Gründe
Der Senat entscheidet über die Beschwerde des Klägers gegen die Höhe des erstinstanzlich festgesetzten Streitwerts gem. §
68 Abs 1 S 6 iVm § 66 Abs 6 S 2 Gerichtskostengesetz (GKG) in der Besetzung mit drei Berufsrichtern. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl hierzu Senatsbeschluss vom 01.04.2009,
L 10 B 42/08 P) entscheidet über die Beschwerde in Streitwertangelegenheiten das Beschwerdegericht durch eines seiner Mitglieder und nicht
in seiner kollegialen Besetzung. Im Hinblick auf die von der Rechtsprechung des Berufungssenats auch in Streitwertangelegenheiten
immer wieder abweichenden (die Beteiligten in die Kosten treibende) Rechtsprechung der 6. Kammer des Sozialgerichts Münster,
hält der Senat dies zur Vermeidung weiterer unnötiger Beschwerdeverfahren für erforderlich.
Das Sozialgericht (SG) hat den Streitwert im angefochtenen Beschluss zu Unrecht auf den Auffangstreitwert nach § 52 Abs 2 GKG mit 5000,- Euro festgesetzt. Dieser Wert wird der Bedeutung der Angelegenheit bei der Anfechtung von Maßnahmenbescheiden,
in denen eine Vielzahl verschiedener Maßnahmen bemängelt wird, nicht gerecht. Die auf den Aufsatz von van der Ploeg, (in NZS
2011, 212) gestützte Auffassung des SG, nach der gesetzgeberischen Wertentscheidung bei wertmäßig nicht zu beziffernder Rechtsverfolgung sei ein Streitwert iHv
5000 Euro anzunehmen, greift zu kurz und verhält sich nicht zu der Frage, was unter "wertmäßig nicht zu beziffern" zu verstehen
ist. Soweit das SG als Begründung für seine Entscheidung meint, das wirtschaftliche Interesse an der Rechtsverfolgung könne nicht zu einem Vielfachen
des "pauschalen Einheitswertes" führen, weil es sich bei dem Auffangstreitwert nach § 52 Abs 2 GKG um eine "starre Größe" handele, so entspricht das grundsätzlich der Rechtsprechung des erkennenden Senats (so ausdrücklich
Beschluss vom 26.05.2010, Juris Rn 5), dies aber nur für die Konstellationen, in denen es überhaupt keine Anhaltspunkte gibt.
In Fällen wie dem Vorliegenden ist die Wertfestsetzung nach Ermessen gemäß § 52 Abs 1 GKG eröffnet, weil sich durchaus ein angemessenes wirtschaftliches Interesse bestimmen lässt. Der Senat hält insoweit an seiner
in der Leitentscheidung vom 26.05.2010 (L 10 B 41/09 R in: Juris) begründeten Rechtsauffassung ausdrücklich fest.
Nach § 52 Abs 1 GKG ist der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
Bietet der bisherige Sach- und Streitstand hierfür keine genügenden Anhaltspunkte, so ist - und auch nur dann - gemäß § 52 Abs. 2 GKG ein Streitwert von 5.000,- Euro anzunehmen. Genügende Anhaltspunkte müssen aber nicht für eine exakte Berechnung des Interesses
vorliegen, sondern nur - dies folgt aus dem systematischen Zusammenhang mit § 52 Abs. 1 GKG - für eine Bestimmung des Wertes nach Ermessen, mithin für eine Schätzung. Insoweit sind keine überzogenen Anforderungen
zu stellen, da der gesetzliche Auffangwert nach den Vorstellungen des Gesetzgebers, wie er sich aus den Materialien ergibt
(vgl. BT-Drs. 71/74 S. 71) auf wenige Ausnahmefälle beschränkt sein soll (OVG Rheinland Pfalz, Urteil vom 04.12.2009, 1 E 11195/09 Juris Rn 3). Auch in den Fällen, in denen sich das Interesse einer wirtschaftlichen Bewertung entzieht, kann ein den Regelstreitwert
übersteigender Streitwert festgesetzt werden (vgl. die Streitwertkataloge; OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 09.06.2011,1 MR 19/10; Juris Rn 5 und 6 mwN; zur auf §§ 52 Abs 1 und Abs 2 gestützten Addition des Auffangstreitwertes: BSG, Beschluss vom 07.12.2006, B 6 KA 42/06 R, Beschluss Sächsisches LSG vom 03.06.2010, L 1 KR 94/10 B ER). Mit der Befugnis, den Streitwert nach richterlichem Ermessen zu bestimmen, ist dem Gericht im Interesse der Rechtssicherheit
und der Gleichbehandlung die Möglichkeit eingeräumt, den Wert des Streitgegenstandes zu schätzen, sich einer weitgehenden
Schematisierung und Typisierung für gleichartige Streitigkeiten zu bedienen und zu pauschalieren (OVG NRW, Beschluss vom 18.01.2011,
8 E 23/11, Juris Rn 4).
Der geltend gemachte Streitwert iHv über 3,6 Mio Euro, der sogar die Höchstgrenze des § 52 Abs. 4 GKG mit 2,5 Mio Euro übersteigt, ist entgegen der Ansicht des Bevollmächtigten nicht an dem Dreijahresumsatz der Klägerin mit
7.308.000 Euro auszurichten. Das Interesse der Klägerin bestand nicht in der Vermeidung der Kündigung des Versorgungsvertrages.
Die Kündigung des Versorgungsvertrages stand zu keiner Zeit im Raum. In den angefochtenen Bescheiden wird die Kündigung nicht
angesprochen und von den Beklagten nicht als Druckmittel eingesetzt. Es ging im Klageverfahren insoweit auch nicht um die
Abwehr der mit einer Kündigung im Allgemeinen verbundenen wirtschaftlichen Folgen. Bei gravierenden Qualitätsmängeln und nachhaltiger
Missachtung der Qualitätsrichtlinien ist als Reflexwirkung möglicherweise die Kündigung des Versorgungsvertrages zu befürchten.
Diese Sorge ist indes nicht zu befürchten, wenn die Vorgaben der Qualitätsrichtlinien beachtet werden.
Weil bei der Bewertung des wirtschaftlichen Interesses von Maßnahmenbescheiden mit verschieden zu gewichtenden Anforderungen
die maßgebende Schätzung naturgemäß schon dem Grunde nach mit Unsicherheiten verbunden ist und sich insoweit einer mathematischen
Berechnung entzieht, greift der Senat hier auf den Ausgangsstreitwert als angemessenes Bewertungskriterium zurück. Im Rahmen
der Grundregel des § 52 Abs 1 GKG ist für die Abwägung der Bedeutung der Sache eine Schematisierung und Pauschalierung vorzunehmen, wobei der Senat sich insoweit
bei seiner Abwägung lediglich an dem Auffangstreitwert als Bewertungskriterium orientiert und insoweit die Wertigkeit der
verschiedenen Maßnahmen in Maßnahmekomplexe gewichtet (Beschluss des erkennenden Senates vom 26.05.2010, Juris Rn 5). Der
Senat hält es nicht für sachgerecht, für jede der zahlreichen Maßnahmen ohne Abwägung der Bedeutung und des mit der Anordnung
verbundenen Aufwandes für die Einrichtung jeweils den Auffangstreitwert von 5.000 Euro zugrunde zu legen. Damit würde die
Bedeutung des Maßnahmebescheides überbewertet.
Hiervon ausgehend ist der Streitwert im vorliegenden Fall mit 15.000 Euro festzustellen. Hierbei hat der Senat drei Maßnahmekomplexe
berücksichtigt:
- die Personelle Besetzung einschließlich Personalplanung und Fortbildung des Personals (Ziffer 18.5 des Bescheides),
- die Ausgestaltung und Dokumentation der Ernährung der Heimbewohner (Ziffern 14.7 und 14.8 des Bescheides) sowie
- die Art und Ausführung der tatsächlich geleisteten Pflege sowie Behandlungspflege, Ausstattung mit ausreichenden Hilfsmitteln
(Ziffern 6.3, 12.1, 12.3, 12.4 und 12.9 des Bescheides).
Der Wert von 15.000 Euro ist auch nicht wegen der subjektiven Klagehäufung auf der Beklagtenseite (sechs Pflegekassen) zu
erhöhen. Bei Klagen von Streitgenossen oder deren Inanspruchnahme findet eine Wertaddition nicht statt, wenn die verfolgten
Ansprüche wie hier wirtschaftlich identisch sind.
Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei. Kosten sind nicht zu erstatten (§ 68 Abs 3 GKG)