Anspruch auf Grundsicherung für Arbeitsuchende; Berücksichtigung einer Rückzahlung von Arbeitslosengeld nach dem Zuflussmonat
durch Aufhebung der Arbeitslosengeldbewilligung als Einkommen
Gründe:
I
Streitig ist die Höhe von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Monat Juli 2007.
Der 1977 geborene Kläger zu 1 und die 1980 geborene Klägerin zu 2 sind miteinander verheiratet und leben mit ihren gemeinsamen,
am 2003 und am 2007 geborenen Kindern, den Klägern zu 3 und 4, in einer ca 72 qm großen 3-Zimmer-Wohnung in Duisburg, für
die im Juli 2007 insgesamt 432,69 Euro zu zahlen waren.
Seit dem 7.4.2007 bezog der Kläger zu 1 Arbeitslosengeld (Alg) nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch (
SGB III) in Höhe von 823,80 Euro monatlich (27,46 Euro täglich), zuletzt aufgrund des Bewilligungsbescheides der Bundesagentur für
Arbeit (BA) vom 21.3.2007. Für die Kinder wurde Kindergeld in Höhe von jeweils 154 Euro gezahlt. Die Kläger bezogen daneben
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Unter anderem bewilligte der
beklagte Träger der Grundsicherung mit Bescheid vom 1.6.2007 für den Bewilligungszeitraum vom 1.4.2007 bis zum 30.9.2007 Leistungen
zur Sicherung des Lebensunterhalts und dabei für den Monat Juli 2007 (unter Berücksichtigung des Kindergeldes und des Alg)
Leistungen in Höhe von insgesamt 340,89 Euro (Regelleistung an die Kläger zu 1 und 2 sowie Kosten der Unterkunft und Heizung
an sämtliche Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft).
Am 27.6.2007 nahm der Kläger zu 1 eine Vollzeittätigkeit als Produktionshelfer auf und informierte die BA hierüber am 3.7.2007
und den Beklagten am 2.8.2007. Der Arbeitgeber zahlte Mitte Juli 2007 für die vier im Juni 2007 geleisteten Arbeitstage 261,26
Euro brutto (219,21 Euro netto). Am 31.7.2007 zahlte die BA an den Kläger zu 1 Alg in Höhe von 823,80 Euro.
Mit Bescheid vom 2.8.2007 hob die BA ihre Bewilligung von Alg ab dem 27.6.2007 auf und forderte mit Erstattungsbescheid vom
9.8.2007 Leistungen in Höhe von 933,64 Euro zurück. Diese Bescheide sind bestandskräftig. Der Kläger zu 1 zahlte den Rückforderungsbetrag
seit dem 14.12.2007 in monatlichen Raten von zuletzt 30 Euro zurück.
Mit Änderungsbescheid vom 14.8.2007 bewilligte der Beklagte den Klägern Grundsicherungsleistungen für den Zeitraum vom 1.7.2007
bis 30.9.2007. Für den Monat Juli 2007 gewährte er Leistungen in Höhe von 423,27 Euro unter Berücksichtigung von Alg in Höhe
von 741,42 Euro. Den Wegfall des Alg berücksichtigte er erst ab August 2007.
Wegen der Erzielung von Erwerbseinkommen im Juli 2007 forderte der Beklagte von den Klägern mit Bescheiden vom 27.8.2007 Leistungen
zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 1.7.2007 bis 31.7.2007 in Höhe von insgesamt 55,59 Euro gegenüber den
Klägern zu 2 bis 4, sowie in Höhe von 31,37 Euro gegenüber dem Kläger zu 1 zurück.
Gegen den Änderungsbescheid des Beklagten vom 14.8.2007 und die Bescheide vom 27.8.2007 legten die Kläger am 3.9.2007 (mit
zwei Schriftsätzen) Widerspruch ein. Gegen die Berücksichtigung des Erwerbseinkommens wandten sie sich in der Folge nicht
mehr (Schriftsatz vom 11.10.2007) und beglichen die sich aus den Bescheiden vom 27.8.2007 ergebende Rückforderung. Soweit
sie geltend machten, das mittlerweile zurückgeforderte Alg sei nicht als Einkommen zu berücksichtigen, blieb der Widerspruch
ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 1.2.2008).
Die hiergegen gerichtete Klage zum Sozialgericht (SG) Duisburg hat das SG mit Urteil vom 9.9.2010 abgewiesen. Der Streitgegenstand sei vorliegend durch einen in einem Erörterungstermin geschlossenen
Vergleich wirksam auf die Frage der Berücksichtigung des Alg auf den Bedarf der Kläger für den Monat Juli 2007 beschränkt
worden. Gegenstand der zulässigen Anfechtungs- und Leistungsklage sei allein der Bescheid vom 14.8.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 1.2.2008. Die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 27.8.2007 seien dagegen nach Auffassung der Kammer nicht Gegenstand
des Widerspruchverfahrens und damit auch nicht Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Zwar beträfen sowohl der angegriffene
Bescheid vom 14.8.2007 als auch die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 27.8.2007 die Grundsicherungsleistungen für Juli
2007, sie beinhalten aber unterschiedliche, nämlich gegenläufige Verfügungen (Bewilligung und Aufhebung) im Hinblick auf unterschiedliche
Einnahmen (Alg und Erwerbseinkommen). In der Sache ergebe sich ein Anspruch der Kläger auf höhere Leistungen im Juli 2007
nicht. Zutreffend sei der Beklagte von einem Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft in Höhe von 1472,69 Euro ausgegangen (Regelleistungen
und tatsächliche Kosten der Unterkunft in Höhe von 432,69 Euro). Von dem Gesamtbedarf seien zunächst 308 Euro Kindergeld abzusetzen
und sodann das zugeflossene Alg. Das Alg sei seiner Natur nach - anders als ein gewährtes Darlehen - zum endgültigen Verbrauch
bestimmt gewesen und habe den Klägern bei wirtschaftlicher Betrachtung im streitigen Zeitraum auch zur Verfügung gestanden.
Daran ändere nichts, dass die Zahlung nicht rechtmäßig erfolgt sei.
Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihren Sprungrevisionen. Die zu Unrecht ausgezahlte Sozialleistung dürfe nicht als Einkommen
berücksichtigt werden. Beim Alg handele es sich um eine zweckbestimmte Leistung. Die Leistung habe im Juli 2007 nicht dem
Zweck dienen können, den Lebensunterhalt bei Arbeitslosigkeit zu decken, weswegen sie nicht habe zweckbestimmt eingesetzt
werden können. Rechtswidrig gezahlte Leistungen seien von vornherein nicht geeignet, den Bedarf zu decken, denn sie seien
von vornherein damit belastet, dass sie zurückgezahlt werden müssten. Jedenfalls wenn einem Hilfebedürftigen eine Einnahme
zufließe, die mit einer sofortigen Rückzahlungspflicht verbunden sei, und unstreitig sei, dass die Rückzahlungspflicht bestehe,
könne ein solcher Zufluss nicht als Einkommen oder als Vermögen berücksichtigt werden.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 9. September 2010 aufzuheben und die Bescheide des Beklagten vom 14. August 2007
und vom 27. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Februar 2008 zu ändern und den Klägern höhere Leistungen
zur Sicherung des Lebensunterhalts zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Revisionen zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
II
Die zulässigen Revisionen der Kläger sind unbegründet. Ein Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
für den Monat Juli 2007 besteht nicht. Dabei ist entgegen der Auffassung des SG der Streitgegenstand nicht dahin beschränkt, dass der geltend gemachte Anspruch nur unter dem Gesichtspunkt der Berücksichtigung
des Alg als Einkommen zu prüfen wäre (dazu unter 1). Ein Anspruch der Kläger auf Änderung der angefochtenen Bescheide zu ihren
Gunsten besteht nicht, wie das SG zutreffend entschieden hat. Für Juli 2007 war neben dem Erwerbseinkommen das zugeflossene Alg zu berücksichtigen (dazu unter
2). Weder die Kenntnis des Klägers zu 1 von der fehlenden Leistungsberechtigung nach dem
SGB III noch die Aufhebung der der Zahlung zugrunde liegenden Bewilligung durch die BA im August 2007 führen dazu, dass das Alg im
Zeitpunkt seines Zuflusses nicht als Einkommen zu berücksichtigen war (dazu unter 3).
1. Streitgegenstand sind vorliegend höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts an sämtliche Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft
im Juli 2007. Die Kläger machen mit ihrem Vorbringen, es sei für Juli 2007 das zugeflossene Alg nicht als Einkommen zu berücksichtigen,
sowohl höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung an die minderjährigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft als auch (höhere)
Regelleistungen an sämtliche Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft geltend. Eine Beschränkung des Streitgegenstandes auf Regelleistungen
einerseits und Kosten der Unterkunft und Heizung andererseits haben sie damit nicht vorgenommen, wovon auch das SG ausgegangen ist. Lediglich in zeitlicher Hinsicht haben sie den Streitgegenstand zulässigerweise beschränkt.
Demgegenüber war es nicht zulässig, den Streitgegenstand "durch Vergleich" weitergehend auf die Frage der Berücksichtigung
des Alg als Einkommen zu beschränken. Bei den von den Beteiligten vorliegend im Erörterungstermin abgegebenen Erklärungen
hat es sich schon nicht um ein gegenseitiges Nachgeben im Sinne eines (Teil-)Vergleichs gehandelt (§
101 Abs
1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]), denn der Beklagte hat weder materiell noch prozessual nachgegeben. Auch davon unabhängig ist eine Beschränkung des
Streitstoffs auf die Prüfung bestimmter Tatsachen durch eine einvernehmliche Regelung der Beteiligten nicht möglich (vgl zum
Teilanerkenntnis BSGE 103, 153 = SozR 4-4200 § 12 Nr 13, RdNr 12). Voraussetzung hierfür wäre, dass insoweit eine Regelung über einen abtrennbaren Teil
des Streitgegenstandes erfolgen würde. Hinsichtlich bestimmter Berechnungselemente der Leistung scheidet ein Vergleich also
aus, soweit diese Leistung - wie hier - nach dem Willen der Kläger in allen Teilen, also hinsichtlich Regelleistungen und
Kosten für Unterkunft und Heizung, zur Überprüfung gestellt werden soll. Eine rechtliche Einschränkung des Prüfungsumfangs
ergibt sich aus diesem Grund auch nicht aus dem Vorbringen der Kläger, wonach sie die Berücksichtigung von Erwerbseinkommen
im streitigen Monat der Sache nach nicht beanstanden. Eine wirksame Beschränkung durch eine nur teilweise Anfechtung der Bescheide
liegt darin nicht, schon weil sie ihren Klageantrag nicht beziffert haben.
Damit sind sowohl der Bescheid vom 14.8.2007 als auch die Bescheide vom 27.8.2007 Gegenstand eines einheitlichen Widerspruchsverfahrens
iS des §
86 SGG. Alle diese Bescheide treffen aufeinander aufbauend eine Entscheidung hinsichtlich der Höhe der Leistungen und ändern damit
die ursprüngliche Bewilligung ab. Die Erklärungen der Kläger sowohl im Widerspruchsverfahren als auch im Klageverfahren sind
zwar dahin zu verstehen, dass sie die Berücksichtigung des Erwerbseinkommens in der Sache nicht beanstanden. Dies bedeutet
aber nicht, dass die Bescheide vom 27.8.2007 bestandskräftig werden sollten, denn ihre Bestandskraft stünde einem Anspruch
auf höhere Leistungen entgegen. Mit dem Widerspruchsbescheid vom 1.2.2008 hat der Beklagte schließlich über die geltend gemachten
höheren Leistungen unter allen rechtlichen Gesichtspunkten - und damit auch unter Berücksichtigung der Bescheide vom 27.8.2007
- entschieden. Das Vorverfahren als Klagevoraussetzung (§
78 SGG) ist damit durchgeführt.
2. Als Rechtsgrundlage für die von den Klägern begehrte Bewilligung von höheren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
kommt nur § 48 Abs 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) in Betracht. Die Vorschrift setzt ua voraus, dass in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines
Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Dabei sind für die Frage, ob bzw inwieweit
eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse dazu führt, dass der Ausgangsbescheid vom 1.6.2007 zugunsten der Kläger zu ändern
ist, grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen. Dabei ist auf die Rechtslage im damaligen
Bewilligungszeitraum abzustellen.
Zutreffend ist das SG davon ausgegangen, dass die Kläger zu 1 und 2 als erwerbsfähige Hilfebedürftige (vgl § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II) und die Kläger
zu 3 und 4, die als gemeinsame, nicht erwerbsfähige Kinder mit ihnen in Bedarfsgemeinschaft leben (vgl § 7 Abs 2, 3 SGB II),
dem Grunde nach Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (vgl §§ 19, 28 SGB II) haben. Wegen der Höhe ihrer
Ansprüche ist zunächst der Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft aus dem Bedarf jeder einzelnen Person zu ermitteln und sodann
das zu berücksichtigende Einkommen (vgl § 11 SGB II) im Verhältnis der Einzelbedarfe zum Gesamtbedarf zu verteilen (§ 9 Abs 2 Satz 3 SGB II). Entgegen der Auffassung des SG beträgt der Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft vorliegend allerdings lediglich 1164,69 Euro, zusammengesetzt aus einem
Bedarf der Eltern in Höhe von jeweils 312 Euro und der Kinder in Höhe von jeweils 54 Euro sowie tatsächlichen Kosten für Unterkunft
und Heizung in Höhe von 432,69 Euro. Das zugeflossene Kindergeld ist nämlich nach § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II vorliegend ausschließlich
zur Bedarfsdeckung der Kinder heranzuziehen und also vorab von ihren Bedarfen abzusetzen (vgl BSG SozR 4-4200 § 9 Nr 4 RdNr
24).
Bei der Ermittlung des Gesamteinkommens sind - wie bereits in den Monaten zuvor - das am 31.7.2007 zugeflossene Alg (dazu
im Einzelnen unter 3) sowie (zusätzlich) das Erwerbseinkommen in Höhe von 86,96 Euro (Nettoeinkommen in Höhe von 219,21 Euro
abzüglich der Freibeträge aus § 11 Abs 2 Satz 2 [100 Euro], § 30 SGB II [32,25 Euro]) zu berücksichtigen. Nach den Feststellungen des SG und dem ausdrücklichen Vorbringen der Kläger ergibt sich kein Hinweis, dass bezüglich des Gesamteinkommens im Monat Juli
2007 über den beim Erwerbseinkommen abgesetzten Betrag nach § 11 Abs 2 Satz 2 SGB II hinaus weitere Absetzungen vorzunehmen
wären. Dies gilt umso mehr, als der Beklagte das Alg im Juli 2007 versehentlich nur in Höhe von 741,42 Euro statt der tatsächlich
gezahlten 823,80 Euro zugrunde gelegt hat. Es wirkt sich wegen dieses Fehlers auf die Ansprüche der Kläger auch nicht aus,
dass bei Verteilung des Gesamteinkommens unter Zugrundelegung der soeben dargestellten Einzelbedarfe im Verhältnis zum Gesamtbedarf
sich richtigerweise geringfügig andere Individualansprüche ergeben hätten. Eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen
Verhältnissen ist damit im Juli 2007 (wegen des Zuflusses von Erwerbseinkommen) lediglich zu ihren Lasten, nicht aber zugunsten
der Kläger eingetreten.
3. Nach § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der
Leistungen nach dem SGB II, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) und den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen und Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit
erbracht werden. Dabei ist Einkommen iS des § 11 Abs 1 SGB II nach der Rechtsprechung der für die Grundsicherung für Arbeitsuchende
zuständigen Senate grundsätzlich alles das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er
vor Antragstellung bereits hatte (vgl nur BSG SozR 4-4200 § 11 Nr 17 RdNr 23; BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15, RdNr 18). Damit handelt es sich bei der Zahlung von Alg nach §§
117 ff
SGB III auf Grundlage des Bewilligungsbescheides vom 21.3.2007 im Grundsatz um laufendes Einkommen (vgl insoweit § 2 Abs 2 Arbeitslosengeld
II/Sozialgeld-Verordnung [Alg II-V]), was zwischen den Beteiligten auch nicht streitig ist.
a) Ohne Bedeutung für die Berücksichtigung als Einkommen ist dabei, dass es sich um eine Entgeltersatz- und Sozialleistung
nach vorangegangener versicherungspflichtiger Beschäftigung handelt. Der Zweck des Alg als Entgeltersatzleistung bei Arbeitslosigkeit
führt nicht dazu, im Alg eine zweckbestimmte Einnahme iS des § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB II zu sehen (vgl BSG SozR 4-4200
§ 11 Nr 19 RdNr 19 für Krankengeld nach dem Sozialgesetzbuch Fünftes Buch und BSG SozR 4-4200 § 11 Nr 22 RdNr 13 für das Insolvenzgeld).
Mit der Gewährung der Leistung wird den Leistungsempfängern ein bestimmter "Verwendungszweck" nicht auferlegt. Daraus folgt
zugleich, dass mit der materiell rechtswidrigen Zahlung von Alg nach Wegfall der Arbeitslosigkeit - anders als die Kläger
meinen - ein nach dem SGB II beachtlicher Zweck dieser Leistung nicht verfehlt wird.
b) Der Berücksichtigung des Alg steht die Rechtsprechung des Senats nicht entgegen, wonach nur solche Einnahmen in Geld oder
Geldeswert als Einkommen iS des § 11 Abs 1 SGB II anzusehen sind, die einen Zuwachs von Mitteln bedeuten, der dem Hilfebedürftigen
zur endgültigen Verwendung verbleibt (BSG Urteil vom 17.6.2010 - B 14 AS 46/09 R - BSGE 106, 185 = SozR 4-4200 § 11 Nr 30, RdNr 16). Entscheidend für die Privilegierung von bestimmten Zuflüssen ist nach dieser Rechtsprechung,
dass in dem Zeitpunkt, in dem die Einnahme als Einkommen berücksichtigt werden soll, der Zufluss bereits mit einer (wirksamen)
Rückzahlungsverpflichtung belastet ist. Jedenfalls sofern eine Verpflichtung zur Rückzahlung der laufenden Einnahme erst nach
dem Monat eintritt, für den sie berücksichtigt werden soll (zum Monatsprinzip bei laufenden Einnahmen vgl § 2 Abs 2 Alg II-V
in der bis zum 31.3.2011 geltenden Fassung), besteht die Verpflichtung des Hilfebedürftigen, die Leistung als "bereite Mittel"
in dem Monat des Zuflusses auch zu verbrauchen. Insbesondere können solche Rückstellungen nicht geschützt sein, die Leistungsempfänger
in Bezug auf möglicherweise eintretende, im Zeitpunkt des Zuflusses aber noch ungewisse, künftige Zahlungsverpflichtungen
vornehmen.
Damit ist das SG zutreffend davon ausgegangen, dass das im Juli ausgezahlte Alg auch für diesen Monat zu berücksichtigen ist. Zwar ist die
Arbeitslosigkeit des Klägers zu 1 als Leistungsvoraussetzung nach §
118 SGB III und damit das Stammrecht auf Alg vom Zeitpunkt der Arbeitsaufnahme (am 27.6.2007) an entfallen. Dies allein führt jedoch
nicht dazu, dass die Zahlung des Alg rechtswidrig geworden und bereits bei Auszahlung mit einem Rückzahlungsanspruch belastet
war (zur Unterscheidung von Stammrecht und Leistungsanspruch etwa BSGE 75, 235 = SozR 3-4100 § 100 Nr 5 mwN). So wie die BA an die Zuerkennung des Leistungsanspruchs gebunden ist, solange der Bewilligungsbescheid
Bestand hat, steht auch dem Kläger zu 1 in dieser Zeit ein Rechtsgrund für das Behalten der Leistung zur Seite. Ein auf einer
bindenden Bewilligung begründeter Leistungsbezug von Alg ist rechtmäßig, solange der Bewilligungsbescheid besteht (vgl nur
BSGE 61, 286, 287 = SozR 4100 § 134 Nr 31). Die fehlende Übereinstimmung des Bezuges mit dem materiellen Recht kann dem Kläger zu 1 gegenüber
also nicht vor der Aufhebung des Bescheides geltend gemacht werden, und zwar auch dann nicht, wenn er Kenntnis von der Rechtswidrigkeit
der Leistung hatte. Spiegelbildlich dazu können er und die übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft sich auf eine Rückzahlungsverpflichtung,
die der Berücksichtigung als Einkommen durch den Träger der Grundsicherung entgegenstehen könnte, erst berufen, wenn die Bindungswirkung
der Bewilligungsentscheidung nach den Regelungen der §§ 45, 48 SGB X aufgehoben worden ist. Insoweit kommt es allein auf den Zahlungsanspruch an, da nach dem oben Ausgeführten dieser Anspruch
(und nicht bereits das Stammrecht) den für § 11 Abs 1 SGB II entscheidenden Zufluss der Einnahme vermittelt. Die so getroffene
Abgrenzung ist schließlich sachgerecht auch deshalb, weil der Träger der Grundsicherung damit von einer Prüfung, ob bei materieller
Rechtswidrigkeit die zusätzlichen Voraussetzungen für eine Rücknahme für die Vergangenheit vorliegen, entbunden ist und es
allein auf die Aufhebung der Bewilligung durch die BA ankommt.
c) Zwar ist die Bewilligung von Alg mit Wirkung für die Vergangenheit - und also auch für den hier streitigen Zuflussmonat
- aufgehoben worden, die Rückzahlungsverpflichtung, die für die Bestimmung der Hilfebedürftigkeit allein maßgeblich ist, tritt
jedoch erst zukünftig ein. Die (bestandskräftig gewordene) Aufhebung der Bewilligungsentscheidung im August 2007 hat deshalb
im Verhältnis zum Träger der Grundsicherung lediglich die Bedeutung, dass die Hilfebedürftigen (erst) von diesem Zeitpunkt
an mit Schulden (gegenüber der BA) belastet sind. Solche Verpflichtungen sind aber grundsätzlich bei Bestimmung der Hilfebedürftigkeit
unbeachtlich (BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14/7b AS 10/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 18 RdNr 25; Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 ff = SozR 4-4200 § 11 Nr 15, RdNr 19; Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 70/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 19 RdNr 28; Urteil vom 13.5.2009 - B 4 AS 29/08 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 22 RdNr 13; Urteil vom 10.5.2011 - B 4 KG 1/10 R - SozR 4-5870 § 6a Nr 2, RdNr 18). Soweit das SG die Möglichkeit der Gewährung eines Sonderbedarfs (vgl § 23 Abs 1 SGB II) zur Deckung der Schulden erwogen hat, widerspräche eine solche Bewilligung dieser Rechtsprechung. Freiwillige Zahlungen
an die BA, wie sie der Kläger zu 1 offensichtlich geleistet hat, sind - auch wenn sie einem Versicherungsträger zugute kommen
- unbeachtlich (ausdrücklich BSG SozR 4-4200 § 11 Nr 18 RdNr 25 am Ende).
Soweit die Kläger - sinngemäß - eine Härte darin erkennen, dass (ihr Vorbringen als zutreffend unterstellt) die Überzahlung
vorliegend allein durch eine fehlerhafte Arbeitsweise der BA eingetreten ist und dieses fehlerhafte Verwaltungshandeln zu
dem Zufluss von Einkommen im Juli 2007 geführt hat, weist der Senat darauf hin, dass solche Sachverhalte im Verhältnis zum
Leistungsempfänger ausschließlich bei einer Entscheidung über den Erlass der aus dem Bescheid der BA vom 9.8.2007 begründeten
Erstattungsforderung (vgl § 76 Abs 2 Nr 3 Sozialgesetzbuch Viertes Buch) Berücksichtigung finden (vgl BSG SozR 3-4100 § 117
Nr 13 S 94). Ob Erstattungsansprüche der Träger untereinander bestanden hätten, kann vorliegend deshalb offen bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.