Anspruch auf Zahlung aus einem Vermittlungsgutschein nach § 421g SGB III nach Aufnahme einer befristeten Probebeschäftigung
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Zahlung von 2.000 EUR aus einem Vermittlungsgutschein (VGS) nach § 421g des Sozialgesetzbuches Drittes Buch - Arbeitsförderung -
SGB III (i. d. Fassung vom 10. Dezember 2007, gültig bis 31. März 2012).
Die Klägerin ist ein Integrationsfachdienst, der im Auftrag des Integrationsamtes, der Beklagten und der Rehabilitationsträger
Aufgaben zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben für behinderte, schwerbehinderte und von Behinderung bedrohte Menschen
wahrnimmt.
Sie stellte am 19. Mai 2008 einen Antrag auf Auszahlung eines Vermittlungsgutscheines bei der Beklagten in Höhe von zunächst
1.000 EUR für die Vermittlung des Beigeladenen, des schwerbehinderten Arbeitnehmers J. D., in ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis
bei der Firma A. L. GmbH & Co KG (im Folgenden: Arbeitgeberin) ab dem 1. April 2008. In der Vermittlungs- und Beschäftigungsbestätigung
der Arbeitgeberin gab diese an, der Arbeitsvertrag für eine Tätigkeit mit einer Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich
sei am 27. März 2008 auf Vermittlung der Klägerin geschlossen worden. Der Beigeladene sei bei ihr (der Arbeitgeberin) vom
1. März bis 31. März 2008 im Rahmen einer Probebeschäftigung versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Der Probearbeitsvertrag
datierte vom 22. Februar 2008. Der zugrundeliegende VGS der Beklagten für den Beigeladenen wurde am 7. Februar 2008 über 2.300
EUR ausgestellt und ist gültig vom 7. Februar 2008 bis 6. Mai 2008. Weiter fügte die Klägerin den am 22. Februar 2008 mit
dem Beigeladenen abgeschlossenen Vertrag zur Vermittlung schwerbehinderter Menschen durch Integrationsfachdienste (IFD) bei.
Danach beauftragt der Beigeladene die Klägerin, ihn in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit einer Arbeitszeit
von mindestens fünfzehn Stunden wöchentlich zu vermitteln. In § 4 des Vertrages ist geregelt: "Der Vermittlungserfolg ist
zu dem Zeitpunkt gegeben, wenn der/die Arbeitsuchende einen Arbeitsvertrag für ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis
mit einer Mindestdauer von drei Monaten und einem Mindestbeschäftigungsumfang von 15 Wochenstunden schließt."
Nach § 7 des Vertrages beträgt das Vermittlungshonorar 2.000 EUR und nach § 5 des Vertrages erfolgt die Abrechnung der Vergütung
für den VGS unmittelbar zwischen der Agentur für Arbeit und dem Träger des IFD.
Mit Bescheid vom 23. Oktober 2008 lehnte die Beklagte die Auszahlung des Vermittlungsgutscheines ab: Es sei von vornherein
nicht eine Beschäftigungsdauer von mindestens drei Monaten vereinbart worden. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am
10. November 2008 Widerspruch ein und begründete diesen wie folgt: Der Beigeladene sei zur Arbeitgeberin vermittelt worden.
Zur Eignungsfeststellung habe der Beigeladene dort im Vorfeld eine Probebeschäftigung für einen Monat absolviert und sei anschließend
nahtlos unbefristet ab dem 1. April 2008 eingestellt worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18. November 2008 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück: Es sei zunächst ein
weniger als drei Monate dauerndes befristetes Probearbeitsverhältnis abgeschlossen worden. Das später unbefristete, sich nahtlos
anschließende Arbeitsverhältnis habe keine Berücksichtigung finden können, weil eine spätere Verlängerung eines Arbeitsverhältnisses
oder der weitere Abschluss eines Arbeitsverhältnisses unbeachtlich seien.
Hiergegen hat die Klägerin am 11. Dezember 2008 Klage vor dem Sozialgericht Halle (SG) erhoben und diese wie folgt begründet: Die Auffassung, dass ein "vorgeschaltetes" Probebeschäftigungsverhältnis gemäß §
238
SGB III von weniger als drei Monaten schädlich sei, selbst wenn dieses nahtlos in eine unbefristete Dauerbeschäftigung übergehe,
treffe nicht den Sinn und mithin den Willen des Gesetzgebers. Hierbei müsse auch bedacht werden, dass die Probebeschäftigung
(zur Prüfung, ob die Beschäftigung bedürfnisgerecht ist) von der Beklagten gefördert und deren Dauer von dieser bestimmt werde.
Die Beklagte könne nicht ernsthaft vorbringen, eine durch sie selbst genehmigte Förderung sei von vornherein auf ein begrenztes
Beschäftigungsverhältnis gerichtet.
Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass die Integrationsfachdienste als Instrumente zur Unterstützung der beruflichen Eingliederung
besonders betroffener schwerbehinderter Menschen entwickelt worden und zur Einlösung von Vermittlungsgutscheinen berechtigt
seien. Als solche seien sie wie ein privater Arbeitsvermittler zu behandeln. Die Zahlung einer Vergütung aus einem VGS sei
ausgeschlossen, wenn das Beschäftigungsverhältnis von vornherein auf eine Dauer von weniger als drei Monaten begrenzt sei.
Die Regelung in § 421g
SGB III enthalte insoweit keine Öffnungsklausel für Vermittlungen in Probearbeitsverhältnisse unter drei Monaten nach § 238
SGB III.
Den Folgeantrag auf Auszahlung der 2. Rate in Höhe von 1.300 EUR hat die Beklagte mit Bescheid vom 12. Januar 2009 zurückgewiesen.
Den Widerspruch der Klägerin wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 8. Mai 2009 zurück, wogegen die Klägerin ebenfalls Klage
erhob. Diese hat das SG mit der Ausgangsklage verbunden.
Mit Urteil vom 22. Juli 2010 hat das SG der Klage auf Zahlung von 2.000 EUR aus dem VGS stattgegeben und dies wie folgt begründet: Die Voraussetzungen für die Auszahlung
des Vermittlungsgutscheines lägen vor. Die Klägerin habe den Beigeladenen in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis vermittelt.
Die Tätigkeit der Vermittlerin sei mitursächlich für den Abschluss des unbefristeten Arbeitsvertrages gewesen. Es lägen auch
keine Ausschlussgründe für die Auszahlung des Vermittlungsgutscheines vor. Das auf einen Monat befristete Probearbeitsverhältnis
stelle nicht das Beschäftigungsverhältnis dar, für welches vorliegend die Vergütung aus dem VGS zu zahlen gewesen sei.
Gegen dieses ihr am 29. September 2011 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 25. Oktober 2011 Berufung eingelegt. Zur Berufungsbegründung
trägt sie vor: Aus ihrer Sicht stelle ein VGS weder einen Verwaltungsakt noch eine Zusicherung dar. Dies bedeute, dass bei
Wegfall einer Anspruchsvoraussetzung der VGS ohne Weiteres seine Gültigkeit verliere. Mit Aufnahme der Probebeschäftigung
habe der VGS seine Gültigkeit verloren. Zur weiteren Begründung, warum der VGS seine Gültigkeit auch ohne eine Rücknahme nach
den §§ 44 ff. Sozialgesetzbuches Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) verliere, verweist sie auf ihre Revisionsbegründung in einem Rechtsstreit, welcher unter dem Aktenzeichen B 11 AL 19/12 R vor dem BSG geführt wird. Für weitere Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichte Begründungsschrift verwiesen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 19. September 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Ein Vergütungsanspruch aus einem VGS sei auf den Erfolg der Vermittlung
ausgerichtet. Soweit der Erfolg innerhalb des Gültigkeitszeitraums des Vermittlungsgutscheines eintrete und nachgewiesen werde,
werde die Vergütung fällig.
Der Senat hat den Arbeitnehmer D. mit Beschluss vom 5. Dezember 2011 zum Verfahren beigeladen.
Für weitere Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte verwiesen.
Diese haben dem Senat bei seiner Entscheidungsfindung vorgelegen und sind von ihm berücksichtigt worden.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung gegen das Urteil des SG ist gemäß §
143 des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt im Sinne des §
151 Abs.
1 SGG.
Das stattgebende Urteil des SG ist rechtmäßig und die entgegenstehenden Bescheide der Beklagten waren aufzuheben. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung
der Vergütung nach dem VGS in Höhe von 2.000,00 Euro gemäß § 421g Abs. 2 Sätze 3 und 4 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch - Arbeitsförderung -
SGB III (in der Fassung vom 10. Dezember 2007, in Kraft bis 31. März 2012) gegen die Beklagte.
Der von der Klägerin erhobene Anspruch beurteilt sich nach der Regelung des § 421g
SGB III. Gemäß § 421g Abs. 1
SGB III haben Arbeitnehmer Anspruch auf einen VGS, die Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe haben und nach einer
Arbeitslosigkeit von zwei Monaten innerhalb einer Frist von drei Monaten noch nicht vermittelt sind, oder die eine Beschäftigung
ausüben oder zuletzt ausgeübt haben, die als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme oder als Strukturanpassungsmaßnahme nach dem Sechsten
Abschnitt des Sechsten Kapitels gefördert wird. Mit dem VGS verpflichtet sich das Arbeitsamt, den Vergütungsanspruch eines
vom Arbeitnehmer eingeschalteten Vermittlers, der den Arbeitnehmer in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit
einer Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich vermittelt hat, nach Maßgabe der weiter genannten Bestimmungen zu
erfüllen. Der VGS gilt für einen Zeitraum von jeweils drei Monaten. Nach Absatz zwei der Vorschrift wird der VGS in Höhe von
2.000 EUR ausgestellt, bei behinderten Menschen kann der VGS bis zu einer Höhe von 2.500 EUR ausgestellt werden. Die Vergütung
in Höhe von 1.000 EUR wird nach einer sechswöchigen und der Restbetrag nach einer sechsmonatigen Dauer des Beschäftigungsverhältnisses
unmittelbar an den Vermittler gezahlt.
Aus dem beschriebenen Regelungszusammenhang folgt, dass die Klägerin als Arbeitsvermittlerin einen eigenen öffentlich-rechtlichen
Anspruch auf Zahlung der Vermittlungsvergütung aus dem VGS gegen die Beklagte geltend machen kann. Dieser Zahlungsanspruch
des Vermittlers setzt nach der Rechtsprechung des BSG (1) die Ausstellung eines VGS, (2) einen wirksamen schriftlichen Vermittlungsvertrag (§
296 Abs
1 Satz 1
SGB III i.V.m. §
297 SGB III) mit daraus resultierendem Zahlungsanspruch des Vermittlers gegen den Arbeitnehmer und (3) eine Vermittlungstätigkeit mit
erfolgreicher Vermittlung in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit mindestens 15 Wochenstunden voraus (vgl.
BSG in st. Rspr. Urteil vom 6. Mai 2008 - B 7/a AL 8/07 R; in der Entscheidung v. 23.02.2011, B 11 AL 11/10 R und B 11 AL 10/10 R - Juris m.w.N. ist die Voraussetzung (2) wie folgt weiter eingeschränkt: "Wirksamer, vor Beginn der Vermittlungstätigkeit
abgeschlossener schriftlicher Vermittlungsvertrag").
Ein VGS ist dem Beigeladenen von der Beklagten ausgestellt worden. Die Voraussetzungen für die Erteilung des Vermittlungsgutscheines
selbst (§ 421g Abs. 1 Satz 1
SGB III) sind im Rahmen der Prüfung des Auszahlanspruches des privaten Arbeitsvermittlers nicht mehr zu überprüfen (vgl. BSG v. 06.05.2008 - B 7/7a AL 8/07 R - BSGE 100, 238 ff.).
Es liegt ein für die Vergütung aus einem VGS vorausgesetzter wirksamer Vermittlungsvertrag der Klägerin mit dem Beigeladenen
vor, welcher am 22. Februar 2008 abgeschlossen wurde. Soweit das Gesetz die Voraussetzungen des Vermittlungsvertrages bzw.
die Bezugnahme auf die unterschiedlichen Formen des Maklervertrages nicht hinreichend sprachlich klar erkennen lässt, folgt
der Senat der Ansicht des BSG, dass in dem Vermittlungsverhältnis zwischen dem Arbeitsvermittler und dem Arbeitnehmer ein durch sozialrechtliche Anforderungen
spezifisch ausgeformtes privates Vertragsverhältnis zu sehen ist. Insbesondere die §§
296,
297 SGB III modifizieren die Vorschriften des
Bürgerlichen Gesetzbuches (
BGB) zum Maklervertrag bzw. den Vergütungsanspruch des Maklers. Der (gesetzliche) Zahlungsanspruch des Arbeitsvermittlers setzt
mithin zunächst einen Vergütungsanspruch des vom Arbeitnehmer eingeschalteten Vermittlers gegen den Arbeitnehmer voraus, der
sich seinerseits nur aus einem zivilrechtlichen Vertrag ergeben kann, dessen Wirksamkeit und nähere Ausgestaltung sich nach
den Vorschriften des
BGB, insbesondere den §§
652 ff.
BGB, richtet, die von öffentlich-rechtlichen Normen, vornehmlich denen der §§
296,
297 SGB III, überlagert sind (vgl. BSG v. 06.04.2006 - B 7a AL 56/05 R - BSGE 96, 190 ff. - Juris Rn. 13; BSG v. 06.05.2008 - B 7/7a AL 8/07 R - Rn. 11 - zitiert nach juris). Dieser Maklervertrag mit dem Arbeitnehmer ist mit der Abhängigkeit
der Vergütung bei Zustandekommen einer Beschäftigung nicht nur auf den Nachweis einer offenen Stelle gerichtet, sondern setzt
ein erfolgsbezogenes Tätigwerden des Maklers i. S. einer Vermittlung voraus. Der Vergütungsanspruch des Arbeitsvermittlers
gegenüber dem Arbeitnehmer (und damit auch der Auszahlanspruch gegen die Beklagte) setzt dann voraus, dass ein auf den Abschluss
eines Arbeitsvertrages gerichteter und wirksamer Vermittlungsvertrag mit dem Arbeitnehmer vorliegt und der Arbeitsvermittler
erfolgreich bewusst und zweckgerichtet auf den Willensentschluss eines Dritten, d.h. des Arbeitgebers einwirkt (vgl. Peters-Lange
in Gagel, SGB II/SGB III, § 421g
SGB III, Rn. 17f.). Diesen Anforderungen genügt der Vermittlungsvertrag der Klägerin mit dem Beigeladenen. Die Klägerin verpflichtet
sich nach dem Vertrag dem Beigeladenen, eine Arbeitsstelle zu vermitteln und regelt, dass das Vermittlungshonorar 2.000 EUR
beträgt.
Die Klägerin hat eine ausreichende Vermittlungstätigkeit entfaltet, die für das Zustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses
des Beigeladenen bei der Arbeitgeberin auch ursächlich war. Sie hat den Kontakt für den Beigeladenen zu der Arbeitgeberin
hergestellt und zuvor dessen Fähigkeiten analysiert. Die Arbeitgeberin hat bestätigt, dass die Klägerin das Beschäftigungsverhältnis
des Beigeladenen vermittelt hat.
Es liegen auch keine Ausschlussgründe nach § 421g Abs. 3
SGB III vor. Ein Anwendungsfall von Abs. 3 Nr. 2 einer anspruchshindernden Vorbeschäftigung ist nicht gegeben. Die Probebeschäftigung dauerte nur einen Monat, eine "schädliche"
Vorbeschäftigung beginnt erst bei einer mehr als drei Monate dauernden Beschäftigung.
Entgegen der Ansicht der Beklagten ist auch kein Anwendungsfall von § 421g Abs. 3 Nr. 3
SGB III gegeben. Danach ist die Zahlung einer Vergütung ausgeschlossen, wenn das Beschäftigungsverhältnis von vornherein auf eine
Dauer von weniger als drei Monaten begrenzt ist. Das konkrete Beschäftigungsverhältnis wurde am 27. März 2008 ab dem 1. April
2008 unbegrenzt abgeschlossen. Die vorab erfolgte Probebeschäftigung nach § 238
SGB III bei diesem Arbeitgeber ist unschädlich. Es handelt sich um eigenständige Arbeitsverträge für die unterschiedliche Vertragsbedingungen
galten. Während das Probearbeitsverhältnis die Tätigkeit als Arbeitnehmer im Bereich "Lager" mit einer monatlichen Vergütung
von 1.005 EUR bei einer 40 Stundenwoche bezeichnete, lautete die Bezeichnung im unbefristeten Arbeitsvertrag "gewerblicher
Mitarbeiter" mit 1.100 EUR monatlicher Vergütung. Die Eigenständigkeit des "vorgeschalteten" Probearbeitsverhältnisses zeigt
sich auch darin, dass in dem unbefristeten Arbeitsvertrag als gewerblicher Mitarbeiter eine Probezeit von sechs Monaten vereinbart
ist. Es mag zutreffen, dass die Beschäftigungsverhältnisse im Arbeitsrecht für den Kündigungsschutz und für die Beurteilung
einer zulässigen Befristung wertungsmäßig zusammen zu rechnen sind, dies ändert aber nichts daran, dass es sich um zwei getrennte,
mit unterschiedlichen Vertragsinhalten versehene Beschäftigungsverhältnisse handelt. Von vornherein hatten die Arbeitsvertragsparteien
zunächst ein befristetes Arbeitsverhältnis vereinbart, um die Bedingungen zu testen und dann ein konkretes (höher dotiertes)
unbefristetes Arbeitsverhältnis (mit gesonderter Probezeit) mit einem breiteren Einsatzgebiet ("gewerblicher Mitarbeiter")
angeschlossen.
Dieses Ergebnis wird auch durch die hinter der Regelung stehende Wertung bei der Förderung eines Arbeitnehmers durch Ausstellung
eines Vermittlungsgutscheines und die diesbezüglichen Ausnahmetatbestände für eine Förderung bestätigt. Sinn der Regelung
des Vermittlungsgutscheines (§ 421g
SGB III a. F., nunmehr §
45 Abs.
4 bis 7
SGB III) ist es, durch eine Förderung des Wettbewerbs zwischen den Arbeitsagenturen und den privaten Vermittlern eine schnellere
und dauerhafte Eingliederung des Arbeitnehmers in den Arbeitsmarkt zu fördern (BT-Drs. 14/8546 S. 4). Dabei soll eine von
vornherein nicht zu einer längerfristigen Integration in den Arbeitsmarkt führende Beschäftigung von der Förderung ausgeschlossen
sein, weil diese den dargestellten beabsichtigten Erfolg noch nicht erreicht. Hier allerdings hat die Klägerin den Beigeladenen
im Ergebnis - noch während der Gültigkeit des Vermittlungsgutscheines - in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis vermittelt
und damit zunächst wieder längerfristig in den Arbeitsmarkt eingegliedert. Hierfür soll gerade die Vermittlungsvergütung gezahlt
werden.
Die Rechtsauffassung der Beklagten, der VGS gelte nur für eine erste Arbeitsvermittlung (bei der ein Vergütungsanspruch nur
ausgelöst werde, wenn die Beschäftigung nicht auf weniger als drei Monate begrenzt ist) und sei dann verbraucht, trifft nicht
zu. Der VGS verliert innerhalb seines Gültigkeitszeitraumes seine Gültigkeit durch eine erfolgte Vermittlung mit Aufnahme
einer Beschäftigung nicht (so für die Aufnahme eines zweiten Arbeitsverhältnisses bei einem anderen Arbeitgeber LSG Berlin-Brandenburg,
Beschluss vom 18. Juni 2012 - L 18 AL 336/11 - zitiert nach juris). Auch aus der Gesetzesbegründung ergeben sich keine Hinweise darauf, dass der Gesetzgeber die Wirkung
des Vermittlungsgutscheines in dieser Weise begrenzen wollte (BT -Drucks 15/3674 S. 10). Liegen noch innerhalb des Gültigkeitszeitraumes
die Voraussetzungen für einen (erneuten) Ermittlungserfolg vor, greift der Vergütungsanspruch. Missbrauchsmöglichkeiten ist
dadurch vorgebeugt, dass die Vergütung erst nach einer sechswöchigen Dauer des Beschäftigungsverhältnisses anfällt (§ 421g Abs. 2 Satz 3
SGB III). Auch das BSG hat - unabhängig von der Beurteilung der Rechtsnatur des Vermittlungsgutscheines - betont, dass sich der Vermittler auf den
im Gutschein selbst vorgesehenen Geltungszeitraum verlassen dürfe (BSG, Urteil vom 6. Mai 2008 - B 7/7a AL 8/07 R - Rn. 17, zitiert nach juris). Die Geltung des Vermittlungsvertrages bestand fort,
denn das Probearbeitsverhältnis stellte keinen Vermittlungserfolg i. S. des Vermittlungsvertrages dar. Nach dem Vermittlungsvertrag
ist ein Vermittlungserfolg nur gegeben, wenn der Arbeitsuchende einen Arbeitsvertrag mit einer Mindestdauer von drei Monaten
abschließt.
Ob die Geltung eines VGS dadurch beseitigt wird, dass die Verwaltung diesen - im Einklang mit der Auffassung, es handele sich
bei dem VGS um einen feststellenden Verwaltungsakt - nach den §§ 45 ff. SGB X aufhebt, kann hier offen bleiben. Da eine solche Aufhebungsentscheidung hier nicht vorliegt, muss sich der Senat auch nicht
abschließend mit der Rechtsnatur des VGS auseinandersetzen.
Die Kostenentscheidung ergeht nach §
197a Abs.
1 S. 1
SGG i.V.m. §
154 Abs.
1 Verwaltungsgerichtsordnung (
VwGO), weil die Klägerin nicht zu einer der von §
183 SGG privilegierten Personen gehört. Die Beklagte trägt als Unterliegende die Kosten des Verfahrens. Dem Beigeladenen sind keine
Kosten aufzuerlegen (§
154 Abs.
3 VwGO). Aufwendungen des Beigeladenen gehören nicht zu den Gerichtskosten, so dass in der Kostenentscheidung nach §
197a SGG hierüber nicht zu befinden ist. Der Beklagten sind weitere außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen gemäß §
162 Abs.
3 VwGO nicht aufzuerlegen, denn dies entspricht nicht der Billigkeit. Der Beigeladene hat keine gesonderten Anträge gestellt oder
das Verfahren wesentlich gefördert.
Es handelt sich um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung. Die Beklagte trägt regelmäßig vor, dass ein VGS durch eine
Kurz- oder Probebeschäftigung verbraucht sei, hierzu gibt es noch keine höchstrichterliche Entscheidung. Zudem betrifft der
Rechtsstreit mittelbar auch die Frage der Rechtsnatur des VGS, wozu bereits eine Revision beim BSG anhängig ist (B 11 AL 19/12 R).
Die Streitwertfestsetzung folgt aus §
197a Abs.
1 S. 1
SGG in Verbindung mit § 52 Abs. 3 i.V.m. 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) nach dem Gegenstand der bezifferten Klageforderung.