Hinterbliebenenleistungen; Abgrenzung Unfall zu Suizid; Wegeunfall; Unterbrechung; eigen wirtschaftlich; innerer Zusammenhang
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen nach dem Sozialgesetzbuch Siebtes Buch - gesetzliche
Unfallversicherung (
SGB VII) streitig.
Die Klägerin zu 1. ist die Witwe des 1968 geborenen und 2013 verstorbenen E. C. (im Folgenden: Versicherter), die Kläger zu
2. und 3. sind seine Kinder. Der Versicherte war als Metallbauer in einem Betrieb in G-Stadt beschäftigt und wohnte mit seiner
Familie in A-Stadt. Den Weg zwischen dem Wohnort und der Betriebsstätte legte der Versicherte am Unfalltag mit seinem Kastenwagen,
einem Klein-Lkw der Marke Renault xxx, zurück. Am 10. Januar 2013 nahm der Versicherte um 7:00 Uhr seine Arbeit auf und verließ
nach Angaben des Arbeitgebers zwischen 16:05 Uhr und 16:10 Uhr den Betrieb. Der Arbeitgeber gab des Weiteren an, dass der
Versicherte gegen 16:30 Uhr nochmals im Betrieb gewesen sei, weil er seinen Schlüssel vergessen habe. Gegen 17:12 Uhr erlitt
der Versicherte sodann einen tödlichen Unfall auf der Bundesstraße xx1 (B xx1) am Ortsausgang H-Stadt in Fahrtrichtung I-Stadt/A-Stadt,
wobei er als Fußgänger von einem Lkw erfasst wurde.
Mit Unfallanzeige vom 14. Januar 2013 zeigte der Arbeitgeber der Beklagten den tödlichen Unfall an und bat um Prüfung, ob
es sich um einen Wegeunfall handele. Die Beklagte leitete daraufhin Ermittlungen ein, wobei sich aus beigezogenen Presseartikeln
zu dem tödlichen Verkehrsunfall Hinweise auf eine mögliche suizidale Absicht des Versicherten ergaben. Aus dem von der Beklagten
daraufhin beigezogenen Vorerkrankungsverzeichnis der Krankenkasse des Versicherten ergaben sich keine Zeiten der Arbeitsunfähigkeit
wegen psychischer Erkrankungen.
Die Beklagte zog sodann die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Kassel bei. Aus dieser ergab sich ein weiterer Verkehrsunfall
des Versicherten auf der Bundesstraße xx2 (B xx2) in der Ortsumgehung von G-Stadt in Fahrtrichtung J-Stadt kurz vor der Abfahrt
auf die B xx1 am 10. Januar 2013 gegen 16:50 Uhr. Im Hinblick auf diesen Verkehrsunfall gab der beteiligte Lkw-Fahrer K. gegenüber
der Polizei an, dass er mit seinem Lkw die B xx2 in Fahrtrichtung J-Stadt befahren habe und er den Kastenwagen des Versicherten
am Fahrbahnrand habe stehen sehen. Die Motorhaube des Klein-Lkw sei geöffnet gewesen und er habe angenommen, dass der Versicherte
eine Panne habe. Er habe seinen Lkw in Richtung Fahrbahnmitte gelenkt, um sicher an dem Pannenfahrzeug vorbeifahren zu können.
Als er sich kurz vor dem Fahrzeug des Versicherten befunden habe, sei der Versicherte plötzlich und unerwartet hinter der
geöffneten Motorhaube hervorgesprungen und direkt in Richtung Fahrbahnmitte auf seinen Sattelzug zu gelaufen. Er habe noch
eine Vollbremsung und ein Ausweichmanöver eingeleitet, habe den Anprall des Versicherten aber nicht mehr verhindern können.
Seiner Erinnerung nach sei der Versicherte leicht nach vorne gebeugt hinter der Motorhaube hervorgetreten, habe sich dann
aufgerichtet und sei weiter in seine Fahrspur gelaufen. Die Gangart würde er nicht als hastig, jedoch sehr zielstrebig in
Richtung seines Lkw beschreiben. Der Versicherte sei am linken Arm verletzt worden. Er habe sodann angehalten und sei zu dem
Versicherten gegangen, dieser habe ihm gesagt, dass lediglich der linke Arm verletzt und es nicht so schlimm sei, er würde
gleich ins Krankenhaus fahren. Auf die Nachfrage, ob ein Krankenwagen erforderlich sei und er die Polizei verständigen solle,
habe der Versicherte dies verneint und gesagt, dass er seine Fahrt fortsetzen könne. Auf Nachfrage habe der Versicherte zudem
angegeben, dass sein Wagen Probleme mit der Zündanlage habe. Außerdem habe der Versicherte gesagt, dass er auf dem matschigen
Boden im Bereich der Bankette ausgerutscht und an der Asphaltskante gestolpert sei, weshalb er auf die Fahrbahn gelangt sei.
Auf nochmalige Nachfrage, ob er einen Arzt brauche, habe der Versicherte dies verneint und sich in seinen Wagen gesetzt. Er
sei dann mit seinem Lkw weitergefahren, habe an der nächsten Ausfahrt gewendet und die Bundesstraße in entgegengesetzter Fahrtrichtung
befahren. Er habe dann erneut am Unfallort angehalten, wo der Versicherte noch immer in seinem Wagen gesessen habe. Auf die
Nachfrage, ob der Wagen nicht laufen würde, habe der Versicherte gesagt, dass er die Motorhaube schließen solle, was er auch
getan habe. Anschließend sei der Versicherte davon gefahren. Daraufhin habe er die Polizei verständigt. Ca. 10-15 min. später
sei er wieder losgefahren und auf die B xx1 abgebogen. Kurz hinter H-Stadt habe er dann den Klein-Lkw des Versicherten erneut
am rechten Fahrbahnrand stehen sehen, wobei erneut die Motorhaube geöffnet gewesen sei. Nachdem er den Versicherten tot im
Straßengraben liegen gesehen habe, habe er angehalten und der Polizei vor Ort von dem vorangegangenen Unfallgeschehen erzählt.
Wegen des Unfalls auf der B xx2 hatte die Polizei zudem zwei weitere Zeugen vernommen. Wegen des Inhalts der Aussagen wird
auf die beigezogenen Akte der Staatsanwaltschaft Kassel verwiesen. Außerdem vernahm sie den Zeugen L. im Hinblick auf den
Unfall auf der B xx1. Der Zeuge sagte insoweit u.a. aus, dass der Versicherte plötzlich hinter der geöffneten Motorhaube hervorgetreten
und dann in vollem Lauf und zielstrebig auf die Bundesstraße in Richtung des ankommenden Lkw gelaufen sei. Der Versicherte
sei in einer leicht nach vorne gebeugten Körperhaltung und mit an den Körper angelegten Armen auf die Fahrbahn gelaufen. Aufgrund
des zielstrebigen Gehens des Versicherten und der geringen Entfernung zu dem Lkw sei aus seiner Sicht ein Ausweichen des Lkws
nicht mehr möglich gewesen. Der Abstand des Lkw zum Fahrbahnrand habe ca. 2 m betragen, wobei der Lkw noch Richtung Fahrbahnmitte
ausgewichen sei, um genügend Seitenabstand zu dem am Rand geparkten Klein-Lkw zu haben. Der Versicherte habe sich bei dem
Betreten der Bundesstraße nicht normal verhalten, er sei zielstrebig auf die Fahrbahn getreten, ohne dabei auf den Verkehr
zu achten. Die ebenfalls vernommene Zeugin M. gab bei der polizeilichen Vernehmung an, dass sie den Versicherten auf der B
xx1 kurz hinter H-Stadt habe hinter seinem Auto stehen sehen. Er habe dort ganz ruhig gestanden und einen wartenden Eindruck
gemacht. Er habe in Richtung H-Stadt geschaut und nicht den Eindruck gemacht, dass er Hilfe benötige. Der ebenfalls vernommene
Zeuge N. gab an, dass er den Versicherten um kurz nach 17:00 Uhr auf der B xx1 hinter H-Stadt gesehen habe, wie er fast von
einem Lkw erfasst worden sei. Der Versicherte sei ca. 2 m auf der Fahrbahn gewesen und der Lkw habe eine ruckartige Ausweichbewegung
gemacht. Der Versicherte sei daraufhin in Richtung seines am Rand stehenden Klein-Lkw gegangen. Bei diesem Vorfall sei der
Versicherte nicht von dem Lkw erfasst worden, der Lkw sei nach dem Ausweichmanöver normal weitergefahren.
In einem Bericht des Ersten Kriminalhauptkommissars (EKHK) O. von der Polizeidirektion Waldeck-Frankenberg vom 11. Januar
2013 gab dieser an, dass der Lkw-Fahrer P., von dessen Lkw der Versicherte letztlich tödlich erfasst worden war, angegeben
habe, dass der Versicherte vollkommen unvorhersehbar vor seinem Fahrzeug hervorgetreten und rechtwinklig auf die Fahrbahn
gelaufen sei. Der Versicherte sei scheinbar zügig und gezielt in Richtung Fahrbahnmitte gegangen, wobei er nicht in Richtung
des Lkw geschaut oder gar die Arme gehoben habe. EKHK O. gab weiterhin an, dass er am Folgetag den Hausarzt des Versicherten
angerufen habe, welcher mitgeteilt habe, dass ihm eine Depression des Versicherten nicht bekannt sei. Lediglich im Jahr 2009
habe ein Kollege des Hausarztes einen Befund wegen somatoformer Angststörungen im Zusammenhang mit einem Burnout bei dem Versicherten
eingetragen.
In einem weiteren Bericht vom 11. Januar 2013 gab EKHK O. zudem an, dass die Witwe des Versicherten angegeben habe, dass der
Versicherte nie unter depressiven Phasen gelitten habe und insgesamt ein positiv denkender Mensch gewesen sei. Es gebe keine
finanziellen Probleme und habe auch keine ungewöhnlichen Auseinandersetzungen zwischen ihr und dem Versicherten gegeben. Über
Probleme mit dem Fahrzeug habe ihr der Versicherte nichts berichtet. Bei der Durchsicht des Wohnhauses sei nichts Nennenswertes
gefunden worden. Der hinzugekommene Arbeitskollege Q. des Versicherten habe zudem berichtet, dass zwei weitere Kollegen den
Versicherten am Unfalltag gegen 16:30 Uhr in den Betrieb hätten zurückkehren sehen. Der Versicherte habe angegeben, seinen
Haustürschlüssel vergessen zu haben.
EKHK'in R. gab in einem Bericht vom 11. Januar 2013 an, dass der Arbeitgeber des Versicherten sowie der für den Versicherten
zuständige Meister im Betrieb angegeben hätten, dass sich der Versicherte am Unfalltag völlig normal und unauffällig verhalten
habe. Der Versicherte habe sich um 16:00 Uhr ausgebucht, der Meister habe sich jedoch erinnert, dass er den Versicherten gegen
16:30 Uhr im hinteren Teil der Halle noch gesehen habe. Suizidale Gedanken hätten sich weder der Arbeitgeber noch der zuständige
Meister des Versicherten vorstellen können. Probleme mit Alkohol oder Drogen seien im Zusammenhang mit dem Versicherten niemals
aufgefallen.
In einem weiteren Bericht vom 15. Januar 2013 führte EKHK O. aus, dass der Juniorchef eines Schrottplatzes in G-Stadt angegeben
habe, den Versicherten, der ein regelmäßiger Kunde gewesen sei, am 10. Januar 2013 gegen 16:15 Uhr auf dem Hof der Firma gesehen
zu haben. Der Versicherte sei mit seinem Klein-Lkw über den Hinterhof gefahren und habe den Hof kurze Zeit später über die
Einfahrt wieder verlassen.
In einem forensisch-toxikologischen Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin der Universitätsklinik Gießen und Marburg vom
24. Januar 2013 stellte Prof. Dr. S. fest, dass im Blut und Serum des Versicherten keiner forensisch relevanten Wirksubstanzen
oder Stoffwechselprodukte nachweisbar seien. Die Polizei gab zu dem eine kurzgutachtliche Stellungnahme hinsichtlich des Klein-Lkw
des Versicherten bei einem Ingenieurbüro für Fahrzeugtechnik und Unfallanalyse in Auftrag. In der Stellungnahme vom 18. Januar
2013 führte Dipl.-Ing. T. insoweit aus, dass das Fahrzeug des Versicherten hinsichtlich der Frage seiner Betriebsfähigkeit
untersucht worden sei. Bei der Begutachtung des Fahrzeugs habe sich der Motor unbeanstandet starten lassen, ohne dass es zu
Startschwierigkeiten, Fehlzündungen oder einem auffällig unrunden Motorlauf gekommen sei. Der Tank sei noch zu einem Drittel
gefüllt gewesen. Während des Motorbetriebs habe die gelbe Motor-/Abgaskontrollleuchte dauerhaft geleuchtet, auch habe zeitweise
die Airbagkontrollleuchte aufgeleuchtet. Eine Auslesung des Fehlercodes habe jedoch ergeben, dass bei dem Fahrzeug aktuell
keine Fehler vorgelegen hätten, vielmehr solche vormalig aufgetreten und dann nicht gelöscht worden seien, weshalb die Kontrollleuchten
weiter aufgeleuchtet hätten. Bei dem in Rede stehenden Fahrzeug sei die Motorhaube nach vorne hinauf zu klappen, so dass Arbeiten
im Motorraum nur von der linken oder rechten Seitenflanke möglich seien. Der Zugang zu den Zündkerzen sei von der rechten
Seite möglich. Die Kabelstecker der Zündkabel seien durch Fressspuren eines Marders oder ähnlich beschädigt gewesen und im
Fahrzeuginnenraum hätten sich zwei Ersatzzündkabel befunden. Trotz der Beschädigungen der Zündkabelstecker habe das Fahrzeug
jedoch beanstandungsfrei gefahren werden können und habe sich auch ohne merkliche Störungen beschleunigen und abbremsen lassen.
Der Motor sei bis auf Betriebstemperatur gebracht worden und eine Probefahrt über eine Länge von 12 km unternommen worden.
Der Motor sei des Öfteren ausgeschaltet und wieder gestartet worden, ohne dass es zu Funktionsstörungen gekommen sei. Auch
die Fehlercodeauslesung bei Betrieb des Motors habe keine Mängel gezeigt. Insgesamt hätten sich somit keine technischen Mängel
feststellen lassen, die gegebenenfalls zu einer Panne bzw. zu einem Ausfall des Fahrzeugs während des Betriebes geführt haben
könnten. Je nach momentaner Luftfeuchtigkeit könne es wegen der fehlenden Isolierung der Zündkabelstecker zu Zündaussetzern
einzelner Zylinder gekommen seien, so dass möglicherweise Leistungsprobleme sporadisch aufgetreten sein könnten. Ein Ausfall
des Fahrzeugs während des Betriebs mit der Notwendigkeit des Anhaltens auf freier Strecke lasse sich jedoch nicht bestätigen.
In seinem Schlussvermerk vom 20. März 2013 empfahl daraufhin Polizeioberkommissar (POK) U. unter Auswertung sämtlicher Zeugenaussagen
zu beiden aufgenommenen Unfallgeschehen und Berücksichtigung des vom Zeugen N. angegebenen, nicht polizeilich aufgenommenen
dritten Geschehens eines Beinahe-Unfalls das inzwischen eingeleitete Ermittlungsverfahren gegen den Lkw-Fahrer P. wegen fahrlässiger
Tötung (§222
Strafgesetzbuch -
StGB -) einzustellen. Mit Verfügung vom 4. April 2013 stellte die Staatsanwaltschaft Kassel sodann das Ermittlungsverfahren gemäß
§
170 Abs.
2 Strafprozessordnung (
StPO) mit der Begründung ein, dass der Versicherte nach Auswertung aller Zeugenaussagen, der Spurenlage am Unfallort sowie der
Tatsache, dass an dem Klein-Lkw des Versicherten kein Hinweis auf einen technischen Defekt festgestellt werden konnte, plötzlich
und nicht fahrlässig auf die Fahrbahn getreten und der Unfall für den beschuldigten Lkw-Fahrer schlichtweg nicht vermeidbar
gewesen sei.
Mit getrennten Bescheiden vom 21. Juni 2013 lehnte die Beklagte jeweils gegenüber den Klägern sodann die Zahlung von Hinterbliebenenleistungen
aus der gesetzlichen Unfallversicherung aus Anlass des Ereignisses vom 10. Januar 2013 ab. Nach den polizeilichen Ermittlungen
hätten sich keine Nachweise für einen technischen Defekt am Fahrzeug des Versicherten ergeben, was ein Stehenbleiben auf der
Bundesstraße und das Hervortreten vor den Lkw objektiv erforderlich hätte machen können, um das Ziel, nämlich die Wohnung,
zu erreichen. Selbst wenn Reparaturen erforderlich gewesen wären, hätte er diese aus seiner Position nach den Zeugenaussagen
nicht verrichten können, da er hinter der geöffneten Motorhaube gestanden habe. Da die Motorhaube nach vorne öffne, seien
Arbeiten aus dieser Position nicht möglich gewesen. Der innere Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem zum
Tode führenden Verhalten des Versicherten könne deshalb nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bewiesen werden.
Die Folgen der Beweislosigkeit gingen zu Lasten des Anspruchs auf Hinterbliebenenleistungen. Die Voraussetzungen eines Arbeitsunfalls
seien deshalb nicht erfüllt.
Gegen die Bescheide legte der Prozessbevollmächtigte der Kläger jeweils Widerspruch ein mit dem Hinweis, dass der Sachverständige
im Rahmen der Begutachtung schadhafte Zündkontakte am Auto festgestellt habe und es darüber hinaus keinerlei Indizien oder
Ursachen gäbe, die die Absicht einer Selbsttötung erklären könnten. Es gäbe zahlreiche Indizien, die gegen eine Selbsttötungsabsicht
sprächen. So sei der Versicherte, da er seinen Hausschlüssel vergessen habe, noch einmal zurück in die Firma gefahren. Darüber
hinaus sei es aus medizinischer Sicht durchaus erklärbar, dass das erste Unfallgeschehen tatsächlich eine Kopfverletzung bei
dem Versicherten hervorgerufen habe und die damit einhergehende Schockwirkung den Versicherten in seiner willentlichen Handlungsweise
so eingeschränkt habe, dass diese nur noch bedingt gegeben gewesen sei.
Mit Widerspruchsbescheiden vom 4. Juli 2014 wies die Beklagte die Widersprüche jeweils zurück. Nicht jeder zurückgelegte Weg
stehe unter dem Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Es müsse ein innerer Zusammenhang zwischen der versicherten
Tätigkeit und der Zurücklegung des Weges bestehen. Maßgebend sei die Handlungstendenz des Versicherten, so wie sie sich insbesondere
durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätige. Die betriebliche Zweckbestimmung der zum Unfall führenden Tätigkeit
müsse dabei im Wege des Vollbeweises nachgewiesen sein. Vorliegend stehe nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit
fest, dass sich der Versicherte zum Unfallzeitpunkt bei einer versicherten Tätigkeit befunden habe. Insbesondere könnten die
übereinstimmenden Aussagen der beiden Lkw-Fahrer, dass der Versicherte plötzlich und unvermittelt hinter der Motorhaube des
Klein-Lkws hervorgetreten und zügig und gezielt in Richtung Fahrbahnmitte gegangen sei, ohne in Richtung des Lkws zu schauen
oder eine Abwehrhaltung einzunehmen, nicht hinweggedacht werden. Nach den in der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden
Beweislastregelungen gehe die Unerweislichkeit des Vorliegens eines Arbeitsunfalls zulasten derjenigen, die Hinterbliebenenleistungen
begehrten, so dass die Leistungsgewährung zu Recht abgelehnt worden sei.
Gegen die Bescheide vom 21. Juni 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger
jeweils am 23. Juli 2014 Klage zum Sozialgericht Marburg (S 13 U 69/14, S 13 U 70/14 und S 13 U 71/14) erhoben. Durch Beschluss vom 17. November 2014 hat das Sozialgericht die Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung
unter dem Aktenzeichen S 13 U 70/14 verbunden. In einer mündlichen Verhandlung vom 29. Mai 2015 hat das Sozialgericht sodann die Zeugen L., P., N. und V. gehört.
Wegen der Aussagen der Zeugen wird auf die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung verwiesen.
Mit Urteil vom 29. Mai 2015 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Vorliegend bleibe für die Kammer nach Aktenlage letztlich
unklar, ob sich der tödliche Unfall des Versicherten auf einem so genannten versicherten Weg/unmittelbaren Heimweg von der
versicherten Tätigkeit bzw. Weg erneut zur Arbeit ereignet habe, wenngleich die Beklagte im angegriffenen Bescheid vom 21.
Juni 2013 einen direkten Weg von der Arbeitsstätte zum Wohnort angenommen habe. Dies könne jedoch dahinstehen, weil der Versicherte
sich mit dem Verlassen des Klein-Lkw und dem Betreten der Fahrbahn, wodurch er in den tödlichen Gefahrenbereich des Lkw geraten
sei, jedenfalls von dem versicherten Weg gelöst habe, ohne dass hierfür berufsbedingte Gründe nachgewiesen wären. Auf den
Nachweis einer Suizidabsicht komme es nicht an. Insbesondere der in Erwägung gezogene Motorschaden sei zum einen nicht nachgewiesen,
denn nach den polizeilichen Ermittlungen sowie dem hierzu eingeholten Kfz-Gutachten habe am Fahrzeug des Verunglückten kein
erkennbarer/relevanter Defekt bestanden. Soweit die Kläger auf die festgestellten Mängel am Klein-Lkw hinwiesen, ergebe sich
aus diesen Mängeln nach dem Gutachten keine Notwendigkeit für ein Anhalten auf freier Strecke. Ausweislich der Lichtbildmappe
habe darüber hinaus der seitliche Abstand der linken hinteren Fahrzeugecke zur Fahrbahn 70 cm, der der linken vorderen Fahrzeugecke
zur Fahrbahn 65 cm betragen. Selbst bei einem vermeintlichen Motorschaden sei bei der Kontrolle des Motorraumes weder zum
Erreichen der Motorhaube noch zum Erreichen der Fahrertür ein Betreten der Fahrbahn für den Versicherten erforderlich gewesen.
Der Versicherte sei jedoch auf der Fahrbahn tödlich vom Lkw erfasst worden. Nach dem Ergebnis der umfänglichen Zeugenvernehmungen
sei auch bewiesen, dass der Verunfallte sein Fahrzeug an einer Haltestelle mit offener Motorhaube abgestellt und dann auf
die Straße gelaufen sei, wo ihn der Lkw des Zeugen P. tödlich erfasst habe. Die Zeugen seien auch insgesamt glaubwürdig und
die Aussagen glaubhaft. Dies gelte insbesondere auch für den Zeugen P., der den Versicherten mit seinem Lkw tödlich erfasst
habe. Denn die Zeugenaussagen stimmten weitgehend überein. Die vereinzelten Abweichungen und Ungenauigkeiten zwischen den
verschiedenen Zeugenaussagen, aber auch im Vergleich zu den Aussagen gegenüber der Polizei unmittelbar nach dem Unfallereignis
seien für die Kammer unter Berücksichtigung der allgemeinen Erkenntnisse aus der Wahrnehmungspsychologie weder auffällig,
noch unüblich.
Für die Kammer sei nach eigener Würdigung der Zeugenaussagen jedenfalls bewiesen, dass der Verunfallte hinter der Motorhaube
seines abgestellten Fahrzeuges an einer Haltestelle plötzlich auf die Straße getreten sei. Durch die Zeugenvernehmung sei
jedoch nicht ersichtlich und auch durch die polizeilichen Ermittlungen nicht bestätigt worden, dass es einen Grund für den
Versicherten gegeben haben könnte, auf die Straße zu laufen, der im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehe. Insbesondere
seien auch keine Gegenstände auf der Fahrbahn gefunden worden. Soweit die Zeugin W. sichtbar erfasst von dem tragischen Ereignis
geschildert habe, dass sie dachte, der Mann am Fahrbahnrand habe eine Mütze verloren und wäre dieser nachgesprungen, betreffe
diese Vermutung nur das erste, nicht zum Tode führende Ereignis auf der B xx2. Insoweit belege diese Vermutung der Zeugin
W., selbst wenn diese zutreffen sollte, noch keinen Grund für das Betreten der Fahrbahn auf der B xx1. Ergänzend sei anzumerken,
dass das von der Zeugin vermutete Aufsammeln einer Mütze im Übrigen als privatwirtschaftliche Handlung nicht dem versicherten
Gefahrenkreis zuzuordnen wäre. Nach der Aussage des Zeugen K. sei der Versicherte beim ersten Unfallereignis "weggerutscht".
Für das vom Zeugen beschriebene Vorverhalten "Auf einmal lief der los" seien aber ebenfalls keine berufsbedingten Gründe erkennbar.
Auch nach der Aussage des Zeugen P. sei der Versicherte beim zweiten und zum Tode führenden Ereignis ebenfalls hinter der
geöffneten Motorhaube auf die Straßenmitte getreten. Möglicherweise habe sich der Versicherte bei diesem zweiten Ereignis
tatsächlich in einem psychischen Ausnahmezustand befunden, wie von der Beklagten angenommen, nicht zuletzt in Hinblick auf
den ersten Unfall, der sich knapp eine halbe Stunde zuvor mit nahezu gleichem Handlungsablauf an dem anderen Ort ereignet
und bei dem sich der Versicherte die offene Unterarmfraktur (richtig: Oberarmfraktur) zugezogenen hatte. Dies könne als Ursache
für die Handlungsweise des Versicherten anlässlich des tödlichen Unfalles mitursächlich sein. Aber auch hier habe es sich
nicht nachweislich um ein versichertes Geschehen gehandelt, denn auch der frühere erste Unfall auf der B xx2 mit der Unterarmfraktur
sei - wie dargelegt - ohne erkennbaren Handlungsbezug zu einer versicherten Tätigkeit verlaufen. Im Übrigen gälten auch für
den zweiten Unfall die vorgenannten Ausführungen hinsichtlich des fehlenden Nachweises eines Motorschadens etc.
Zur Überzeugung des Gerichts könne damit der fragliche Unfall vom 10. Januar 2013 nicht als Arbeitsunfall anerkannt werden,
da die maßgeblichen Anknüpfungstatsachen im Sinne des §
8 Abs.
1 SGB VII nicht im Vollbeweis belegt seien.
Etwas anderes ergebe sich entgegen der Ansicht des Prozessbevollmächtigten auch nicht aus dem Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts
vom 20. Januar 2015 (L 3 U 365/14), denn dort sei letztlich der versicherte Weg nicht unterbrochen worden, vielmehr sei dort entscheidungsrelevant die Frage
gewesen, ob der Beklagten der Beweis der so genannten inneren Ursache (Suizidhandlung) als anspruchsausschließende nichtversicherte
Handlungstendenz gelinge, was dort zu verneinen gewesen sei. Vorliegend sei jedoch schon die betriebliche Zweckbestimmtheit
des zum Tode führenden Verhaltens (Unterbrechen des versicherten Weges, Betreten der Fahrbahn) und damit eine anspruchsbegründende
Voraussetzung nicht bewiesen.
Gegen das dem Prozessbevollmächtigten der Kläger am 1. Juli 2015 zugestellte Urteil hat dieser am 30. Juli 2015 Berufung zum
Hessischen Landessozialgericht eingelegt. Zur Begründung führen die Kläger aus, dass es nach den Ausführungen des Sozialgerichts
letztlich unklar sei, ob der tödliche Unfall ein Suizid gewesen sei oder nicht. Es komme somit maßgeblich auf die Beweislast
für das Vorliegen eines Suizides an, welche eindeutig die Beklagte treffe und nicht die Kläger. Die Auffassung des Sozialgerichts,
dass der Versicherte sich von dem versicherten Weg gelöst habe, indem er die Fahrbahn betreten habe, sei fehlerhaft. Das Fahrzeug
habe tatsächlich einen Motorschaden erlitten, so dass das Anhalten am Fahrbahnrand wie auch das Aussteigen des Versicherten
aus dem Fahrzeug keine freiwillige Unterbrechung des versicherten Weges darstelle. Damit sei der versicherte Weg nicht unterbrochen
gewesen. Das Bayerische Landessozialgericht habe in einem vergleichbaren Fall (L 3 U 365/14) eindeutig entschieden, dass bei Unklarheit über die Ursache des Todes eines Versicherten die Beklagte die Beweislast trage.
Vorliegend sei neben der Möglichkeit, dass der Versicherte die Besonderheit des Straßenverkehrs mit Selbsttötungsabsicht ausgenutzt
habe ebenso denkbar, dass es sich um ein ungewöhnliches Unfallgeschehen gehandelt habe. Jedenfalls habe der Versicherte sich
auf einem grundsätzlich versicherten Weg befunden. Die Auffassung des Sozialgerichts, dass ein Motorschaden am Fahrzeug des
Versicherten nicht bewiesen sei, trage nicht, da das eingeholte Gutachten des Kfz-Sachverständigen zu dem Ergebnis gekommen
sei, dass tatsächlich Defekte an den Zündkabel vorgelegen hätten, die einen jederzeitigen Leistungsabfall hätten begründen
können. Zudem hätten zahlreiche Zeugen, Bekannte und Familienangehörige bestätigt, dass der Versicherte vor dem Unfall über
Probleme mit dem Fahrzeug berichtet habe. Dabei gehe es auch nicht um die Frage eines solchen Motorschadens, der zum Stillstand
des Fahrzeugs geführt habe, sondern um den Umstand, dass das Fahrzeug "nicht richtig zog", was ein gut erklärlicher Grund
für ein wiederholtes Anhalten des Versicherten sei. Letztlich sei ein Motorschaden zwar nicht im Vollbeweis nachgewiesen,
aber für die Behauptung, dass der Versicherte nicht aufgrund eines Motorschadens am Fahrbahnrand angehalten habe, trage die
Beklagte die Beweislast. Ein vorliegender Fahrzeugdefekt unterbreche jedenfalls nicht den versicherten Weg im Rahmen der gesetzlichen
Unfallversicherung. Letztlich sei anzumerken, dass der Versicherte insgesamt eine ausgeglichene und zufriedene Person gewesen
und er ärztlicherseits nie durch Depressionen oder Ähnliches auffällig geworden sei. Es seien keine finanziellen Sorgen oder
Probleme vorhanden gewesen und noch zwei Wochen vor dem Unfallgeschehen habe der Versicherte den Sommerurlaub für die Familie
gebucht. Zur Zeit des Unfallgeschehens habe er zudem mit den Kindern zusammen ein Baumhaus im Garten erstellt. Schließlich
spreche gegen einen Suizid, dass der Versicherte am Unfalltag nochmals in den Betrieb zurückgekehrt sei, um seinen Hausschlüssel
zu holen, was bei einem geplanten Suizid unerklärlich sei. Auch an der Arbeitsstelle sei er am Unfalltag in keinster Weise
aufgefallen und habe auch keinen Abschiedsbrief hinterlassen. Die Beklagte begründe die suizidale Tötung lediglich mit den
vergleichbaren Abläufen vor dem Unfallgeschehen, wobei die Zeugenaussagen insoweit genau zu lesen seien. Zu berücksichtigen
sei dabei, dass die Zeugen durch die Äußerung der Polizei gegenüber der lokalen Presse, es habe sich um einen Suizid gehandelt,
nicht mehr unbeeinflusst bei ihrer Aussage gewesen seien. Letztlich sei durch die Zeugenaussagen auch im Rahmen der mündlichen
Verhandlung vor dem Sozialgericht nicht bewiesen, dass der Versicherte plötzlich auf die befahrene Straße gelaufen sei. Vielmehr
hätten verschiedene Zeugen Aussagen dahingehend gemacht, dass der Versicherte ausgerutscht sei. Auch könne es sein, dass der
Versicherte aufgrund der ersten Kollision mit dem Lkw unter Schock gestanden habe. Nach eingeholten Informationen der Kläger
sei es zudem so, dass es absolut untypisch bzw. aus psychologischer Sicht nahezu ausgeschlossen sei, dass jemand, der einen
gescheiterten Suizidversuch hinter sich habe, bereits in so kurzer Zeit danach einen erneuten Versuch unternehme. Insgesamt
sprächen damit eine Vielzahl von Indizien gegen einen Suizid des Versicherten und nur ein einziges für eine Selbsttötung.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 29. Mai 2015 sowie die Bescheide der Beklagten vom 21. Juni 2013 in der Gestalt
der Widerspruchsbescheide vom 4. Juli 2014 aufzuheben und den Klägern Hinterbliebenenleistungen aufgrund des Versicherungsfalls
des E. C. (geboren 1968, gestorben 2013) vom 10. Januar 2013 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung ihres Antrags beruft die Beklagte sich auf die erstinstanzliche Entscheidung, die sie für zutreffend hält.
Ein innerer Zusammenhang zwischen den Ereignissen vom 10. Januar 2013, die einmal zu einer linksseitigen Armverletzung und
letztlich zum Tode des Versicherten geführt hätten, zu der versicherten Tätigkeit liege nicht vor. Die Beklagte trage nicht
die Beweislast für einen eventuell vorliegenden Suizid oder eine andere, nicht versicherte Handlungstendenz. Vielmehr müssten
die Kläger das Vorliegen einer versicherten Tätigkeit zum Ereigniszeitpunkt im Vollbeweis nachweisen. Es sei letztlich nicht
davon auszugehen, dass der Versicherte im Rahmen einer Autoreparatur durch dreimaliges, zufälliges Ausrutschen ungewollt die
Fahrbahn, teilweise bis zur Fahrbahnmitte hin, betreten habe und dies noch im Rahmen einer wie auch immer gearteten versicherten
Tätigkeit erfolgt sei. Hierbei sei auch zu beachten, dass nicht in jedem Fall die Reparatur des Fahrzeugs eine versicherte
Tätigkeit darstelle. Selbst bei Unterstellung einer vorliegenden Panne durch defekte Zündkabel, scheide ein Versicherungsschutz
vorliegend aus, da das Kriterium der Unvorhersehbarkeit nicht erfüllt sei. Denn nach den Ermittlungen der Polizei seien dem
Versicherten die Probleme mit der Zündung schon vor dem Unfalltag bekannt gewesen und er habe auch passende, bereits mit Isolierband
reparierte Zündkabel im Auto mitgeführt. Zudem sei das Fahrzeug fahrbereit gewesen, denn der Versicherte sei vom Unfallort
1 zum Unfallort 2 gefahren, so dass eine Reparatur für die Zurücklegung des restlichen Weges nicht notwendig gewesen sei.
Letztlich sei eine versicherte Handlungstendenz bei dem dreimaligen Aufenthalt des Versicherten auf der Fahrbahn nicht im
Vollbeweis bewiesen.
Die Beteiligten haben sich schriftsätzlich mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden
erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts, des Vorbringens der Beteiligten und der vernommenen Zeugen im Übrigen wird
auf die Verwaltungsakte der Beklagten, die beigezogene Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Kassel (2620 Js 2426/13) und die Gerichtsakte ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht erhobene Berufung (§§
143,
151 Abs.
1 SGG) der Kläger ist zulässig, in der Sache aber unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 29. Mai 2015 sowie die
Bescheide der Beklagten vom 21. Juni 2013 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 4. Juli 2014 sind rechtmäßig, so dass
die Kläger nicht beschwert sind (vgl. §
54 Abs.
2 Satz 1
SGG).
Die Kläger haben keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung von Hinterbliebenenleistungen aufgrund des Todesfalls des
Versicherten am 10. Januar 2013.
Voraussetzung eines jeden Hinterbliebenenrechts (§§
64 bis
71 SGB VII) ist, dass in der Person des Versicherten ein Versicherungsfall eingetreten war und er infolgedessen verstorben ist. Die
Frage, ob ein Versicherungsfall vorgelegen hat und welcher es genau war, ist dabei kein selbstständiger Gegenstand des Verwaltungsverfahrens,
über den durch Verwaltungsakt entschieden werden dürfte, sondern nur eine Tatbestandsvoraussetzung des streitgegenständlichen
Anspruchs, das heißt ein unselbstständiges Begründungselement des Verwaltungsakts (BSG, Urteil vom 4. Dezember 2014 - B 2 U 18/13 R -). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist der Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen ein eigener Rechtsanspruch, der sich zwar vom Recht des Versicherten ableitet,
aber hinsichtlich aller Voraussetzungen gesondert zu prüfen ist (BSG, Urteil vom 12. Januar 2010 - B 2 U 21/08 R - m. w. N.).
Die Kläger haben vorliegend keinen Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen nach §
63 Abs.
1 Satz 1
SGB VII, da der Tod des Versicherten nicht infolge eines Arbeitsunfalls im Sinne des §
8 Abs.
1 SGB VII eingetreten ist.
Nach §
63 Abs.
1 Satz 1
SGB VII haben Hinterbliebene Anspruch auf
1. Sterbegeld,
2. Erstattung der Kosten der Überführung an den Ort der Bestattung,
3. Hinterbliebenenrenten,
4. Beihilfe.
Nach Satz 2 der Vorschrift besteht der Anspruch auf Leistungen nach Satz 1 Nr. 1 bis 3 dabei nur, wenn der Tod infolge eines
Versicherungsfalls eingetreten ist.
Versicherungsfälle sind gemäß §
7 Abs.
1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Nach §
8 Abs.
1 Satz 1
SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§
2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Für einen Arbeitsunfall ist danach im Regelfall erforderlich, dass
die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher
Zusammenhang), diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis (dem Unfallereignis)
geführt hat (Unfallkausalität) und das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht
hat (haftungsbegründende Kausalität; ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. etwa Urteil vom 26. Juni 2014 - B 2 U 4/13 R -; Urteil vom 15. Mai 2012 - B 2 U 16/11 R -; Urteil vom 12. April 2005 - B 2 U 11/04 R - jeweils m.w.N.).
Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht dabei die anspruchsbegründenden Tatsachen,
nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung und der Gesundheitserstschaden bzw. der Tod erwiesen sein. Dies
bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens der volle Beweis für das Vorliegen der genannten
Tatsachen als erbracht angesehen werden kann (BSG, Urteil vom 30. April 1985 - 2 RU 43/84 -). Dagegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 - B 2 U 5/10 R -). Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit ist dann anzunehmen, wenn bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte
des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang spricht, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn
er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (BSG, Urteil vom 18. Januar 2011, a. a. O.). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang
nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten,
der aus diesem Sachverhalt Rechte ableitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen somit zu Lasten des jeweiligen Klägers
(BSG, Urteil vom 27. Juni 1991 - 2 RU 31/90 -; zu allem LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19. Januar 2016 - L 9 U 1607/15 -).
Vorliegend fehlt es an dem Vollbeweis für das Vorliegen eines Unfalls im Sinne von §
8 Abs.
1 Satz 1
SGB VII. Ebenso ist der innere Zusammenhang zwischen der zum Zeitpunkt des Unfalls verrichteten Tätigkeit und der grundsätzlich versicherten
Tätigkeit des Versicherten nicht im Vollbeweis belegt.
Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum
Tod führen (§
8 Abs.
1 Satz 2
SGB VII). Das Erfordernis der Einwirkung von außen dient dabei der Abgrenzung von unfallbedingten Gesundheitsschäden zu Gesundheitsbeeinträchtigungen
aus inneren Ursachen sowie zu vorsätzlichen Selbstschädigungen (BSG, Urteil vom 29. November 2011 - B 2 U 10/11 R -). Die Annahme einer äußeren Einwirkung scheidet deshalb u. a. aus, wenn die Einwirkung auf Umständen beruht, für die das
willentliche Verhalten des Betroffenen die wesentliche Ursache war (BVerwGE 17, 59, 61; 35, 133, 134). Denn die Unfreiwilligkeit der Einwirkung bei dem, den das Geschehen betrifft, ist dem Begriff des Unfalls
immanent, weil ein geplantes, willentliches Herbeiführen einer Einwirkung dem Begriff des Unfalls widerspricht (BSGE 61, 113, 115 = SozR 2200 § 1252 Nr. 6 S. 20). Hiervon zu unterscheiden sind nur die Fälle eines gewollten Handelns mit einer ungewollten
Einwirkung, bei dieser liegt eine äußere Einwirkung vor (Keller in: Hauck, Sozialgesetzbuch,
SGB VII Gesetzliche Unfallversicherung, Stand Februar 2015, §
8, Rn. 14). Dies ist etwa für äußerlich sichtbare Einwirkungen unbestritten, z. B. für den Sägewerker, der nicht nur ein Stück
Holz absägt, sondern auch unbeabsichtigt seinen Daumen (zu allem BSG, Urteil vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R -).
Im vorliegenden Fall ist nicht im Vollbeweis nachgewiesen, dass der Versicherte unfreiwillig von dem Lkw des Zeugen P. erfasst
worden ist. Verschiedene Indizien deuten darauf hin, dass der Versicherte absichtlich den Zusammenstoß mit dem Lkw herbeigeführt
hat, um sich das Leben zu nehmen.
So spricht bereits der Umstand, dass es kurz vor dem tödlichen Zusammenstoß mit dem Lkw des Zeugen P. bereits zwei weitere,
in ihrem Ablauf identische Kollisionen (Zusammenstoß mit dem Lkw des Zeugen K.) bzw. Beinahe-Kollisionen (Aussage der Zeugen
N.) gegeben hat, gegen die Zufälligkeit des Geschehensablaufs. Selbst bei der Annahme, dass der Versicherte sein Fahrzeug
tatsächlich kurz hintereinander zweimal fahruntüchtig am Straßenrand anhalten musste, gibt es keine vernünftige Erklärung
dafür, dass der Versicherte dreimal auf die Fahrbahn der jeweiligen Bundesstraße, teilweise nach Aussage der Zeugen bis zur
Fahrbahnmitte, gelaufen ist.
Für den Senat ist dabei nicht ersichtlich, dass der Versicherte tatsächlich ausgerutscht und so - dreimal - unfreiwillig auf
die Fahrbahn gelangt ist. Zwar hat der Versicherte einen derartigen Hergang gegenüber dem Zeugen K. als Erklärung für den
ersten Zusammenstoß mit dem Lkw geschildert. Dass sich das Geschehen tatsächlich so abgespielt hat, ist jedoch nicht erwiesen.
Vielmehr sprechen die in der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Kassel enthaltenen Lichtbilder vom Ort des ersten Zusammenstoßes
auf der B xx2 gegen die Angaben des Versicherten. Denn zum einen war die Fahrbahn zum Zeitpunkt des Zusammenstoßes trocken,
zum anderen stand das Fahrzeug des Versicherten nach den von der Polizei gesicherten Spuren nur mit den rechten Reifen auf
der neben der Fahrbahn und dem vorhandenen, nach den Messungen der Polizei 1,20 m breiten, Haltestreifen vorhandenen Bankette.
Die Bankette war darüber hinaus im vorderen Teil zur Fahrbahn hin nicht abschüssig, so dass selbst bei einem Ausrutschen auf
der Bankette ein Sturz bzw. Stolpern über den Haltestreifen hinaus bis auf die Fahrbahn nicht ohne weiteres erklärlich ist.
Selbst wenn man aber annehmen würde, dass der Versicherte bei dem ersten Zusammenstoß mit dem Lkw des Zeugen P. unfreiwillig
auf die Fahrbahn geraten ist, kann dies für die zwei weiteren Vorfälle auf der B xx1 nicht mehr angenommen werden. Denn dort
hatte der Versicherte sein Fahrzeug in einer asphaltierten Haltebucht abgestellt, so dass ein Ausrutschen auf der Bankette
ausgeschlossen werden kann. Da die Witterung und demnach auch der Asphalt weiterhin trocken waren, erklärt sich nicht, wie
der Versicherte - zumal zweimal hintereinander in kürzester Zeit - bei einer möglichen Reparatur seines Fahrzeugs ausgerutscht
und so unfreiwillig bis auf die Mitte der Fahrbahn gelangt sein sollte. Die von der Polizei zunächst sichergestellten Schuhe
des Versicherten liefern keine Hinweise darauf, dass der Versicherte auf irgendetwas ausgerutscht sein könnte. Da es auch
darüber hinaus keine Anhaltspunkte für diesen von den Klägern geltend gemachten Ablauf gibt, kann ein Ausrutschen des Versicherten
nicht angenommen werden.
Es kann zudem nicht außer Betracht bleiben, dass beide Lkw-Fahrer ausgesagt haben, dass der Versicherte plötzlich und unvermittelt
hinter der geöffneten Motorhaube auf die Fahrbahn getreten sei. Darüber hinaus haben weitere Zeugen ausgesagt, dass der Versicherte
hinter seinem Wagen bzw. der Motorhaube gestanden und einen wartenden Eindruck gemacht habe. Kein Zeuge hat ausgesagt, dass
der Versicherte im Motorraum seines Fahrzeugs hantiert habe, was jedoch bei der Annahme, dass der Klein-Lkw - etwa wegen der
schadhaften Zündkabel - fahruntüchtig war, erforderlich gewesen wäre.
Hinzu kommt, dass ein Arbeiten am Motorraum aus der von den Zeugen benannten Position des Versicherten gar nicht möglich war,
weil die Motorhaube des Fahrzeugs nach vorne zu öffnen war. Der Versicherte hätte dementsprechend nur von der linken oder
rechten Seite des Fahrzeugs am Motorraum arbeiten können. Ein Aufenthalt vor der geöffneten Motorhaube ist dagegen unter Zugrundelegung
der Annahme, dass der Versicherte tatsächlich wegen eines Leistungsabfalls des Klein-Lkw anhalten musste, nicht erklärlich.
Darüber hinaus hatte der Versicherte Ersatzzündkabel im Wagen dabei, so dass sich nicht erklärt, weshalb er diese nicht einfach
montierte, um seine Fahrt nach Hause fortsetzen zu können. Die Klägerin zu 1. hat in diesem Zusammenhang auch ausgesagt, dass
der Versicherte technisch in der Lage gewesen sei, eine derartige Reparatur an seinem Fahrzeug vorzunehmen, er hierzu also
gar keine Hilfe benötigte, welche er darüber hinaus nach Lage der Akten ohnehin nicht angefordert hatte.
Schließlich hat der Versicherte bei dem ersten Zusammenstoß mit dem Lkw des Zeugen K. auf der B xx2 eine schwere Verletzung
am linken Arm erlitten (offene Oberarmfraktur) und den Zeugen trotz dessen wiederholter Nachfrage und sogar Rückkehr zum Ort
des Zusammenstoßes von der Einholung ärztlicher Hilfe abgehalten. Für dieses Verhalten gibt es bei der Annahme eines "normalen"
Unfalls keine plausible Erklärung. Auch die Erläuterung der Kläger, dass der Versicherte Verletzungen häufig heruntergespielt
und das Aufsuchen eines Arztes abgelehnt habe, kann zur Überzeugung des Senats keine geeignete Erklärung für das Verhalten
des Versicherten am 10. Januar 2013 liefern. Denn im Gegensatz zu den von den Klägern geschilderten Vorfällen handelte es
sich bei der Verletzung am linken Arm um eine offene Fraktur, die stark blutete, so dass auch dem Versicherten klar gewesen
sein muss, dass die Verletzung ohne ärztliche Behandlung nicht verheilen wurde.
Letztlich kann jedoch unentschieden bleiben, ob der Versicherte tatsächlich in Selbsttötungsabsicht gehandelt hat, als er
direkt vor dem herannahenden Lkw die Bundesstraße betreten hat. Denn jedenfalls fehlt es vorliegend an dem Nachweis eines
inneren Zusammenhangs zwischen der Tätigkeit des Versicherten zum Zeitpunkt des Zusammenstoßes und der versicherten Tätigkeit
als Arbeitnehmer in einem Metallbaubetrieb.
Fraglich ist bereits, ob der Versicherte sich zum Zeitpunkt des Zusammenstoßes mit dem Lkw auf einem grundsätzlich versicherten
Weg befunden hat.
Zu den versicherten Tätigkeiten zählt gemäß §
8 Abs.
2 Nr.
1 SGB VII auch das Zurücklegen des mit der nach den §§
2,
3 oder 6
SGB VII versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. §
8 Abs.
2 Nr.
1 SGB VII legt dabei als End- oder Ausgangspunkt des Weges nur den Ort der versicherten Tätigkeit fest. Dabei steht, wie die Vorschrift
durch das Wort "unmittelbar" klarstellt, nur das Zurücklegen des direkten Weges nach und von der versicherten Tätigkeit unter
dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Eine geringfügige Unterbrechung, die auf einer Verrichtung beruht, die bei
natürlicher Betrachtungsweise zeitlich und räumlich noch als Teil des Weges nach oder von dem Ort der Tätigkeit in seiner
Gesamtheit anzusehen ist und gleichsam "im Vorbeigehen" oder "ganz nebenher" erledigt werden kann, berührt den Versicherungsschutz
nicht (vgl. BSG, Urteil vom 17. Februar 2009 - B 2 U 26/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 32 Rn. 15; Urteil vom 12. April 2005 - B 2 U 11/04 R - BSGE 94, 262 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 14, Rn. 12; Urteil vom 9. Dezember 2003 - B 2 U 23/03 R - BSGE 91, 293 Rn. 8 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 3 Rn. 7). Bewegt sich der Versicherte dagegen nicht auf einem direkten Weg in Richtung seines
Ziels, sondern in entgegengesetzter Richtung von seinem Ziel fort, befindet er sich auf einem so genannten Abweg (vgl. hierzu
BSG, Urteil vom 5. Mai 1998 - B 2 U 40/97 R - BSGE 82, 138 = SozR 3-2200 § 550 Nr. 18; Urteil vom 19. März 1991 - 2 RU 45/90 - SozR 3-2200 § 548 Nr. 8). Wird der direkte Weg mehr als geringfügig unterbrochen und ein solcher Abweg allein aus eigenwirtschaftlichen
Gründen zurückgelegt, besteht kein Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 7. September 2004 - B 2 U 35/03 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 6; Urteil vom 11. September 2001 - B 2 U 34/00 R - SozR 3-2700 § 8 Nr. 9; Urteil vom 5. Mai 1998, a. a. O.; Urteil vom 30. April 1986 - 2 RU 44/85 - USK 8630; Urteil vom 28. Juli 1983 - 2 RU 50/82 - SozR 2200 § 550 Nr. 57). Der Versicherungsschutz endet, sobald der direkte Weg verlassen und der Abweg begonnen wird. Er
besteht erst wieder, sobald sich der Versicherte wieder auf dem direkten Weg befindet und damit der Abweg beendet ist (st.
Rspr.; vgl. BSG, Urteil vom 4. Juli 2013 - B 2 U 3/13 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 50 Rn. 14 und - B 2 U 12/12 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 49 Rn. 18; Urteil vom 24. Juni 2003 - B 2 U 40/02 R - USK 2003, 103; Urteil vom 5. Mai 1998 - a. a. O.; Urteil vom 19. März 1991, a. a. O.; Urteil vom 13. Dezember 1984 - 2 RU 80/83 - SozR 2200 § 550 Nr. 69 und Urteil vom 28. Juli 1983, a. a. O.; zu allem Urteil vom 5. Juli 2016 - B 2 U 16/14 R -; zuletzt bestätigt durch Urteil vom 20. Dezember 2016 - B 2 U 16/15 - siehe Terminbericht Nr. 52/16 vom gleichen Tag).
Vorliegend hatte sich der Versicherte nach den Angaben seines Arbeitgebers am 10. Januar 2013 um 16:00 Uhr im Betrieb ausgeloggt.
Die Entfernung vom Betrieb des Versicherten in G-Stadt bis zu seinem Wohnhaus in A-Stadt - AX. beträgt bei der von der Beklagten
angenommenen Route über A-Stadt - die bereits die längere von zwei möglichen Routen darstellt - 23,4 km und wird bei gängigen
Routenplanern mit einer Fahrzeit von ca. 25 min. angegeben. Zum Zeitpunkt des tödlichen Zusammenstoßes mit dem Lkw gegen 17:12
Uhr hätte der Versicherte demnach bei umgehendem Antritt des Heimweges nach Verlassen des Betriebes bereits zu Hause angekommen
sein müssen. Jedoch haben Kollegen des Versicherten diesen nach Angaben der Polizei gegen 16:30 Uhr noch einmal im Betrieb
gesehen, wobei der Versicherte angegeben habe, dass er seinen Haustürschlüssel vergessen habe. Zudem hat nach den Ermittlungen
der Polizei der Juniorchef eines Schrottplatzes in G-Stadt den Versicherten gegen 16:15 Uhr auf dem Hof des Betriebes gesehen.
Jedenfalls nicht versichert im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung ist ein Betroffener nach höchstrichterlicher Rechtsprechung
für den Weg, den dieser nach Bemerken des Liegenlassens eines privaten Gegenstandes erneut zum Betrieb zurückfährt, da dieser
Weg ausschließlich aus eigenwirtschaftlichen Gründen zurückgelegt wird (BSG, Urteil vom 7. September 2004 - B 2 U 35/03 R - zum Verlassen der vorgegebenen Fahrstrecke durch einen Berufskraftfahrer, um zu Hause vergessenen Medikamente zu holen).
Auch wenn der Versicherte insoweit wiederum den unmittelbaren Weg im Sinne von §
8 Abs.
2 Nr.
1 SGB VII nimmt, befindet er sich auf einem so genannten Abweg im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Denn die Frage des
Vorliegens eines Abweges im Sinne der Rechtsprechung bemisst sich maßgeblich nach der Handlungstendenz des Versicherten und
weniger nach dem tatsächlichen Verlassen der unmittelbaren Wegstrecke zur oder von der Arbeitsstätte. Wenn demnach der Versicherte
ausschließlich aus eigenwirtschaftlichen Gründen auf dem versicherten Weg nochmals umkehrt, ist ein solcher Abweg zu bejahen.
Auch der erneute Antritt des Heimweges ist nach der Rechtsprechung des BSG bis zu der Stelle, an welcher der Versicherte vormals umgekehrt ist, unversichert, da es sich insoweit noch um einen eigenwirtschaftlichen
Abweg vom versicherten Weg handelt. Hierauf kommt es im Ergebnis vorliegend jedoch nicht an.
Im zu entscheidenden Fall ist unbekannt, an welcher Stelle der Versicherte das Fehlen des Haustürschlüssels bemerkt hat und
zum Betrieb in G-Stadt zurückgekehrt ist. Es ist deshalb unklar, ob der Versicherte sich zum Zeitpunkt des Zusammenstoßes
mit dem Lkw auf der B xx1 kurz hinter H-Stadt noch auf einem unversicherten Abweg oder bereits wieder auf dem versicherten
Heimweg befunden hat. Selbst wenn der Versicherte jedoch zu diesem Zeitpunkt bereits wieder den versicherten Weg erreicht
hatte, scheitert die Anerkennung eines Arbeitsunfalls vorliegend an der Notwendigkeit eines inneren Zusammenhangs mit der
versicherten Tätigkeit zum Zeitpunkt des Zusammenstoßes mit dem Lkw.
Insoweit spricht einiges dafür, dass der innere Zusammenhang bereits durch das Anhalten des Fahrzeugs am Fahrbahnrand durch
den Versicherten unterbrochen wurde, da es keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Versicherte unfreiwillig
auf freier Strecke halten musste.
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung wird der Versicherungsschutz für die Zurücklegung eines Weges nach und von der Arbeitsstätte
nämlich nur dann nicht unterbrochen, wenn die Maßnahme - hier das Anhalten des Fahrzeugs - zur Wiederherstellung der Fahrbereitschaft
des für die Zurücklegung des Weges verwendeten Kfz erforderlich ist. Denn nur, wenn auf dem Weg von oder zur Arbeitsstätte
unvorhergesehen eine Maßnahme zur Wiederherstellung oder Erhaltung der Fahrbereitschaft notwendig wird (zum Beispiel eine
Reparatur oder das Betanken des Fahrzeugs), steht diese in einem rechtlich wesentlichen Zusammenhang mit der Zurücklegung
des Weges (BSG, Urteil vom 30. Januar 1968 - 2 RU 51/65 - m. w. N.). War der Versicherte dagegen nicht im Interesse einer ungestörten Zurücklegung des Weges gezwungen, die Fahrt
zu unterbrechen, beendet der nicht erforderliche Abweg bzw. hier das Anhalten des Fahrzeugs auf freier Strecke den Versicherungsschutz
in der gesetzlichen Unfallversicherung (BSG, Urteil vom 28. Februar 1964 - 2 RU 22/61 m w. N.).
Im vorliegend zu beurteilenden Fall belegt das von der Staatsanwaltschaft Kassel in Auftrag gegebene Kfz-Gutachten des Dipl.-Ing.
T. nicht, dass der Versicherte unvorhergesehen gezwungen war, sein Fahrzeug am Rand der von ihm befahrenen Bundesstraßen mehrfach
anzuhalten.
In der Stellungnahme vom 18. Januar 2013 führt Dipl.-Ing. T. insoweit aus, dass sich bei der Begutachtung des Fahrzeugs des
Versicherten der Motor unbeanstandet habe starten lassen, ohne dass es zu Startschwierigkeiten, Fehlzündungen oder einem auffällig
unrunden Motorlauf gekommen sei. Der Tank sei noch zu einem Drittel gefüllt gewesen. Während des Motorbetriebs habe die gelbe
Motor-/Abgaskontrollleuchte dauerhaft geleuchtet, auch habe zeitweise die Airbagkontrollleuchte aufgeleuchtet. Eine Auslesung
des Fehlercodes habe insoweit jedoch ergeben, dass bei dem Fahrzeug aktuell keine Fehler vorgelegen hätten, vielmehr solche
vormalig aufgetreten und dann nicht gelöscht worden seien, weshalb die Kontrollleuchten weiter aufgeleuchtet hätten. Die Kabelstecker
der Zündkabel seien durch Fressspuren eines Marders oder ähnlich beschädigt gewesen und im Fahrzeuginnenraum hätten sich zwei
Ersatzzündkabel befunden. Trotz der Beschädigungen der Zündkabelstecker habe das Fahrzeug jedoch beanstandungsfrei gefahren
werden können und habe sich auch ohne merkliche Störungen beschleunigen und abbremsen lassen. Der Motor sei bis auf Betriebstemperatur
gebracht worden und eine Probefahrt über eine Länge von 12 km unternommen worden. Der Motor sei des Öfteren ausgeschaltet
und wieder gestartet worden, ohne dass es zu Funktionsstörungen gekommen sei. Auch die Fehlercodeauslesung bei Betrieb des
Motors habe keine Mängel gezeigt. Insgesamt hätten sich somit keine technischen Mängel feststellen lassen, die gegebenenfalls
zu einer Panne bzw. zu einem Ausfall des Fahrzeugs während des Betriebes geführt haben könnten. Je nach momentaner Luftfeuchtigkeit
könne es wegen der fehlenden Isolierung der Zündkabelstecker zu Zündaussetzern einzelner Zylinder gekommen seien, so dass
möglicherweise Leistungsprobleme sporadisch aufgetreten sein könnten. Ein Ausfall des Fahrzeugs während des Betriebs mit der
Notwendigkeit des Anhaltens auf freier Strecke lasse sich jedoch nicht bestätigen.
Unter Zugrundelegung dieses Gutachtens ist somit für den Senat nicht nachgewiesen, dass der Versicherte gezwungen war, sein
Fahrzeug auf freier Strecke anzuhalten. Soweit die Kläger anführen, dass der Gutachter sporadische Leistungsprobleme des Fahrzeugs
für möglich erachtet habe, hat die vom Gutachter durchgeführte Probefahrt mit mehrfachem Ausschalten und Starten des Motors
keinerlei Funktionsstörungen gezeigt. Auch war nach den Feststellungen der Polizei die Witterung bis zum Zusammenstoß des
Versicherten mit dem Lkw trocken, so dass die im Gutachten für möglich erachteten Zündaussetzer bei höherer Luftfeuchtigkeit
wegen der fehlenden Isolierung nicht als nachgewiesen angesehen werden können. Unabhängig hiervon wäre das Fahrzeug des Versicherten
zudem auch unter der Annahme von Zündaussetzern weiterhin fahrtauglich gewesen, so dass ein Anhalten des Klein-Lkw auch insoweit
nicht erforderlich war.
Die Beklagte hat zudem zu Recht darauf hingewiesen, dass eine Unterbrechung des Versicherungsschutzes auf dem zurückgelegten
Weg von oder zur Arbeitsstätte nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nur dann ausscheidet, wenn das Anhalten des Klein-Lkw
oder der Abweg unerwartet notwendig wird (BSG, Urteil vom 28. Februar 1964, a. a. O.). Da der Versicherte nach der Aussage von Bekannten und Freunden bereits im Vorfeld
zu dem Ereignis vom 10. Januar 2013 über Probleme mit seinem Auto geklagt hat und zudem bereits Ersatzzündkabel im Auto mitgeführt
hat, hat der Versicherte offensichtlich Probleme mit der Zündung erwartet, so dass das Anhalten des Fahrzeugs wegen derartiger
Probleme nicht als unvorhergesehen betrachtet werden kann.
Schließlich spricht auch die bereits oben ausgeführte, von den Zeugen beschriebene Position des Versicherten am Fahrzeug -
nämlich vor der nach vorne hin zu öffnenden Motorhaube - gegen ein unfreiwilliges Anhalten des Versicherten wegen einer notwendigen
Reparatur am Kfz. Nach der durchgeführten Beweisaufnahme durch die Polizei ist zur Überzeugung des Senats nicht belegt, dass
der Versicherte tatsächlich Reparaturmaßnahmen an seinem Wagen vorgenommen hat oder vornehmen wollte. Darüber hinaus konnte
der Versicherte den Ort des ersten Zusammenstoßes mit dem Lkw des Zeugen K. auf der B xx2 ohne Probleme mit seinem Fahrzeug
verlassen, was ebenfalls gegen eine Fahruntüchtigkeit des Wagens spricht.
Selbst wenn man jedoch davon ausgeht, dass der innere Zusammenhang zur versicherten Tätigkeit nicht durch das Anhalten des
Klein-Lkw am Fahrbahnrand unterbrochen wurde, wäre dieser innere Zusammenhang jedenfalls durch das Betreten der Fahrbahn durch
den Versicherten unterbrochen worden. Denn nach der durchgeführten Beweisaufnahme durch die Polizei wie auch durch das Sozialgericht
ist zur Überzeugung des Senats nicht belegt, dass der Versicherte die Fahrbahn aus einem noch unter dem Schutz der gesetzlichen
Unfallversicherung stehenden Anlass betreten hat.
Wie bereits oben ausgeführt, ist ein unfreiwilliges Betreten der Fahrbahn durch den Versicherten, etwa indem er gestolpert
oder ausgerutscht ist, nicht nachgewiesen. Auch im Übrigen hat die Beweisaufnahme keine Gründe ergeben, weshalb der Versicherte
die Fahrbahn hätte betreten müssen. Das Fahrzeug des Versicherten war in der Haltebucht auf der B xx1 mit ausreichendem Abstand
zur Fahrbahn geparkt, so dass der Versicherte die Fahrertür ohne Betreten der Fahrbahn erreichen konnte. Darüber hinaus ist
nach Vernehmung der Zeugen ohnehin nicht belegt, dass der Versicherte auf dem Weg zu seiner Fahrertür von dem Lkw des Zeugen
P. erfasst worden ist. Vielmehr haben die Zeugen weitestgehend übereinstimmend ausgesagt, dass der Versicherte zielstrebig
auf die Fahrbahn gelaufen sei, ohne auf den Verkehr zu achten oder in Richtung des herannahenden Lkw zu schauen. Zudem sprechen
auch die von dem Versicherten erlittenen Verletzungen auf der linken Körperseite - im Leichenschauschein des Dr. X. werden
ein linksseitiges Schädel-Hirn-Trauma dritten Grades sowie ebenfalls linksseitige Rippenfrakturen und Oberkiefer- und Unterkieferbruch
genannt - dafür, dass der Versicherte mehr oder weniger im rechten Winkel auf die Fahrbahn gelaufen ist und dort von dem Lkw
getroffen wurde. Wäre der Versicherte auf dem Weg zu seiner Fahrertür oder auch bei Arbeiten im Motorraum auf der Fahrerseite
stehend von dem Lkw erfasst worden, hätten sich die Verletzungen überwiegend auf der rechten Körperseite befinden müssen,
da diese der Fahrbahn bzw. dem herannahenden Verkehr zugewandt gewesen wäre. Schließlich ist der Versicherte tatsächlich auf
der Fahrbahn und nicht im Bereich der Haltebucht von dem Lkw des Zeugen P. erfasst worden.
Aus welchen Gründen der Versicherte letztlich die Fahrbahn direkt vor dem Lkw des Zeugen P. betreten hat, lässt sich nicht
mit Gewissheit aufklären. Jedenfalls aber sind keine Gründe nachgewiesen, die ein Betreten der Fahrbahn aus einem inneren
Zusammenhang mit der versicherten Beschäftigung belegen. Diese Beweislosigkeit geht nach dem in der gesetzlichen Unfallversicherung
anzuwendenden Prinzip der objektiven Beweislast vorliegend zulasten der Kläger.
Den Klägern ist insoweit zwar darin zuzustimmen, dass für das Vorliegen einer Selbsttötung im Rahmen einer grundsätzlich versicherten
Tätigkeit die Beklagte die Beweislast trägt. Dies kommt jedoch nur zum Tragen, wenn eine versicherte Tätigkeit zum Zeitpunkt
des tödlichen Ereignisses nachgewiesen ist. Im vorliegenden Fall fehlt es jedoch bereits an dem Nachweis eines Versicherungsschutzes
zum Zeitpunkt des Zusammenstoßes mit dem Lkw, so dass das Sozialgericht zu Recht darauf hingewiesen hat, dass es eines Nachweises
eines Suizides des Versicherten nicht bedarf.
Das Sozialgericht ist folglich zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass die Bescheide der Beklagten vom 21. Juni 2013 in
der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 4. Juli 2014 rechtmäßig die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen gegenüber den
Klägern abgelehnt haben. Die Berufung der Kläger ist daher unbegründet. Der Tenor des Sozialgerichts war lediglich dahingehend
zu korrigieren, dass alle von den Klägern erhobenen und durch Beschluss vom 17. November 2014 miteinander verbundenen Klagen
abgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung nach §
193 Abs.
1 SGG folgt der Entscheidung zur Hauptsache.
Die Nichtzulassung der Revision ergibt sich aus §
160 Abs.
2 SGG.