Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger höhere Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zustehen.
Der 1945 geborene Kläger war seit 1976 mit einem kleinen Drucksatzbetrieb selbstständig tätig. Da seit Mitte der 1990er Jahre
das Auftragsvolumen und die Umsätze stetig zurück gingen, meldete er sich im Jahre 2001 beim Arbeitsamt für eine Ganztagstätigkeit
arbeitssuchend. Eine solche fand er zum 01.08.2002 in seinem erlernten Beruf als Rechtsanwaltsfachangestellter. Das Arbeitsverhältnis
wurde arbeitgeberseitig aus betrieblichen Gründen zum 31.12.2002 gekündigt. Zum 02.06.2003 wurde der Kläger von der F Handelsgesellschaft
S GmbH als Aushilfe zu einem Stundenlohn von 8,50 Euro eingestellt.
Am 03.12.2003 stellte der Kläger sich in der Orthopädischen Abteilung des Gemeinschaftskrankenhauses C vor und gab an, am
27.06.2003 einen Arbeitsunfall erlitten zu haben. Zum Unfallhergang ist im Durchgangsarztbericht des Chefarztes Dr. X vermerkt:
Der Kläger sei in der Produktionshalle auf einem automatischen Werkstattwagen gefahren, habe darüber die Kontrolle verloren
und sei abgesprungen; danach sei ihm der Wagen über den linken Fuß gefahren. Weiter erklärte der Kläger, dass er nach dem
27.06.2003 nicht mehr gearbeitet habe; einen Arzt habe er nach dem Unfall nicht aufgesucht. Dr. X diagnostizierte einen deform
verheilten Verrenkungsbruch der Basis des ersten Mittelfußknochens links.
Die Beklagte ließ den Kläger in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik E untersuchen. Priv. Doz. Dr. L beschrieb in seinem
aufgrund einer ambulanten klinischen und radiologischen Untersuchung des Klägers am 21.04.2004 erstatteten Gutachten als Unfallfolgen:
Linksseitiges hinkendes Gangbild mit inkomplettem Abrollen des Vorfußes links, Schuheinlagenversorgung links, Standunsicherheit
links, Umfangsverminderung des linken Oberschenkels und Unterschenkels im Seitenvergleich, Bewegungseinschränkung des linken
unteren Sprunggelenkes sowie radiologische Veränderungen des linken Mittelfußes. Die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit
(MdE) schätzte er auf 20 v. H. ein (Gutachten vom 04.05.2004).
Mit Bescheid vom 10.01.2005 erteilte die Beklagte dem Kläger eine Verletztengeldabrechnung. Sie legte dabei ein Verletztengeld
je Kalendertag von 9,71 Euro bzw. ab 01.07.2004 von 9,83 Euro zugrunde. Mit weiterem Bescheid vom 12.01.2005 gewährte die
Beklagte dem Kläger ab 24.12.2004 Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE von 20 v. H. unter Zugrundelegung des
Mindest-Jahresarbeitsverdienstes (JAV) von 17.136 Euro. Gegen beide Bescheide erhob der Kläger Widerspruch und beanstandete
die Höhe der Leistungen.
Nachdem Dr. N in seinem auf Veranlassung der Beklagten erstatteten Gutachten vom 10.05.2005 die unfallbedingte MdE nur noch
mit 10 v. H. eingeschätzt hatte, teilte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 12.07.2005 mit, dass ein Anspruch auf Rente
auf unbestimmte Zeit nicht bestehe und die als vorläufige Entschädigung festgesetzte Rente letztmalig für den Monat Juli 2005
geleistet werde.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.08.2005 wies die Beklagte die Widersprüche des Klägers zurück.
Der Kläger hat am 25.08.2005 Klage erhoben und vorgetragen: Ihm seien höhere Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung
zu gewähren. Die MdE-Bemessung sei unzureichend. Auch müsse der Tatsache Rechnung getragen werden, dass der Arbeitgeberin
in Bezug auf den Unfall mindestens bewusste Fahrlässigkeit vorzuwerfen sei. Die Schadensfolgen müssten in einer Weise ausgeglichen
werden, die den gefestigten Prinzipien der zivilrechtlichen Verschuldenshaftung entspreche. Wenn und soweit die Regelungen
der gesetzlichen Unfallversicherung kein dementsprechendes Korrektiv enthielten, liege ein Verstoß gegen Artikel
3 Grundgesetz (
GG) vor.
Das Sozialgericht hat ein Gutachten von dem Chirurgen Dr. T, N-Hospital B, eingeholt. Dieser hat als Unfallfolgen eine in
Fehlstellung des ersten Mittelfußknochens verheilte und knöchern teilweise überbrückte Verrenkungsfraktur des Lisfranc-Gelenkes,
eine hierdurch bedingte Irritation des Nervus plantaris medialis und Propulsionsmetatstalgie MT II und III links, eine Gebrauchsminderung
des linken Fußes, eine leichtgradige Gangbildstörung, glaubhafte Beschwerden sowie röntgenologische Veränderungen festgestellt
und gemeint, die unfallbedingte MdE sei auch über den 01.08.2005 hinaus weiterhin mit 20 v. H. zu bewerten (Gutachten vom
27.10.2006).
Die Beklagte, die ansonsten auf ihrem Standpunkt verblieben ist, hat daraufhin ihren Bescheid vom 12.07.2005 in der Fassung
des Widerspruchsbescheides vom 11.08.2005 aufgehoben und dem Kläger über dem 31.07.2005 hinaus Rente nach einer MdE von 20
v. H. bewilligt (Bescheid vom 27.11.2006).
Mit Urteil vom 24.10.2008 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen die am 11.11.2008 zugestellte Entscheidung hat der Kläger am 11.12.2008 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er
vor: Der Arbeitsunfall sei nach Inkrafttreten der Neuregelung des §
253 Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB) und damit zu einer Zeit erfolgt, zu der die Erwägungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) bezüglich der Unterschiede
zum Deliktsrecht nicht mehr galten. Das gesamte den Unfall betreffende und ihm folgende Verhalten der Arbeitgeberin würde
in vielfältiger Hinsicht zivilrechtlich Bedeutung für die Bemessung des Schmerzengeldes gehabt haben. Die Bemessung der berufsgenossenschaftlichen
Leistungen nach Umständen, die nichts mit dem gemein hätten, was die Grundlage zivilrechtlicher Ersatzverpflichtungen zu sein
hätte, hätte ihn als Geschädigten arm gemacht. Die Diskrepanz zwischen dem, was ihm speziell mit Blick auf die Neuregelung
des §
253 BGB nach zivilrechtlichen Schadensersatzprinzipien für einen arbeitgeberseitig mindestens mit bewusster Fahrlässigkeit verschuldeten
Unfall gebühren würde, und dem, was er als "Ersatz" für den Haftungsausschluss an berufsgenossenschaftlichen Leistungen erhalten
könne, liege auf der Hand. Dieses Ergebnis könne nicht mit Artikel
3 GG im Einklang stehen.
Aber auch nach geltendem Recht gebührten ihm höhere Leistungen. Was er - der Kläger - am 02.06.2003 begonnen habe, sei kein
Arbeitsverhältnis mit "nicht kontinuierlicher Arbeitsverrichtung und -vergütung", sondern die ausdrücklich annoncierte Minijobtätigkeit
"auf 400-Euro-Basis" gewesen. Der Berechnung des Verletztengeldes sei daher die 400-Euro-Tätigkeit zugrunde zu legen. Da aber
auch auf dieser Basis der Betrag des Verletztengeldes keine auch nur das Existenzminimum deckende Höhe erreichen könne, bleibe
die Frage, ob sich in analoger Anwendung des § 35 Abs. 2 der Satzung der Beklagten ein Ergebnis gewinnen lasse, das in weniger
eklatantem Missverhältnis zu den Regeln der zivilrechtlichen Schadensersatzverpflichtung stehe. Die Bestimmung enthalte keine
zeitliche Begrenzung hinsichtlich dessen, was vor und nach dem Unfall berücksichtigungsfähig sein solle. Hier könne nach Sachlage
sowohl der langjährigen Selbstständigkeit als auch der Tatsache Rechnung getragen werden, dass er - der Kläger - in der gesamten
Zeit möglicher Verletztengeldzahlung nicht nur arbeitsunfähig mit Blick auf die Minijobtätigkeit gewesen sei, sondern in jeglicher
Hinsicht angesichts des Fehlens auch nur richtig gebetteter Schuhe.
Hinsichtlich der für die Rente bedeutsamen MdE sei die Schmerzsymptomatik nicht ausreichend berücksichtigt worden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 24.10.2008 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Abänderung der Bescheide
vom 10.01.2005 und 12.01.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.08.2005 sowie des Bescheides vom 27.11.2006
wegen der Folgen des Unfalls vom 27.06.2003 höheres Verletztengeld sowie höhere Verletztenrente unter Berücksichtigung eines
höheren Jahresarbeitsverdienstes zu gewähren,
hilfsweise, den Rechtsstreit gemäß Art.
100 Abs.
1 Grundgesetz auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung über die Rüge vorzulegen, dass hier keine verfassungskonformen
Leistungen aufgrund der Regelungen der gesetzlichen Unfallversicherung erfolgen und diese im Widerspruch zu dem stehen, was
schadensersatzrechtlich zu gelten hätte, wenn der Arbeitgeber den Unfall verschuldet hat,
weiter hilfsweise, weiter Beweis zu erheben über die Schmerzsymptomatik, die beim ihm in der Zeit vor der Korrekturoperation
vorgelegen hat.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das Berufungsgericht hat ein Gutachten von dem Orthopäden Dr. W in S eingeholt, der seinerseits ein neurologisches Zusatzgutachten
des Priv. Doz. Dr. H, B Krankenhaus N in L, beigezogen hat. Dr. H hat ausgeführt: Auf neurologischem Fachgebiet bestehe eine
Teilschädigung des sensiblen Nervus plantaris medialis links als Endast des Nervus tibialis links im Sinne einer Metatarsalgie.
Diese Schädigung führe zu einem umschriebenen und schmerzhaften sensiblen Reizsyndrom und sei ursächlich auf die Fraktur zurückzuführen.
Auf neurologischem Gebiet sei die unfallbedingte MdE ohne zeitliche Staffelung mit 10 v. H. einzuschätzen.
Dr. W hat in seinem Gutachten vom 18.03.2011 die unfallbedingte MdE mit 20 v. H. eingeschätzt und ausgeführt: Die Bewegungseinschränkung
der betroffenen Gelenke alleine und die hiermit üblicherweise in Verbindung stehenden Schmerzen erreichten eine MdE von 20
v. H. nicht. Diese erkläre sich erst plausibel unter der zusätzlichen Berücksichtigung der von dem anhaltenden Weichteilreizzustand
mit sensiblem Reizsyndrom des Nervus plantaris medialis ausgehenden zusätzlichen Funktionsstörungen. Dabei seien Schmerzen
als Begleitsymptom der Gewebeschädigung sowohl auf orthopädisch-unfallmedizinischem als auch auf neurologischem Fachgebiet
berücksichtigt worden. Eine höhere MdE als 20 v. H. lasse sich dabei nicht begründen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsakten
der Beklagten Bezug genommen. Ihr wesentlicher Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Dem Kläger stehen wegen der Folgen des Unfalls vom 27.06.2003 keine höheren
Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu.
Die Beklagte hat unter korrekter Anwendung der für die Höhe des Verletztengeldes maßgeblichen Vorschriften des §
47 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VII) i. V. m. §
47 Abs.
1 u. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V) das tägliche Verletztengeld zutreffend mit 9,71 Euro berechnet und dabei zu Recht ein Regelentgelt von 12,14 Euro zugrunde
gelegt. Ausgehend von dem ausweislich des Schreibens der F-Handelsgesellschaft S GmbH vom 16.03.2004 im Zeitraum vom 02. bis
27.06.2003 vom Kläger in 67,5 Stunden erzielten Arbeitsentgelt von 573,75 Euro errechnet sich ein durchschnittliches Stundenentgelt
von 8,50 Euro. Dieser Geldfaktor (= Entgelt: Stunden) ist mit der Anzahl der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitsstunden zu
multiplizieren. Wenn - wie hier - der Versicherte bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit noch nicht 13 Wochen (3 Monate) im Betrieb
beschäftigt war, richtet sich die Zahl der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitsstunden nach den Verhältnissen eines in dem selben
Betrieb während der letzten 13 Wochen tätig gewesenen gleichartigen Beschäftigten (BSG SozR 2200 § 182 Nr. 59; BSGE 35, 126, 128 f.). Nach Auskunft der Firma F war für einen gleichartigen Beschäftigten wie den Kläger eine Arbeitszeit von 10 Wochenstunden
üblich. Das Stundenentgelt von 8,50 Euro ergibt multipliziert mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 10 Stunden
und dividiert durch 7 Tage ein Regelentgelt von 12,14 Euro. Das Verletztengeld beträgt 80 v. H. dieses Regelentgelts und damit
9,71 Euro täglich.
Da die Voraussetzungen nach §
47 Abs.
1 S. 3
SGB VII hier nicht vorliegen, findet §
35 der Satzung der Beklagten keine Anwendung.
Dem Kläger steht auch keine höhere Rente zu. Entgegen seiner Auffassung sind weder der JAV noch die MdE zu niedrig angesetzt
worden.
Die Beklagte hat den Rentenleistungen zu Recht den Mindest-JAV von 17.136 Euro zugrunde gelegt. Zur Vermeidung von Wiederholungen
wird insoweit auf die zutreffenden Ausführungen im Schreiben der Beklagten vom 09.03.2005 und in den Entscheidungsgründen
des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Auch die MdE ist mit 20 v. H. ausreichend bemessen. Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung
des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gebiet des Erwerbslebens (§
56 Abs.
2 S. 1
SGB VII). Bei der Einschätzung der MdE sind die von der Rechtsprechung und Literatur herausgearbeiteten allgemeinen Erfahrungswerte
zu beachten, die eine Grundlage für eine gleiche und gerechte Bewertung der MdE bilden (BSG SozR 2200 § 581 Nr. 23 und 27;
BSG SozR 3 - 2200 § 581 Nr. 5). Diese MdE-Erfahrungswerte bilden die Basis für einen Vorschlag, den der medizinische Sachverständige
zur Höhe der MdE unterbreitet, wodurch gewährleistet wird, dass alle Betroffenen bei der medizinischen Begutachtung nach einheitlichen
Kriterien beurteilt werden. Insoweit bilden sie ein geeignetes Hilfsmittel zur Einschätzung der MdE (BSG SozR 2200 § 581 Nr.
5; Urteil vom 19.12.2000 - B 2 U 49/09 R -). Da Rentenbegutachtung in der gesetzlichen Unfallversicherung im Kern Funktionsbegutachtung ist (BSG SozR 2200 § 581 Nr.
6; Urteil vom 19.12.2000 - B 2 U 49/09 R -), kommt es darauf an, inwieweit durch die Schwere der verbliebenen Gesundheitsstörungen das Leistungsvermögen des Versicherten
auf dem gesamten Gebiet des Erwerbsleben beeinträchtigt ist.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze bedingen die Folgen des Unfalls vom 27.06.2003 durchgängig sei dem 24.12.2004 eine
MdE von 20 v. H. Das folgt aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens. Dabei ist zunächst festzustellen, dass keiner der gutachtlich
gehörten Ärzte eine höhere MdE als 20 v. H. in Ansatz gebracht hat. Beim Kläger besteht nach den vom Senat zugrunde gelegten
Feststellungen der im Berufungsverfahren auf orthopädischem und neurologischem Gebiet beauftragten Sachverständigen Dr. W
und Dr. H ein Zustand nach in Fehlstellung verheiltem Verrenkungsbruch zwischen erstem Mittelfußknochen und innenseitigem
Keilbein links nach operativer Versteifung dieses Gelenkes und einliegendem Osteosynthesematerial mit Teilschädigung des sensiblen
Nervus plantaris medialis im Sinne einer Metatarsalgie. Die Unfallfolgen auf orthopädischem und neurologischem Gebiet beeinträchtigen
insgesamt die Funktion des Fußes im Hinblick auf die schmerzfreie Belastbarkeit und Beweglichkeit. So bestehen Bewegungseinschränkungen
im linken oberen und unteren Sprunggelenk, im Großzehengrundgelenk und in der zweiten Zehe links sowie eine schmerzhafte Einschränkung
der achsialen Verwringbarkeit des linken Fußes um die Längsachse. Daneben sind Weichteilreizerscheinungen verblieben, die
zum einen auf den mechanischen Auswirkungen der unter der Haut tastbaren Platte und Schrauben und zum anderen auf den Reizerscheinungen
von Seiten des betroffenen Hautnerven beruhen. Die Reizerscheinungen von seitens des Hautnerven hat der auf neurologischem
Fachgebiet gehörte Sachverständige Dr. H seit dem 24.12.2004 ohne zeitliche Staffelung mit 10 v. H. bewertet. Diese Einschätzung
hat er einleuchtend damit begründet, dass es sich um eine rein sensible Symptomatik eines Teilastes des Nervus tibialis handelt
und die sensible Funktion nicht vollständig aufgehoben ist. Im Hinblick darauf, dass es sich bei Dr. H um einen Neurologen
mit besonderer Fachkompetenz in der Beurteilung des Schmerzes handelt und er ausdrücklich dargelegt hat, dass die Teilschädigung
des sensiblen Nervus plantaris medialis links im Sinne einer Metatarsalgie bei Zustand nach Lisfranc-Luxationsfraktur links
zu einem umschriebenen schmerzhaften sensiblen Reizsyndrom führt, kann nicht in Zweifel gezogen werden, dass Dr. H bei seiner
MdE-Einschätzung auch die durch die Nervenschädigung bedingte Schmerzhaftigkeit berücksichtigt hat.
Unter Einbeziehung der auf neurologischem Fachgebiet festgestellten Unfallfolgen hat Dr. W die MdE einleuchtend mit 20 v.
H. eingeschätzt. Dabei hat er unter Heranziehung der einschlägigen aktuellen Erfahrungswerte bei einem Sprungelenksverrenkungsbruch
(vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, S. 678 ff.) dargelegt, dass die Situation
beim Kläger nicht ungünstiger ist als bei einer schmerzfreien Versteifung des oberen Sprunggelenks, die zu einer erheblichen
Beeinträchtigung der Funktion des Fußes führt und mit einer MdE von 20 v. H. bewertet wird. Die ungünstigen Verhältnisse,
die etwa bei einer erheblichen Deformierung des Fersenbeines mit Wackelsteife des unteren Sprunggelenkes und Anschlussarthrose
im oberen Sprunggelenk vorliegen und die mit einer MdE von 30 v. H. bewertet werden, oder ungünstige funktionelle Verhältnisse,
wie bei einem posttraumatischem Plattfuß, die ebenfalls mit einer MdE bis 30 v. H. bewertet werden, liegen Dr. W zufolge beim
Kläger hingegen nicht vor. Insofern ist - wie Dr. W erläutert hat - beim Kläger einerseits zu berücksichtigen, dass die Bewegungseinschränkung
der betroffenen Gelenke alleine und die hiermit üblicherweise in Verbindung stehenden Schmerzen eine MdE von 20 v. H. nicht
rechtfertigen. Eine MdE in dieser Höhe erklärt sich erst plausibel unter der zusätzlichen Berücksichtigung der von dem anhaltenden
Weichteilreizzustand mit sensiblem Reizsyndrom des Nervus plantaris medialis ausgehenden zusätzlichen Funktionsstörungen,
wobei die Schmerzen als Begleitsymptom der Gewebeschädigung sowohl auf orthopädisch-unfallmedizinischem als auch auf neurologischem
Fachgebiet berücksichtigt worden sind. Eine höhere MdE als 20 v. H. lässt sich Dr. W zufolge auch unter Berücksichtigung der
Schmerzsymptomatik nicht begründen. Dr. W hat dies einleuchtend damit erklärt, dass die objektiven Zeichen eine schmerzbedingten
Belastbarkeitsminderung (muskuläre Schonverschmächtigung, Reduzierung der Gebrauchsspuren an Fußsohle, Röntgenbild) beim Kläger
mäßiggradig ausgeprägt sind und nicht das Ausmaß erreichen, das mit Funktionsstörungen verbunden ist, für die eine MdE von
30 v. H. vorgesehen ist. Diese Beurteilung erscheint auch im Hinblick auf die in den Vorgutachten dokumentierten Befunde zutreffend.
So fanden sich im Zeitpunkt der Begutachtung durch Priv. Doz. Dr. L im April 2004 zwar eine Umfangsverminderung des linken
Ober- und Unterschenkels im Seitenvergleich und eine leichte, im Vergleich zu den Voraufnahmen vom 03.12.2003 jedoch rückläufige
Kalksalzminderung des linken Fußes, während die Fußsohlenbeschwielung - ebenso wie bei der Untersuchung durch Dr. N im Mai
2005 - seitengleich ausgeprägt war. Bei der Untersuchung durch Dr. T im August 2008 war zwar eine deutliche Minderbeschwielung
der linken Fußsohle feststellbar; die Kalksalzminderung war aber ebenfalls nur leicht ausgeprägt und eine signifikante Muskelminderung
der linken Seite ließ sich nicht feststellen. Angesichts dessen ist die von Dr. W vorgenommene Einschätzung der MdE mit 20
v. H. durchgängig seit dem 24.12.2004 einleuchtend, zumal auch Dr. T in seinem vor der Korrekturoperation erstatteten Gutachten
vom 27.10.2006 zu derselben Bewertung gelangt ist. Letzterer hat dabei ausdrücklich die Schmerzsymptomatik hervorgehoben,
so dass kein Zweifel daran bestehen kann, dass diese auch Eingang in seine MdE-Bewertung gefunden hat.
Der Senat war nicht gehalten, dem Beweisantrag des Klägers zu folgen und weiteren Beweis über die Schmerzsymptomatik, die
bei ihm in der Zeit vor der Korrekturoperation vorgelegen hat, zu erheben. Der medizinische Sachverhalt ist auch insoweit
durch die vorliegenden Gutachten in dem Sinne geklärt, dass die Unfallfolgen auf orthopädischem und neurologischem Gebiet
einschließlich der Schmerzen seit dem 24.12.2004 durchgängig eine MdE von 20 v. H. bedingen. Dr. T hat den Kläger im Jahre
2006 und damit vor der Korrekturoperation, die erst im Mai 2007 durchgeführt wurde, untersucht und - wie bereits dargelegt
wurde - in seine MdE-Bewertung die vor der Operation bestehende Schmerzsymptomatik einfließen lassen. Auch die im Berufungsverfahren
auf orthopädischem und neurologischem Fachgebiet gehörten Sachverständigen Dres. W und H, denen sämtliche Vorgutachten und
mithin die in der Vergangenheit erhobenen Befunde vorgelegen haben, haben die MdE unter Berücksichtigung der Schmerzsymptomatik
für die Zeit ab 24.12.2004 bewertet. Ein schmerztherapeutisches Zusatzgutachten haben weder Dr. W noch Dr. H für notwendig
erachtet, wobei nochmals darauf hinzuweisen ist, dass es sich bei Dr. H um einen Neurologen mit besonderer Fachkompetenz auf
dem Gebiet der Schmerztherapie handelt.
Die vom Kläger gegen das Leistungssystem der gesetzlichen Unfallversicherung bei arbeitgeberseitig verschuldeten Unfällen
erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken teilt der Senat nicht, wobei offen bleiben kann, ob ein solcher Unfall hier anzunehmen
ist. Die Tatsache, dass das Recht der gesetzlichen Unfallversicherung Schmerzensgeldansprüche des durch einen Arbeitsunfall
geschädigten Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber ausschließt (zur Verfassungsmäßigkeit s. BVerfG, Beschluss vom 07.11.1972
1 BvL 4/71, BVerfGE 34, 118), führt nicht dazu, dass einem Arbeitnehmer, der ohne den Haftungsausschluss derartige Ansprüche gegenüber seinem Arbeitgeber
geltend machen könnte, höhere Leistungen zu gewähren sind. Das BVerfG hat in seiner o. g. Entscheidung zur Verfassungsmäßigkeit
des Ausschlusses des Schmerzengeldanspruchs durch § 636 Abs. 1 S. 1 und § 637 Abs. 1
Reichsversicherungsordnung (
RVO) ausdrücklich festgestellt, dass die Ausschlussregelung des § 636 Abs. 1 S. 1
RVO verfassungsrechtlich nicht isoliert betrachtet werden darf, sondern im Zusammenhang mit dem Leistungssystem der Unfallversicherung
zu sehen ist, das an die Stelle der ausgeschlossenen zivilrechtlichen Ersatzansprüche wegen Personenschäden getreten ist.
Bei der rechtlichen Ausgestaltung der Voraussetzungen und des Inhalts der Leistungen in der Unfallversicherung ist der Gesetzgeber
- wie das BVerfG in seiner o. g. Entscheidung weiter dargelegt hat - nicht an die Sachgesetzlichkeiten des Zivilrechts gebunden.
Ob seine Regelung des Unfallversicherungsrechts die gerechteste und die zweckmäßigste Lösung darstellt, hatte das BVerfG nicht
zu entscheiden; seine Prüfung hatte sich vielmehr darauf zu beschränken, ob der Gesetzgeber gegen das Willkürverbot verstoßen
hat. Dies hat das BVerfG seinerzeit verneint. Der Senat sieht keinen Anlass anzunehmen, dass die in der o.g. Entscheidung
angeführten Gründe heute nicht mehr zutreffen und die vom Kläger aufgeworfene verfassungsrechtliche Frage durch veränderte
Verhältnisse erneut klärungsbedürftig geworden ist.
Dies gilt umso mehr, als das BVerfG noch in seinem Beschluss vom 16.03.2011 (1 BvR 591/08, 1 BvR 593/08) bestätigt hat, dass es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sei, dass der Gesetzgeber die Verletztenrente als Leistung
der Sozialversicherung generell als abstrakten Erwerbsschadensausgleich konzipiert hat. Unbeschadet der Frage, ob der Kläger
ohne den unfallversicherungsrechtlichen Haftungsausschluss Schmerzensgeldansprüche gegen seine Arbeitgeberin gehabt hätte,
bestand daher keinerlei Veranlassung, den Rechtsstreit gemäß Artikel
100 Abs.
1 GG auszusetzen und die für die Höhe der hier maßgeblichen Leistungen geltenden Vorschriften zur verfassungsrechtlichen Prüfung
zu stellen.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§
160 Abs.
2 SGG) liegen nicht vor.