Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes im sozialgerichtlichen Verfahren
Unbegründetheit der Beschwerde gegen die Ablehnung des Erlasses einer einstweiligen Anordnung zur Gewährung von Schutzmasken
nach dem FFP2-, KN95-, N95- oder einem vergleichbaren Standard
Anforderungen an die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes für einen Mehrbedarf
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt im einstweiligen Rechtsschutzverfahren die Gewährung eines Mehrbedarfs in Form von 20 FFP2-Masken
wöchentlich, hilfsweise eines Betrages i.H.v. 129,00 € monatlich.
Der am 00.00.1971 geborene Antragsteller ist alleinstehend und bezieht laufend Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II. Zuletzt bewilligte ihm der Antragsgegner mit Bescheid vom 30.09.2020 Grundsicherungsleistungen i.H.v. 732,00 € monatlich
bzw. 746,00 € monatlich für den Zeitraum vom 01.10.2020 bis 30.09.2021.
Am 16.02.2021 beantragte der Antragsteller aufgrund der Corona-Pandemie zur Teilhabe am Leben 20 FFP2-Masken wöchentlich als
Sachleistung oder einen monatlichen Mehrbedarf i.H.v. 129,00 €. Er bezog sich zur Begründung auf einen Beschluss des Sozialgerichts
Karlsruhe vom 11.02.2021, S 12 AS 213/21 ER. Die Corona-Schutzverordnung des Landes NRW sehe das Tragen einer speziellen OP-Maske oder FFP2-Maske in bestimmten Bereichen
des öffentlichen Lebens vor. Bei Nichtbeachtung drohten empfindliche Bußgelder. Finanzielle Reserven für die Anschaffung der
erforderlichen Masken bestünden nicht. Mit Bescheid vom 17.02.2021 lehnte der Antragsgegner den Antrag ab. Der Antragsteller
legte hiergegen Widerspruch ein.
Am 22.02.2021 hat der Antragsteller einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Sozialgericht gestellt. Zur
Teilnahme am sozialen Leben seien die FFP2-Masken zwingend erforderlich. Er müsse sich nicht auf Alltagsmasken oder OP-Masken
verweisen lassen, da diese keinen ausreichenden Infektionsschutz gewährleisteten. Zudem würde er Mitmenschen schädigen, wenn
er Masken verwendet, die nicht dem Schutzstandard einer FFP2-Maske entsprächen. Damit wäre der Tatbestand der fahrlässigen
Körperverletzung erfüllt. Um die Verbreitung des Virus zu verhindern, sei dieser Schutzstandard erforderlich. Deshalb seien
mindestens 20 FFP2-Masken wöchentlich erforderlich, da täglich mindestens eine neue Maske sowie durchschnittlich ca. zwei
Ersatzmasken getragen werden müssten. Die Masken seien nur zum Einmalgebrauch konzipiert, eine Mehrfachverwendung scheide
daher aus. Es sei auch nicht absehbar, wann die Verpflichtung zum Tragen einer Maske enden werde. Wann er die Gutscheine seiner
Krankenkasse für die FFP2-Masken erhalte, sei nicht erkennbar. Ein Anordnungsanspruch ergebe sich aus § 21 SGB II. Bei der Regelbedarfsfestsetzung sei die Anschaffung von FFP2-Masken nicht berücksichtigt. Für Gesundheitspflege sei lediglich
ein Betrag von 17,02 € vorgesehen, der nicht ausreichend sei.
Mit Beschluss vom 25.02.2021 hat das Sozialgericht den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes sowie den Antrag
auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Es liege kein besonderer Bedarf i.S.d. § 21 Abs. 6 SGB II vor, da derzeit jeder Corona-Schutzmasken benötige.
Gegen den Beschluss hat der Antragsteller am 15.03.2021 Beschwerde eingelegt.
Er trägt vor, bei der Bedarfsermittlung für die Regelbedarfe seien die Kosten der Pandemie und des Infektionsschutzes nicht
berücksichtigt worden. Auch Leistungsempfänger nach dem SGB II erhielten derzeit staatliche Unterstützungsleistungen, um die Folgen der Pandemie abzumildern. Verkannt werde aber, dass
Nichtleistungsempfänger über kein Einkommen verfügten, welches die zusätzlichen Ausgaben für den Infektionsschutz abdecke.
Die einmalig gewähren 10 Masken seien für die anhaltende Pandemie nicht ausreichend. Ein ausreichender Infektionsschutz der
Gesamtbevölkerung könne nur gewährleistet werden, wenn die ca. 5,3 Millionen ALG II Empfänger mit ausreichenden Mitteln ausgestattet würden. Auch die beabsichtigte Einmalzahlung im Mai sei hierfür nicht
ausreichend. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass sich die Gefahrenlage durch die Virusmutationen erhöht habe. Ihm stehe
für das erstinstanzliche Verfahren Prozesskostenhilfe zu.
Der Antragsteller beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 25.02.2021 abzuändern und den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung
zu verpflichten, ihm auf seinen Antrag vom 16.02.2021 einen Mehrbedarf in Form von 20 FFP2-Masken wöchentlich, hilfsweise
einen Betrag von 129,00 € monatlich zu gewähren und ihm für das erstinstanzliche Verfahren Prozesskostenhilfe zu.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerden zurückzuweisen.
Der Antragsgegner hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Es entspreche der einheitlichen Meinung der Sozialgerichte
im Bundesgebiet, dass FFP2-Masken keinen Mehrbedarf begründen würden. Die vom Sozialgericht Karlsruhe angesetzte Menge an
wöchentlichen Masken, sei nicht realistisch angesetzt.
II.
Die Beschwerden sind zulässig, aber unbegründet.
Die Beschwerden sind zulässig (dazu 1.) Im Ergebnis zutreffend hat das Sozialgericht den Antrag auf vorläufige Gewährung von
höheren Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II (dazu 2.) sowie den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren abgelehnt (dazu 3.).
1. Die Beschwerden sind statthaft. Die Statthaftigkeit der Beschwerden richtet sich nach §
172 Abs.
3 Nr.
1 und
2b SGG. Hiernach ist die Beschwerde in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes und gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe
ausgeschlossen, wenn in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte. Dies ist hier nicht der Fall. Nach §
144 Abs.
1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder
Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 € nicht übersteigt. Dies gilt nicht, wenn die
Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft. Bei einer Klage auf Gewährung einer Geldleistung
richtet sich der Beschwerdewert i.S.v. §
144 Abs.
1 S. 1 Nr.
1 SGG nach dem Geldbetrag, den das erstinstanzliche Gericht versagt hat und der vom Rechtsmittelführer weiterverfolgt wird.
Der Antragsteller hat sein Begehren bisher nicht konkret beziffert. Zwar hat er seinen monatlichen Bedarf mit 20 FFP2-Masken
oder 129,00 € angegeben, jedoch bislang nicht konkretisiert, für welchen Zeitraum er diesen monatlichen Bedarf geltend macht.
Bei einem unbezifferten Antrag hat das Beschwerdegericht den Beschwerdewert zu ermitteln. Dabei ist eine überschlägige Berechnung
unter Berücksichtigung des klägerischen Vorbringens ausreichend (vgl. BSG, Beschluss vom 13.06.2013 - B 13 R 437/12 B und Urteil vom 14.08.2008 - B 5 R 39/07 R; siehe auch BSG, Beschluss vom 24.02.2011 - B 14 AS 143/10 B). Dies gilt auch im Antragsverfahren nach §
86b SGG.
Das Sozialgericht darf als Gericht der Hauptsache im Wege der einstweiligen Anordnung nach §
86b Abs.
2 SGG nicht mehr vorläufig gewähren, als ein Antragsteller im Hauptsacheverfahren erlangen kann. Denn gemäß §
86b Abs.
2 SGG kann eine einstweilige Anordnung nur in Bezug auf den Streitgegenstand oder ein streitiges Rechtsverhältnis (zum Begriff
Rechtsverhältnis vgl. BSG Urteil vom 20.12.2001 - B 4 RA 50/01 R) ergehen. Das Gericht der Hauptsache darf nur den Anspruch sichern, der im Klageverfahren verfolgt werden kann (ständige
Rechtsprechung des Senats, vgl. Beschlüsse vom 26.03.2020 - L 19 AS 243/20 B ER, vom 13.02.2014 - L 19 AS 86/14 B ER, vom 12.01.2011 - L 19 AS 2136/10 B ER, vom 01.09.2010 - L 19 AS 1265/10 B ER und vom 06.10.2008 - L 19 B 121/08 AS ER). Streitgegenstand des Widerspruchsverfahrens als Hauptsache, auf das in der Antragsschrift verwiesen wurde, ist die
Bewilligung eines Mehrbedarfs wegen eines aufgrund der aktuellen COVID—19-Pandemie anfallenden Bedarfes. Das Begehren des
Antragsstellers ist damit in der Hauptsache gerichtet auf die Abänderung des Bewilligungsbescheides vom 30.09.2020, mit dem
der Antragsgegner Grundsicherungsleistungen für den Zeitraum vom 01.10.2020 bis 30.09.2021 bewilligt hat. Dahinstehen kann,
ob der Antrag vom 16.02.2021 als Antrag auf Abänderung des Bewilligungsbescheides vom 30.09.2020 nach § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X oder als Überprüfungsantrag nach § 44 Abs. 1 SGB X auszulegen ist. Jedenfalls begehrt der Antragsteller die Ausgabe von 20 FFP2-Masken wöchentlich alternativ die Gewährung
eines monatlichen Mehrbedarf i.H.v. 129,00 € zumindest ab Antragsstellung, d.h. ab dem 16.02.2021 bis zum Ende des Bewilligungsabschnittes,
dem 30.09.2021.
Der erforderliche Wert der Beschwer von mehr als 750,00 € wird daher erreicht.
2. Zu Recht hat das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.
Nach §
86b Abs.
2 Satz 2
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug
auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruches (d. h. eines materiellen Anspruchs,
für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird) sowie das Vorliegen des Anordnungsgrundes (d.h. der Unzumutbarkeit, bei Abwägung
aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten) voraus. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund
bzw. die besondere Eilbedürftigkeit sind glaubhaft zu machen (§
86 Abs.
2 Satz 4
SGG i.V.m. §
920 Abs.
2 Zivilprozessordnung -
ZPO -).
Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch (dazu a) und Anordnungsgrund (dazu b) nicht glaubhaft gemacht.
a) Ein Anordnungsanspruch liegt nicht vor. Der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, dass er einen Anspruch auf Bereitstellung
von 20 Schutzmasken nach dem FFP2-, KN95-, N95- oder einem vergleichbaren Standard wöchentlich bzw. hilfsweise auf Deckung
eines entsprechenden "finanziellen Mehrbedarf" i.H.v. 129,00 € monatlich hat.
Soweit der Antragsteller die Gewährung eines Mehrbedarfs in Form einer Sachleistung - Bereitstellung von 20 FFP2-Masken -
begehrt, existiert schon keine Rechtsgrundlage. Leistungen nach dem SGB II werden grundsätzlich als Geldleistungen erbracht, nur in Ausnahmefällen ordnet das Gesetz die Gewährung von Leistungen in
Form von Sachleistungen an (§ 24 Abs.1, 24 Abs. 3 SGB II, § 29 Abs. 2 SGB II, § 31a Abs. 3 SGB II). Die Gewährung eines Mehrbedarfs i.S.v. § 21 Abs. 6 SGB II in Form einer Sachleistung sieht das Gesetz nicht vor. Der Antragsteller hat auch nicht ansatzweise dargelegt, aus welchen
Rechtsvorschriften er einen Sachleistungsanspruch gegenüber dem Antragsgegner ableitet.
Ebenfalls hat der Antragsteller die Voraussetzungen für die Gewährung eines Mehrbedarfs i.S.v. § 21 Abs. 6 SGB II (i.d.F. des Gesetzes zur Ermittlung der Regelbedarfe und zur Änderung des Zwölften und Zweiten Buches Sozialgesetzbuch sowie weiterer Gesetze vom 09.12.2020, BGBl. I S. 2855) als Geldleistung nicht glaubhaft gemacht. Hiernach wird bei Leistungsberechtigten ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall
ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht; bei einmaligen Bedarfen ist weitere Voraussetzung, dass ein Darlehen nach §
24 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist. Der Mehrbedarf ist unabweisbar,
wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten
gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.
Bereits das Vorliegen eines Einzelfalls i.S.d. § 21 Abs. 6 S. 1 Hs. 1 SGB II ist nicht glaubhaft gemacht (vgl. LSG NRW, Beschlüsse vom 29.03.2021 - L 12 AS 377/21 B ER und vom 03.032021 - L 9 SO 18/21 B ER, LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom. 23.03.2021 - L 13 AS 125/21 B ER; a. A. SG Karlsruhe, Beschluss vom 24.03.2021 - S 12 AS 711/21 ER). Der geltend gemachte Bedarf betrifft vielmehr ausnahmslos sämtliche Personen und damit sämtliche Leistungsberechtigten
nach dem SGB II. Denn die Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung in Form einer medizinischen Maske, die nach Auffassung des
Antragstellers seinen Mehrbedarf begründet, gilt grundsätzlich für alle natürlichen Personen im Geltungsbereich der jeweiligen
landesrechtlichen Vorschriften (für Nordrhein-Westfalen: § 3 Abs. 2 Coronaschutzverordnung in den Fassungen ab dem 25.01.2021
<CoronaSchV>; zu Ausnahmen s. § 3 Abs. 4). Selbst wenn davon auszugehen ist, dass mit den in die Regelbedarfsbemessung eingeflossenen
Verbrauchsausgaben für Gesundheitspflege (vgl. § 5 Abs. 1 Regelbedarfsermittlungsgesetz 2021 vom 09.12.2020, BGBl. I S. 2855), dort Abt. 6) die durch die landesrechtlichen Vorschriften verursachten Ausgaben für Mund-Nasen-Bedeckungen "strukturell
unzutreffend" erfasst wären (vgl. BSG, Urteil vom 08.05.2019 - B 14 AS 13/18 R) und damit ein "besonderer Bedarf" i.S.d. § 21 Abs. 6 S. 1 Hs.1 SGB II vorläge (vgl. dazu BSG a.a.O; sowie Urteil vom 20.01.2016 - B 14 AS 8/15 R Rn. 20; zudem auch BT-Drs. 17/1465, S. 8 <zu Art. 3a Nr. 2>; BVerfG Urteil vom 09.02.2010, 1 BvL 1/09 u.a., Rn. 207f.), weil die maßgebliche Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2018 noch vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie
stattfand (zur [Nicht-]Berücksichtigung pandemie-bedingter Bedarfe bei der Regelbedarfsermittlung vgl. auch Groth in Schlegel/Voelzke,
jurisPK-SGB II, 5. Auflage 2020, § 70 Rn. 16), fehlt es jedenfalls an einem Einzelfall i.S.d. § 21 Abs. 6 S. 1 Hs. 1 SGB II. Von einem ausnahmsweise überdurchschnittlichen Bedarf kann angesichts eines grundsätzlich alle Leistungsberechtigten gleichermaßen
treffenden Bedarfs nach Mund-Nasen-Bedeckungen in Form einer medizinischen Maske jedenfalls ab Beginn des Jahres 2021 nicht
ausgegangen werden. Denn die Verpflichtung zur Benutzung von medizinischen Masken, insbesondere im Öffentlichen Personennahverkehr
und in Geschäften, besteht bundesweit (vgl. https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/coronavirus/corona-diese-regeln-und-einschraenkung-gelten-1734724).
Soweit der Antragsteller sich auf die sich aus der COVID 19-Pandemie ergebenden Gefährdungslage für sich und andere beruft,
besteht diese Gefährdungslage für alle Personen, die sich in der Bundesrepublik aufhalten. Der Anspruch aus § 21 Abs. 6 SGB II ist aber, soweit es strukturell unzureichend erfasste Bedarfe angeht, auf Fälle "eines ausnahmsweise höheren, überdurchschnittlichen
Bedarfs" beschränkt (BT-Drs. 17/1465, S. 8 f.). Dagegen dient die Regelung nicht dazu, einen für unzureichend erachteten Regelbedarf
aufzustocken (vgl. Blüggel in Eicher/Luik, 4. Aufl. 2017, § 21 Rn. 67).
Ob die Nichtgewährung eines Mehrbedarfs für medizinische Masken im Rahmen der COVID 19-Pandemie zu einer Unterdeckung des
für das Jahr 2021 festgesetzten Regelbedarfs führt und somit verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet, kann im Rahmen des
vorliegenden Verfahrens auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes offen bleiben. Allein unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten
kann der Senat keine Leistungen zuerkennen, die der Antragsteller nur unter Missachtung der gesetzlichen Regelungen (contra
legem) beziehen könnte. Er ist vielmehr an die gesetzlichen Regelungen gebunden (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 03.03.2021 -
L 9 SO 18/21 B ER). Es existieren keine Befugnisse der Gerichte, einem Antragsteller unmittelbar gestützt auf Normen der Verfassung,
insbesondere aus Art.
1,
2 GG einen Leistungsanspruch zuzusprechen
Auch eine Aussetzung des vorliegenden Verfahren und eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art.
100 Abs.
1 GG kommt in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht in Betracht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30.10.2010 - 1 BvR 1037/10 zu 3.b); denn eine zeitnahe Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die dem Eilbedürfnis eines Verfahrens auf Gewährung
einstweiligen Rechtsschutzes entspräche, wäre nicht zu erwarten. Dem Antragsteller bleibt es indes unbenommen, gegen den vorliegenden
Beschluss des Senats Verfassungsbeschwerde einzulegen und dabei ggf. eine einstweilige Regelung durch das Bundesverfassungsgericht
zu suchen.
b) In jedem Fall aber fehlt es an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes.
Der Umstand, dass Grundsicherungsleistungen betroffen sind, ersetzt nicht die Glaubhaftmachung, dass ein nicht anders als
durch Erlass der begehrten Regelungsanordnung abwendbarer Nachteil droht. Ein solcher ist nur gegeben, wenn bei einer Verweisung
auf das Hauptsacheverfahren nicht mehr korrigierbare, irreparable Schäden drohen (BVerfG, Beschluss vom 19.09.2017 - 1 BvR 1719/17 zu den Voraussetzungen für eine Entscheidung nach § 90 Abs. 2 S. 2 BVerfGG). Zwar ist eine schnelle Entscheidung zur Sicherung des verfassungsrechtlich garantierten Existenzminimums regelmäßig notwendig.
Doch genügt allein der Umstand, dass Grundleistungen der sozialen Sicherung betroffen sind, nicht, um generell einen unabwendbaren
Nachteil im verfassungsprozessrechtlichen Sinn annehmen zu können. Ein solcher ist nur gegeben, wenn durch eine spätere Entscheidung
nicht mehr korrigierbare, irreparable Schäden drohen (BVerfG, Beschlüsse vom 01.10.2020 - 1 BvR 1106/20 und vom 19.09.2017 - 1 BvR 1719/17).
Es ist dem Antragsteller zumutbar, dass Hauptsacheverfahren abzuwarten. Der Antragsteller hat mit seiner Beschwerde nicht
substantiiert dargetan, weshalb es ihm derzeit unzumutbar sein sollte, den Zeitraum bis zur Entscheidung in der Hauptsache
anderweitig zu überbrücken.
aa) Es ist landesrechtlich nicht vorgeschrieben, eine Maske des FFP2-, KN95-, N95- oder eines vergleichbaren Standards zu
tragen. § 3 Abs. 2 CoronaSchV in den Fassungen ab dem 25.01.2021 des Landes Nordrhein-Westfalen enthält (für bestimmte Situationen)
lediglich die Verpflichtung zum Tragen einer medizinischen Maske. Medizinische Masken im Verordnungsinne sind nach § 3 Abs.
1 S.2 CoronaSchV neben Masken des Standards FFP2 und höheren Standards jeweils ohne Ausatemventil und diesen vergleichbaren
Masken (insbesondere KN95/N95) aber auch "sog. OP-Masken". Von Gesetzes wegen besteht damit kein Bedarf gerade nach Masken
des Standards FFP2 bzw. vergleichbaren Masken (zur Maßgeblichkeit der CoronaSchV vgl. auch LSG NRW Beschluss vom 30.04.2020
- L 7 AS 625/20 B ER). Dass der Antragsteller aufgrund einer bei ihm bestehenden gesundheitlichen Einschränkung gerade auf Masken des begehrten
Standards angewiesen wäre, ist weder vorgetragen, noch anderweitig ersichtlich.
Vor diesem Hintergrund greift auch der Verweis des Antragstellers auf eine vermeintliche "verordnete Pflicht zum Schutz der
Allgemeinheit" nicht durch. Mit Blick auf die insoweit interessierenden Fälle einer ggf. fahrlässigen Körperverletzung (§
229 StGB) dürfte es aber jedenfalls nicht auf der Hand liegen, dass das Tragen "nur" einer OP-Maske eine Sorgfaltspflicht verletzt
und deshalb eine Fahrlässigkeitsstrafbarkeit begründen könnte (vgl. dazu BGH, Urteil vom 14.03.2003, 2 StR 239/02, Rn. 18), nachdem § 3 Abs. 2 CoronaSchV auch OP-Masken grundsätzlich ausreichen lässt.
Der Antragsteller hat auch zur Menge der von ihm begehrten Masken sowie zur Anzahl der Anlässe, zu denen er diese benötigt,
nichts weiter dargetan. Er hat insoweit einen Bedarf von wöchentlich 20 FFP2- oder vergleichbaren Masken geltend gemacht,
ohne das Zustandekommen dieser Zahl näher zu begründen. Es ist in Zeiten des Lockdowns zumutbar, Einkäufe, Kontakte mit anderen
Menschen etc. auf das Notwendigste zu beschränken. Diese Annahme ist - nicht zuletzt vor dem Hintergrund des Rücksichtnahmegebotes
des § 1 Abs. 2 CoronaSchV - grundsätzlich nicht zu beanstanden.
bb) Insoweit muss der Antragsteller sich darauf verweisen lassen, seinen Anspruch auf Schutzmasken nach der ersten Verordnung
zur Änderung der Coronavirus-Schutzmasken-Verordnung vom 04.02.202021 (BAnzAT 05.02.2021 V1 S. 1 - SchutzmV) durchzusetzen.
Ob der Antragsteller den auf Grundlage der §, 1 Abs. 1 Nr. 3, 2 Abs. 2a SchutzmV vorgesehenen Berechtigungsschein zur Abholung
von zehn abgabefähigen Schutzmasken (i.S.d. Anlage zu § 2 Abs. 3 SchutzmV) bereits erhalten und verbraucht hat, hat er nicht
vorgetragen.
cc) In Hinblick auf die Preise für OP-Masken, die nach den Recherchen des Senats zwischen 0,10 € bis 0,20 € pro Stück betragen,
kann auch unter Berücksichtigung des vom Antragsteller geltend gemachten Bedarfs von ca. 86 Masken im Monat nicht ohne weiteres
davon ausgegangen werden, dass es dem Antragsteller unzumutbar wäre, seinen Bedarf zumindest bis zu einer Entscheidung der
Hauptsache aus dem Regelbedarf zu decken. Insoweit ist anzumerken, dass die vom Antragsteller - ausgehend von einem Bedarf
von ca. 86 FFP2-Masken (4,3 Wochen x 20) - geltend gemachten Kosten für die Beschaffung der FFP2-Masken i.H.v. 126,00 € monatlich,
also von 1,50 € pro Stück bei weitem überhöht sind. Es existieren Angebote von FFP2-Masken mit einem Preis ab 0,39 € pro Stück
(siehe https://geizhals.de/diverse-ffp2-atemschutzmasken-a2243766.html Stand 17.04.2021).
dd) Schließlich ist jedenfalls zu beachten, dass der Antragsteller, sollte er im Mai 2021 weiterhin im Leistungsbezug nach
dem SGB II stehen, Anspruch auf die in § 70 S. 1 SGB II (i.d.F. des Sozialschutz-Pakets III vom 10.03.2021, BGBl. I S. 335) vorgesehene Einmalzahlung von 150.00 € Anspruch haben wird. Diese Einmalzahlung wird ausweislich des Gesetzeswortlauts "zum
Ausgleich der mit der COVID-19-Pandemie in Zusammenhang stehenden Mehraufwendungen" für den Zeitraum 01.01.2021 bis 30.06.2021
gewährt. Zu diesen Mehraufwendungen zählen zusätzliche finanzielle Belastungen, die sich z.B. aus der Notwendigkeit der Versorgung
mit nötigen Hygieneprodukten und Gesundheitsartikeln ergeben (so BT-Drs. 19/26542, S. 19 <zu Nr. 5>).
3. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren.
Prozesskostenhilfe steht schon deshalb nicht zu, weil der Antragsteller keinen bewilligungsreifen Antrag auf Bewilligung von
Prozesskostenhilfe bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens vorgelegt hat.
Prozesskostenhilfe kann auch nach Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens rückwirkend bewilligt werden, wenn bei Beendigung
der Instanz ein bewilligungsreifer Prozesskostenhilfeantrag vorgelegen hat. Denn maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der
Erfolgsaussicht ist in der Regel der Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfegesuchs (ständige Rechtsprechung,
Senat, Beschlüsse (u.a.) vom 20.09.2011 - L 19 AS 1509/11 B ER, L 19 AS 1510/11, vom 26.8.2013 - L 19 AS 1268/18, vom 25.02.2019 - L 19 AS 228/19 B, vom 29.10.2020, - L 19 AS 1552 - 20 B; siehe auch BVerfG, Beschluss vom 26.09.2020 - 2 BvR 1942/18 m.w.N.). Entscheidungsreife ist dann gegeben, wenn der Antragsteller einen bewilligungsreifen Antrag vorgelegt (vgl. hierzu
BVerfG, Beschluss vom 14.04.2010 - 1 BvR 362/10) und der Gegner nach §§ 73a Abs. 1 S. 1
SGG i.V.m. 118 Abs. 1 S. 1
ZPO Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt hat.
Ein vollständiger und damit bewilligungsreifer Antrag auf Prozesskostenhilfe setzt unter anderem nach §§ 73a Abs. 1 S. 1
SGG, 117 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 Abs. 4
ZPO i.V.m. der Verordnung zur Verwendung eines Formulars für die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse
bei Prozess - und Verfahrenskostenhilfe vom 06.01.2014 (-PKHFV -, BGBL I 2014, 34) voraus, dass der Antragsteller eine Erklärung
über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse unter Verwendung des Formulars nach der PKHFV einreicht. Eine solche
Erklärung hat der Antragsteller, vertreten durch den Prozessbevollmächtigten, nicht eingereicht. Alleine die Vorlage des Bewilligungsbescheides
vom 30.09.2020 genügt nicht. Als Bezieher von Grundsicherungssicherungsleistungen nach dem SGB II ist der Antragsteller grundsätzlich nicht von der Pflicht befreit, sich bei der Abgabe der Erklärung nach §
117 Abs.
2 ZPO des gemäß §
117 Abs.
4 ZPO durch die PKHVV eingeführten Formulars zu bedienen; die Einreichung des Bescheides über die Bewilligung von Grundsicherungsleistungen
nach dem SGB II ersetzt nicht die Abgabe dieses Vordrucks (vgl. BSG, Beschluss vom 17.08.2007 - B 1 KR 6/07 BH). Der Antragsteller muss sich die Kenntnis seines Prozessbevollmächtigten über
den in §
117 Abs.
4 ZPO angeordneten Formularzwang zurechnen lassen. Als Rechtsanwalt und damit als Organ der Rechtspflege sollte der Prozessbevollmächtigte
mit dem Verfahren der Gewährung von Prozesskostenhilfe und dessen Voraussetzungen vertraut sein.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.
Die Kosten des Beschwerdeverfahren hinsichtlich der Ablehnung von Prozesskostenhilfe sind nicht erstattungsfähig (§§ 73a Abs.
1 S. 1
SGG, 127 Abs. 4
ZPO).
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundesozialgericht anfechtbar,§
177 SGG.