII auszugehen ist. Die Möglichkeit des Aufwendungsersatzes für den Nothelfer nach § 25 SGB XII begründet nicht eine Stellung des Sozialhilfeträgers als "Ausfallbürge" (vgl. Urteil des Senats v. 29.11.2007 - L 23 SO 119/06
- a.a.O., Rn. 25) bezogen auf das Risiko des Krankenhausträgers, einen nicht solventen Patienten behandelt zu haben. Die Kostenunsicherheit
und damit zusammenhängende weitere Klärung begründet nicht einen Eilfall, weil der Erstattungsanspruch nicht von den Vorstellungen
des Helfers von der finanziellen Leistungsfähigkeit des Hilfeempfängers abhängt (BVerwG v. 31.005.2001 - 5 C 20/00 - juris, Rn. 12). Die Regelung des § 25 SGB XII verdrängt nicht die Prüfung der Kostensicherheit im ordnungsgemäßen Krankenhausbetrieb, so dass die weitere Prüfung der Klägerin,
ob ein Versicherungsschutz bestand, unabhängig von der Unterrichtungspflichtobliegenheit des Sozialhilfeträgers zu betrachten
ist.
Dass die Klägerin vorliegend bereits am 14. Januar 2013 ernsthafte Zweifel an der Leistungsfähigkeit des P. hatte, verdeutlicht
die veranlasste Antragstellung auf Leistungen nach dem SGB II, worauf bereits das Sozialgericht vollkommen zutreffend verweist. Da bereits diese Zweifel - wie dargestellt - einen Eilfall
im Sinne des § 25 SGB XII beendeten, kommt es nicht darauf an, ob und wann der Antrag beim Träger der Leistungen nach dem SGB II eingegangen ist und damit Kenntnis des Beklagten vom Bedarfsfall nach § 18 SGB XII bewirkt worden ist (vgl. hierzu BSG v. 26.08.2008 - B 8/9b SO 18/07 R - juris, Rn. 22 ff.). Dass die Klägerin anführt, der Antrag auf Leistungen nach dem SGB II sei lediglich gestellt worden, weil der Beklagte regelmäßig in Erstattungsverfahren nach § 25 SGB XII eine Antragstellung des Hilfeempfängers auf existenzsichernde Leistungen verlange, bestätigt ausdrücklich, dass die Klägerin
bereits am 14. Januar 2013 ihre "Funktion als Nothelfer" erkannt hatte und Vorkehrungen für die Durchsetzbarkeit eines Erstattungsanspruchs
hat treffen wollen. Aus welchen Gründen sie nicht gleichzeitig den Beklagten von der möglichen Hilfebedürftigkeit des P. unterrichtet
hat, erschließt sich nicht.
Zutreffend hat das Sozialgericht entschieden, dass auch ein Ersatzanspruch für erbrachte Leistungen in dem Zeitraum bis zum
14. Januar 2013 nicht besteht.
Selbst wenn in diesem Zeitraum die (weiteren) Voraussetzungen eines Eilfalls im Sinne des § 25 Satz 1 SGB XII vorgelegen haben sollten, ist die Erstattung von der Klägerin nicht rechtzeitig bei dem Beklagten geltend gemacht worden.
In der Beantragung von SGB II - Leistungen für den Patienten unter dem 14. Januar 2013 - soweit diese von der Klägerin veranlasst worden ist - kann schon
kein Antrag auf Erstattung der Kosten eines Nothelfers gesehen werden, weshalb dahinstehen kann, ob eine entsprechende Kenntnis
des SGB II-Trägers dem Beklagten zuzurechnen wäre. Der allein vom Patienten unterzeichnete Antrag gab für den Empfänger keinen Hinweis
darauf, dass ein Dritter - die Klägerin - einen eigenen - weiteren - Anspruch geltend macht. Der am 28. März 2013 schließlich
erfolgte Antrag der Klägerin war nicht rechtzeitig.
Nach § 25 Satz 2 SGB XII besteht ein Erstattungsanspruch nach § 25 Satz 1 SGB XII nur, wenn die Erstattung innerhalb einer angemessenen Frist beim zuständigen Träger der Sozialhilfe beantragt wird. Der unbestimmte
Rechtsbegriff der "Angemessenheit" im Sinne des Satzes 2 ist nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalles auszulegen und
gerichtlich voll zu überprüfen (Waldhorst- Kahnau, a.a.O., Rn. 53; Neumann, a.a.O., Rn. 26; Hohm in Schellhorn/Hohm/Schneider,
SGB XII, 19. Auflage 2015, § 25, Rn. 11.2). Zu berücksichtigen sind die Interessen des Hilfeleistenden an einer Erstattung sowie die Interessen desjenigen,
der für die Kosten der Hilfen erstattungspflichtig sein könnte, der Träger der Sozialhilfe, die zur Hilfegewährung Vorkehrungen
treffen müssten (Waldhorst-Kahnau, a.a.O., Rn. 53 m.w.N.). Die Frist beginnt in der Regel mit dem Ende des Eilfalls im Sinne
des § 25 Satz 1 SGB XII, weil dies nach den oben dargestellten Grundsätzen der frühestmögliche Zeitpunkt ist, zu dem der Nothelfer Veranlassung zur
Geltendmachung von Erstattungsansprüchen hat (so auch BSG v. 23.08.2013 - B 8 SO 19/12 R - a.a.O., Rn. 28). Soweit vertreten wird, die Frist könne nicht erst dann beginnen, wenn feststünde,
dass ein Versicherungsschutz nicht bestehe (vgl. Verweise bei Waldhorst-Kahnau, a.a.O., Rn. 56), ist dem entgegen zu halten,
dass - wie dargestellt - ein Eilfall bereits dann beendet ist, wenn Zweifel an der Eintrittspflicht eines Dritten bestehen,
da dann die Obliegenheit zur Unterrichtung des Sozialhilfeträgers besteht.
Da Sinn und Zweck der Frist in § 25 Satz 2 SGB XII ist, dass der Sozialhilfeträger möglichst frühzeitig von dem Hilfefall unterrichtet wird, um gegebenenfalls Vorkehrungen
für die weitere Hilfegewährung treffen zu können (Bieback in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Auflage 2014, § 25, Rn. 35), ist in der Regel eine einmonatige Frist angemessen (vgl. Bieback, a.a.O.; BSG v. 23.08.2013 - B 8 SO 19/12 R - juris, Rn. 28). Zwar mag im Einzelfall eine längere Frist aus auf Seiten des Nothelfers
bestehenden besonderen Umständen angemessen sein. Vorliegend hat die Klägerin jedoch keine besonderen Umstände dargelegt.
Soweit sie meint, sie habe zu einem weiteren Krankenversicherungsschutz weiter zu ermitteln gehabt, verkennt sie, dass für
die Zeit der Ermittlungen jedenfalls nach dem 14. Januar 2013 schon ein Eilfall nach § 25 Satz 1 SGB XII nicht gegeben war. Es liegen insgesamt keine Umstände vor, die die Klägerin daran gehindert hätten, mit den mit der Mitteilung
der SIKa.G. vom 14. Januar 2013 bekannt gewordenen erheblichen Zweifeln an der Leistungsfähigkeit des P. und naheliegenden
Möglichkeit der Hilfebedürftigkeit nach dem SGB XII binnen eines Monats und damit vor der tatsächlichen Antragstellung am 28. März 2013 einen Erstattungsanspruch anzumelden.
Dass die Klägerin irrtümlich davon ausgegangen ist, dass ein Unterrichtung des Sozialhilfeträgers noch nicht zu erfolgen hatte,
kann jedenfalls nicht einen besonderen Umstand für eine längere Frist begründen.
Soweit die Klägerin geltend macht, sie habe sich nicht mit der Ablehnung der Kostenübernahme durch das private Krankenversicherungsunternehmen
zufrieden geben dürfen, betrifft dies keinen "Umstand", der einer Geltendmachung von Erstattungsansprüchen entgegengestanden
hätte. Wie bereits dargelegt mag es sogar im Hinblick auf eine ungewisse Eintrittspflicht des Sozialhilfeträgers im Hinblick
auf nachzuweisende Sozialhilfebedürftigkeit des P. für die Klägerin ratsam gewesen sein, weiterhin einen solventen Eintrittspflichtigen
zu ermitteln. Um jedoch den möglichen Sozialhilfeträger in Anspruch nehmen zu können, verlangt das Gesetz, dort in einer auch
für diesen Träger angemessenen Frist einen Aufwendungsersatzanspruch geltend zu machen. Dass dies der Klägerin innerhalb eines
Monats nach Ablehnung der Kostenübernahme durch das private Krankenversicherungsunternehmen nicht möglich gewesen ist, macht
die Klägerin schon nicht geltend.
Da die Klägerin nach allem einen Anspruch nach § 25 Satz 1 SGB XII nicht innerhalb einer angemessenen Frist gegenüber dem Beklagten geltend gemacht hat, besteht ein Anspruch nach § 25 Satz 1 SGB XII für geltend gemachten Krankenbehandlungen für P. nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§
183,
193 SGG. Die Klägerin macht Ansprüche als Nothelfer nach § 25 SGB XII geltend und gehört damit zum kostenprivilegierten Personenkreis des §
183 SGG (vgl. BSG v. 11.06.2008 - B 8 SO 45/07 B -, juris, Rn. 9; v. 12.12.2013 - B 8 SO 13/12 R -, a.a.O., Rn. 23).
Gründe für die Zulassung der Revision nach §
160 Abs.
2 SGG lagen nicht vor.