Krebstherapie; Nik; Nikolausbeschluss; Stopflow-Chemotherapie
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt von der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung die Durchführung einer Krebstherapie.
Der 1944 geborene Antragsteller ist bei der Antragsgegnerin gesetzlich krankenversichert. Im Januar 2016 wurde bei ihm ein
inoperables fortgeschrittenes Magenkarzinom mit Metastasen in Leber und Peritoneum sowie intraabdominalen Lymphknoten diagnostiziert
(Stadium IV). Die Chemotherapie FOLFOX führte zu neurotoxischen Symptomen, die geänderte Chemotherapie auf FOLFIRI wurde nach
Unverträglichkeit abgebrochen.
Anfang März 2016 beantragte der Antragsteller gemeinsam mit dem ihn behandelnden Onkologen Dr. B________ bei der Antragsgegnerin
die Kostenübernahme für eine mehrstufige kombinierte Behandlung der Leber mit Chemotherapie unter Hyperthermie und Bestrahlung
der Leber unter Verwendung einer für diesen Zweck weiterentwickelten Herz-/Lungenmaschine (Stopflow-Chemotherapie) stationär
im H___________klinikum S________. Außerdem seien jeweils zwei Elektrohyperthermien vor und nach jeder Chemoperfusion geplant.
Es seien vier normalerweise jeweils 5 Tage dauernde Behandlungen erforderlich mit Gesamtkosten von ca. 21.000,00 bis 28.000,00
EUR. Die 12 bis 16 Elektrohyperthermie-Anwendungen würden Kosten von 1.800,00 bis 2.700,00 EUR verursachen. In dem Antrag
wies Dr. B________ darauf hin, dass die Chemotherapie vom Antragsteller schlecht vertragen worden sei. Die Antragsgegnerin
holte eine Stellungnahme des MDK ein. Darin kam Dr. Z___ am 5. April 2016 zu der Einschätzung, dass die Durchführung der intraarteriellen
Chemoperfusion eine intensivmedizinische Überwachung erfordere, so dass die Behandlung nur in einem Krankenhaus erfolgen könne.
Die beantragte Therapie entspreche allerdings nicht den allgemein anerkannten Behandlungsoptionen. Als schulmedizinische Option
komme die Behandlung mit Ramucirumab mono in frage. Ob diese Behandlung durchgeführt werden könne, sei allerdings offen. Dies
sei von der aktuellen Lebersyntheseleistung abhängig, zu der keine aktuellen Daten vorlägen. Ohne Therapie sei bei den Lebermetastasen
eine Prognose von sechs bis 12 Monaten anzunehmen. Die Studienlage hinsichtlich der beantragten Behandlung sei eher gering.
Studien seien durch Prof. A_____ vom M_____-Klinikum Ba________ seit 20 Jahren durchgeführt worden. Denkbar sei eine positive
Einwirkung auf die Lebermetastasen (Leberperfusions-Chemotherapie). Bei noch vorhandenem Primärtumor (Magen) und bereits erfolgter
Peritonealmetastasierung (Aszitesbildung) sei eine regionale Chemotherapie der Leber und des Magens wenig aussichtsreich auf
eine relevante spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf. Andere Leistungsanbieter neben dem H____-Klinikum S________
und dem M_____-Klinikum Ba________ seien nicht bekannt. Daraufhin lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 6. April 2016
eine Kostenübernahme ab. Hiergegen erhob der Antragsteller Widerspruch. Mit Hilfe eines Darlehens seiner Schwester begann
er die erste von vier Therapie-Einheiten im H___________klinikum S________ am 20. April 2016.
Am 2. Mai 2016 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Itzehoe die Verpflichtung der Antragsgegnerin beantragt, ihm drei
Stopflow-Chemotherapien unter gleichzeitiger Hyperthermie des Thorax und Hyperoxygenierung des Abdominalraums mit anschließender
Refiltration der eingesetzten Medikamente per Herz-Lungen-Automat als Sachleistung im Rahmen einer stationären Krankenhausbehandlung
im H___________klinikum S________ zu gewähren. Zur Begründung hat er ausgeführt, Ziel der Therapie könne nur sein, die begrenzte
Lebenszeit bei möglichst guter Lebensqualität zu verlängern. Dabei müsse ihm zugestanden werden, von belastenden Therapien
Abstand zu nehmen und Behandlungsmöglichkeiten zu nutzen, die jedenfalls nicht schaden und mit gewisser Wahrscheinlichkeit
nützten. Schulmedizinische Optionen einer Behandlung bestünden nicht mehr. Die vom MDK angesprochene Therapie mit Ramucirumab
komme aufgrund der fast dekompensierten Leberfunktion (Cholinesterase weniger als 1) nicht in Frage. Dazu legt der Antragsteller
ein Schreiben von Dr. B________ vom 10. Mai 2016 vor. Die von Prof. Birth in S________ durchgeführte Methode sei schon über
dreihundertmal äußerst erfolgreich durchgeführt worden. Es lägen damit alle Voraussetzungen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
vom 6. Dezember 2005 bzw. nach §
2 Abs.
1a SGB V vor. Er sei nicht in der Lage, die streitgegenständliche Therapie selbst zu finanzieren. Dazu hat der Antragsteller eine
Einkommensaufstellung vorgelegt (Blatt 44 und 95 der Gerichtsakte) und vorgetragen, dass die 30.000 EUR auf dem Festkonto
vor dem 29. November 2016 nicht verfügbar seien. Deshalb habe ihm auch seine Schwester das Geld für die erste Behandlung geliehen.
Andere Krankenkassen würden im Übrigen die Kosten der streitigen Behandlung übernehmen. Dazu hat der Antragsteller entsprechende
Bestätigungen vorgelegt. Die Antragsgegnerin hat auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) verwiesen, wonach auch bei einer stationärer Behandlung eine Übernahme der Kosten nur bei positiver Entscheidung des Gemeinsamen
Bundesausschusses möglich sei. Der Gutachter des MDK habe im Übrigen palliative Therapie-Optionen aufgezeigt.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 17. Mai 2016 die Antragsgegnerin vorläufig verpflichtet, bis zu einem rechtskräftigen
Abschluss des Hauptsacheverfahrens dem Antragsteller die beantragte Krebstherapie als Sachleistung zu gewähren und zur Begründung
ausgeführt:
"Nach §
86b Abs.
2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) kann das Gericht in der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug
auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn die Regelung zur Abwehr wesentlicher Nachteile oder aus anderen Gründen
notwendig erscheint (sog. Regelungsanordnung). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs,
d. h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, und das Vorliegen eines Anordnungsgrundes,
d. h. die Unzumutbarkeit, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten, voraus.
Der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) und die besonderen Gründe für die Notwendigkeit der Gewährung vorläufigen
Rechtsschutzes (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§
86b Abs.
2 Satz 4
SGG in Verbindung mit §
920 Abs.
2 Zivilprozessordnung -
ZPO -). Die Glaubhaftmachung bezieht sich dabei auf eine reduzierte Prüfungsdichte und die nur eine überwiegende Wahrscheinlichkeit
erfordernde Überzeugungsgewissheit für die tatsächlichen Voraussetzungen des Anordnungsanspruches und des Anordnungsgrundes
im so genannten summarischen Verfahren (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG §
86b Rn. 16 b, c). Die in einem Anordnungsverfahren einstweilen zugesprochenen Mittel werden in aller Regel verbraucht und können,
abgesehen von Ausnahmefällen, nach einer etwaigen Aufhebung der Anordnung oder gegenteiligen Entscheidung im Hauptsacheverfahren
nicht mehr zurückgezahlt werden. Rein faktisch - wenn auch nicht rechtlich - werden somit im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes
regelmäßig vollendete Tatsachen geschaffen, aber es steht der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht entgegen, dass mit
ihm die Hauptsache zumindest zum Teil vorweggenommen wird. Vor dem Hintergrund des Gebots effektiven Rechtsschutzes aus Art.
19 Abs.
4 Grundgesetz (
GG) gilt das grundsätzliche Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache nicht, wenn eine bestimmte Regelung zur Gewährung eines effektiven
Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist. Allerdings ist dann an das Vorliegen von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund
ein strenger Maßstab anzulegen, weil die Vorwegnahme der Hauptsache dem Charakter des §
86b Abs.
2 SGG als vorläufigem Rechtsschutz widerspricht. Hierbei hat das Gericht bei einer Entscheidung, durch die das Grundrecht auf Leben
und auf körperliche Unversehrtheit betroffen wird - also Artikel
2 Abs.
2 Satz 1
GG tangiert wird - wie dies vorliegend der Fall ist - bei der Prüfung der Erfolgsaussichten einen höheren Sorgfaltsmaßstab anzulegen,
weil hierin auch eine Folgenabwägung zu erfolgen hat (vgl. Entscheidung des BVerfG vom 22. November 2002 - 1 BvR 1586/02; LSG Schleswig-Holstein vom 24. September 2007 - L 5 KR 504/07 KR ER; LSG Berlin-Brandenburg vom 01. Dezember 2005 - L 1 B 1039/05 KR ER).
Unter Beachtung dieses Sorgfaltsmaßstabes gelangt die Kammer bei der gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage
zu dem Ergebnis, dass im konkreten Fall unter Berücksichtigung der Folgenabwägung sowohl von einem Anordnungsanspruch (hierzu
unter 1.) als auch einem Anordnungsgrund (hierzu unter 2.) auszugehen ist und daher dem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz
zu entsprechen ist.
1. Der Anordnungsanspruch ergibt sich aus der Ausnahmeregelung des §
2 Abs.
1a SGB V, welche in Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgericht vom 06.12.2005 - 1 BvR 347/98 - (zit. in BVerfGE 115, 25 ff.) in das Gesetz aufgenommen wurde.
Insoweit ist die Kammer der Auffassung, dass sich ein Anspruch für den Antragsteller nicht unmittelbar aus § 27 Abs. 1 S.
1 i. V. m. §
39 Abs.
1 S. 2
SGB V ergibt, obwohl es hier an einem Negativvotum des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) für die begehrte Methode fehlt (vgl.
BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 - B 1 KR 11/08 R). Denn es kann nicht Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung sein, durch Gewährung jeder denkbaren neuen Methode als
Krankenhausbehandlung, die medizinische Forschung zu finanzieren. Aus diesem Grund müssen auch Krankenhausbehandlungen den
gesetzlichen Voraussetzungen des §
2 Abs.
1 Satz 3
SGB V entsprechen. Gemäß §
2 Abs.
1 Satz 3
SGB V haben Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen
und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.
Das Tatbestandsmerkmal des anerkannten Stands der medizinischen Erkenntnisse knüpft an den Maßstab der evidenzbasierten Medizin
an (vgl. Fahlbusch in jurisPK-
SGB V § 2 Rn. 49; vgl. auch BSG, Urteil vom 1. März 2011 - B 1 KR 7/10 R; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 1. März 2013 - L 4 KR 3517/11). Aus dem Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenversicherung werden solche Leistungen ausgeschlossen, die nicht ausreichend
erprobt sind (BT-Drucksache 11/2237 S. 157; Peters in Kasseler Kommentar,
SGB V, §
2 Rn. 3). Erforderlich ist daher, dass der Erfolg der Behandlungsmethode objektivierbar, also in einer ausreichenden Anzahl
von Behandlungsfällen belegt ist (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 1. März 2013 - L 4 KR 3517/11 - [...] Rn. 32 m. w. N.). Eine neue Behandlungsmethode gehört deshalb erst dann zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung,
wenn ihre Erprobung abgeschlossen ist und über Qualität und Wirksamkeit der neuen Methode zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare
Aussagen möglich sind (LSG Sachsen, Urteil vom 16. Januar 2014 - L 1 KR 229/10).
Dies ist bei der von dem Antragsteller begehrten Behandlungsmethode (noch) nicht der Fall. Die Beteiligten sind sich einig,
dass die Studienlage zu den Stopflow-Chemotherapien eher schlecht ist. Zwar verweist der Antragsteller mit Hilfe seines behandelnden
Onkologen auf die 300 erfolgreichen Therapien in dem H___________klinikum in S________, diese Aussage entzieht sich jedoch
einer wissenschaftlichen Nachprüfbarkeit und kann daher nicht als Nachweis über die Qualität und Wirksamkeit der Therapie
i. S. d. §
2 Abs.
1 S. 3
SGB V herangezogen werden. Diverse öffentlich zugängliche Studien hat die Kammer auf der Internetseite des M_____-Klinikums Ba________
(http://www.M_____-klinikum.de/literatur.html - zuletzt aufgerufen am 16. Mai 2016) gefunden. Inwieweit diese Studien, die
regelmäßig zu einer positiven Bewertung der intraoperativen intraarteriellen Stopflow-Chemotherapie unter Hyperthermie sowie
Chemofiltration kommen, den wissenschaftlichen Standards der Medizin entsprechen und insoweit zuverlässige, wissenschaftlich
überprüfbare Aussagen treffen, kann die Kammer mangels Sachverstand nicht beurteilen. Hieran bestehen jedoch insoweit Zweifel,
dass die Studien von einer privaten Klinik, die schwerpunktmäßig intraoperativen intraarteriellen Stopflow-Chemotherapie unter
Hyperthermie sowie Chemofiltration auf dem freien Markt anbietet, durchgeführt worden sind. Es ist durchaus denkbar, dass
die Klinik allein aus wirtschaftlichen Gründen versucht diese Therapien als besonders erfolgreich darzustellen.
Im Ergebnis kommt es hierauf jedoch nicht an, da die Kammer einen Behandlungsanspruch des Antragstellers jedenfalls aus §
2 Abs.
1a SGB V als überwiegend wahrscheinlich ansieht.
Nach §
2 Abs.
1a SGB V können Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig
vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur
Verfügung steht (hierzu unter a)), auch eine solche nicht anerkannte Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt
liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht (hierzu unter b)).
Unzweifelhaft leidet der Antragsteller an einer lebensbedrohlichen Erkrankung. Das Magenkarzinom des Antragstellers wurde
erst spät entdeckt und befindet sich in dem letzten Staging-Stadium (Stadium IV). Die Metastasen in der Leber führen nach
Auffassung des MDK zu einer Überlebensprognose von 6-12 Monaten. Der behandelnde Onkologe des Antragstellers bezeichnet den
Krankheitszustand des Antragstellers als "fast präfinal".
Ob die übrigen beiden Voraussetzungen hier erfüllt sind, vermag die Kammer in der Kürze der ihr für eine Entscheidung im Eilverfahren
zur Verfügung stehenden Zeit nicht zu beurteilen. Das Bundesverfassungsgericht hat allerdings in seinem Beschluss vom 12.
Mai 2005 (1 BvR 569/05) entschieden, dass Art.
19 Abs.
4 GG besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Eilverfahrens stelle, wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes
schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht
mehr zu beseitigen wären. Solle sich eine Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren in solchen Fällen an der Erfolgsaussicht
der Hauptsache orientieren, müsse die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, wie es grundsätzlich im Eilverfahren geschieht,
sondern abschließend geprüft werden. Dieses gelte insbesondere, wenn das Verfahren nach dem Amtsermittlungsgrundsatz zu führen
sei. Das ist zwar im Sozialrechtsstreit der Fall (§
103 SGG). Einer solchen Sachverhaltsaufklärung stehen hier aber schon allein zeitliche Schwierigkeiten entgegen. Die mit der Erkrankung
des Antragstellers verbundene Lebensbedrohung lässt es nicht zu, eine Entscheidung erst nach Abschluss zeitaufwendiger Ermittlungen
zu treffen. Für die begehrte Therapie besteht akuter Behandlungsbedarf, der nächste Behandlungstermin ist für den 18. Mai
2016 vorgesehen. Insofern gehen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch ineinander über (LSG Schleswig-Holstein, Beschluss
vom 24. September 2007 - L 5 B 504/07 KR ER; vgl. auch HK-SGG/Binder, Rn. 40 zu § 86b).
Zeitaufwendiger Ermittlungen bedarf es hier sowohl hinsichtlich der Frage, ob es für den Antragsteller eine vom Leistungsspektrum
der gesetzlichen Krankenkassen erfasste allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung gibt, als
auch hinsichtlich der auf eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung
der intraoperativen intraarteriellen Stopflow-Chemotherapie unter Hyperthermie sowie Chemofiltration auf die Krebserkrankung
des Antragstellers.
a) Bezüglich der Existenz einer vom Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenkassen erfassten allgemein anerkannten, dem
medizinischen Standard entsprechende Leistung, ist zunächst festzustellen, dass eine Chemotherapie nach dem FOLFOX-Regime
bei dem Antragsteller zu nicht tolerierbaren neurotoxischen Symptomen führte, auch die danach versuchte Therapie nach dem
FOLFIRI-Regime musste aufgrund von Unverträglichkeit abgebrochen werden, diese Behandlungsmethoden stehen dem Antragsteller
nicht zur Verfügung. Nach der sozialmedizinischen Stellungnahme des MDK, komme als alternative Behandlungsoption noch eine
palliative Chemotherapie mit Ramucirumab infrage. Diese könne aber nur in Abhängigkeit von der aktuellen Lebersyntheseleistung
erfolgen. Im Rahmen der Amtsermittlung muss deshalb aufgeklärt werden, ob eine Lebersyntheseleistung bei dem Antragsteller
vorhanden ist, die eine Behandlung mit Ramucirumab erlaubt. Ergeben diese Ermittlungen, dass eine für diese Standardtherapie
erforderliche Lebersyntheseleistung bei dem Antragsteller nicht mehr vorliegt, kommt der Ablehnung dieser Therapie durch den
Antragsteller entscheidungsrelevante Bedeutung zu. Dann wäre nämlich davon auszugehen, dass es keine vom Leistungsspektrum
der gesetzlichen Krankenkassen erfasste allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung mehr gibt.
Aufgrund der allein aus zeitlichen Gründen nur eingeschränkten Ermittlungsmöglichkeiten der Kammer bezüglich der Leberfunktion
des Antragstellers, ist nach den vorliegenden Unterlagen davon auszugehen, dass eine unzureichende Lebersynthese sehr wahrscheinlich
ist. Die Leber des Antragstellers ist so von Metastasen durchzogen, dass nach Stellungnahme des behandelnden Onkologen des
Antragstellers, nur ein Sechstel der Leber überhaupt noch funktioniere. Die Cholinesterase - ein Laborwert, der eine Aussage
über die Syntheseleistung der Leberzellen trifft (https://de.wikipedia.org/wiki/Cholinesterasen - zuletzt aufgerufen am 16.
Mai 2016) - betrage weniger als 1 kU/l, der Referenzbereich liegt bei 4,9 -12,0 kU/l (Wikipedia a. a. o.).
Ob letztlich eine so herabgesetzte Leberfunktion bei dem Antragsteller gegeben ist, dass eine Chemotherapie mit Ramucirumab
nicht mehr toleriert werden kann, bedarf weiterer Ermittlungen. Diese sprengen den für das Eilverfahren zur Verfügung stehenden
zeitlichen Rahmen
b) Es besteht auch mit großer Wahrscheinlichkeit eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung
auf den Krankheitsverlauf durch die begehrte Therapie. Für den hinreichenden Nachweis der Wirksamkeit einer bestimmten Therapie
hat die Rechtsprechung des BSG gewisse Vorgaben entwickelt. Qualität und Wirksamkeit einer Therapie müssen grundsätzlich in zuverlässigen und wissenschaftlich
nachprüfbaren Forschungsstudien und Fachmeinungen nachgewiesen sein. Erforderlich sind demnach regelmäßig kontrolliert nachprüfbare
Studien (BSG MedR 2013, 820; LSG Mainz NZS 2015, 425; krit. hierzu Welti MedR 2014, 283). Wer die Überprüfung einer Therapie verhindert, kann nicht erwarten, dass die Behandlung auf dem Umweg über die grundrechtsorientierte
Auslegung aus öffentlichen Mitteln finanziert wird (BSG Urt. v. 7.5.2013 - B 1 KR 26/12 R = SozR 4-2500 § 18 Nr. 8). Allerdings können an den Nachweis für die hinreichende Wirksamkeit einer Therapie nicht derart
hohe Anforderungen gestellt werden wie sie in §
2 Abs.
1 SGB V verlangt werden (siehe oben), da andernfalls die Regelung des §
2 Abs.
1a SGB V - insbesondere im Fall einer Krankenhausbehandlung - obsolet wäre.
Nach Auffassung der Kammer ist die Solidargemeinschaft durch die übrigen Voraussetzungen des §
2 Abs.
1a SGB V (eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung oder eine zumindest wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung, für
die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht) derart vor einer
finanziellen Überlastung geschützt, dass es ihr zugemutet werden kann, an den Nachweis der Wirksamkeit der begehrten Behandlungsmethode
umso geringere Anforderungen zu stellen, je schwerwiegender die Erkrankung und hoffnungsloser die Situation des Betroffenen
im konkreten Fall ist (so auch KassKomm/Peters
SGB V §
2 Rn. 6-8, [...]). Es kann nicht sein, dass bei der Erfüllung der übrigen Voraussetzungen des §
2 Abs.
1a SGB V der Versicherte - schlimmstenfalls als tödlich erkrankter Pflichtversicherter, der in dem System der gesetzlichen Krankenversicherung
"gefangen" ist und von diesem nunmehr aufs Sterben verwiesen wird - für die von ihm begehrte Behandlung (das für jeden nachvollziehbare
Greifen nach dem rettenden Strohhalm) Wirksamkeitsnachweise verlangt werden, die weitestgehend denen für die Anerkennung als
eine dem medizinischen Standard entsprechende Leistung gleichen. Die Sorge des BSG, dass durch geringere Anforderungen an den Wirksamkeitsnachweis teure, wissenschaftlich nicht hinreichend erforschten Behandlungsmethoden
in das System der gesetzlichen Krankenversicherung einfallen, teilt die Kammer nicht. Bereits durch die übrigen Anspruchsvoraussetzungen,
insbesondere dass keine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung zur Verfügung stehen darf,
ist die Solidargemeinschaft hinreichend hiervor geschützt. Letztlich erhalten nämlich die Leistungen, die eine Empfehlung
des GBA erhalten haben immer der Vorrang gegenüber nicht hinreichend wissenschaftlich erforschten und damit nicht empfohlenen
Methoden, insoweit dürfte das wirtschaftliche Interesse der Leistungserbringer an einer entsprechenden Überprüfbarkeit und
medizinischen Erforschung auch bei geringeren Anforderungen an den Nachweis der Wirksamkeit im Rahmen des §
2 Abs.
1a SGB V erhalten bleiben.
Nach diesen Grundsätzen liegt mit großer Wahrscheinlichkeit ein hinreichender Nachweis der Wirksamkeit für die von dem Antragsteller
begehrte Stopflow-Chemotherapie unter Vollnarkose vor. Die Anforderungen an den erforderlichen Wirksamkeitsnachweis dürfen
hierbei nicht überspannt werden, weil der Antragsteller unter einer schwerwiegenden Erkrankung leidet und sich, unter Berücksichtigung
der schlechten Prognose seiner Erkrankung, in einer hoffnungslosen Situation befindet. Der hinreichende Nachweis der Wirksamkeit
der Therapie ergibt sich aus den öffentlich zugänglichen Studien des M_____-Klinikums Ba________ (http://www.M_____-klinikum.de/literatur.html
- zuletzt aufgerufen am 16. Mai 2016), wonach die Stopflow-Chemotherapie unter Vollnarkose regelmäßig zu einer Verlängerung
der Lebenszeit bei geringen Nebenwirkungen geführt hat und aus dem Umstand, dass mit dem H___________klinikum S________ ein
Vertragskrankenhaus diese Behandlungsmethode für so erprobt und erfolgsversprechend hält, dass es diese außerhalb von Studien
bei bereits 300 betroffenen Patienten (erfolgreich) angewendet hat. Darüber hinaus werden bei der intraoperativen intraarteriellen
Stopflow-Chemotherapie unter Hyperthermie sowie Chemofiltration Zytostatika eingesetzt, die auch bei allgemein anerkannten,
dem medizinischen Standard entsprechenden Krebsbehandlungen Verwendung finden. Lediglich die Dosierung und die besondere Art
und Weise der Verabreichung (begrenzt auf einen bestimmten Bereich des Körpers mit anschließender Ausfilterung der Medikamente
über eine spezielle Herz-Lungen-Maschine) ist eine andere, insoweit muss aber eine - ggf. geringe - Wirksamkeit unterstellt
werden. Hierfür spricht auch die sozialmedizinische Stellungnahme des MDK. Hierin heißt es, dass eine positive Einwirkung
auf die Lebermetastasierung zumindest denkbar wäre.
Ob letztlich ein entsprechend der genannten Rechtsprechung des BSG eingeschränkter Wirksamkeitsnachweis geführt werden kann, bedarf weiterer Ermittlungen. Diese sprengen den für das Eilverfahren
zur Verfügung stehenden zeitlichen Rahmen
Da nach dem Dargelegten in diesem Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sachlage nicht möglich erscheint, der Ausgang
des Hauptsacheverfahrens somit offen ist, bedarf es nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. Beschluss
vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05) einer Folgenabwägung. Hierbei sind nach diesem Beschluss die grundrechtlichen Belange des Beschwerdeführers umfassend in
die Abwägung einzubeziehen, denn, so das Bundesverfassungsgericht, "die Gerichte müssen sich schützend vor die Grundrechte
des Einzelnen stellen". Dabei ist auf Seiten des Antragstellers zu berücksichtigen, dass dieser, nachdem er die Kosten der
Erstbehandlung selbst getragen hat, glaubhaft gemacht hat, dass er mit seinen und den monatlichen Renteneinkünften seiner
Ehefrau von ca. 2.774,48 € nicht in der Lage ist, die Gesamtbehandlungskosten in Höhe von 21.000 - 28.000 € zu tragen. Ebenso
hat der Antragsteller glaubhaft gemacht, dass er gegenwärtig nicht auf das Guthaben des Festgeldkontos bei der Renault Bank
zugreifen kann und damit bis zum 29. November 2016 nicht in der Lage ist die Behandlungskosten hiervon vorläufig zu bezahlen.
Nach Auffassung der Kammer ist es dem Antragsteller weder zumutbar das Festgeldkonto mit den gemeinsamen Ersparnissen (Notgroschen)
und einem drohenden Verlust aufzulösen, noch Privatkredite aufzunehmen, um die Behandlungskosten vorerst selbst zu zahlen,
diese Optionen stellen für sich genommen bereits wesentliche Nachteile i. S. d. §
86b Abs.
2 SGG dar, die einen Anordnungsgrund begründen.
Angesichts der Schwere und Progredienz der Erkrankung ist es dem Beschwerdeführer auch nicht zuzumuten, mit der Durchführung
der Behandlung bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens zu warten. Des Weiteren hat er durch Bescheinigung seines behandelnden
Onkologen glaubhaft gemacht, dass er die angewandte Behandlung gut verträgt und dass die Krankheit unter Behandlung mit intraoperativer
intraarterieller Stopflow-Chemotherapie unter Hyperthermie sowie Chemofiltration zu einer Besserung des Gesundheitszustandes
des Antragstellers gekommen ist.
Damit kann nicht ausgeschlossen werden, dass ohne die von dem Antragsteller begehrte Behandlung die Krankheit weiter fortschreitet
und das Überleben des Antragstellers in Frage gestellt ist.
Demgegenüber liegt bei der Antragsgegnerin lediglich ein begrenztes Kostenrisiko vor, welches nicht so schwer ins Gewicht
fallen kann, da der Antragsteller aufgrund seines Festgeldkontos über spätestens ab dem 29. November 2016 über Vermögen in
Höhe von 30.000 € verfügt, welches nach Abschluss des Hauptsacheverfahrens zur Erstattung der vorläufig von der Antragsgegnerin
getragenen Kosten (21.000 - 28.000 €) herangezogen werden kann, sodass die Entscheidung zugunsten des Antragstellers ausfallen
musste."
Gegen den ihr am 23. Mai 2016 zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin, eingegangen beim Schleswig-Holsteinischen
Landessozialgericht am 17. Juni 2016. Gleichzeitig beantragt sie, die Vollstreckung des Beschlusses einstweilig auszusetzen
und trägt zur Begründung vor, eine Feststellung darüber, dass durch die streitgegenständliche Therapie eine nicht ganz entfernt
liegende Aussicht auf Heilung oder spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestehe, lasse sich nicht treffen.
Es seien keinerlei Studien vorgelegt worden, die eine solche positive Wirkung auf vergleichbare Fälle belegten. Diese könnten
auch nicht durch Erfahrungen der behandelnden Ärzte ersetzt werden. Das sei durch das Gutachten des MDK bestätigt worden.
Auf Gerichtsentscheidungen ähnlich gelagerter Fälle werde hingewiesen.
Der Antragsteller erwidert, dass er überhaupt noch lebe und aktuell einen stationären auswärtigen Aufenthalt im Krankenhaus
P________ beenden könne, der wegen einer Portinfektion notwendig geworden sei, verdanke er allein den beiden schon durchgeführten
Chemoperfusionsbehandlungen, die auch klinisch eine deutliche Besserung nach sich zögen. Die zweite Behandlung in S________
sei von der Schwester vorfinanziert worden. Für die dritte sei es ihr nicht möglich. Diese müsste allerdings nach Entlassung
des Antragstellers aus dem Krankenhaus so schnell wie möglich durchgeführt werden.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Der angefochtene Beschluss des Sozialgerichts
Itzehoe vom 17. Mai 2016 ist nicht zu beanstanden. Zu Recht hat das Sozialgericht darin den von dem Antragsteller geltend
gemachten Anspruch auf einstweiligen Rechtsschutz, gerichtet auf die vorläufige Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Gewährung
der streitgegenständlichen Krebstherapie, bejaht. Das Sozialgericht hat dabei seine Prüfung zutreffend an der Rechtsgrundlage
des §
86b Abs.
2 SGG orientiert und rechtsfehlerfrei Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bejaht. Auf die umfassende und überzeugende Begründung
nimmt der Senat daher zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug (§
142 Abs.
2 Satz 2
SGG). Ergänzend zu den Ausführungen des Sozialgerichts und im Hinblick auf das Vorbringen der Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren
weist der Senat noch auf Folgendes hin:
Maßgebend für den Anordnungsanspruch, also dem materiellen Anspruch auf die beantragte Leistung, ist unter Berücksichtigung
der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung (sog. Nikolausbeschluss) und des §
2 Abs.
1a SGB V neben der hier unstreitig vorliegenden lebensbedrohlichen bzw. regelmäßig tödlichen Erkrankung, ob alternative, schulmedizinisch
anerkannte Behandlungsmethoden zur Verfügung stehen und die streitige Behandlungsform eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht
auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung bewirken kann.
Nach den in den Akten befindlichen medizinischen Unterlagen findet sich hinsichtlich der alternativen schulmedizinisch anerkannten
Therapie lediglich der Hinweis von Dr. Z___ vom MDK auf die palliative Behandlung mit Ramucirumab mono. Diese Behandlungsoption
wird allerdings von dem Gutachter Dr. Z___ selbst in Frage gestellt, wenn er ausführt, dass die Möglichkeit dieser Behandlung
von der aktuellen Lebersyntheseleistung abhängig sei. Hierzu hat der behandelnde Onkologe Dr. B________ im Gerichtsverfahren
ausgeführt, dass aufgrund der starken Metastasierung in der Leber eine fast dekompensierte Leberfunktion (Cholinesterase weniger
als 1) bestehe, so dass die Therapie mit Ramucirumab nicht in Frage komme. Ähnliches ist seinem Bericht vom 5. Februar 2016
zu entnehmen, wonach im Ultraschall "nur noch 1/6 normales Lebergewebe sei, 1/7 wäre mit dem Leben praktisch nicht mehr vereinbar".
Hierauf hat sich auch das Sozialgericht in der Begründung des angefochtenen Beschlusses berufen. Das ist überzeugend. Eine
medizinische Begründung dafür, dass trotz der eingeschränkten Leberfunktion die vom MDK angeführte Therapie möglich ist, erfolgte
durch die Antragsgegnerin nicht. Daher geht der Senat davon aus, dass nach derzeitigem Stand eine schulmedizinische Therapie
ausgeschlossen ist. Ist überdies eine Standardtherapie mit die Lebensqualität erheblich beeinträchtigenden - weiteren - Gesundheitsstörungen
verbunden, kann der Versicherte, jedenfalls im Rahmen palliativer Behandlung, auf diese Therapie nicht zumutbar verwiesen
werden (vgl. Beschluss des Senats vom 24. September 2007 - L 5 B 504/07 KR ER).
Hinsichtlich der dritten Voraussetzung einer nicht ganz entfernt liegenden Aussicht auf eine spürbar positive Einwirkung auf
den Krankheitsverlauf durch die streitgegenständliche Behandlung hat das Sozialgericht zutreffend auf den Umstand hingewiesen,
dass eine solche Aussage in dem einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht getroffen werden kann, da dafür umfangreiche Ermittlungen,
insbesondere die Einholung eines medizinischen Gutachtens, notwendig sind. Diese sind aber im Hinblick auf den Gesundheitszustand
des Antragstellers ausgeschlossen bzw. würden zu einer nicht hinnehmbaren Verzögerung des Verfahrens führen. Eine summarische
Prüfung in Fällen, in denen es wie hier um die Therapie einer lebensbedrohenden Krankheit geht, ist nach der Rechtsprechung
des Bundesverfassungsgerichts ausgeschlossen. Für den Fall ist eine Folgenabwägung vorzunehmen, in die die grundrechtlichen
Belange des Antragstellers einzubeziehen sind (Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05). Vor diesem Hintergrund und der Berücksichtigung der akut lebensbedrohlichen Situation des Antragstellers, der Datenlage
über die Behandlungsform auch unter Berücksichtigung der vom Sozialgericht zutreffend aufgeführten Bedenken, ihrer nach den
Berichten vom Antragsteller und Dr. B________ guten Verträglichkeit und dem Umstand, dass die Behandlung stationär in einem
Vertragskrankenhaus stattfindet, geht auch der Senat in Übereinstimmung mit dem Sozialgericht davon aus, dass ein Anordnungsanspruch
vorliegt, da letztlich auch nach Dr. Z___ vom MDK eine positive Einwirkung durch die Behandlung denkbar wäre.
Mit dieser Problematik der Behandlung in einer akut lebensbedrohenden Situation des Antragstellers und deren Einfluss auf
des Anordnungsverfahren hat sich die Beschwerdegründung der Antragsgegnerin nicht näher auseinandergesetzt, sondern vielmehr
darauf hingewiesen, dass auch für die stationäre Behandlung die Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsanforderungen der §§
2 Abs.
1,
12 Abs.
1 und
28 Abs.
1 SGB V gelten. Dies entspricht auch der Rechtsprechung des Senats, wie in dem von der Antragsgegnerin zitierten Beschluss vom 12.
November 2015 (nicht 9. Oktober 2015 und dort das Aktenzeichen L 5 KR 203/15 B ER und nicht L 5 KR 203/15) ausgeführt wird. Allerdings muss in diesem Zusammenhang berücksichtigt werden, dass zwar §
137c SGB V keine generelle Erlaubnis der Anwendung aller beliebiger Methoden ermöglicht, jedoch einen weiteren Gestaltungsspielraum
eröffnet, als §
135 SGB V für die Bewertung von ambulanten Untersuchungs- und Behandlungsmethoden. Während nämlich §
135 SGB V ein generelles Verbot mit Erlaubnisvorbehalt enthält, ist das Krankenhaus in der Methodenwahl bei der stationären Behandlung
- unbeschadet der Beachtung des oben angesprochenen Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsgebot - jedenfalls durch §
137c SGB V zunächst nicht beschränkt ("Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt"). Damit wird für innovative Methoden vor dem Hintergrund der
im Krankenhausbereich gegebenen kollektiven Kontrolle im Einzelfall die Möglichkeit eröffnet, auch Methoden zu erbringen,
deren Nutzen zwar noch nicht erwiesen ist, die aber zumindest das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten,
vgl. Abs.
3 (Engelmann/Schlegel in jurisPK-
SGB V, §
137c Rz. 9; Flint in Hauck/Noftz, Komentar zum
SGB V §
137c Rz. 3ff).
Auch hinsichtlich der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes schließt sich der Senat der Einschätzung des Sozialgerichts
an. Vor diesem Hintergrund war die Beschwerde der Antragsgegnerin zurückzuweisen und ihr Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung
abzulehnen, da die Aussetzung gemäß §
199 Abs.
2 SGG ohnehin nur in Ausnahmefällen in Betracht kommt und bei der dafür vorzunehmenden Interessenabwägung der Erfolg des Rechtsmittels
zu berücksichtigen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf analoger Anwendung des §
193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§
177 SGG).