Tatbestand:
Im Streit ist die Rechtmäßigkeit eines Arzneimittelregresses mit Blick auf die Verordnung des Medikaments LeukoNorm C.® (im
Folgenden: LeukoNorm) für das Quartal II/2002.
Der Kläger hat seine medizinische Ausbildung in der Türkei absolviert und an der Universität I. im Bereich der Medizin promoviert
("TIP Dr. Univ. Ist."). Er nimmt als Facharzt für Frauenheilkunde an der vertragsärztlichen Versorgung im Bezirk der beigeladenen
Kassenärztlichen Vereinigung teil. Er hat sich auf die Reproduktionsmedizin spezialisiert und ist Gründer und Leiter des K.-Zentrums
"K.". Der Kläger erbringt insbesondere ärztliche Leistungen in Form von IVF- und ICSI-Behandlungen.
Das Arzneimittel LeukoNorm der C. AG ist ein zulassungspflichtiges Fertigarzneimittel in der Darreichungsform Trockensubstanz
und Lösungsmittel. Es ist ein verschreibungspflichtiges Pulver zur Herstellung einer Injektionslösung (Auflösung in isotonischer
Natriumchloridlösung), die intramuskulär zu injizieren und vom Hersteller zur Anwendung bei Erwachsenen gedacht ist. Der Wirkstoff
ist humanes Leukozyten-Ultrafiltrat, das aus den weißen Blutkörperchen gesunder Blutspender gewonnen wird. LeukoNorm wird
als Immuntherapeutikum eingesetzt bei Erkrankungen der körpereigenen Abwehr. Durch LeukoNorm wird ein immunologischer Impuls
gesetzt, der eine Normalisierung unzureichender oder überschießender immunologischer Reaktionen ermöglicht. Das Arzneimittel
wird nach der Gebrauchsinformation des pharmazeutischen Unternehmers angewendet bei Erkrankungen, bei denen eine eingeschränkte
Funktionsfähigkeit der körpereigenen Abwehr (Immunsystem) nachgewiesen wurde oder mit hoher Wahrscheinlichkeit zu vermuten
ist. Hierzu gehören nach der Gebrauchsinformation als sonstige Indikationen auch immunologisch bedingte habituelle Aborte
und die Verbesserung der Ergebnisse bei immunologisch bedingten, mehrfachen, frustranen Behandlungszyklen bei künstlicher
Befruchtung (IVF oder ICSI).
Das Arzneimittel war in der DDR entwickelt und dort 1986 zugelassen worden und aufgrund dieser Zulassung dort verkehrsfähig.
Aufgrund des Einigungsvertrages vom 3. Oktober 1990 in Verbindung mit § 2 Nr. 2 und Anlage 3 Kapitel II Nr. 1 § 4 Abs. 1 der
Verordnung zur Überleitung des Rechts der Europäischen Gemeinschaften auf das in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannte
Gebiet vom 18. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2915) - eine dem § 105 des Arzneimittelgesetzes (AMG) vergleichbare Übergangsnorm - galt es als sog. DDR-Altarzneimittel auch im Gebiet der alten Bundesrepublik als zugelassen
(sog. fiktive Zulassung) und war bei Stellung eines Verlängerungsantrags verkehrsfähig. Ein Wirksamkeitsnachweis nach den
Regeln des AMG liegt einer fiktiven Zulassung nicht zugrunde. Eine Arzneimittelzulassung nach §§ 21 und 25 AMG liegt mit ihr nicht vor. Erst mit der Verlängerung des Arzneimittels - vgl. § 4 Abs. 2 der oben genannten Verordnung und § 105 AMG - ist die Prüfung der Wirksamkeit nach dem AMG abgeschlossen und hat das Arzneimittel eine Zulassung nach dem geltenden AMG. Ein Antrag auf Verlängerung der - fiktiven - Zulassung (sog. Nachzulassung) war im Juni 1991 durch die C. AG gestellt worden.
Bei LeukoNorm handelte es sich danach um ein Arzneimittel im Nachzulassungsverfahren, ohne dass der Nachzulassungsantrag im
streitbefangenen Quartal abschließend bearbeitet war, und das bis zum Abschluss dieses Verfahrens arzneimittelrechtlich weiter
in den Verkehr gebracht werden durfte, ohne dass dem eine Entscheidung des zuständigen Paul-Ehrlich-Instituts über seine Qualität,
Wirksamkeit und Unbedenklichkeit zugrunde lag. Mit Änderungsanzeige vom 4. Februar 2003 meldete der Hersteller als weiteres
Indikationsbeispiel einer Erkrankung, bei der eine eingeschränkte Funktion des Immunsystems entweder nachgewiesen wurde oder
mit hoher Wahrscheinlichkeit vermutet werden kann, die Anwendung zur Verbesserung der Ergebnisse bei immunologisch bedingten,
mehrfachen, frustranen IVF- oder ICSI-Behandlungszyklen nach. Durch Bescheid des Paul-Ehrlich-Instituts vom 22. Dezember 2006
ist die vom Hersteller C. AG für das Arzneimittel LeukoNorm beantragte Nachzulassung abgelehnt worden, weil die Wirksamkeit
des Arzneimittels in keiner der beantragten Indikationen in einer wissenschaftlich fundierten Weise nachgewiesen worden sei.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Klage des Herstellers hat das Verwaltungsgericht Darmstadt durch Urteil vom 16. Dezember
2010 abgewiesen.
Am 4. April 2002 verordnete der Kläger der bei der Beigeladenen zu 2 versicherten M. S. das Arzneimittel LeukoNorm.
Mit am 19. Dezember 2002 eingegangenem Schreiben vom 18. Dezember 2002 beantragte die Beigeladene zu 2 beim Prüfungsausschuss
der Beigeladenen zu 1 wegen dieser Verordnung die Feststellung eines sonstigen Schadens in Höhe von 1.763,70 EUR. Das Arzneimittel
LeukoNorm sei in Deutschland fiktiv verkehrsfähig und existiere für es keine Arzneimittelzulassung nach §§ 21 und 25 AMG, sondern nur eine Registrierung aufgrund des Einigungsvertrages ohne einen medizinischen Wirksamkeitsnachweis. Zudem habe
eine medizinische Indikation im Falle der Versicherten nicht bestanden, weil ein biometrisch gesicherter Wirksamkeitsnachweis
für die hier vorliegende Erkrankung nicht auffindbar sei.
Der Prüfungsausschuss bei der Beigeladenen zu 1 hörte den Kläger zur Prüfung der Verordnungsweise in besonderen Fällen an.
Der Kläger trug vor, das Medikament sei durch ihn verordnet worden, weil es bei der Versicherten trotz dreifachem Embryotransfer
nicht zu einer Schwangerschaft gekommen und ein PCO-Syndrom diagnostiziert worden sei. Nach Einnahme des Medikaments und erneutem
Embryotransfer sei die Versicherte schwanger geworden. Nach einem Schreiben des Bundesverbandes Reproduktionsmedizinischer
Zentren Deutschland e. V. vom 18. Juli 2003 - mit Hinweis auf die Entscheidung des Sozialgerichts Freiburg vom 16. Juni 2003
(S 11 KR 736/03 ER) - sei es auch verordnungsfähig gewesen. Er verwies zudem auf den Aufsatz von Würfel/Fiedler/Krüssmann/Smolka/von Hertwig
zur "Verbesserung der Behandlungsergebnisse durch LeukoNorm Cytochemia® bei Patientinnen mit mehrfachen, frustranen IVF- oder
ICSI-Behandlungszyklen" im Zentralblatt für Gynäkologie 2001, 361.
Auf der Grundlage des Prüfberichts setzte der Prüfungsausschuss den Regress aufgrund Prüfung der Verordnungsweise in besonderen
Fällen (Einzelfallprüfung) durch Beschluss vom 7. Juli 2004, zur Post aufgegeben am 25. August 2004, wie beantragt in Höhe
der Nettokosten der Verordnung fest, weil eine Zulassung von LeukoNorm zur Verbesserung der Schwangerschaftsrate bei IVF-Behandlungen
nach den in den Fachinformationen aufgeführten zugelassenen Indikationen nicht bestehe.
Der Kläger legte hiergegen am 15. September 2004 Widerspruch ein und trug unter anderem vor, bei LeukoNorm handele es sich
um ein nach § 105 AMG fiktiv zugelassenes Arzneimittel, das sich rechtmäßig im Verkehr auch zur Verbesserung der Ergebnisse bei immunologisch bedingten,
mehrfachen, frustranen IVF- oder ICSI-Behandlungszyklen befunden habe. Das Arzneimittel sei von ihm zur Behandlung der immunologischen
Inkompatibilität (immunologisch bedingte Implantationsstörung) und nicht zur Verbesserung der Schwangerschaftsrate verordnet
worden sei. Es habe eine Erkrankung mit einer eingeschränkten Funktion des Immunsystems der Patientin vorgelegen und sei das
Arzneimittel erst nach drei erfolglosen IVF-Behandlungszyklen verordnet und deshalb entsprechend der zugelassenen Indikation
angewendet worden. Durch das Arzneimittel sei es gelungen, die immunologische Situation zu stabilisieren, so dass eine Einnistung
nach IVF habe erfolgen können. Über den entsprechenden Nutzen des Arzneimittels habe in den einschlägigen Fachkreisen Konsens
bestanden.
Durch Beschluss vom 23. Februar 2005 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Verordnung sei aus mehreren
Gründen zu beanstanden. Weder seien die Vorgaben der Arzneimittel-Richtlinien eingehalten worden, noch sei das Medikament
zulassungskonform eingesetzt worden. Sein Einsatz im Rahmen einer IVF-Behandlung bei einem PCO-Syndrom sei nicht von der fiktiven
Zulassung erfasst. Das Vorliegen der erst im Laufe des Verfahrens bezeichneten immunologischen Erkrankungen der Versicherten
sei nicht nachvollziehbar dargelegt. Die Voraussetzungen der Rechtsprechung für einen Off-Label-Use seien ebenfalls nicht
erfüllt.
Hiergegen hat der Kläger fristgerecht Klage erhoben unter anderem vorgetragen, er habe im vorliegenden Fall eine Patientin
mit dem Arzneimittel LeukoNorm behandelt, die unter einer eingeschränkten Funktion des Immunsystems gelitten habe. Sie habe
deshalb auf natürlichem Wege auch nicht schwanger werden können und sich in seine Behandlung begeben. Auch drei IVF-Zyklen
seien aufgrund der eingeschränkten Funktion des Immunsystems erfolglos geblieben. Erst der vierte unter Gabe von LeukoNorm
sei erfolgreich gewesen. Auch ein fünfter - hier nicht streitbefangener - Zyklus sei unter Gabe von LeukoNorm erfolgreich
gewesen. Bei dem Arzneimittel habe es sich um eines mit fiktiver Zulassung im Nachzulassungsverfahren gehandelt. Hieraus folge
jedoch nicht, dass ein Nachweis der Wirksamkeit und Unbedenklichkeit noch nicht erbracht worden sei. Zudem habe sich die fiktive
Zulassung auch auf das Anwendungsbeispiel "zur Verbesserung der Ergebnisse bei immunologisch bedingten, mehrfachen, frustranen
IVF- oder ICSI-Behandlungszyklen" der Indikation erstreckt, die dem Paul-Ehrlich-Institut im Nachzulassungsverfahren als weiteres
Anwendungsbeispiel mit Änderungsanzeige angezeigt worden sei. Dieser Änderungsanzeige sei nicht widersprochen worden. Der
Status der fiktiven Zulassung habe sich daher auch hierauf bezogen. Das Arzneimittel habe sich daher rechtmäßig im Verkehr
befunden. Unschädlich sei, dass seine Diagnose einer eingeschränkten Funktionsfähigkeit des Immunsystems nicht labormedizinisch
abgesichert sei. Eine entsprechende labormedizinische Diagnostik stehe auch nicht zur Verfügung. Wenn aber eine Frau über
drei bis vier Fehlgeburten bzw. gescheiterte IVF-Behandlungen erlebt habe und keine andere medizinische Erklärung vorliege,
entspreche es dem Stand der medizinischen Erkenntnisse der Reproduktionsmedizin, dass mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit
von einer immunologischen Störung ausgegangen werden könne, welche dazu führe, dass eine Einnistung nicht zustande komme bzw.
nicht dauerhaft bestehen bleibe. Dann sei LeukoNorm hochindiziert und von ihm mithin zulassungskonform nicht zur künstlichen
Befruchtung sondern zur Behandlung der Grunderkrankung einer eingeschränkten Funktionsfähigkeit des Immunsystems eingesetzt
worden, damit die IVF-Behandlung erfolgversprechend durchgeführt werden könne. Der Kläger hat zur Untermauerung seines Vortrags
unter anderem auf die Entscheidung des Sozialgerichts Freiburg vom 16. Juni 2003 (S 11 KR 736/03 ER), auf Schreiben des Paul-Ehrlich-Instituts und auf Verfahren vor anderen Prüfgremien, bei denen es nicht zu Regressen
gekommen war, hingewiesen. Auf Aufforderung des Sozialgerichts hat der Kläger noch einmal zur immunologischen Bedingtheit
der Verordnung von LeukoNorm vorgetragen und die Patientenakte sowie ein Gutachten von Prof. Dr. Dr. W. vom 25. Januar 2001
vorgelegt. Nach diesem Gutachten sei der Wirkmechanismus von LeukoNorm noch nicht vollständig geklärt, wiesen die bisherigen
Erfahrungen aber darauf hin, dass das Arzneimittel den Schwangerschaftsverlauf sowie die Implantations- und Schwangerschaftsrate
im Rahmen der IVF und verwandter Verfahren günstig beeinflussen könne. Soweit der Beklagte auf die neuere "Wobe Mugos E"-Rechtsprechung
des Bundessozialgerichts (27.9.2005 - B 1 KR 6/04 R, SozR 4-2500 § 31 Nr. 3) hinweise, sei diese nicht übertragbar. Denn die Verkehrsfähigkeit von LeukoNorm ergebe sich nicht
aus rein verfahrensrechtlichen Gründen, sondern aufgrund des regulären und vom Gesetzgeber gewollten Arzneimittelverlängerungsverfahrens.
Arzneimittel, welche sich ordnungsgemäß im Rahmen des Nachzulassungsverfahrens befänden, würden auch seit Jahren regelmäßig
von gesetzlichen Krankenkassen erstattet. Sie seien nicht nur verkehrs-, sondern auch verordnungsfähig. Selbst wenn man das
Urteil des Bundessozialgerichts vom 27. September 2005 anders interpretiere, könne aus Gründen des Vertrauensschutzes eine
so überraschende Rechtsprechung nicht dazu führen, dass für eine Jahre zurückliegende Verordnungstätigkeit rückwirkend Arzneimittelregresse
festgesetzt würden.
Der Beklagte hat zunächst auf den wechselhaften Vortrag des Klägers zum konkreten Behandlungsfall hingewiesen. Auf dieser
schwankenden Grundlage dürften sichere Feststellungen zur Frage des zulassungskonformen Einsatzes von LeukoNorm nicht getroffen
werden können. Noch im Klageverfahren hat der Beklagte sodann auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 27. September 2005
(B 1 KR 6/04 R, SozR 4-2500 § 31 Nr. 3) hingewiesen. Auch LeukoNorm sei ein sog. Altpräparat, das seine Verkehrsfähigkeit dem Übergangsrecht
verdanke und dessen Status sich nicht auf eine arzneimittelrechtliche Prüfung von Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit
gründe. Mithin begründe die Verkehrsfähigkeit von LeukoNorm allein keinen Anspruch auf Versorgung mit diesem Arzneimittel.
Belege für den Erfolg der Behandlungsmethode aber gebe es für LeukoNorm nicht. Daher könne ein Versorgungsanspruch nach §
31 Abs.
1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (
SGB V) nicht begründet werden und dürfe der Arzt diese Leistung nicht bewirken. Es könne daher die bisher erörterte Frage, ob LeukoNorm
hier zulassungsgerecht verordnet worden sei, unbeantwortet bleiben.
Das Sozialgericht hat durch Urteil vom 28. März 2007 die Klage abgewiesen. Rechtsgrundlage des Regresses sei §
106 SGB V in Verbindung mit §
20 Abs.
1 der Prüfungsvereinbarung zwischen der beigeladenen und weiteren Hamburger Krankenkassen und der beigeladenen Kassenärztlichen
Vereinigung Hamburg vom 3. Februar 1994 in der Fassung vom 21. Juni 1999. Danach werde auf Antrag einer Krankenkasse unter
anderem geprüft, ob ein Arzt durch Verordnung von Arzneimitteln im Einzelfall gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot oder Verordnungsausschlussregeln
verstoßen habe. Die hierbei zu beachtende Bagatellgrenze und Prüffrist seien eingehalten worden. Die Festsetzung eines Regresses
bei Feststellung eines Verstoßes stehe im Ermessen. Der Beklagte sei danach berechtigt gewesen, die Verordnung von LeukoNorm
in dem streitigen Quartal mit einem Regress zu ahnden. Das Bundessozialgericht habe in seiner Entscheidung vom 27. September
2005 zum Altpräparat Wobe Mugos E (B 1 KR 6/04 R, SozR 4-2500 § 31 Nr. 3) in einem Kostenerstattungsstreit herausgestellt, dass die bloße arzneimittelrechtliche Verkehrsfähigkeit
noch keinen krankenversicherungsrechtlichen Anspruch begründe. Die Konsequenzen dieser Entscheidung für den ein Altpräparat
verordnenden Vertragsarzt im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung nach §
106 SGB V seien zwar umstritten. Während der Beklagte die Auffassung vertrete, dass auch für Quartale vor der Entscheidung des Bundessozialgerichts
der Vertragsarzt bei nachträglich festgestellter fehlender Verordnungsfähigkeit einem Arzneimittelregress ausgesetzt sein
müsse, habe die Kammer in ihren Entscheidungen vom 18. Oktober 2006 (S 3 KA 200/05, S 3 KA 11/06 und S 3 KA 26/06) die Auffassung vertreten, dass aus Gründen des Vertrauensschutzes jedenfalls die Quartale vor der Entscheidung des Bundessozialgerichts
von einem Regress ausgenommen sein müssten, weil der Vertragsarzt aus der arzneimittelrechtlichen Verkehrsfähigkeit in den
streitigen Fällen auf eine Verordnungsfähigkeit habe schließen dürfen. Ob diese Kammerrechtsprechung auch auf den vorliegenden
Sachverhalt anzuwenden sei, könne jedoch offen bleiben. Denn es fehle bei der hier streitigen Verordnung anders als in den
entschiedenen Fällen bereits an einem dokumentierten Nachweis, dass sich der Kläger überhaupt im Rahmen der zugelassenen Indikation
bewegt habe. Zwar werde LeukoNorm immer dann indikationsgerecht eingesetzt, wenn eine Erkrankung vorgelegen habe, bei der
eine eingeschränkte Funktionsfähigkeit des Immunsystems nachgewiesen worden oder mit hoher Wahrscheinlichkeit zu vermuten
gewesen sei, seien die vom Hersteller aufgeführten konkreten Krankheitsbilder nur als Beispiele genannt und seien andere Erkrankungen,
die infolge einer eingeschränkten Funktion des Immunsystems auftreten können, nicht ausgeschlossen. Dies sei auch die Auffassung
des zuständigen Paul-Ehrlich-Instituts gewesen. Der LeukoNorm verordnende Arzt müsse aber ein mit hoher Wahrscheinlichkeit
eingeschränktes Immunsystem grundsätzlich aus seiner ärztlichen Dokumentation erkennen lassen. Idealerweise geschehe dies
durch eine labormedizinische Untersuchung, im Einzelfall könne auch eine dahingehende Anamnese genügen. Grundsätzlich aber
müsse sich der Befund eines eingeschränkten Immunsystems in der Behandlungsdokumentation wiederfinden, um eine Rechtfertigung
für die Verordnung des Medikaments zu besitzen. Derartige Feststellungen fänden sich in den vom Kläger übersandten Krankenunterlagen
komplett nicht. Und auch aus den auf Anfrage des Gerichts nachträglich gefertigten Übersichten habe die Kammer eine Einschränkung
des Immunsystems nicht dergestalt nachzuvollziehen vermocht, dass es geboten gewesen wäre, ein entsprechendes Sachverständigengutachten
in Auftrag zu geben. Da es damit aber an einem Nachweis eines indikationsgerechten Einsatzes von LeukoNorm fehle, sei der
Regress schon aus diesem Grund nicht zu beanstanden gewesen.
Gegen das am 1. August 2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 29. August 2007 Berufung eingelegt. Mit ihr hat er unter
anderem vorgetragen, er wende sich gegen die Feststellung im angefochtenen Urteil, aus den Krankenunterlagen ergebe sich nicht,
dass eine eingeschränkte Funktionsfähigkeit des Immunsystems nachgewiesen oder mit hoher Wahrscheinlichkeit zu vermuten gewesen
sei und deshalb die LeukoNorm-Verordnung indikationsgerecht gewesen sein könnte. Der Kläger hat mit der Berufungsbegründung
für den streitigen Behandlungsfall die vollständige Behandlungs-, Verordnungs- und Diagnosehistorie überreicht. Aus dieser
ergebe sich die Befundlage zum eingeschränkten Immunsystem und sei die Richtigkeit und Zulässigkeit der klägerischen Behandlungsweise
nachvollziehbar nachgewiesen. Es seien die nötigen diagnostischen, unter anderem auch immunologischen, Untersuchungen durchgeführt
worden und habe sich aus ihnen am Ende als ultima ratio eine LeukoNorm-Indikation ergeben. Zur Frage der Verordnungsfähigkeit
des Medikaments hat der Kläger zunächst auf den erstinstanzlichen Vortrag Bezug genommen. Mit Bezug auf das Urteil des Bundessozialgerichts
vom 27. September 2005 (B 1 KR 6/04 R, SozR 4-2500 § 31 Nr. 3), durch das für Arzneimittel im Nachzulassungsverfahren das Fehlen der krankenversicherungsrechtlichen
Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit festgestellt worden sei, hat er geltend gemacht, aus Gründen des Vertrauensschutzes
könne diese Entscheidung keine Auswirkungen auf solche Verschreibungen haben, die zeitlich vor dem Urteil erfolgt seien, da
der Kläger als Vertragsarzt aus der arzneimittelrechtlichen Verkehrsfähigkeit auf die Verordnungsfähigkeit des Arzneimittels
habe schließen dürfen. Anderes ergebe sich auch nicht aus der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 6. Mai 2009 (B 6 KA 3/08 R, MedR 2010, 276). Hinsichtlich LeukoNorm habe zum Zeitpunkt der hier streitigen Verordnung auf einen langen Zeitraum zurückgeblickt werden
können, während dessen das Arzneimittel in täglicher Verwendung gewesen sei und durchaus seinen therapeutischen Erfolg im
Einzelfall belegt haben würde. Es habe in der DDR das Zulassungsverfahren durchlaufen und sei dort ein gebräuchliches Medikament
gewesen, was die Bundesrepublik Deutschland im Rahmen des Wiedervereinigungsprozesses gegen sich gelten lassen müsse. Das
Arzneimittel habe insoweit auch seinen Nutzen in Qualität, Wirtschaftlichkeit und Unbedenklichkeit belegt; neben der Verkehrsfähigkeit
habe daher auch Verordnungsfähigkeit vorgelegen. Eben hierin liege auch der Unterschied zu den vom Bundessozialgericht entschiedenen
Fällen. Ausweislich der vorgelegten Schreiben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung vom 5. Juli 2007 und des BKK Bundesverbandes
vom 2. Juli 2007 sei die Ärzteschaft zudem erst zu diesem Zeitpunkt über den die Nachzulassung ablehnenden Bescheid des Paul-Ehrlich-Instituts
vom 22. Dezember 2006 und damit den Stand der Verordnungsfähigkeit von LeukoNorm informiert worden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 28. März 2007 und den Beschluss des Beklagten vom 23. Februar 2005 (P 65/04) aufzuheben,
hilfsweise das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 28. März 2007 und den Beschluss des Beklagten vom 23. Februar 2005 aufzuheben
und den Beklagten zu verurteilen, über den Widerspruch des Klägers betreffend das Quartal II/2002 unter Beachtung der Rechtsauffassung
des Gerichts neu zu entscheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.
Der Beklagte hat vorgetragen, der Regress sei bereits deshalb berechtigt gewesen, weil LeukoNorm grundsätzlich zulasten der
gesetzlichen Krankenversicherung nicht hätte verordnet werden dürfen. Dies folge bereits aus Nr. 1 der Arzneimittel-Richtlinien,
wonach der Versicherte grundsätzlich einen Anspruch auf die Versorgung mit allen nach dem AMG verkehrsfähigen Arzneimitteln habe, sofern sie nicht aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen
seien oder soweit sie nicht nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot, wie es in den Richtlinien konkretisiert sei, nur eingeschränkt
verordnet werden könnten. Ergänzend sei in Nr. 13 der Arzneimittel-Richtlinien bestimmt, dass der Vertragsarzt Arzneimittel
mit nicht ausreichend gesichertem therapeutischem Nutzen nicht verordnen dürfe. Therapeutischer Nutzen setze eine Nutzen-Risiko-Abwägung
mit günstigem Ergebnis voraus; er bestehe in einem nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse relevanten
Ausmaß der Wirksamkeit bei einer definierten Indikation. Diesen Anforderungen habe die Verordnung von LeukoNorm nicht genügt.
Dem stehe nicht entgegen, dass das Arzneimittel zum Zeitpunkt der Verordnung das Nachzulassungsverfahren durchlaufen habe
und insoweit nach dem AMG vorläufig als verkehrsfähig anzusehen gewesen sei. Ein laufendes Nachzulassungsverfahren berechtige noch nicht zur Verordnung
im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung. Allein der Umstand, dass ein Nachzulassungsverfahren erforderlich gewesen
sei, zeige, dass die Unbedenklichkeit nach den vom AMG aufgestellten Anforderungen noch nicht abschließend geklärt gewesen sei. Das Bundessozialgericht habe in seiner Entscheidung
vom 27. September 2005 (B 1 KR 6/04 R, SozR 4-2500 § 31 Nr. 3) festgestellt, dass eine allein die Verkehrsfähigkeit eines Arzneimittels betreffende arzneimittelrechtliche
Entscheidung im Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung noch keinen Anspruch auf Versorgung mit diesem Arzneimittel
begründe. Vielmehr müsse im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung bereits zum Zeitpunkt der Behandlung zweifelsfrei
geklärt sein, ob die erhofften Vorteile einer Therapie die möglicherweise zu befürchtenden Nachteile überwögen. Danach könne
gerade nicht davon ausgegangen werden, dass LeukoNorm als nur vorübergehend nach dem AMG verkehrsfähiges Arzneimittel im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung verordnungsfähig gewesen sei. Die geforderte
Nutzen-Risiko-Abwägung habe eben gerade noch nicht stattgefunden. Der therapeutische Nutzen sei zum Zeitpunkt der Verordnung
im Sinne von Nr. 13 der Arzneimittel-Richtlinien nicht ausreichend gesichert gewesen. Die Einhaltung der Richtlinien sei notwendig
und stellten diese auch für den Vertragsarzt verbindliches Recht dar. Die Pflicht zur Einhaltung der Richtlinien bestehe auch
unabhängig von Vertrauensschutzerwägungen. Im Übrigen werde auf das angefochtene Urteil des Sozialgerichts verwiesen. Das
Vorliegen der vom Kläger genannten Indikation einer eingeschränkten Funktionsfähigkeit des Immunsystems, für die das Arzneimittel
eingesetzt worden sein soll, sei weder nachgewiesen noch mit hoher Wahrscheinlichkeit zu vermuten gewesen. Aus den vorgelegten
Unterlagen gehe an keiner Stelle nachvollziehbar das Vorliegen einer Immunstörung hervor. Der Beklagte hat insoweit auf eine
Auswertung der medizinischen Daten und die Stellungnahme von Dr. H. Bezug genommen. Danach lasse sich den Unterlagen nicht
entnehmen, dass eine Störung des Immunsystems vorgelegen habe; auch seien die Gründe, warum eine LeukoNorm-Therapie durchgeführt
worden sei, aus der Dokumentation des Klägers nicht zu entnehmen. Allerdings sei die Frage, ob der Kläger sich im Rahmen der
genannten Indikation bewegt habe, entgegen der Auffassung des Sozialgerichts nicht entscheidungserheblich. Entscheidend bleibe,
dass LeukoNorm zwar verkehrsfähig, jedoch zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung nicht verordnungsfähig gewesen sei
und die Urteile des Bundessozialgerichts zu "Wobe Mugos E" Geltung auch für die in einem Quartal vor der Entscheidung vom
27. September 2005 vorgenommene LeukoNorm-Verordnung hätten.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozessakte (2 Bände), der Prüfakten des Beklagten (10 Bände), der
Akten des Sozialgerichts Hamburg zu den Aktenzeichen S 3 KA 200/05, S 3 KA 27/06, S 3 KA 28/06, S 3 KA 29/06, S 3 KA 30/06, S 3 KA 418/06, S 3 KA 419/06, S 3 KA 420/06, S 3 KA 422/06, S 3 KA 423/06, S 3 KA 424/06, S 3 KA 525/06, der Akten des Sozial- und Landessozialgerichts Hamburg zu den Aktenzeichen S 3 KA 11/06 = L 2 KA 15/07, S 3 KA 58/06 = L 2 KA 16/07, S 3 KA 26/06 = L 2 KA 17/07, S 3 KA 421/06 = L 1 KA 22/07 und S 3 KA 416/06 = L 1 KA 23/07 sowie der Patientenakte mit Auszügen der medizinischen Daten Bezug genommen. Diese Unterlagen haben vorgelegen und sind Gegenstand
der mündlichen Verhandlung und Beratung des Senats gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist statthaft (§§
143,
144 SGG) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§
151 SGG) erhoben.
Sie ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist nur der Beschluss des Beklagten, nicht auch des Prüfungsausschusses. In Verfahren der
Wirtschaftlichkeitsprüfung beschränkt sich die gerichtliche Kontrolle auf die das Verwaltungsverfahren abschließende Entscheidung
des Beschwerdeausschusses. Dieser wird mit seiner Anrufung für das weitere Prüfverfahren ausschließlich und endgültig zuständig
(BSG 19.6.1996 - 6 RKa 40/95, SozR 3-2500 § 106 Nr. 35; BSG 14.5.1997 - 6 RKa 63/95, SozR 3-2500 § 106 Nr. 39; BSG 28.6.2000 - B 6 KA 36/98 R, juris).
Rechtsgrundlage des streitbefangenen Arzneikostenregresses ist §
106 Abs.
2 SGB V (in der Fassung des Arzneimittelbudget-Ablösungsgesetzes vom 19.12.2001, BGBl. I S. 3773). Danach wird die Wirtschaftlichkeit der Versorgung unter anderem durch arztbezogene Prüfungen ärztlicher und ärztlich verordneter
Leistungen, und zwar entweder im Rahmen von Auffälligkeitsprüfungen und bzw. oder auf der Grundlage von Stichproben in Zufälligkeitsprüfungen
geprüft. Über diese Prüfungsarten hinaus können die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen mit
den Kassenärztlichen Vereinigungen nach §
106 Abs.
2 Satz 4
SGB V andere arztbezogene Prüfungsarten vereinbaren. Diese Prüfvereinbarungen ermächtigen regelmäßig auch zu Einzelfallprüfungen
(BSG 27.6.2007 - B 6 KA 44/06 R, SozR 4-2500 § 106 Nr. 17).
In Ausfüllung dieser Ermächtigung haben die beigeladene Kassenärztliche Vereinigung Hamburg und die Hamburger Krankenkassenverbände
die ab 1. Januar 1994 geltende Prüfungsvereinbarung vom 3. Februar 1994 geschlossen, welche in der hier maßgeblichen Fassung
des 3. Nachtrags vom 21. Juni 1999 in § 20 Abs. 1 Satz 1 bestimmt, dass auf Antrag unter anderem einer Krankenkasse oder ihres
Verbandes auch geprüft wird, ob ein Arzt durch Verordnung insbesondere von Arzneimitteln, von Heilmitteln, von Hilfsmitteln,
von Krankenhausbehandlung, Veranlassung von Auftragsleistungen oder bei der Beurteilung von Arbeitsunfähigkeit im Einzelfall
gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot oder Verordnungsausschlussregelungen verstoßen hat. Anträge wegen einzelner Arznei-, Heil-
oder Hilfsmittel sind danach nur zulässig, wenn die Nettokosten der beanstandeten Mittel insgesamt mehr als 50 DM betragen
(§ 20 Abs. 1 Satz 2 Prüfungsvereinbarung). Ferner muss der Antrag dem Prüfungsausschuss innerhalb einer Frist von neun Monaten
nach Abschluss des Quartals vorliegen, in dem der Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot oder Verordnungsausschlussregelungen
vermutet wird (§ 20 Abs. 1 Satz 3 Prüfungsvereinbarung).
Einzelfallprüfungen der Behandlungsweise (§ 19 Prüfungsvereinbarung) und - wie hier - der Verordnungsweise (§ 20 Prüfungsvereinbarung)
sind nach dem Bundessozialgericht insbesondere dann sachgerecht - und ihre Auswahl als Prüfmethode daher rechtmäßig -, wenn
das individuelle Vorgehen eines Arztes in bestimmten einzelnen Behandlungsfällen hinsichtlich des Behandlungs- oder Verordnungsumfangs
am Maßstab des Wirtschaftlichkeitsgebots überprüft werden soll (BSG 27.6.2007 - B 6 KA 44/06 R, SozR 4-2500 § 106 Nr. 17; zuletzt BSG 13.10.2010 - B 6 KA 48/09 R).
Bei der vorliegenden Streitigkeit über die vertragsarztrechtliche Zulässigkeit einer Arzneimittelverordnung handelt es sich
auch um einen Fall des §
106 SGB V und nicht um einen Regress "wegen sonstigen Schadens" im Sinne des §
48 des Bundesmantelvertrags-Ärzte. Denn es steht ein Fehler der Verordnung selbst in Frage, wie dies bei Verstößen gegen die
Arzneimittel-Richtlinien bzw. bei Verordnungen nicht verordnungsfähiger Arzneimittel und auch bei Verordnungen außerhalb der
nach dem AMG erteilten Zulassung der Fall ist (BSG 13.10.2010 - B 6 KA 48/09 R, mit weiteren Nachweisen).
Das Verfahren der Prüfung ist in §
106 Abs.
5 SGB V geregelt. Danach entscheiden die Prüfgremien, ob der Vertragsarzt gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat und welche
Maßnahmen zu treffen sind. Nach §
106 Abs.
5 Satz 2
SGB V sollen dabei gezielte Beratungen weiteren Maßnahmen in der Regel vorangehen. Nach §
20 Abs. 3 Satz 1 der Prüfungsvereinbarung kann der Prüfungsausschuss einen Regress festsetzen, soweit er feststellt, dass der
Arzt im Einzelfall gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot oder Verordnungsausschlussregelungen verstoßen hat. Die Höhe des Regresses
richtet sich nach dem tatsächlich festgestellten oder dem geschätzten Mehraufwand (§ 20 Abs. 3 Satz 2 Prüfungsvereinbarung).
Für die Prüfung, ob Arzneimittelverordnungen gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot oder Verordnungsausschlussregelungen verstoßen
haben, bedarf es der Zusammenschau von Arzneimittelrecht und Krankenversicherungsrecht.
Die Verordnungsfähigkeit eines Arzneimittels zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung im Sinne von §
27 Abs.
1 Satz 2 Nr.
3, §
31 SGB V setzt voraus, dass dieses vor seiner Anwendung anerkannt worden ist.
Für Fertigarzneimittel richtet sich diese Anerkennung nach dem Arzneimittelrecht. Fertigarzneimittel sind nach § 4 Abs. 1 AMG Arzneimittel, die im Voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht
werden oder andere zur Abgabe an Verbraucher bestimmte Arzneimittel, bei deren Zubereitung in sonstiger Weise ein industrielles
Verfahren zur Anwendung kommt oder die, ausgenommen in Apotheken, gewerblich hergestellt werden. Fertigarzneimittel sind nicht
Zwischenprodukte, die für eine weitere Verarbeitung durch einen Hersteller bestimmt sind.
Ein Fertigarzneimittel muss im Arzneimittelzulassungsverfahren nach dem AMG eine deutsche Arzneimittelzulassung oder eine europäische Arzneimittelzulassung erlangt haben. Für diese Anerkennung müssen
- neben weiteren Voraussetzungen - Eignung und Unbedenklichkeit fundiert belegt sein; aus den zugrunde gelegten Studien muss
sich eine Aussicht auf einen Behandlungserfolg und die Verträglichkeit der Nebenwirkungen und Risiken ergeben (zuletzt BSG
8.12.2010 - B 6 KA 38/10 B, unter Hinweis auf BSG 28.2.2008 - B 1 KR 15/07 R, SozR 4-2500 § 13 Nr. 16).
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der der Senat folgt, fehlt es an der krankenversicherungsrechtlichen Zweckmäßigkeit
und Wirtschaftlichkeit (§
2 Abs.
1 Satz 1, §
12 Abs.
1 SGB V) einer Arzneimitteltherapie, wenn das verwendete Mittel nach den Regelungen des Arzneimittelrechts einer Zulassung bedarf
und diese Zulassung nicht erteilt worden ist. Der Gesichtspunkt der Gewährleistung optimaler Arzneimittelsicherheit gebietet,
dass Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der Arzneimittel im Sinne von § 1 AMG, d. h. die Einhaltung der Mindestsicherheits- und Qualitätsstandards, in einem dafür vorgesehenen fundierten Verfahren nachgewiesen
worden sind. Das gilt auch, wenn eine Entscheidung der zuständigen Behörde über die arzneimittelrechtliche Zulassung nicht
ergangen ist, weil das Zulassungsverfahren zwar eingeleitet, aber noch nicht abgeschlossen wurde (BSG 27.9.2005 - B 1 KR 6/04 R, SozR 4-2500 § 31 Nr. 3, unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung).
Verfügt ein Arzneimittel aufgrund von Übergangs- oder Verfahrensrecht über einen arzneimittelrechtlichen Zulassungsstatus,
aufgrund dessen es arzneimittelrechtlich vorläufig in den Verkehr gebracht werden darf, folgt hieraus noch nicht automatisch
die krankenversicherungsrechtliche Verordnungsfähigkeit. Diese setzt nach den spezifischen Kriterien des Rechts der gesetzlichen
Krankenversicherung vielmehr voraus, dass sich die arzneimittelrechtliche Verkehrsfähigkeit auf eine arzneimittelrechtliche
fundierte Überprüfung von Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des Mittels im Sinne von § 1 AMG gründet und nicht allein auf arzneimittelrechtliches Übergangs- und Verfahrensrecht (BSG 27.9.2005 - B 1 KR 6/04 R, SozR 4-2500 § 31 Nr. 3). Die arzneimittelrechtliche Verkehrsfähigkeit bewirkt danach nicht automatisch die krankenversicherungsrechtliche
Verordnungsfähigkeit. Denn eine rechtsgebietsübergreifende Bindung in dem Sinne, dass all dasjenige, was arzneimittelrechtlich
zulässig ist, zwingend auch zur krankenversicherungsrechtlichen Leistungspflicht der Krankenkassen führen müsste, ist gesetzlich
nicht angeordnet worden. Die Bindungswirkung von Entscheidungen aufgrund des Arzneimittelrechts bezieht sich allein auf die
arzneimittelrechtliche Beurteilung der Rechtslage. Ausgeschlossen ist es demgegenüber nicht, sondern prägend und typisch,
dass das Krankenversicherungsrecht zusätzliche, über das Arzneimittelrecht hinausgehende Anspruchsvoraussetzungen für die
Pflicht zur Leistungsgewährung aufstellt. Die arzneimittelrechtliche Zulässigkeit einer Arzneimittelanwendung stellt in diesem
Sinne für die gesetzliche Krankenversicherung immer nur ein "Mindestsicherheits- und Qualitätserfordernis" dar und ist nur
"negativ vorgreiflich", weil eine erforderliche, aber nicht vorhandene Zulassung auch die Verordnungsfähigkeit stets ausschließt.
Entscheidungen nach dem AMG sind deshalb zwar auch im Rahmen des
SGB V "zu berücksichtigen", aus ihnen lässt sich jedoch nicht eine umfassende Bindung für das Krankenversicherungsrecht herleiten
(so ausdrücklich BSG 27.9.2005 - B 1 KR 6/04 R, SozR 4-2500 § 31 Nr. 3).
Der Anspruch auf Versorgung mit Arzneimitteln setzt mithin nach dem
SGB V mehr voraus als die bloße Verkehrsfähigkeit des Arzneimittels nach dem Arzneimittelrecht. Insbesondere mit Rücksicht auf
die einschränkenden Kriterien der §
2 Abs.
1 und §
12 Abs.
1 SGB V gilt, dass nicht alles, was arzneimittelrechtlich erlaubt und statthaft ist, auch zur Leistungspflicht unter dem Blickwinkel
des Krankenversicherungsrechts führt. Dies erhellt schon aus der Existenz eigener gesetzlicher Leistungskonkretisierungen
und -beschränkungen (z. B. § 2, § 12 Abs. 1, § 31, §§ 34 bis 35a, §
84 Abs.
1, §
92 Abs.
1 Satz 2 Nr.
6 und Abs.
2 SGB V) und den diese ausfüllenden untergesetzlichen Regelungen (insbesondere Arzneimittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses).
Der Versorgungsanspruch eines Versicherten umfasst folglich nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind
und deren Qualität dem allgemein anerkannten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entspricht. Hierzu genügt es nicht,
dass die Arzneimitteltherapie bei einem Versicherten nach Ansicht seiner Ärzte positiv gewirkt haben soll und ggf. herkömmlichen
Arzneimitteln vorzuziehen sei. Zu Qualität und Wirksamkeit eines Arzneimittels muss es vielmehr grundsätzlich zuverlässige
wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen in dem Sinne geben, dass der Erfolg der Behandlung mit ihm in einer für die sichere
Beurteilung ausreichenden Anzahl von Behandlungsfällen belegt ist. Nur wenn im Arzneimittelzulassungsverfahren in ähnlicher
Weise wie im Überprüfungsverfahren durch den Gemeinsamen Bundesausschuss nach §
135 Abs.
1 SGB V für Behandlungsmethoden eine fundierte Prüfung des Arzneimittels auf Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit stattgefunden
hat und somit die erfolgreiche Anwendung des Arzneimittels anhand zuverlässiger wissenschaftlich nachprüfbarer Aussagen in
einer ausreichenden Anzahl von Behandlungsfällen belegt ist und dementsprechend für das Arzneimittel die Zulassung einschließlich
der darin enthaltenen Ausweisung der Anwendungsgebiete erteilt worden ist, ist es in diesem Umfang auch verordnungsfähig im
Sinne des
SGB V. Nur in solchen Fällen ist also mit der Zulassung und der damit gegebenen Verkehrsfähigkeit im Sinne des AMG zugleich die Verordnungsfähigkeit im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung gegeben. Das Bundessozialgericht hat dies
wiederholt zum Ausdruck gebracht und der Senat folgt dieser Rechtsprechung (BSG 27.9.2005 - B 1 KR 6/04 R, SozR 4-2500 § 31 Nr. 3, unter Hinweis auf frühere Rechtsprechung; BSG 5.11.2008 - B 6 KA 63/07 R, SozR 4-2500 § 106 Nr. 21; BSG 3.2.2010 - B 6 KA 37/08 R, SozR 4-2500 § 106 Nr. 26).
Diese Restriktionen gelten zumal, wenn die Verkehrsfähigkeit eines Arzneimittels nur auf einer übergangsrechtlichen Position
beruht, nach der es ohne hinreichend gesicherte Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit weiterhin in den Verkehr gebracht
werden darf. Danach kann es für den Anspruch auf Versorgung mit Arzneimitteln nach §
31 Abs.
1 SGB V nicht genügen, dass der arzneimittelrechtliche Status nur aus der Inanspruchnahme einer bloßen übergangsrechtlichen Position
resultiert, ohne dass eine eingehende arzneimittelrechtliche Prüfung mit einem für den Hersteller positiven Ergebnis stattgefunden
hat. Denn selbst arzneimittelrechtlich handelt es sich in dieser Situation nicht um einen gesicherten Status, sondern um einen
unklaren, weil nicht endgültig behobenen zulassungsrechtlichen Schwebezustand, ohne dass eine arzneimittelrechtliche Prüfung
positiv das Vorliegen der Kriterien für eine Zulassung im Sinne von § 1 AMG ergeben hatte, und der durch eine Entscheidung im Nachzulassungsverfahren jederzeit beseitigt werden kann (vgl. BSG 27.9.2005
- B 1 KR 6/04 R, SozR 4-2500 § 31 Nr. 3). Stellt man in Rechnung, dass im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung bereits zum Zeitpunkt
der Behandlung zweifelsfrei geklärt sein muss, ob die erhofften Vorteile einer Therapie die möglicherweise zu befürchtenden
Nachteile überwiegen, würde die Anerkennung der Leistungspflicht für im Nachzulassungsverfahren befindliche, aber dort im
Leistungszeitpunkt nicht positiv beurteilte Alt-Arzneimittel darauf hinauslaufen, den Krankenkassen die Kosten einer grundsätzlich
ausgeschlossenen Therapie aufzuerlegen. Das aber steht im Gegensatz zu Sinn und Zweck der Regelungen über die Wirtschaftlichkeit
im Sinne von §
2 Abs.
1 und §
12 SGB V und zum Wissenschaftlichkeitsgebot des §
2 Abs.
1 Satz 3
SGB V (vgl. BSG, aaO.).
Das Bundessozialgericht hat diese Sichtweise des Ineinandergreifens von arzneimittelrechtlichem Zulassungsrecht und krankenversicherungsrechtlichem
Leistungsrecht zudem in ständiger Rechtsprechung nicht nur auf die leistungsrechtliche Seite beschränkt. Mit Blick auf das
Leistungserbringungsrecht und im Zusammenhang mit der Wirtschaftlichkeitsprüfung von Arzneimittelverordnungen und mit Arzneimittelregressen
wegen unwirtschaftlicher Verordnung nach §
106 SGB V hat es vielmehr betont, ein strikter Zusammenhang zwischen arzneimittelrechtlicher Verkehrsfähigkeit und Verordnungsfähigkeit
im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung "hat niemals bestanden" (so ausdrücklich BSG 5.11.2008 - B 6 KA 63/07 R, SozR 4-2500 § 106 Nr. 21, Rn. 30). Auch dieser Rechtsprechung folgt der Senat.
Für eine Schlussfolgerung von der arzneimittelrechtlichen Zulassung auf die Verordnungsfähigkeit fehlt daher die Grundlage
dann, wenn der Zulassung keine oder eine strukturell nur unzureichende Überprüfung der Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit
zugrunde liegt. Soweit ein Arzneimittel ohne Durchlaufen des Arzneimittelzulassungsverfahrens mit Gewähr für Qualität, Wirksamkeit
und Unbedenklichkeit aufgrund Übergangsrechts die Zulassung behält oder diese verlängert wird, fehlt es an den inhaltlichen
Merkmalen, die es rechtfertigen können, die Arzneimittelzulassung als ausreichend auch für die Verordnungsfähigkeit im Rahmen
der gesetzlichen Krankenversicherung zu akzeptieren (BSG 27.9.2005 - B 1 KR 6/04 R, SozR 4-2500 § 31 Nr. 3; BSG 5.11.2008 - B 6 KA 63/07 R, SozR 4-2500 § 106 Nr. 21).
Fehlt die Verordnungsfähigkeit und wird das Arzneimittel dennoch verordnet, so ist Unwirtschaftlichkeit gegeben und dem Vertragsarzt
eine unwirtschaftliche Verordnungsweise anzulasten (BSG 5.11.2008 - B 6 KA 63/07 R, SozR 4-2500 § 106 Nr. 21). Das Bundessozialgericht hat auch wiederholt ausgesprochen, dass bei Fehlen der Verordnungsfähigkeit
eines Arzneimittels ein sog. Basismangel vorliegt, in dem eine vorgängige Beratung im Regelfall nicht erforderlich ist, und
hieraus gefolgert, dass die Auferlegung nur einer Beratung statt der Festsetzung eines Regresses keine ausreichende Sanktion
wäre. Nach dieser Rechtsprechung dürfen die Prüfgremien im Falle einer widerrechtlichen und systemwidrigen Behandlungsweise
dem Arzt nicht die Früchte daraus belassen. In Fällen des Fehlens der Verordnungsfähigkeit eines Arzneimittels ist das Ermessen,
das die Ermächtigung des §
106 Abs.
5 Satz 1
SGB V bei der Auswahl einräumt, welche Maßnahmen zu treffen sind, mithin darauf reduziert, dass die Prüfgremien die im Vergleich
zur bloßen Beratung belastendere Sanktion eines Regresses wählen müssen und Ermessen nur noch bei der Festlegung der Höhe
des Regresses haben. Diese Einengung des Ermessens betrifft Fälle, die schwer wiegen und in denen deshalb eine Beratung keine
ausreichend schwere Sanktion darstellt. In allen übrigen besteht indessen regelmäßig das durch §
106 Abs.
5 Satz 1
SGB V eingeräumte Ermessen in vollem Umfang (BSG 5.11.2008 - B 6 KA 63/07 R, SozR 4-2500 § 106 Nr. 21; zuletzt BSG 8.12.2010 - B 6 KA 38/10 B, unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung).
In Anwendung dieser Rechtsprechung ist die vorliegend streitige Einzelfallprüfung und der festgesetzte Arzneimittelregress
wegen Unwirtschaftlichkeit weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht zu beanstanden.
Dabei ist in Rechnung zu stellen, dass die Prüfgremien im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung in mehrfacher Hinsicht Beurteilungs-,
Schätzungs- und Ermessensspielräume haben, die dazu führen, dass die Prüfbescheide im Hinblick auf das Erfordernis fachkundiger
Beurteilung der zugrunde liegenden Gegebenheiten nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle unterliegen. Diese beschränkt
sich auf die Prüfung, ob das Verwaltungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt worden ist, ob der Verwaltungsentscheidung ein
richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liegt, ob die Verwaltung die durch Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs
ermittelten Grenzen eingehalten und ob sie ihre Subsumtionserwägungen so verdeutlicht und begründet hat, dass im Rahmen des
Möglichen die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist. Die angestellten Erwägungen
müssen, damit sie auf ihre sachliche Richtigkeit und auf ihre Plausibilität und Vertretbarkeit hin geprüft werden können,
im Bescheid genannt werden oder jedenfalls für die Beteiligten und das Gericht erkennbar sein (vgl. BSG 30.11.1994 - 6 RKa 16/93, SozR 3-2500 § 106 Nr. 25). Diesen Anforderungen genügen das durchgeführte Verfahren und sein Ergebnis.
Zu Recht ist der Beklagte von der Zulässigkeit des Prüfbegehrens ausgegangen. Die beigeladene Krankenkasse hat im Rahmen des
ihr eingeräumten Antragsrechts, unter Beachtung der Bagatellgrenzenregelung und unter Einhaltung der Neunmonatsfrist zulässigerweise
die Prüfung der streitigen Verordnung beantragt.
Zutreffend ist der Beklagte auch davon ausgegangen, dass das Verordnungsverhalten des Klägers in Widerspruch zum Wirtschaftlichkeitsgebot
stand. Dies folgt schon daraus, dass der Kläger ein Arzneimittel zulasten der beigeladenen Krankenkasse verordnet hat, welches
im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung nicht verordnet werden durfte.
Bei LeukoNorm handelt es sich um ein Fertigarzneimittel im Sinne von § 4 Abs. 1 AMG. Es erfüllte im Zeitpunkt der streitbefangenen Verordnung nicht die spezifischen Anforderungen an ein zulasten der gesetzlichen
Krankenversicherung verordnungsfähiges Arzneimittel. Denn es bot nicht die Gewähr für Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit
nach Maßgabe des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse.
Zwar durfte LeukoNorm im Zeitpunkt der Verordnung arzneimittelrechtlich in den Verkehr gebracht werden. Das beruhte jedoch
darauf, dass dies das Übergangsrecht im Zusammenhang mit dem Einigungsvertrag so vorsah. Dieses Übergangsrechts mit Zulassungsfiktion und Nachzulassungs-Status bedurfte es, um für in der DDR zugelassene
Arzneimittel bis zum Ablauf des Übergangszeitraums sicherzustellen, dass diese bis zur Erteilung einer Zulassung nach dem
AMG weiterhin zum Verkehr zugelassen sind. Während des Übergangszeitraums sollten diese Arzneimittel nach den Kriterien des AMG überprüft werden und an dessem Ende nur die Arzneimittel zugelassen sein, die den Kriterien des AMG genügen. Diese arzneimittelrechtliche Übergangsregelung, nach der die erfassten Arzneimittel als zugelassen galten, begünstigte
Arzneimittelhersteller, denen es hierdurch ermöglicht wurde, die Arzneimittel während des Nachzulassungsverfahrens weiterhin
in den Verkehr zu bringen.
Die arzneimittelrechtliche Verkehrsfähigkeit von LeukoNorm im Zeitpunkt der Verordnung beruhte also auf arzneimittelrechtlichem
Übergangsrecht, nicht aber auf einer fundierten arzneimittelrechtlichen Prüfung von Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit
des Arzneimittels, für die eine Überprüfung durch Auswertung sogenannter randomisierter, doppelblind durchgeführter und placebokontrollierter
Studien vorgesehen ist (dazu BSG 3.2.2010 - B 6 KA 37/08 R, SozR 4-2500 § 106 Nr. 26). Aus dieser Übergangsregelung zur arzneimittelrechtlichen Verkehrsfähigkeit ist aber nicht ohne
Weiteres der Schluss auf eine auch nur übergangsweise bestehende krankenversicherungsrechtliche Verordnungsfähigkeit zulasten
der gesetzlichen Krankenversicherung nach dem
SGB V erlaubt.
Denn zum einen ist der Schluss von der arzneimittelrechtlichen Verkehrsfähigkeit auf die krankenversicherungsrechtliche Verordnungsfähigkeit
ohnehin unzulässig. Zum anderen war zwar im Arzneimittelrecht - wie dargestellt - ein übergangsweiser Bestandsschutz des Verkehrs
mit in der DDR zugelassenen Arzneimitteln geschaffen worden, hatte das
SGB V aber keinen solchen oder vergleichbaren Bestandsschutz von DDR-Altarzneimitteln geschaffen, sondern an der Geltung seiner
schärferen Anspruchsvoraussetzungen uneingeschränkt festgehalten. Die vorläufige arzneimittelrechtliche Verkehrsfähigkeit
bewirkte danach nicht die krankenversicherungsrechtliche Verordnungsfähigkeit von LeukoNorm, weil die Verkehrsfähigkeit nur
auf einer übergangsrechtlichen Position beruhte, nach der es ohne hinreichend gesicherte Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit
weiterhin in den Verkehr gebracht werden durfte.
Zwar betreffen, worauf der Kläger mehrfach hingewiesen hat, die Wobe Mugos E-Entscheidungen des Bundessozialgericht (BSG 27.9.2005
- B 1 KR 6/04 R, SozR 4-2500 § 31 Nr. 3; BSG 5.11.2008 - B 6 KA 63/07 R, SozR 4-2500 § 106 Nr. 21), in der die hier angewendeten Maßstäbe explizit niederlegt sind, tatsächlich eine andere als die
hier vorliegende Fallkonstellation. Dort beruhte die vorläufige Verkehrsfähigkeit eines Alt-Arzneimittels auf der aufschiebenden
Wirkung der Klageerhebung eines Arzneimittelherstellers gegen die abschlägige Entscheidung der zuständigen Behörde über die
beantragte Verlängerung der Arzneimittelzulassung im Nachzulassungsverfahren und der damit einhergehenden verfahrensrechtlichen
Position, es als Alt-Arzneimittel ohne hinreichend gesicherte Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit weiterhin in Verkehr
bringen zu dürfen. Hier beruhte sie auf der übergangsrechtlichen Position im laufenden Nachzulassungsverfahren. Das aber hindert
nicht die Übertragung der vom Bundessozialgericht allgemein formulierten Maßstäbe auf die vorliegende Konstellation. Denn
in beiden Fällen bestand ein Schwebezustand zugunsten eines Arzneimittelherstellers, der bewirkte, dass die arzneimittelrechtliche
Verkehrsfähigkeit erhalten blieb. Und für beide Fälle gilt, dass diese vorläufige Verkehrsfähigkeit nach Arzneimittelrecht
nicht automatisch die Verordnungsfähigkeit nach den spezifischen Kriterien des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung
nach dem
SGB V begründete. Zudem hat das Bundessozialgericht in Anwendung seiner allgemein formulierten Maßstäbe auch deutlich gemacht,
dass für eine Schlussfolgerung von der arzneimittelrechtlichen Zulassung auf eine Verordnungsfähigkeit im Rahmen der gesetzlichen
Krankenversicherung "insbesondere" dann eine Rechtfertigung fehlt, wenn die Zulassung bzw. die Verlängerung der Zulassung
eines Arzneimittels ausdrücklich abgelehnt wurde und dieses lediglich deshalb weiterhin verkehrsfähig im Sinne des AMG war, weil die Verlängerungsversagung mangels Anordnung der Vollziehung noch nicht vollzogen wurde (BSG 5.11.2008 - B 6 KA 63/07 R, SozR 4-2500 § 106 Nr. 21, Rn. 22). Dies zeigt, dass die Subsumtion des vom Bundessozialgericht entschiedenen konkreten Falles
unter die allgemeinen Maßstäbe nicht die Subsumtion auch anderer Fälle unter diese Maßstäbe ausschließt. Entscheidend bleibt,
dass auch vorliegend das Arzneimittel LeukoNorm im Zeitpunkt der streitbefangenen Verordnung nicht das Arzneimittelzulassungsverfahren
nach dem AMG mit Gewähr für Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit durchlaufen hatte und die in der DDR erteilte Zulassung nur aufgrund
Übergangsrechts im Rahmen des Einigungsvertrages behielt.
Die vom Kläger vorgenommene Verordnung von LeukoNorm im Quartal II/2002 war also deshalb nicht zulässig, weil dieses Arzneimittel
in dem streitbefangenen Quartal nicht zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden durfte. Weder bestand
eine Leistungspflicht der Krankenkassen noch ein Versorgungsanspruch der Versicherten.
Fehlt aber die Verordnungsfähigkeit, so ist Unwirtschaftlichkeit gegeben (so ausdrücklich BSG 5.11.2008 - B 6 KA 63/07 R, SozR 4-2500 § 106 Nr. 21, Rn. 25). Dementsprechend sah der Beklagte die streitbefangene Verordnung von LeukoNorm zu Recht
als unwirtschaftlich an. Da dem Kläger eine unwirtschaftliche Verordnungsweise und deshalb ein sog. Basismangel anzulasten
war, war gegen ihn der vom Beklagten festgesetzte Regress berechtigt. Schon dies trägt die Entscheidung des Beklagten, ohne
dass es insoweit auf die weiteren in ihr oder vom Sozialgericht angestellten Erwägungen noch entscheidend ankäme.
Eine Beratung musste der Festsetzung des Regresses vorliegend nicht vorangehen. Das Erfordernis vorgängiger Beratung stellt
nach §
106 Abs.
5 Satz 2
SGB V nur eine "Soll"-Vorgabe dar, die entsprechend dem Sinn und Zweck dieser Bestimmung nicht für den Fall unzweifelhafter Unwirtschaftlichkeit
gilt, denn es kann eine Unwirtschaftlichkeit nur bejaht oder verneint werden. Dies gilt auch bei Regressen aufgrund von Einzelfallprüfungen,
wenn schon die Verordnungsfähigkeit fehlt ("Basismangel" im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts: BSG 5.11.2008
- B 6 KA 63/07 R, SozR 4-2500 § 106 Nr. 21, BSG, 3.2.2010 - B 6 KA 37/08 R, SozR 4-2500 § 106 Nr. 26).
Auf ein Verschulden oder das Erfordernis eines Erkennenkönnens der fehlenden Verordnungsfähigkeit kommt es vorliegend nicht
an. Ob der Kläger die Verordnung gutgläubig vornahm, ist rechtlich ohne Bedeutung. Ein Verschuldenserfordernis besteht im
Rahmen von Verordnungsregressen im Rahmen des Rechtsinstituts der Wirtschaftlichkeitsprüfung nach §
106 SGB V nicht (BSG 5.11.2008 - B 6 KA 63/07 R, SozR 4-2500 § 106 Nr. 21, unter Hinweis auf frühere Rechtsprechung).
Gleichwohl ist darauf hinzuweisen, dass hier die fehlende Verordnungsfähigkeit zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung
im Verordnungszeitpunkt offenkundig und für jeden Vertragsarzt erkennbar war. Zwar gab es Stimmen in der medizinischen Wissenschaft,
welche die Gabe von LeukoNorm im Rahmen der IVF- bzw. ICSI-Behandlung befürworteten. Dies belegt etwa die vom Kläger vorgelegte
Veröffentlichung von Würfel/Fiedler/Krüssmann/Smolka/von Hertwig zur "Verbesserung der Behandlungsergebnisse durch LeukoNorm
Cytochemia® bei Patientinnen mit mehrfachen, frustranen IVF- oder ICSI-Behandlungszyklen" im Zentralblatt für Gynäkologie
2001, 361. Bereits dieser Veröffentlichung ist aber zu entnehmen, dass die LeukoNorm-Gabe sich nicht auf hinreichende Belege
aus validen Studien stützen konnte. Denn die dort berichteten Studien waren die ersten publizierten überhaupt, zeichneten
sich durch ein geringes Patientengut aus (Studie 1 mit zehn und Studie 2 mit 30 Patientinnen; Studie 3 mit 20 Patientinnen
dauerte noch an) und waren nicht placebokontrolliert. Schließlich wird auf das Erfordernis weiterer Studien auch in dieser
vom Kläger selbst in das Verfahren eingeführten Veröffentlichung hingewiesen, da sich bislang nur eine gewisse Tendenz habe
erkennen lassen, wonach LeukoNorm einen positiven Einfluss auf die behandelten Patientinnen besitze. Zudem fand diese Veröffentlichung
bereits früh in einem redaktionellen Beitrag in der Zeitschrift arznei-telegramm 2002, 23, deutliche Kritik. Denn die von
Würfel et. al. vorgestellte Studie, die die einzige aufzufindende kontrollierte Studie sei, sei wegen methodischer Mängel,
wie Pseudorandomisierung, fehlende Fallzahlberechnung und fehlende statistische Auswertung, ohne Aussagekraft. Die Teil des
den Vertragsarzt bindenden Vertragswerks bildenden Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die
Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Arzneimittel-Richtlinien) bestimmten demgegenüber in dem
streitbefangenen Quartal insoweit in Abschnitt D. (Allgemeine Verordnungsmöglichkeiten auf der Grundlage von §
2 Abs.
1 Satz 3, §§
12,
70 SGB V), dass für die Verordnung von Arzneimitteln der therapeutische Nutzen gewichtiger ist als die Kosten (Nr. 12) und der Vertragsarzt
Arzneimittel mit nicht ausreichend gesichertem therapeutischen Nutzen nicht verordnen darf (Nr. 13). Therapeutischer Nutzen
setzte nach Nr. 13 eine Nutzen-Risiko-Abwägung mit günstigem Ergebnis voraus. Er war definiert mit einem nach dem allgemein
anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse relevanten Ausmaß der Wirksamkeit bei einer definierten Indikation.
Allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse aber entsprach der Einsatz von LeukoNorm im Rahmen der IVF- bzw.
ICSI-Behandlung schon ausweislich der genannten, vom Kläger selbst vorgelegten Veröffentlichung gerade nicht. Etwas anderes
ergibt sich auch nicht aus dem mehrfach in das Verfahren eingeführten Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 16. Juni 2003
(S 11 KR 736/03 ER) und den ebenfalls mehrfach eingeführten Entscheidungen anderer Prüfgremien. Zwar heißt es dort, LeukoNorm sei verkehrsfähig
und könne deshalb zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden. Jedoch ist schon mit Blick auf die Entscheidung
des Bundessozialgerichts vom 23. Juli 1998 (B 1 KR 19/96 R, SozR 3-2500 § 31 Nr. 5) fraglich gewesen, ob diese Sicht seinerzeit rechtlich zutreffend war. Spätestens nachdem das Bundessozialgericht
seine im Urteil vom 23. Juli 1998 begründete Rechtsprechung zu den Arzneitherapien durch die Entscheidung vom 28. März 2000
(B 1 KR 11/98 R, SozR 3-2500 § 135 Nr. 14, Rn. 16) bestätigt hatte, konnte kein Vertragsarzt mit Blick auf die Arzneimittel-Richtlinien mehr
davon ausgehen, dass LeukoNorm ohne Weiteres in der gesetzlichen Krankenversicherung verordnungsfähig ist. Jedenfalls seither
hat es für einen Vertragsarzt erkennbar keine hinreichende Sicherheit mehr gegeben, nach eigener Einschätzung Verordnungen
mit Blick auf nicht aufgrund arzneimittelrechtlicher Prüfungen von Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit zugelassener
Arzneimittel ausstellen zu dürfen, ohne Gefahr zu laufen, insoweit in Regress genommen zu werden (vgl. zur Situation bei Off-Label-Use-Verordnungen
BSG 5.5.2010 - B 6 KA 6/09 R, juris).
In einer solchen Situation war der Vertragsarzt gehalten, bei den für ihn zuständigen vertragsärztlichen Prüfgremien anzufragen
oder eine Vorab-Prüfung der betroffenen Krankenkasse zu veranlassen, ob die Verordnung zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung
erfolgen kann. Keinesfalls reichte hierfür die vom Kläger vorgelegte Information des Bundesverbandes Reproduktionsmedizinischer
Zentren Deutschlands e. V. an seine Mitglieder, nach dem Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 16. Juni 2003 sei die Verordnung
von LeukoNorm innerhalb der zugelassenen Indikationen auch in der vertragsärztlichen Versorgung rechtens. Alternativ hätte
der Patientin auch ein Privatrezept ausgestellt und es dieser überlassen werden können, sich bei ihrer Krankenkasse um Kostenerstattung
zu bemühen. Durch die Ausstellung der Verordnung zulasten der beigeladenen Krankenkasse und die Einlösung des Rezepts aber
war die Krankenkasse auf den Regress verwiesen. Denn wenn ein Vertragsarzt Verordnungen ohne gesicherten Nachweis von Qualität
und Wirksamkeit des Arzneimittels ausstellt, muss zwingend nachträglich geprüft werden dürfen, ob die jeweilige Verordnung
den Regeln des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung entspricht. Wenn der Vertragsarzt davon absieht, in solchen Fällen
die Krankenkasse vor Ausstellung der Verordnung einzuschalten, muss er hinnehmen, dass die Einhaltung der Vorgaben der vertragsärztlichen
Versorgung im Nachhinein geprüft wird, und übernimmt er in einem solchen Fall das Risiko, dass im Nachhinein eine Leistungspflicht
der Krankenkasse verneint wird (vgl. BSG v. 31.05.2006 - B 6 KA 53/05 B, MedR 2007, 557; BSG 5.5.2010 - B 6 KA 6/09 R, juris; zuletzt BSG 13.10.2010 - B 6 KA 48/09 R).
Zu einer Ermessensausübung durch den Beklagten im Sinne der Prüfung, ob ein Regress festgesetzt wird oder unterbleiben kann,
war bei dem Verordnungsregress im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung nach §
106 SGB V mithin kein Raum. Denn weil die Frage der Unwirtschaftlichkeit einer Verordnungsweise regelmäßig nur bejaht oder verneint
werden kann, kommt insoweit allein die Ausübung von Ermessen hinsichtlich der Höhe des Regresses im Sinne eines Kürzungsermessens
in Betracht. Doch ist vorliegend kein Grund ersichtlich, mit dem Regress lediglich einen Teil der Unwirtschaftlichkeit abzuschöpfen.
Das kann nur in anders gelagerten Fällen in Betracht kommen, z. B. im Rahmen eines Regresses aufgrund einer sog. Durchschnittsprüfung
bei insgesamt deutlich höherem Verordnungsvolumen als im Durchschnitt der Arztgruppe und bzw. oder bei einer Anfängerpraxis,
evtl. auch bei der Belassung von Restüberschreitungen (BSG 5.11.2008 - B 6 KA 63/07 R, SozR 4-2500 § 106 Nr. 21; BSG 3.2.2010 - B 6 KA 37/08 R, SozR 4-2500 § 106 Nr. 26).
Vertrauensschutz steht dem Kläger nicht zur Seite. Es hat eben nicht erst das Urteil des 1. Senats des Bundessozialgerichts
vom 27. September 2005 den Zusammenhang zwischen arzneimittelrechtlicher Verkehrsfähigkeit und Verordnungsfähigkeit im Rahmen
der gesetzlichen Krankenversicherung relativiert und so Zweifel an der Verordnungsfähigkeit von LeukoNorm begründen können.
Vielmehr hat ein strikter Zusammenhang zwischen arzneimittelrechtlicher Verkehrsfähigkeit und Verordnungsfähigkeit im Rahmen
der gesetzlichen Krankenversicherung niemals bestanden (BSG 5.11.2008 - B 6 KA 63/07 R, SozR 4-2500 § 106 Nr. 21). Der Kläger hat dafür, dass er auf einen solchen Zusammenhang habe vertrauen dürfen und vertraut
habe, auch keine entsprechenden schriftlichen Verlautbarungen der beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigung oder der für ihn
zuständigen vertragsärztlichen Prüfgremien oder der beigeladenen Krankenkasse anführen können. Zudem ergibt sich schon aus
dem Sinngefüge des
SGB V, dass nur solche Behandlungen und Verordnungen zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung gestattet sind, bei denen aufgrund
eingehender Prüfung die Gewähr von Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit besteht. In diesem Sinne haben auch bereits
vor dem hier streitbefangenen Quartal Gerichte entschieden, auch zweitinstanzlich, so z. B. das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz
in einem Urteil von 1998 unter Anwendung der vom Bundessozialgericht formulierten Grundsätze (BSG 23.7.1998 - B 1 KR 19/96 R, SozR 3-2500 § 31 Nr. 5) in einem konkreten Fall (LSG Rheinland-Pfalz 22.10.1998 - L 5 K 22/97, juris). Zwar war diese Rechtsprechung nicht einhellig (vgl. dazu BSG 5.11.2008 - B 6 KA 63/07 R, SozR 4-2500 § 106 Nr. 21, Rn. 30). Bei einer solchen Lage, in der unterschiedliche Ansichten vertreten wurden, gab es aber
keine tragfähige Grundlage für die Bildung eines Vertrauenstatbestandes in dem vom Kläger geltend gemachten Sinn. Von vornherein
als belastbare Vertrauensgrundlage nicht in Betracht kam das Schreiben des Herstellers von LeukoNorm, der C. AG, in dem dieser
dem Kläger garantierte, "dass Sie bei der Verordnung von LeukoNorm C.® im Rahmen der zugelassenen Indikation und der Fachinformation
keine Nachteile haben werden." Der Hersteller ist gewiss nicht der, der dem Vertragsarzt Garantien zur Verordnungsfähigkeit
von Arzneimitteln zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung geben kann. Und auch der Bundesverband Reproduktionsmedizinischer
Zentren Deutschlands e. V., der ein Interessenverband ist, konnte mit seinen Auskünften, auf die der Kläger hingewiesen hat,
nicht einen zu beachtenden Vertrauensschutztatbestand begründen. Wollte der Kläger sich Gewissheit verschaffen, hätte er sich
vor der Verordnung an die für ihn zuständigen Prüfgremien und die betroffene Krankenkasse wenden müssen; dann auch wäre schnell
deutlich geworden, dass dort die Frage der Verordnungsfähigkeit von LeukoNorm anders gesehen wurde.
Inwieweit nach der bereits vorstehend umfänglich vorgenommenen Prüfung noch Raum für eine Heranziehung auch des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes
sein kann, hat das Bundessozialgericht offen gelassen (BSG 5.11.2008 - B 6 KA 63/07 R, SozR 4-2500 § 106 Nr. 21). Selbst wenn man hierfür aber Raum sähe, könnte dies nicht zu einem Erfolg für den Kläger führen.
Denn mit LeukoNorm ist ein Arzneimittel betroffen, bei dem Zweifel an der Verordnungsfähigkeit auf der Hand lagen, besaß es
doch nur eine fiktive Zulassung, ohne dass eine fundierte Überprüfung der Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit in einem
Zulassungsverfahren stattgefunden hatte, war dem Arzneimittel auch nach jahrelangem Nachzulassungsverfahren im Zeitpunkt seiner
Verordnung durch den Kläger noch keine Zulassung nach dem AMG erteilt worden und war die Studienlage zu seiner Anwendung bei immunologisch bedingten, mehrfachen, frustranen IVF- oder
ICSI-Behandlungen ausgesprochen dünn. Dass es mit Blick auf LeukoNorm bundesweit eine uneinheitliche Praxis der Prüfgremien
und auch gerichtliche Entscheidungen gab, die seine Verordnungsfähigkeit annahmen (SG Freiburg 16.6.2003 - S 11 KR 736/03 ER), führt nicht zur Unverhältnismäßigkeit des gegenüber dem Kläger festgesetzten Regresses. Denn dieser Gesichtspunkt hat
Eingang bereits in die Vertrauensschutzprüfung gefunden.
Schließlich ist ein dem Kläger günstigeres Ergebnis auch nicht mit Blick auf die Grundsätze des Off-Label-Use und des Bundesverfassungsgerichts
in seiner Entscheidung vom 6. Dezember 2005 (BVerfGE 115, 25) veranlasst. Ein die Indikationen der fiktiven Zulassung überschreitender Einsatz des Arzneimittels steht vorliegend nicht
im Raum, sondern will der Kläger das Arzneimittel ja gerade indikationsgerecht verordnet haben. Nur liegt der Fehlschluss
von der Verkehrsfähigkeit auf die Verordnungsfähigkeit vor. Und um lebensbedrohliche Erkrankungen im Sinne der Rechtsprechung
des Bundesverfassungsgerichts ging es vorliegend mit der vorgetragenen Behandlung von Immunstörungen zur Unterstützung künstlicher
Befruchtungen auch von vornherein nicht.
Der Regress war in Höhe des der beigeladenen Krankenkasse entstandenen Schadens festzusetzen. Denn der verschuldensunabhängige
Schadensersatzanspruch der Krankenkasse gegen einen Vertragsarzt wegen unzulässiger Arzneimittelverordnungen beruht im Kern
darauf, dass die Krankenkasse einen Ausgleich für die Bezahlung von Medikamenten erhält, die sie bei korrektem Verhalten des
Arztes nicht hätte finanzieren müssen (BSG 5.5.2010 - B 6 KA 6/09 R, juris). Mängel insoweit sind nicht ersichtlich. Es hat der Beklagte zu berücksichtigende Rabatte und Patienteneigenanteile
abgezogen und nur den Nettobetrag festgesetzt. Eine Kürzung des Regresses im Ermessenswege war gegenüber dem Kläger, der nicht
eine Anfängerpraxis, sondern ein seit Jahren eingeführtes Kinderwunschzentrum betrieb, nicht veranlasst.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs.
1 Satz 1
SGG in Verbindung mit §
154 Abs.
2 der
Verwaltungsgerichtsordnung (
VwGO) und hat der Kläger die Kosten des von ihm erfolglos geführten Rechtsmittels zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der
Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig, weil diese keinen eigenen Antrag gestellt haben (vgl. §
162 Abs.
3 VwGO).
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des §
160 Abs.
2 Nr.
1 oder 2
SGG nicht vorliegen.