Rechtmäßigkeit eines Betriebsprüfungsbescheides
Arbeitnehmerüberlassung
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Betriebsprüfungsbescheides der Beklagten.
Bei der Klägerin handelt es sich um eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), die beim Amtsgericht (AG) B unter der
Registernummer HRB 000 eingetragen ist. Gegenstand des Unternehmens sind Gebäudereinigungsarbeiten aller Art und damit zusammenhängende
Leistungen. Alleinige Gesellschafterin und Geschäftsführerin der mit Gesellschaftsvertrag vom 12.3.1998 gegründeten Klägerin
ist Frau T. Neben der Reinigung privater Haushalte bietet die Klägerin maßgeblich solche im gewerblichen Bereich an.
Die Klägerin hatte sich unter Vereinbarung sog. "qualitativer Leistungsverzeichnisse" gegenüber ihren Hauptauftraggebern,
u.a. der Restaurationsbetrieb T GmbH & Co. KG (T) hinsichtlich des Objekts "B Catering O, L", zu Reinigungs- und Spüldiensten
verpflichtet. In diesem Zusammenhang unterzeichneten am 14.2.2001 die Geschäftsführerin der Klägerin und Herr X, handelnd
unter der Firma Hausmeisterservice X, E, einen auf den 6.2.2001 datierenden Vertrag, in dem u.a. es wie folgt heißt und auf
den im Übrigen Bezug genommen wird:
"Präambel
Die Auftraggeberin betreibt ein Gebäudereinigungsunternehmen in überregionalem Umfang. Zur Erfüllung ihrer vielfältigen vertraglichen
Verpflichtungen gegenüber ihren Kunden, beauftragt sie den Auftragnehmer mit der fachgerechten Reinigung verschiedener Objekte
im Raume E und anderen Orten in NRW.
§ 1 Gegenstand des Vertrages
Die Auftraggeberin beauftragt den Auftragnehmer mit der Reinigung der nachstehend aufgeführten Objekte:
[ ...]
§ 2 Leistungsumfang
Der Auftragnehmer verpflichtet sich, die unter § 1 bezeichneten Objekte sach- und fachgerecht nach folgender Maßgabe zu reinigen.
Die Reinigung der Objekte ist die tägliche Unterhaltsreinigung sowie die Fensterreinigung in den einzelnen Objekten. Der Auftragnehmer
erhält für die anfallenden Arbeiten in den Objekten ein Leistungsverzeichnis.
§ 3 Allgemeine Durchführung
3.1 Der Auftragnehmer verpflichtet sich, die aus diesem Vertrag resultierenden Leistungen sach- und fachgerecht auszuführen.
3.2 Der Auftragnehmer verpflichtet sich, die erforderlichen Arbeitskräfte in ausreichender Zahl vorzuhalten. Er trägt dafür
Sorge, dass in den Objekten ausschließlich zuverlässiges, fachlich versiertes Personal zum Einsatz kommt. Sämtliche Lohn-
und Sozialabgaben etc. trägt der Auftragnehmer. Er leistet Gewähr dafür, dass die eingesetzten Arbeitskräfte über eine Arbeitsgenehmigung
verfügen und den Sozialversicherungsausweis bei sich tragen.
3.3 Der Auftragnehmer trägt dafür Sorge, dass das Erscheinungsbild der Arbeitskräfte, der Arbeitsmaterialien sowie (die zum)
Einsatz kommenden Firmenfahrzeuge der Reputation der Auftraggeberin gerecht werden. Der Auftragnehmer sowie seine Erfüllungsgehilfen
haben den Kunden der Auftraggeberin stets höflich zu begegnen und sich im Bedarfsfall hilfsbereit zu erweisen.
3.4 Der Auftragnehmer verpflichtet sich, sämtliche Reinigungsarbeiten nach den Leistungsverzeichnissen termingerecht auszuführen.
Sollten sich Terminschwierigkeiten ergeben, aus welchen Gründen auch immer, wie Personalmangel, Krankheit etc. hat er dies
unverzüglich der Auftraggeberin anzuzeigen. In keinem Fall ist er berechtigt, Arbeiten nicht auszuführen. [ ...]
§ 4 Reinigungsmaterial und Aufsicht
4.1 Der Auftraggeber stellt teilweise in Absprache mit dem Auftragnehmer das notwendige Reinigungsmaterial. Es sind ausschließlich
geeignete Reinigungsmittel zu verwenden.
4.2 Die Reinigungsarbeiten werden gleichermaßen vom Auftragnehmer wie von der Auftraggeberin überwacht und kontrolliert. Sollte
der Auftragnehmer aus persönlichen oder sachlichen Gründen an seiner Kontrollfunktion gehindert sein, so hat er dies unverzüglich
der Auftraggeberin anzuzeigen. [ ...]
§ 6 Reklamationen
6.1 Reklamationen durch die Kunden der Auftraggeberin sind durch den Auftragnehmer sofort zu überprüfen und - wenn möglich
- sofort zu beheben. Der Auftragnehmer hat die Reklamation unverzüglich der Auftraggeberin mitzuteilen. [ ...].
§ 7 Sachschäden
7.1 Der Auftragnehmer haftet für Sach- und Bearbeitungsschäden, die nachweislich durch ihn oder seine Erfüllungsgehilfen bei
der Erfüllung der vertraglichen Leistung verursacht werden. [ ...]
§ 10 Vergütung
10.1 Der Auftragnehmer erhält für seine Tätigkeit folgende Vergütung: - Die Beträge verstehen sich monatlich zuzüglich der
gesetzlichen Mehrwertsteuer. [ ...]
§ 12 Schriftformerfordernis
Für Nebenabreden wird Schriftform vereinbart. Das gilt auch für den Fall, dass das Schriftformerfordernis auf Wunsch beider
Seiten geändert werden sollte. [ ...]"
Die zu reinigenden Objekte wurden mit Anhängen zum Subunternehmervertrag vom 19.7.2001 und 1.3.2002, auf deren Inhalt Bezug
genommen wird, geändert. Zum 10.4.2003 wurde der Vertrag aufgelöst.
Die Klägerin schloss zudem mit der Fa. E.W. F GmbH (F) einen auf den 6.3.2002 datierenden Vertrag, nach dem die Zusammenarbeit
am 1.11.2001 begann und diese für verschiedene Reinigungsobjekte mit der Unterhalts- und Fensterreinigung beauftragt wurde.
Geschäftsführerin der F war die Ehefrau des Zeugen L. Ab November 2002 wurde die F direkter Vertragspartner des größten Auftraggebers
der Klägerin, der Fa. T, am Flughafen L.
Im Rahmen einer Umsatzsteuersonderprüfung des Finanzamts (FA) H bei der Klägerin wurde bekannt, dass sie verstärkt für den
Bereich der Gebäudereinigung Subunternehmer einsetzte. Aufgrund des Verdachts, dass es sich insbesondere bei den Rechnungen
des Herrn X um Abdeckrechnungen für Schwarzlohnzahlungen handelte, leitete im März 2003 das Finanzamt für Steuerstrafsachen
und Steuerfahndung (Steufa) B ein Verfahren gegen die Klägerin ein (000; Bericht v. 15.12.2004). Im Rahmen dessen wurden u.a.
die Geschäftsräume der Klägerin und die Wohnräume ihrer Geschäftsführerin durchsucht.
In diesem Zusammenhang wurden Rechnungen der Fa. X, gerichtet an die Klägerin, sichergestellt. Die Rechnungsstellung erfolgte
unter der Firmenanschrift "D-str. in E", obgleich Herr X - nach seiner Aussage - dort seit Oktober 2001 nicht mehr wohnhaft
war, sondern stattdessen in der Hofeinfahrt der "I-str. 00 in E" (Eigentum der Eheleute L) lebte und für die Behörden mit
unbekanntem Aufenthalt verzogen war. Ferner wurden ein ab Juni 2001 bei der Klägerin geführtes Quittungsbuch "Lohngeld Fa.
X", Korrespondenz der Geschäftsführerin der Klägerin mit dem Zeugen L und der Fa. T, z.Hd. des Zeugen L, und Sicherheitsausweise
des Flughafenbetreibers sichergestellt. Auf den Inhalt wird jeweils Bezug genommen. Im weiteren Verlauf der Ermittlungen der
Steufa wurde die klägerische Geschäftsführerin, der Zeuge L und Herr X als Beschuldigte sowie diverse Zeugen vernommen. Auf
den Inhalt der beigezogenen Aussagen wird Bezug genommen.
Am 22.1.2007 leitete das Hauptzollamt (HZA) E (XXX) gegen die Geschäftsführerin der Klägerin sowie den Zeugen L ein Ermittlungsverfahren
ein. Nach der dort durchgeführten Auswertung der vorliegenden Eingangsrechnungen fanden sich folgende Umsätze mit der Fa.
X:
Jahr 2000 = 15.307,50 netto DM / 7.826,60 netto Euro
Jahr 2001 = 680.841,81 netto DM / 348.108,89 netto Euro
Jahr 2002 = 428.176,78 netto Euro
Jahr 2003 = 12.338,13 netto Euro
insg. = 796.450,40 netto Euro
Mit Schlussbericht vom 26.9.2007 gab das HZA das Verfahren an die Staatsanwaltschaft (StA) E zum dortigen Aktenzeichen 120 Js 00/07 ab. Das Ermittlungsverfahren wurde am 11.7.2008 gegen die Geschäftsführerin der Klägerin nach §
153 Strafprozessordnung (
StPO) und gegen den weiteren Beschuldigten L nach §
154 StPO eingestellt.
Die Beklagte leitete unter Auswertung der Ermittlungen der Steufa und des HZA eine Betriebsprüfung bei der Klägerin ein, hörte
diese mit Schreiben vom 30.7.2007 an und stellte ihr für den Zeitraum vom 1.10.2000 bis zum 28.2.2003 Nachforderungen zur
Sozialversicherung in Aussicht.
Nachdem die Klägerin dem mit ihrer Stellungnahme vom 22.8.2007 entgegengetreten war, forderte die Beklagte mit Bescheid vom
12.7.2010 Sozialversicherungsbeiträge inklusive Säumniszuschlägen in Höhe von 647.028,77 Euro für die Zeit vom 1.10.2000 bis
zum 28.2.2003. Die Steufa B habe wegen des Verdachts der Umsatz-, Körperschafts-, Gewerbe- und Lohnsteuerhinterziehung ermittelt.
Die Geschäftsführerin der Klägerin sei u.a. verdächtigt worden, unberechtigt Betriebsausgaben und Vorsteuerbeträge aus sog.
Abdeckrechnungen des Einzelunternehmers X geltend gemacht zu haben, wobei die verbuchten Rechnungsbeträge letztlich dem Lohnaufwand
für in ihrem Unternehmen illegal zur Arbeitsleistung überlassenen Arbeitnehmern entsprochen habe. Der gesondert verfolgte
Herr X habe unter dem Namen "X-Prospektverteilung" und "X-Dienstleistungen" Rechnungen über gewerbliche Reinigungsarbeiten
in Objekten im Düsseldorfer Raum sowie am Flughafen L in einer Größenordnung von netto 796.450,40 Euro gelegt. Es sei davon
auszugehen, dass hinter dem formell verantwortlichen Herrn X der für die Beschaffung der Arbeitnehmer verantwortliche Zeuge
L gestanden habe. Dieser sei als handelnder Unternehmer anzusehen. Aus dem Bericht der Steufa vom 15.12.2004 gehe hervor,
dass der eigentliche Zweck der Geschäftsverbindung zu Herrn X bzw. dem Zeugen L nicht der Austausch von (Werk-)leistungen,
sondern die Überlassung von Arbeitnehmern zugunsten der Klägerin gewesen sei. Diese habe die betreffenden (Leih-)arbeitnehmer
dann wie eigene Arbeitnehmer bei ihren Auftraggebern eingesetzt. Im Rahmen der Ermittlungen sei nicht abschließend geklärt,
ob die Klägerin - zumindest einen Teil der in Rede stehenden Personen - in der Folge nicht an ihre Auftraggeber (illegal)
verliehen habe. Die Auswertung der Beweismittel habe ergeben, dass eine Vielzahl von Arbeitnehmern, die jedoch namentlich
nicht ermittelt werden konnten, beschäftigt gewesen sein müssten. Aus den Rechnungen ergäben sich abgerechnete monatliche
Arbeitseinsätze von bis zu 5.000 und mehr Arbeitsstunden, weswegen annähernd 30 in Vollzeit beschäftigte Kräfte zum Einsatz
gekommen sein dürften. Vor diesem Hintergrund sei der tatsächlich angefallene Lohnaufwand durch die Klägerin weder ordnungsgemäß
verbucht noch dem Lohnsteuerabzug und somit auch nicht dem Beitragsabzug zur Sozialversicherung unterworfen worden. Dem Inhalt
der sichergestellten Geschäftsunterlagen sei zu entnehmen, dass die Klägerin in der Zeit von Oktober 2000 bis Februar 2003
für den Einsatz bzw. die Überlassung von Arbeitnehmern in Höhe von mindestens 796.450,40 Euro (netto) gezahlt habe. Da für
die beschäftigten Arbeitnehmer keine vollständigen ordnungsgemäßen Lohnaufzeichnungen geführt wurden und die Personalien der
Beschäftigten nicht bekannt seien, habe die Beklagte den Gesamtlohnaufwand für die Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge
auf 80 % der festgesetzten Nettoumsätze geschätzt. Es ergebe sich im Prüfzeitraum somit ein (Bar-)lohnaufwand in Höhe von
insgesamt 637.160,32 Euro. Hinsichtlich der überlassenen und überwiegend am Flughafen L eingesetzten Beschäftigten sei festzustellen,
dass die für die Arbeitnehmerüberlassung erforderliche Erlaubnis nach §
1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (
AÜG) nicht vorgelegen habe. Nach §
9 Nr. 1
AÜG seien die Verträge zwischen den Verleihern, Herrn X und dem Zeugen L, sowie der Entleiherin, der Klägerin, außerdem zwischen
Verleiher und Leiharbeitnehmer unwirksam. Konsequenz sei, dass ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer
als zustande gekommen gelte, §
10 Abs.
1 AÜG. Der Entleiher habe die Sozialversicherungsbeiträge abzuführen, §
28e Abs.
2 Satz 3,
4 SGB IV. Im Übrigen wird auf die Begründung Bezug genommen.
Dagegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 16.7.2010 Widerspruch. Sie beantragte zugleich die Aussetzung der sofortigen
Vollziehung. Diese lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 5.8.2010 ab. Den Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom
31.1.2011 als unbegründet zurück.
Die Klägerin hat vor dem Sozialgericht (SG) Aachen am 3.3.2011 Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt hat. Sie hat zunächst gerügt, dass der Sachverhalt
durch die Beklagte nicht ausermittelt worden sei. Diese gehe von Schätzungen und Vermutungen aus. Zwischen ihr und den vor
Ort arbeitenden Firmen, namentlich vertreten durch Herrn X und den Zeugen L, hätten Werkverträge bestanden, auf deren Basis
die Vertragsverhältnisse abgewickelt worden seien. Weder die Geschäftsführerin der Klägerin noch ihre sonstigen Mitarbeiter
hätten über die durch diese Herren eingesetzten Mitarbeiter disponiert. Die Ausübung eines Direktionsrechtes sei bereits deshalb
nicht möglich gewesen, weil es sich ausschließlich um ausländische Kräfte gehandelt habe, die der deutschen Sprache nicht
mächtig gewesen seien. Sie habe über den Zeugen L die Vertragsverhältnisse abgewickelt. Bei diesem habe es sich nicht um einen
ihrer Mitarbeiter gehandelt. Mängelrügen durch die Hauptauftraggeber habe sie an den Subunternehmer weitergeleitet und Abhilfe
verlangt. Für sie habe kein Anlass bestanden, die Integrität des Subunternehmers infrage zu stellen. Soweit die Geschäftsführerin
ein "Lohngeld"-Buch geführt habe, sage dies nicht aus, dass es sich um Arbeitslohn gehandelt habe. Hätte es sich um Schwarzgeldeinnahmen
gehandelt, hätte sie darüber kaum Buch geführt. Vielmehr habe es sich um Werklohn gehandelt. Das strafrechtliche Ermittlungsverfahren
gegen die Geschäftsführerin sei gemäß §
153 StPO eingestellt worden. Zudem sei die Forderung verjährt. Soweit sich die Beklagte auf den Ermittlungsbericht der Steufa vom
15.12.2004 stütze, überzeuge dieser nicht. Dieser ziehe noch wesentlich die Aussage des Zeugen X1 vom 31.8.2004 heran, welche
er im Rahmen seiner zweiten Vernehmung am 13.7.2005 in maßgeblichen Teilen revidiert habe. Auch der Zeuge L und seine damalige
Lebensgefährtin Frau V seien nicht glaubwürdig. Soweit sich die Beklagte auf den Schlussbericht des HZA E vom 26.9.2007 stütze,
sei dort die Behauptung aufgestellt worden, die Klägerin habe wissen müssen, dass Reinigungsleistungen nicht zu dem angebotenen
Preis erbracht werden konnten. Weshalb dies so gewesen sei, sei dem Bericht nicht zu entnehmen.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 12.7.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.1.2011 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat auf ihre Bescheide verwiesen und sich insbesondere auf den Bericht der Steuerfahndung L vom 15.12.2004, den Ermittlungsbericht
der Steufa vom 15.12.2004 sowie den Schlussbericht des HZA vom 26.9.2007 gestützt. Auf dieser Grundlage sei davon auszugehen,
dass eine unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung vorliege.
Das SG hat die Akte des Ermittlungsverfahrens der StA E gegen den Zeugen L (120 Js 00/07A) beigezogen und am 19.8.2011 einen Termin
zur Erörterung des Sachverhalts mit den Beteiligten durchgeführt. Im Termin zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme
am 19.10.2012 hat das SG die Geschäftsführerin der Klägerin angehört sowie den Zeugen L uneidlich vernommen. Auf den Inhalt der jeweiligen Sitzungsniederschriften
wird Bezug genommen. Darauf hat das SG die Klage abgewiesen (Urteil v. 19.10.2012). Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das der Klägerin am 22.11.2012 zugestellte Urteil hat diese am Montag, dem 24.12.2012, Berufung eingelegt. Unter Wiederholung
und Vertiefung ihres bisherigen Vortrages trägt sie ergänzend vor, dass eine Eingliederung der eingesetzten Arbeitnehmer in
ihren Betrieb nicht festgestellt worden sei. Diesbezüglich sei auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichtes (BAG) vom 13.8.2008
(7 AZR 269/07) zu verweisen. Auch wenn die vertragliche Gestaltung zwischen ihr und der Firma X nicht im Sinne des Werkvertragsrechts zu
qualifizieren sei, bedeute dies nicht zwingend, dass von einer Arbeitnehmerüberlassung auszugehen wäre. Dies habe das SG verkannt. Vor Ort sei weder ein Mitarbeiter der Klägerin gewesen, um die Arbeiten der ausführenden Mitarbeiter der Firma
X zu beaufsichtigen, noch hätten diese mit Mitarbeitern der Klägerin zusammengearbeitet. Es sei unzutreffend, dass sie der
Firma X lediglich "Arbeitsstunden" vergütet habe. Diesbezüglich werde auf eine Rechnung der Firma X vom 30.9.2001 verwiesen.
Lediglich ein Teil der Arbeiten sei darin auf Stundenbasis, ein Teil auch pauschal ohne Stundenbezug abgerechnet worden. Der
abgerechnete Stundensatz von 20,00 DM (netto) habe keinen Verdacht aufkommen lassen, dass die Firma X keine Sozialversicherungsabgaben
für ihre Mitarbeiter abführe. Es sei ihr bereits nicht bekannt gewesen, ob die Firma X die Arbeiten mit vollzeitbeschäftigten
sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmern ausführte oder ggf. mit geringfügig Beschäftigten. Zudem erhebe sie die Einrede
der Verjährung. Ihre Geschäftsführerin habe ohne Vorsatz gehandelt. Daneben sei die Höhe der Forderung zu bestreiten. Die
Beklagte lege der Berechnung lediglich Mutmaßungen zugrunde. Soweit das SG auf einen Beschluss des erkennenden Senats v. 21.7.2011 (L 8 R 280/11 B ER) abstelle, habe es den Sachverhalt nicht in ausreichender Weise unter diese Grundsätze subsumiert. Insbesondere habe
es die praktische Durchführung des Vertrages außer Acht gelassen. Es hätte berücksichtigt werden müssen, dass ihrerseits keine
Weisungsbefugnis gegenüber den Mitarbeitern der Firma X bestanden habe. Die Beschäftigten der Firma X hätten nicht ihr Werkzeug
bzw. ihre Maschinen benutzt. Soweit Materialien nicht selbst mitgebracht worden seien, hätten diese vor Ort durch den Hauptauftraggeber
gestellt werden müssen. Es sei auch nicht richtig, dass die ausgezahlten Löhne durch sie in bar erfolgt seien. Sie habe lediglich
den abgerechneten Werklohn in bar bezahlt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 19.10.2012 zu ändern und den Bescheid vom 12.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 31.01.2011 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Im Übrigen wiederholt und vertieft sie ihren bisherigen Vortrag. Ergänzend
trägt sie vor, dass die Klägerin sich nicht darauf berufen könne, dass Subunternehmen habe den Anschein eines ordentlichen
Kaufmannes erweckt. Insofern sei bereits fraglich, weshalb sie Werkverträge im Reinigungsgewerbe mit einem Subunternehmer
schließe, welcher im Rahmen der Prospektverteilung sowie in der Durchführung von Werbemaßnahmen tätig sei. Nach dem Bericht
der Steuerfahndung vom 15.12.2004 sei der Zeuge L an die Geschäftsführerin der Klägerin herangetreten und habe ihr Arbeitskräfte
angeboten. Gegenüber der Firma T habe diese den Zeugen L eingeführt und als Ansprechpartner benannt. Die Korrespondenz sei
über die Klägerin an ihn gerichtet gewesen. Die Beschäftigten hätten die Arbeitskleidung der Klägerin getragen und ihre Werkzeuge
und Maschinen benutzt. Barauszahlungen seien gänzlich unüblich. Es sei ein Quittungsbuch hinsichtlich des Lohngeldes geführt
worden. Die Firma X habe keine eigene Arbeitsorganisation gehabt, um die vereinbarten Leistungen an den Hauptauftraggeber
zu erbringen.
Die durch Beschlüsse vom 10.9.2014 und 10.2.2016 am Verfahren beteiligten Beigeladenen zu 1) bis 4) sind in der mündlichen
Verhandlung nicht anwesend gewesen.
Der Senat hat am 15.5.2015 einen Termin zur Erörterung des Sachverhalts und der Beweisaufnahme durchgeführt und in diesem
die Geschäftsführerin der Klägerin angehört sowie den Zeugen L uneidlich vernommen. Auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift
wird Bezug genommen. Im Nachgang hat der Senat die Akten des HZA (EV00/08 und EV01/10), der StA E (120 Js 00/07A) und des
Finanzamtes für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung B beigezogen. Ferner hat die Klägerin weitere Unterlagen vorgelegt (u.a.
Leistungsverzeichnisse der durch die Fa. X betreuten Objekte, die Verträge mit der Fa. T sowie eine Zusammenstellung, der
an die Fa. X gezahlten Beträge).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Verwaltungsakte der
Beklagten sowie auf die beigezogenen weiteren Akten, die jeweils Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug
genommen.
Entscheidungsgründe
Der Senat hat in Abwesenheit der Beigeladenen zu 1) bis 4) verhandeln und entscheiden können, da er sie mit ordnungsgemäßen
Terminsnachrichten auf diese Möglichkeit hingewiesen hat.
Die Berufung der Klägerin hat Erfolg. Sie ist zunächst zulässig und insbesondere gemäß §§
143,
144 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) statthaft und form- und fristgerecht erhoben worden (§§
151 Abs.
1, Abs.
3,
64 Abs.
1,
3,
63 SGG). Die vollständig abgefasste Entscheidung ist ihr am 22.11.2012 zugestellt worden. Die Berufungsschrift ist bei dem LSG NRW
am Montag, dem 24.12.2012, eingegangen.
Die Berufung ist begründet. Die gegen den Bescheid der Beklagten vom 12.7.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
31.1.2011 statthafte Anfechtungsklage (§
54 Abs.
1 SGG) ist zulässig und begründet. Die auf die Ermächtigungsgrundlage des § 28p Abs. 1 Satz 5 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (
SGB IV) gestützten Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§
54 Abs.
1 Satz 2
SGG).
Nach § 28p Abs. 1 Satz 5
SGB IV ist die Beklagte im Rahmen einer durchgeführten Betriebsprüfung berechtigt, Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und
Beitragshöhe der Arbeitnehmer in der Sozialversicherung gegenüber dem Arbeitsgeber zu erlassen. Zu Unrecht geht die Beklagte
jedoch von einer unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung aus, im Zuge der sie die Klägerin als Entleiherin und damit Arbeitgeberin
der Leiharbeitnehmer zur Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags heranziehen kann (§
10 Abs.
1 Satz 1
AÜG i.V.m. §
28e Abs.
2 Satz 3
SGB IV [hierzu unter I.]). Für eine Arbeitgebereigenschaft der Klägerin nach §
28e Abs.
1 Satz 1
SGB IV, von der die Beklagte im Übrigen selbst nicht ausgeht, bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte (hierzu unter II.)
I. Die Klägerin haftet nicht als Entleiherin im Rahmen unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung, denn die Beklagte geht zu Unrecht
von einem Fall der Arbeitnehmerüberlassung aus. Es liegt weder eine Arbeitnehmerüberlassung von Mitarbeitern entweder der
Firma X oder des Zeugen L bzw. in diesem Zusammenhang mittelbar der F an die Klägerin vor.
Eine Überlassung zur Arbeitsleistung im Sinne des §
1 Abs.
1 Satz 1, Abs.
2 AÜG liegt nur dann vor, wenn einem Entleiher Arbeitskräfte zur Verfügung gestellt werden, die voll in dessen Betrieb eingegliedert
sind und ihre Arbeit allein nach Weisungen des Entleihers und in dessen Interesse ausführen (vgl. hierzu BAG, Urteil v. 18.1.2012,
7 AZR 723/10, AP Nr. 10 zu §
9 AÜG; Urteil v. 10.10.2007, 7 AZR 487/06, [...]; Urteil v. 6.8.2003, 7 AZR 180/03, AP Nr. 6 zu §
9 AÜG; Urteil v. 25.10.2000, 7 AZR 487/99, AP Nr. 15 zu §
10 AÜG; BSG, Urteil v. 24.4.2003, B 10 LW 8/02 R, SozR 4-5860 § 12 Nr. 1; Senat, Beschluss v. 19.12.2012, L 8 R 289/12 B ER; Beschluss v. 21.7.2011, L 8 R 280/11 B ER; Senat, Urteil v. 28.1.2015, L 8 R 677/12 jeweils [...]).
1. Die Klägerin unterhielt zu den Reinigungskräften keine vertraglichen Beziehungen. Diese waren arbeitsvertraglich entweder
mit der Fa. X oder dem Zeugen L bzw. der F verpflichtet. Davon geht, wie ihr Bescheid gegenüber dem Zeugen L zeigt, auch die
Beklagte aus.
2. Angesichts dessen käme eine Haftung der Klägerin unter dem Gesichtspunkt der Arbeitnehmerüberlassung nur dann in Betracht,
wenn feststünde, dass sie alleinige Weisungsgeberin der von der Nachforderung der Beklagten betroffenen Arbeitskräfte gewesen
ist und diese ausschließlich in ihren Betrieb eingegliedert waren. Dies ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme allerdings
nicht erwiesen.
a) Vielmehr steht fest, dass der Zeuge L den Arbeitskräften durchgängig Weisungen erteilt hat.
aa) Der Zeuge hat einen Gewerbebetrieb angemeldet und organisiert. In diesem Zusammenhang hat er mit von ihm beschafften und
angewiesenen Reinigungskräften Reinigungsleistungen zur Vertragserfüllung gegenüber der Klägerin durchgeführt, ihr gegenüber
abgerechnet und in bar vergütet erhalten. Während der Vertragsdurchführung fungierte er nicht nur als Ansprechpartner für
die Klägerin, sondern auch für deren Kunden. Er organisierte vor Ort die Einteilung des Reinigungspersonals und die Durchführung
der Arbeiten.
bb) Dieses Beweisergebnis wird zunächst durch die aufgefundene Korrespondenz zwischen der Klägerin und dem Zeugen gestützt.
Dabei handelt es sich um Aufforderungen zur Erfüllung der vertraglich geschuldeten (z.B. Gesprächsprotokoll T v. 20.9.2001:
Arbeitsüberwachung durch Herrn L i.S.v. § 4.2 des Vertrags; zu tragende Bekleidung i.S.v. §§ 3.3 und § 6.2 des Vertrags; Schreiben
v. 30.10.2001: Anforderung von Unterlagen wie Betriebshaftpflicht, Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes etc. u.a.
i.S.v. § 5 des Vertrages) und insbesondere mangelfreien (z.B. Reklamation Blockhouse v. 20.9.2001 und v. 30.10.2001; Diebstahlrüge
v. 4.3.2002) Leistung. Die Klägerin wies damit gerade nicht die ausführenden Reinigungskräfte direkt an, sondern forderte
den Zeugen L zu einer ordnungsgemäßen Vertragserfüllung auf. Auch Herr X bestätigte in seiner Beschuldigtenvernehmung im Jahr
2003 gegenüber der Steufa, dass der Zeuge L das Unternehmen betrieb, das Personal anstellte, entlohnte und er selbst im Wesentlichen
nur Quittungen gegen ein geringes Entgelt unterzeichnete. Der Kontakt und die Vertragsunterzeichnung mit der Klägerin durch
ihn seien auf Bestreben des Zeugen zustande gekommen. In die Vertragsabwicklung sei nicht er, sondern nur der Zeuge involviert
gewesen. Die Rechnungen habe nicht er geschrieben und die darauf gezahlten Summen nicht erhalten. Zudem wurde mit der Zeugin
V, eine am Flughafen L (Reinigungsobjekt der Fa. T) durch den Zeugen L eingesetzte Reinigungskraft, vernommen (Vernehmung
durch Steufa v. 31.8.2004). Diese erinnerte sich des Zeugen als ihres "Chefs". Dazu passt, dass sich die auf Seiten der klägerischen
Auftraggeber durch die Steufa vernommenen Zeugen maßgeblich an den Zeugen L erinnern konnten. Bei der Fa. T war der Zeuge
als Ansprechpartner bekannt. Dementsprechend wurde die Korrespondenz auch mit ihm geführt (Schreiben T v. 27.6.2002, 15.8.2002
und 2.9.2002 und Antwort des Zeugen v. 28.6.2002). Letztlich hat auch der damalige Mitarbeiter der Klägerin und Lebensgefährte
ihrer Geschäftsführerin, Herr C, in seiner Versicherung an Eides statt vom 16.3.2005 bestätigt, dass der Zeuge monatlich die
Rechnungssummen in bar von der Klägerin erhalten habe.
cc) Ob und gegebenenfalls aus welchem Grund Mitarbeiter der Klägerin zeitweilig bei den einzelnen Vertragsobjekten vor Ort
gewesen sind, bedarf keiner weiteren Aufklärung durch den Senat. Denn selbst wenn man annähme, dass auch Mitarbeiter der Klägerin
dem Reinigungspersonal Weisungen erteilt haben, verbliebe es dabei, dass nicht allein die Klägerin - wie im Rahmen der Annahme
einer Arbeitnehmerüberlassung aber erforderlich - dem Reinigungspersonal arbeitgeberseitige Weisungen erteilt hat. Zunächst
setzte der Zeuge L eigene Vorarbeiter ein (vgl. schriftlichen Stellungnahme der Klägerin v. 11.2.2004). Nur im Rahmen eines
Büroobjekts ist ein seitens der Klägerin eingesetzter Vorarbeiter (Herr B) ersichtlich. Etwas anderes folgt auch nicht aus
der klägerischen Erklärung im Termin zur Erörterung vor dem Senat, dass ihr Mitarbeiter, Herr C, zeitweilig sich vor Ort (Flughafen
L; Reinigungsobjekt T) aufgehalten habe. Dass Herr C, der grundsätzlich als Akquisiteur bei der Klägerin tätig gewesen ist,
Weisungen gegenüber den Reinigungskräften erteilte, ergibt sich daraus gerade nicht. Nach den Angaben der Klägerin hat er
dort Bodenversiegelungsarbeiten durchgeführt. Gegenteiliges folgt auch nicht daraus, dass Herr C teilweise in den Rechnungen
der Fa. X erwähnt wird (vgl. Rechnung v. 14.11.2000 "Fensterputz mit Herrn C"; Rechnung v. 30.4.2001 "mit Herrn C 2 Pers.
25 Std.").
b) Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Zeuge L die betreffenden Weisungen als Mitarbeiter der Klägerin erteilt
hat bzw. dass seine Weisungen ihr aus anderen Gründen im Sinne arbeitgeberseitiger Weisungen zugerechnet werden könnten.
aa) Hiervon geht auch die Beklagte nicht aus, die den Zeugen L ja als Verleiher ansieht. Dass ein und dieselbe Person zugleich
Verleiher und Mitarbeiter des Entleihers ist, ist aber vom Wesen der Arbeitnehmerüberlassung her ausgeschlossen. Vielmehr
ist diese dadurch gekennzeichnet, dass die Vertragspflichten des Verleihers gegenüber dem Entleiher enden, wenn er den Arbeitnehmer
ausgewählt und ihn dem Entleiher zur Verfügung gestellt hat (Senat, Urteil v. 28.1.2015, a.a.O. m.w.N., [...]).
bb) Darüber hinaus bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Zeuge L durch die Klägerin zum Handeln in ihrem Namen
bevollmächtigt noch, dass er als Arbeitnehmer bei ihr angestellt worden ist. Entsprechendes ergibt sich weder aus den Feststellungen
der Steufa und der Staatsanwaltschaft noch denen der Beklagten. Insbesondere ergeben sich aus diesen keine tragfähigen Belege
für die Annahme einer Duldungsvollmacht. In diesem Fall hätte es u.a. die Geschäftsführung der Klägerin wissentlich geschehen
lassen, dass ein anderer für sie als Vertreter auftritt und der Vertragsgegner dieses Dulden dahin versteht und nach Treu
und Glauben auch verstehen darf, dass der als Vertreter Handelnde auch bevollmächtigt ist (Gehrlein/Weinland in: Herberger/Martinek/Rüßmann
u.a., jurisPK-
BGB, 7. Auflage, §
173 BGB, Rdnr. 6 m.w.N.). Vorliegend fehlen jedoch bereits Anhaltspunkte dafür, dass es der Geschäftsführerin der Klägerin bewusst
war, dass der Zeuge in ihrem Namen auftrat. Allein, dass die Klägerin den Zeugen L als Ansprechpartner bei der Fa. T vorstellte,
reicht dafür nicht aus. Entgegenstehendes ergibt sich auch nicht aus der Korrespondenz mit dieser. Denn auch vom objektiven
Empfängerhorizont des Kunden her war nicht davon auszugehen, dass der Zeuge für jemand anderen als den von der Klägerin eingesetzten
Subunternehmer tätig wurde. Zwar korrespondierte die Fa. T mit dem Zeugen L unter der Geschäftsanschrift der Klägerin. Der
Zeuge nutzte für seine Antwort indes nicht den Briefbogen der Klägerin (Schreiben v. 28.6.2002). Auch wenn die Fa. T der Steufa
gegenüber mitgeteilt hat, man habe dort den Zeugen als Mitarbeiter der Klägerin wahrgenommen (Schreiben v. 18.5.2005; Aktenvermerk
v. 11.4.2007), war bei der Fa. T das Bewusstsein vorhanden, dass die Klägerin ihre gesamten Vertragsleistungen durch einen
Subunternehmer abwickelte. Die Sicherheitsausweise der Reinigungskräfte wurden entsprechend auf die Fa. X ausgestellt (vgl.
Bescheinigung des Herrn C v. 20.8.2002; Bestätigung T v. 5.9.2001 gegenüber dem Flughafen L Abt. Sicherheit; Schreiben T v.
18.5.2005; E-Mail T v. 22/23.3.2007).
3. Zudem waren die Reinigungskräfte nicht vollständig in den Betrieb der Klägerin und damit in eine von ihr vorgegebene Ordnung
eingegliedert.
a) Dafür ist zunächst nicht allein ausreichend, dass die Reinigungskräfte letztlich zur Erfüllung der durch die Klägerin gegenüber
ihren Auftraggebern eingegangenen Verbindlichkeiten eingesetzt worden sind. Denn dieses Merkmal liegt auch Subunternehmerverträgen
zugrunde. Zwar nahm die Klägerin nach dem geschlossenen Vertrag auch Kontroll- und Überwachungsaufgaben wahr, dies tat sie
allerdings nur neben dem Auftragnehmer. Dass die Fa. T die Nutzung von Arbeitskleidung der Klägerin und nicht des beauftragten
Subunternehmers wünschte, ist vorliegend gleichfalls kein maßgebliches Eingliederungskriterium, denn auch bei einem Subunternehmerverhältnis
kann ein berechtigtes Interesse daran bestehen, dieses nicht offen zu legen.
b) Hinweise auf ein arbeitsteiliges Zusammenwirken der klägerischen Mitarbeiter und den vor Ort jeweils eingesetzten Reinigungskräften
ergeben sich nicht. Die Teilnahme am Zeiterfassungssystem der Fa. T und die Nutzung der dort etwaig zur Verfügung gestellten
Reinigungsmaschinen zeugen nicht von einer Eingliederung in den Betrieb der Klägerin, zumal die entsprechenden Mitarbeiterlisten
nicht durch die Klägerin sondern den Zeugen L erstellt wurden. Stattdessen wurden die Sicherheitsausweise der auf dem Flughafen
L tätigen Personen nicht für die Klägerin, sondern für die Fa. X ausgestellt. Die Subunternehmereigenschaft der unter der
Fa. X handelnden Personen wurden gegenüber dem Hauptauftraggeber offen gelegt. Reklamationen wurden nicht intern mit den vor
Ort tätigen Personen besprochen, sondern an den Zeugen weitergeleitet.
4. Die Klägerin haftet auch nicht allein aufgrund ihrer Beauftragung eines Subunternehmers. Das Gesetz sieht in §
28e Abs.
3a, b
SGB IV unter den dortigen Voraussetzungen nur im Baugewerbe die Generalunternehmerhaftung für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag
vor. Für die Gebäudereinigungsbranche fehlt eine solche Regelung.
II. Eine Haftung der Klägerin aufgrund einer bestehenden Arbeitgebereigenschaft nach §
28e Abs.
1 Satz 1
SGB IV kommt ebenfalls nicht in Betracht. Weder stützt sich die Beklagte im Rahmen ihrer Bescheide darauf, noch tragen ihre Feststellungen
dies. Denn es folgt aus den obigen Ausführungen, dass es für das Bestehen unmittelbarer Beschäftigungsverhältnisse der Klägerin
zu den Reinigungskräften keine Anhaltspunkte gibt.
Gründe gemäß §
160 Abs.
2 SGG für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus §
197a SGG i.V.m. § 52 Gerichtskostengesetz.