Gründe
I.
Der Beklagte wendet sich gegen eine Verweisung eines Klageverfahrens wegen eines Hausverbots an das örtlich zuständige Verwaltungsgericht
Köln.
Der am 00.00.1954 geborene Kläger bezieht seit Jahren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Nachdem der Beklagte wegen aggressiven und beleidigenden Verhaltens bereits 2008 und 2011 Hausverbote ausgesprochen hatte,
erteilte er nach erneutem beleidigendem Verhalten des Klägers gegenüber Mitarbeitern des Beklagten mit Bescheid vom 26.02.2013,
der mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen war, ein Hausverbot für die Zeit vom 26.02.2013 bis zum 31.05.2013. Der Beklagte
ordnete die sofortige Vollziehung des Bescheides an. Den am 02.03.2013 eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Bescheid
vom 27.08.2013 zurück.
Hiergegen richtet sich die am 10.09.2013 erhobene Klage, mit der der Kläger sinngemäß die Feststellung der Rechtswidrigkeit
des mit dem Bescheid vom 26.02.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.08.2013 ausgesprochenen Hausverbots begehrt.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 14.10.2013 den Rechtsweg zur Sozialgerichtsbarkeit für
unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das (örtlich zuständige) Verwaltungsgericht Köln verwiesen.
Gegen den am 17.10.2013 zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde des Beklagten vom 07.11.2013. Der Beklagte beantragt
die Aufhebung des Verweisungsbeschlusses. Gem. §
51 Abs.
1 Nr.
4a SGG sei der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit eröffnet. Das Hausverbot sei im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens
nach dem SGB II ausgesprochen worden, weshalb nach der Rechtsprechung des BSG (BSG Beschluss vom 01.04.2009 - B 14 SF 1/08 R) der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet sei.
II.
Die Beschwerde ist gem. §
17a Abs.
4 S. 3
GVG statthaft. Hiernach steht gegen einen Beschluss, mit dem der beschrittene Rechtsweg für unzulässig erklärt wird, den Beteiligten
die sofortige Beschwerde nach der jeweils anzuwendenden Verfahrensordnung zu. Da das
SGG eine sofortige Beschwerde nicht kennt, tritt an deren Stelle die Beschwerde nach §
172 SGG (BSG Beschluss vom 01.04.2009 - B 14 SF 1/08 m.w.N.; LSG Hamburg Beschluss vom 31.07.2012 - L 4 AS 246/12 B ER).
Die Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig. Eine Entscheidung erübrigt sich insbesondere nicht deshalb, weil die erhobene
Klage schon aus anderen vorab zu prüfenden, vom Rechtsweg unabhängigen Gründen unzulässig ist, die als Prozesshindernis einer
Entscheidung über die Rechtswegefrage entgegenstehen (hierzu BSG Beschluss vom 01.04.2009 - B 14 SF 1/08 R Rn. 7). Für die Klage gegen das Hausverbot besteht - wie sich allein aus der Verhängung bereits mehrerer Hausverbote ergibt
- schon aus dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr ein berechtigtes Feststellungsinteresse des Klägers i.S.d. §
55 Abs.
1 Nr.
1 SGG (zur Verpflichtung, gem. Art.
19 Abs.
4 GG effektiven Rechtsschutz auch gegen erledigte Hausverbote einzuräumen vergl. nur BVerfG Beschluss vom 27.12.2006 - 2 BvR 803/05).
Die Beschwerde ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht den Rechtsstreit an das örtlich zuständige Verwaltungsgericht
Köln verwiesen. Gem. §
40 Abs.
1 S. 1
VwGO ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben.
Bei dem Klageverfahren handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nicht verfassungsrechtlicher Art. Der öffentlich-rechtliche
Charakter des Streitverfahrens resultiert bereits daraus, dass der Beklagte durch den mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen
und der Anordnung des sofortigen Vollzugs verbundenen Bescheid in der Rechtsform eines Verwaltungsakts gehandelt hat.
Unabhängig von der Handlungsform der Verwaltung ist ein Streitverfahren auch dann öffentlich-rechtlicher Art, wenn der Verwaltungsträger
als Träger öffentlicher Gewalt aufgrund eines ihm eingeräumten Sonderrechts gehandelt hat. Ein Hausverbot durch einen öffentlich-rechtlichen
Verwaltungsträger hat nach der Rechtsprechung des BSG und der ganz herrschenden Auffassung dann öffentlich-rechtlichen Charakter, wenn es dazu dient, die Erfüllung der staatlichen
Aufgaben im Verwaltungsgebäude zu sichern und die unbeeinträchtigte Wahrnehmung einer bestimmten staatlichen Sachkompetenz
zu gewährleisten. Ein Hausverbot ist nur dann ausnahmsweise privatrechtlicher Natur, wenn die im Besitz oder Eigentum eines
öffentlichen Verwaltungsträgers stehenden Räumlichkeiten allein zu fiskalischen Zwecken genutzt werden (BSG Beschluss vom 01.04.2009 - B 14 SF 1/08 R m.w.N.; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 10. Aufl. §
51 Rn. 39).
Der Beklagte hat sich, als er das streitgegenständliche Hausverbot ausgesprochen hat, nicht des aus dem bürgerlich-rechtlichen
Eigentum oder Besitz folgenden privaten Hausrechts, sondern des öffentlich-rechtlichen Hausrechts bzw. der öffentlichen Ordnungsgewalt
bedient. Er hat das Hausverbot erlassen, um Störungen des Dienstbetriebs zu verhindern und seine Mitarbeiter bei der Ausübung
ihrer dienstlichen Tätigkeit zu schützen.
Die Streitigkeit ist nicht nach §
51 Abs.
1 Nr.
4a SGG der Sozialgerichtsbarkeit zugewiesen. Nach dieser Vorschrift entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über öffentlich-rechtliche
Streitigkeiten in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende.
Von der Zuweisung in §
51 Nr. 4a
SGG erfasst sind die Rechtsstreitigkeiten, bei denen die Möglichkeit besteht, dass die vom Kläger hergeleitete Rechtsfolge ihre
Grundlage im SGB II oder anderen für die Grundsicherung für Arbeitsuchende maßgebenden Büchern des SGB hat (BSG Beschluss vom 01.04.2009 - B 14 SF 1/08 R; Wolff-Dellen in Breitkreuz/Fichte,
SGG, 2. Aufl. §
51 Rn. 78; Groß in Lüdtke,
SGG, 4. Aufl. §
51 Rn. 11).
Dies ist hier nicht der Fall. Seine Grundlage findet der geltend gemachte Abwehranspruch des Klägers gegen das Hausverbot
weder im SGB II noch in anderen Büchern des SGB. Zwar düfte sich aus dem sozialrechtlichen Grundsatz der effektiven Verwirklichung sozialer
Rechte und den Vorschriften über den Zugang zu Sozialleistungen ein grundsätzlicher Anspruch auf Zugang zu den Räumlichkeiten
der Sozialleistungsträger ergeben (LSG Hamburg Beschluss vom 08.07.2013 - L 4 AS 214/13 B; wohl auch OVG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 05.09.2013 - 16 E 847/13). Die Vorschriften über die Beratung (§
14 SGB I) und Antragstellung (§
16 SGB I) setzen regelmäßig die Möglichkeit zur mündlichen Vorsprache beim Leistungsträger voraus und limitieren damit ebenfalls die
Befugnis, Hausverbote auszusprechen. Dennoch finden das Hausrecht der Behördenleitung und die daraus ggfs. resultierende Befugnis,
ein Hausverbot zu erteilen, keine rechtliche Ausformung im SGB. Insoweit gilt auch für die Sozialleistungsträger als Ermächtigungsgrundlage
zur Erteilung eines Hausverbots nur der allgemeine öffentlich-rechtliche Grundsatz, wonach das Hausrecht als notwendiger Annex
zur öffentlich-rechtlichen Sachkompetenz einer Behörde von deren Leiter kraft der ihm zustehenden Organisationsgewalt zur
Gewährleistung und Aufrechterhaltung eines geordneten Dienstbetriebs ausgeübt wird und der Ausspruch eines Hausverbots als
präventive Maßnahme gegen künftige Störungen des Betriebsablaufs auch ohne ausdrückliche Ermächtigungsgrundlage möglich ist
(ebenso LSG Hamburg Beschlüsse vom 08.07.2013 L 4 AS 214/13 B Rn. 5 und 31.07.2012 - L 4 AS 246/12 B ER). In diesem Rahmen ist auch die Anfechtung eines Hausverbots zu beurteilen (im Ergebnis ebenso OVG Bremen Beschluss
vom 25.03.2013 - 1 B 33/13 Rn. 7; OVG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 13.05.2011 - 16 E 174/11 Rn. 10; VG Berlin Urteil vom 15.03.2010 - 34 K 78.09).
Der Senat folgt nicht der Rechtsprechung des BSG, wonach dann, wenn das Hausverbot im Rahmen oder aus Anlass eines zwischen den Beteiligten geführten Verwaltungsverfahrens
(§ 8 SGB X) nach dem SGB II ausgesprochen wird, ein die Rechtswegezuständigkeit der Sozialgerichte begründender Sachzusammenhang zu den Angelegenheiten
der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu bejahen ist (BSG Beschluss vom 01.04.2009 - B 14 SF 1/08 R Rn. 16 ff.; dem BSG folgend LSG Rheinland-Pfalz Beschluss vom 10.09.2009 - L 5 KA 38/09 B ER; ebenso Hauck in Zeihe,
SGG, §
51 Anm. 3 j tt).
Allerdings ist dem BSG insoweit zuzustimmen, als der Sachzusammenhang zwischen einem Hausverbot und den vom Träger wahrzunehmenden Sachaufgaben
in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende besonders eng ist. Das BSG hat überzeugend ausgeführt, dass die Aufgabenerfüllung in Bezug auf den dem SGB II zugrundeliegenden Grundsatz des Förderns nach der Vorstellung des Gesetzgebers vom persönlichen Kontakt des Hilfebedürftigen
mit den Mitarbeitern des Trägers der Grundsicherung geprägt ist. Dies macht auch die Benennung eines persönlichen Ansprechpartners
deutlich. Ein vom Grundsicherungsträger ausgesprochenes Hausverbot steht daher in einem inneren Widerspruch zum Aktivierungskonzept
des SGB II, weshalb die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Hausverbots von der Beurteilung weiterer Rechte und Pflichten des Hilfeempfängers
im Rahmen der Dauerrechtsbeziehung nach dem SGB II kaum zu trennen ist.
Diese zutreffenden Überlegungen rechtfertigen nach Auffassung des Senats indes nicht die Eröffnung des Sozialrechtsweges:
Nach dem Begründungsansatz des BSG hängt es von der materiell-rechtlichen Ausgestaltung sogar des jeweiligen Sozialrechtsbereichs ab, ob ein so enger Sachzusammenhang
des Hausrechts mit dem Leistungsrecht besteht, dass der Sozialrechtsweg zu bejahen ist (ebenso OVG Bremen Beschluss vom 25.03.2013
- 1 B 33/13). Zahlreiche Rechtsgebiete des materiellen Sozialrechts sind nicht von einer mit dem SGB II vergleichbaren persönlichen Einbindung des Leistungsempfängers geprägt. So hat beispielsweise ein Versicherter, der eine
Altersrente beantragen will, keinerlei Obliegenheiten, die mit dem Grundsatz des Förderns und Forderns des SGB II vergleichbar wären. Nach der Konzeption des BSG müsste für in diesem Zusammenhang ausgesprochene Hausverbote der Verwaltungsrechtsweg eröffnet sein. Anders könnte dies aufgrund
des Grundsatzes "Reha vor Rente" bei Personen sein, die eine Erwerbsminderungsrente beantragen. Der Ansatz, wonach die Beurteilung
der Frage, in welchem Rechtsweg Rechtsschutz gegen Hausverbote gewährleistet wird, von dem jeweils betroffenen materiellen
Recht abhängt, würde demzufolge zu einer unerwünschten "Parzellierung" des öffentlich-rechtlichen Hausrechts führen (Ulmer
in Henning,
SGG, §
51 Rn. 5 ; Hintz/Lowe,
SGG, §
51 Rn. 16).
Darüber hinaus führt eine Beurteilung des Hausrechts je nach materiell-rechtlichem Zusammenhang, in dem es ausgesprochen wird,
zu erheblichen Abgrenzungs- und Zuständigkeitsproblemen, die auftreten, wenn ein Hausverbot für ein von verschiedenen Verwaltungsträgern
genutztes Gebäude angegriffen wird. So ist es beispielsweise ohne Weiteres denkbar, dass ein Bürger ein kommunales Verwaltungsgebäude
betreten will, um zugleich eine sozialrechtliche, steuerrechtliche und allgemein-verwaltungsrechtliche Angelegenheit zu regeln.
Nach Überzeugung des Senats gebietet gerade die auch vom BSG betonte sach- und interessengerechte Abgrenzung zwischen der Rechtswegezuständigkeit der Sozialgerichte und der Verwaltungsgerichte
(BSG Beschluss vom 01.04.2009 - B 14 SF 1/08 R Rn. 15) mit der wohl ganz überwiegenden Rechtsprechung und herrschenden Meinung in der Literatur (OVG Bremen Beschluss vom
25.03.2013 - 1 B 33/13; OVG Hamburg Beschluss vom 17.10.2013 - 3 SO 119/13; LSG Hamburg Beschlüsse vom 08.07.2013 - L 14 AS 214/13 B und 31.07.2012 - L 4 AS 246/12 B ER; OVG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 13.05.2011 - 16 E 174/11; VG Berlin Urteil vom 15.03.2010 - 34 K 78.09; LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 05.03.2007 - L 16 B 3/07 SF; Ulmer in Hennig,
SGG, §
51 Rn. 5; abw. LSG Rheinland-Pfalz Beschluss vom 10.09.2009 - L 5 KA 38/09 B ER; Weber, SGb 2008, 710 ff.; Hauck in Zeihe,
SGG, §
51 Anm. 3 j tt), an dem überkommenen Grundsatz festzuhalten, wonach für öffentlich-rechtliche Hausverbote der Verwaltungsrechtsweg
eröffnet ist.
Der Umstand, dass - wie das BSG zu Recht betont - ggf. besondere sozialrechtliche Implikationen bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines Hausverbots
eine Rolle spielen, ist für die Rechtswegezuweisung unbeachtlich. Dass die Ordnungsgewalt in ihrer konkreten Ausübung nicht
losgelöst vom sachlichen Recht betrachtet werden kann, ist selbstverständlich und kein zu der Eröffnung des Sozialrechtswegs
führendes Spezifikum bei Hausverboten von Sozialleistungsträgern (OVG Bremen Beschluss vom 25.03.2013 - 1 B 33/13; Ulmer in Henning,
SGG, §
51 Rn. 5).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.
Die Beschwerde an das BSG war zuzulassen, da die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat (§
17a Abs.
4 S. 5
GVG).