Anspruch auf Arbeitslosengeld II; Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung; Konzept zur Bestimmung der Angemessenheit
der Unterkunftskosten
Gründe:
I
Streitig ist, ob der Klägerin vom 1.11.2006 bis 30.4.2007 höhere Leistungen für Kosten der Unterkunft (KdU) und Heizung zustehen.
Die Klägerin bewohnte seit November 1991 eine 54,59 qm große 3-Zimmer-Wohnung in W zur Miete. Ab September 2006 wurde die
Bruttokaltmiete von 292,16 Euro auf 300,40 Euro je Monat angehoben. Zum 1.2.2007 mietete die Klägerin eine andere 3-Zimmer-Wohnung
in W, für die sie eine monatliche Bruttokaltmiete in Höhe von 290 Euro zu entrichten hat. Bereits Ende März 2006 hatte der
Beklagte die Klägerin darauf hingewiesen, dass ihre Bruttokaltmiete mit monatlich 292,16 Euro die zulässige Höchstgrenze von
252 Euro übersteige. Sie wurde daher aufgefordert, bis Ende Oktober 2006 die Unterkunftskosten durch in dem Schreiben näher
beschriebene Maßnahmen zu senken. Für die Zeit vom 1.11.2006 bis 30.4.2007 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen,
die lediglich eine Bruttokaltmiete in Höhe von 259 Euro je Monat berücksichtigten. Zur Begründung führte der Beklagte aus,
es könne nur noch eine angemessene Bruttokaltmiete in dieser Höhe zu Grunde gelegt werden (Bescheid vom 18.10.2006; Widerspruchsbescheid
vom 28.11.2006).
Das Sozialgericht (SG) hat den Beklagten verurteilt, der Klägerin Leistungen für KdU für die Zeit vom 1.11.2006 bis 30.4.2007 "unter Zugrundelegung
der tatsächlichen KdU" zu gewähren. Es sei nicht erkennbar, wie der Beklagte zu der von ihm angenommenen Mietobergrenze gekommen
sei. In einem solchen Falle sei auf die Wohngeldtabelle nach dem Wohngeldgesetz und damit für W auf einen Betrag von monatlich 280 Euro abzustellen. Hinzu käme ein pauschaler Zuschlag von 10 %, weil die
Werte nach der Wohngeldtabelle seit 2001 nicht erhöht worden seien. Die Mietobergrenze betrage damit monatlich 308 Euro, die
vorliegend nicht überschritten sei (Urteil vom 6.3.2008). Das Landessozialgericht (LSG) hat den Beklagten unter Abänderung
des Urteils des SG verurteilt, der Klägerin Leistungen für KdU für die Zeit vom 1.11. bis 31.12.2006 in Höhe von monatlich 283 Euro, für die
Zeit vom 1.1. bis 31.1.2007 in Höhe von 300,40 Euro sowie für die Zeit vom 1.2. bis 30.4.2007 in Höhe von monatlich 290 Euro
jeweils zzgl anerkannter Heizkosten zu gewähren. Der Beklagte habe zwar bei ausreichender Datengrundlage ein schlüssiges Konzept
zur Ermittlung der Mietobergrenze angewandt. Er habe jedoch unzutreffende Schlüsse gezogen, indem er die sich aus der Ermittlung
ergebenden Durchschnittsmieten als angemessene Mieten erachtet habe. Dies stehe zu der Produkttheorie in Widerspruch. Es habe
vielmehr ein Quadratmeterpreis abgeleitet werden müssen (Urteil vom 11.12.2008).
Der Beklagte rügt mit seiner Revision eine Verletzung von § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II. Er habe für die Bestimmung der angemessenen
Unterkunftskosten nicht nur ein schlüssiges Konzept angewandt, sondern hieraus auch zutreffende Schlüsse gezogen.
Er beantragt,
unter Aufhebung der Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 11.12.2008 und des Sozialgerichts Oldenburg
vom 6.3.2008 die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die Ausführungen des LSG für zutreffend.
II
Der Senat hat den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Der Senat kann auf Grund der vom
LSG festgestellten Tatsachen nicht abschließend beurteilen, ob der beklagte Grundsicherungsträger zur Feststellung der Angemessenheitsgrenze
von einem schlüssigen Konzept ausgegangen ist und die Angemessenheitsgrenze ohne Rechtsfehler festgesetzt hat.
1. Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid vom 18.10.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.11.2006 nur
noch insoweit, als er Leistungen für KdU für die Zeit vom 1.11.2006 bis 30.4.2007 regelt.
Die Beteiligten haben den Streitgegenstand zulässig auf die KdU beschränkt. Zwar sind nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
(BSG) bei einem Streit um höhere Leistungen grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen
(BSG SozR 4-4300 § 428 Nr 3 RdNr 16; BSG, Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 29/06 R = juris RdNr 18; Urteil vom 5.9.2007 - B 11b AS 49/06 R = SozR 4-4200 § 11 Nr 7 RdNr 19). Ein Bescheid kann im Einzelfall jedoch gleichwohl mehrere abtrennbare Verfügungen enthalten.
Um eine derartige abtrennbare Verfügung handelt es sich bei dem Betrag, der für die KdU nach § 22 SGB II bewilligt worden
ist (vgl hierzu im Einzelnen BSG, Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R, BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 19, 22; s auch BSG, Urteil vom 27.2.2008 - B 14/11b AS 55/06 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 9). Eine weitere Begrenzung des Streitgegenstands nur auf Leistungen für Unterkunftskosten, ohne
solche für Heizkosten, ist durch die in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG abgegebenen Prozesserklärungen hingegen nicht
eingetreten. Das im Hinblick auf die Heizkosten abgegebene "Teilanerkenntnis" setzt für eine Erledigung des Rechtsstreits
durch seine Annahme insoweit voraus, dass es sich um einen, hier nicht gegebenen, teilbaren Streitgegenstand handelt.
Nach Auslegung des Tenors der Entscheidung des LSG ergibt sich, dass dieses den Beklagten unter Abänderung des von der Klägerin
angefochtenen Bescheids verurteilt hat, Leistungen für KdU zu zahlen, und zwar für die Zeit vom 1.11. bis 31.12.2006 in Höhe
von monatlich 348,78 Euro (Bruttokaltmiete 283 Euro und Heizkosten 72 Euro, abzüglich Kosten für Warmwasseraufbereitung 6,22
Euro), für die Zeit vom 1. bis 31.1.2007 in Höhe von 366,18 Euro (300,40 Euro + 72 Euro - 6,22 Euro) und für die Zeit vom
1.2. bis 30.4.2007 in Höhe von monatlich 355,78 Euro (290 Euro + 72 Euro - 6,22 Euro). Da die Klägerin keine Revision eingelegt
hat, ist der Bescheid vom 18.10.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.11.2006 bestandskräftig geworden, soweit
damit höhere Leistungen abgelehnt worden sind.
2. Die Klägerin erfüllt die Grundvoraussetzungen des § 7 SGB II für Leistungen der Grundsicherung. Ihr Anspruch umfasst dem
Grunde nach auch Leistungen für KdU. Diese werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit sie angemessen sind
(vgl § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II). Damit lässt sich der Gesetzgeber - anders als bei der pauschalierten Regelleistung - bei den
Unterkunftskosten zunächst vom Prinzip der Einzelfallgerechtigkeit leiten, indem er anordnet, auf die tatsächlichen Unterkunftskosten
abzustellen. Diese sind im Grundsatz zu erstatten. Allerdings sind die tatsächlichen Kosten nicht in beliebiger Höhe erstattungsfähig,
sondern nur insoweit, als sie angemessen sind. Die Angemessenheitsprüfung limitiert somit die erstattungsfähigen Kosten der
Höhe nach. Die Angemessenheitsprüfung ist nicht ins Belieben der Verwaltung gestellt. Vielmehr sind weitere Konkretisierungen
erforderlich, die schon auf Grund des allgemeinen Gleichheitssatzes nach einheitlichen Kriterien erfolgen müssen. Zum anderen
fordert das Rechtsstaatsprinzip die Verlässlichkeit und Vorhersehbarkeit der Begrenzung.
Zur Konkretisierung der Angemessenheitsgrenze wird nach der Rechtsprechung des BSG in einem ersten Schritt die abstrakt angemessene
Wohnungsgröße und der Wohnungsstandard bestimmt sowie in einem zweiten Schritt festgelegt, auf welchen räumlichen Vergleichsmaßstab
für die weiteren Prüfungsschritte abzustellen ist. Insoweit ist das Vorgehen des LSG nicht zu beanstanden.
Das LSG hat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BSG zur Bestimmung der Angemessenheit der Wohnungsgröße auf die
Werte zurückgegriffen, welche die Länder auf Grund des § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung (WoFG) festgesetzt haben (vgl BSG, Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R, BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3 RdNr 19; Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R: Osnabrück). Nach § 10 WoFG können die Länder im geförderten Wohnungsbau Grenzen für Wohnungsgrößen festlegen, bis zu denen eine Förderung in Betracht
kommt. Der erkennende Senat sieht diesen Anknüpfungspunkt zwar als problematisch an (vgl zu seiner Kritik im Einzelnen das
zur Stadt München ergangene Urteil des Senats vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R, RdNr 16 f). Aus Gründen der Rechtssicherheit und der Praktikabilität hält er es aber derzeit für noch vertretbar, ebenso
wie die anderen Senate des BSG zu verfahren, bis der Verordnungsgeber eine auf der Grundlage des § 27 SGB II mögliche und
im Hinblick auf eine gleichmäßige Rechtsanwendung dringend wünschenswerte bundeseinheitliche Bestimmung angemessener Wohnungsgrößen
durch Verordnung selbst vorgenommen hat. Insoweit hat das LSG für die Klägerin zu Recht eine abstrakt angemessene Wohnungsgröße
von 50 qm zu Grunde gelegt.
Soweit das LSG die Stadt W als maßgeblichen Vergleichsraum angesehen hat, sind Rechtsfehler des LSG nicht erkennbar; der Beklagte
hat hiergegen auch keine Revisionsrügen erhoben. Bei der Festlegung des Vergleichsraumes geht es um die Ermittlung einer (angemessenen)
Referenzmiete am Wohnort oder im weiteren Wohnumfeld des Hilfebedürftigen. Daher sind ausgehend vom Wohnort des Hilfeempfängers
Vergleichsmaßstab diejenigen ausreichend großen Räume (nicht bloße Orts- oder Stadtteile) der Wohnbebauung, die auf Grund
ihrer räumlichen Nähe zueinander, ihrer Infrastruktur und insbesondere ihrer verkehrstechnischen Verbundenheit einen insgesamt
betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bilden (Einzelheiten dazu vgl Urteil des Senats vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R, RdNr 20-23, München).
3. Der Senat kann indessen auf Grund der bisherigen Feststellungen des LSG nicht beurteilen, welche Wohnungsmieten im maßgeblichen
Vergleichsraum (W) zu zahlen sind und welche davon als angemessen anzusehen sind.
a) Stehen die abstrakt angemessene Wohnungsgröße und der maßgebliche Vergleichsraum fest (vgl oben 2.), ist nach der Rechtsprechung
des BSG in einem dritten Schritt nach Maßgabe der Produkttheorie zu ermitteln, wie viel auf diesem Wohnungsmarkt für eine
einfache Wohnung aufzuwenden ist. Das heißt, Ziel der Ermittlungen des Grundsicherungsträgers ist es, einen Quadratmeterpreis
für Wohnungen einfachen Standards zu ermitteln, um diesen nach Maßgabe der Produkttheorie mit der dem Hilfeempfänger zugestandenen
Quadratmeterzahl zu multiplizieren und so die angemessene Miete feststellen zu können.
Eine pauschale bundeseinheitliche Grenze (Quadratmeterpreis) scheidet hierbei aus, da einerseits auf die konkreten Verhältnisse
abzustellen ist, die Kosten für Wohnraum in den einzelnen Vergleichsräumen andererseits sehr unterschiedlich sein können.
Um trotzdem ein gleichmäßiges Verwaltungshandeln auch innerhalb eines Vergleichsraums zu gewährleisten, muss die Ermittlung
der regionalen Angemessenheitsgrenze (Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R) auf Grundlage eines überprüfbaren "schlüssigen Konzepts" erfolgen. Das schlüssige Konzept soll die hinreichende Gewähr
dafür bieten, dass die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes wiedergegeben werden (vgl BSG, Urteil vom
18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R = FEVS 60, 145, 149; vgl auch BSG, Urteil vom 19.3.2008 - B 11b AS 41/06 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 7 RdNr 23). Dabei muss der Grundsicherungsträger nicht zwingend auf einen einfachen oder qualifizierten
Mietspiegel iS der §§ 558c und 558d
BGB abstellen (vgl Urteil des 7b. Senats vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R, BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3; BSG, Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R = juris RdNr 7). Entscheidend ist vielmehr, dass den Feststellungen des Grundsicherungsträgers ein Konzept zu Grunde liegt,
dieses im Interesse der Überprüfbarkeit des Ergebnisses schlüssig und damit die Begrenzung der tatsächlichen Unterkunftskosten
auf ein "angemessenes Maß" hinreichend nachvollziehbar ist.
Ein Konzept ist ein planmäßiges Vorgehen des Grundsicherungsträgers im Sinne der systematischen Ermittlung und Bewertung genereller,
wenngleich orts- und zeitbedingter Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Vergleichsraum und nicht nur ein
punktuelles Vorgehen von Fall zu Fall.
Schlüssig ist das Konzept, wenn es mindestens die folgenden Voraussetzungen erfüllt: Die Datenerhebung darf ausschließlich
in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen (keine Ghettobildung), es bedarf einer nachvollziehbaren
Definition des Gegenstandes der Beobachtung, zB welche Art von Wohnungen - Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto-
und Nettomiete [Vergleichbarkeit], Differenzierung nach Wohnungsgröße, Angaben über den Beobachtungszeitraum, Festlegung der
Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, zB Mietspiegel), Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten,
Validität der Datenerhebung, Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und Angaben
über die gezogenen Schlüsse (zB Spannoberwert oder Kappungsgrenze).
Bislang hat der Gesetz- und Verordnungsgeber davon abgesehen, der Verwaltung normative Vorgaben darüber zu machen, wie sie
die Angemessenheitsgrenze ermittelt. Die Verwaltung ist daher bis auf Weiteres nicht auf eine bestimmte Vorgehensweise festgelegt.
Sie selbst kann auf Grund ihrer Kenntnis der örtlichen Gegebenheiten am besten einschätzen, welche Vorgehensweise sich für
eine Erhebung der grundsicherungsrechtlich erheblichen Daten am besten eignen könnte. So kann es je nach Lage der Dinge etwa
ausreichend sein, die erforderlichen Daten bei den örtlichen Wohnungsbaugenossenschaften zu erheben, wenn die für Hilfeempfänger
in Betracht kommenden Wohnungen zum größten Teil im Eigentum dieser Genossenschaften steht. Hingegen sind derartige Auskünfte
allein nicht ausreichend, wenn die Genossenschaften über keinen ins Gewicht fallenden Anteil am Wohnungsbestand des Vergleichsraumes
verfügen und eine Mietpreisabfrage keine valide Datengrundlage für die Angemessenheitsgrenze ergeben kann.
Ein schlüssiges Konzept kann sowohl auf Wohnungen aus dem Gesamtwohnungsbestand (einfacher, mittlerer, gehobener Standard)
als auch auf Wohnungen nur einfachen Standards abstellen. Legt der Grundsicherungsträger seiner Datenerhebung nur die Wohnungen
so genannten einfachen Standards zu Grunde, muss er nachvollziehbar offen legen, nach welchen Gesichtspunkten er dabei die
Auswahl getroffen hat. In diesem Fall ist als Angemessenheitsgrenze der Spannenoberwert, dh der obere Wert der ermittelten
Mietpreisspanne zu Grunde zu legen.
Für die Datenerhebung kommen nicht nur die Daten von tatsächlich am Markt angebotenen Wohnungen in Betracht, sondern auch
von bereits vermieteten (Urteil des Senats vom 19.2..2009 - B 4 AS 30/08 R = juris RdNr 24). Im Gegensatz zur Erstellung von Mietspiegeln oder Mietdatenbanken, deren wesentliches Anliegen das dauerhafte
Funktionieren des Marktes frei finanzierter Mietwohnungen ist (Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Hinweise
zur Erstellung von Mietspiegeln, Stand Juli 2002, S 3), ist im Rahmen der KdU grundsätzlich sämtlicher Wohnraum zu berücksichtigen,
der auch tatsächlich zu diesem Zweck vermietet wird; so etwa auch Wohnraum, bei dem die Miethöhe durch Gesetz oder im Zusammenhang
mit einer Förderzusage festgelegt worden ist. Nicht zu berücksichtigen ist hingegen Wohnraum, dessen Miete keinen zuverlässigen
Aufschluss über die örtlichen Gegebenheiten bringen kann; so etwa Wohnraum in Wohnheimen oder Herbergen und Gefälligkeitsmietverhältnisse
(zB Vereinbarung von besonders niedrigen Mieten zwischen Verwandten). Auszunehmen ist auch Wohnraum, der in der Regel nicht
länger als ein halbes Jahr und damit nach Auffassung des Senats nur vorübergehend vermietet werden soll (zB Ferienwohnungen,
Wohnungen für Montagearbeiter).
Die erhobenen Daten müssen vergleichbar sein, das heißt, ihnen muss derselbe Mietbegriff zu Grunde liegen. Typischerweise
ist dies entweder die Netto- oder die Bruttokaltmiete. Wird die Nettokaltmiete als Grundlage gewählt, sind die kalten Nebenkosten
(Betriebskosten) von der Bruttokaltmiete abzuziehen. Ist die Bruttokaltmiete Vergleichsbasis, müssen auch Daten zu den vom
Mieter gesondert zu zahlenden Betriebskosten erhoben werden. Wird Wohnraum etwa (teil-)möbliert vermietet und lässt sich das
für die Nutzung der Möbel zu entrichtende Entgelt bestimmen, ist dieser Betrag, ansonsten ein nach dem räumlichen Vergleichsmaßstab
hierfür üblicherweise zu zahlender Betrag herauszurechnen.
Entschließt sich der Grundsicherungsträger zur Erstellung eines grundsicherungsrelevanten Mietspiegels, wird dies aus finanziellen
Gründen regelmäßig nur auf der Basis einer Stichprobe erfolgen können. Hier bietet es sich an, sich hinsichtlich Stichprobenumfang
und Auswertung etc an den für Mietspiegel geltenden Standard anzulehnen (vgl dazu Bundesministerium für Verkehr, Bau- und
Wohnungswesen, Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln, Stand Juli 2002, S 38 f): Die Stichprobe kann, muss aber nicht proportional
vorgenommen werden. Proportional bedeutet in diesem Zusammenhang, dass in einer solchen Stichprobe alle wesentlichen Teilmengen
der Grundgesamtheit in ähnlichen Proportionen auch enthalten sind (Börstinghaus/Clar, Mietspiegel, 1997, RdNr 650).
b) Die Stadt W hat zwar Daten über Mietpreise und Wohnungsbestand erhoben. Es kann jedoch nicht beurteilt werden, ob aus diesem
Datenbestand zutreffende Schlüsse auf die Angemessenheitsgrenze gezogen werden können. Solche Rückschlüsse setzen zunächst
voraus, dass nachvollziehbar ist, welche Wohnungen in die Datenerhebungen einbezogen wurden. Schon hieran fehlt es im vorliegenden
Fall. Im vorliegenden Fall wird das LSG daher prüfen müssen, nach welchen Kriterien der beklagte Grundsicherungsträger die
von ihm ausgewerteten Daten erhoben hat, insbesondere welche Wohnungen dabei berücksichtigt wurden. Ergeben diese Ermittlungen
eine brauchbare Datengrundlage (zu den weiteren Erfordernissen siehe oben), wird das LSG möglicherweise in die Lage versetzt,
eine Angemessenheitsgrenze selbst zu bestimmen. Ist dies nicht möglich, kann hier offen bleiben, ob hilfsweise zur Höhenbegrenzung
auf die Wohngeldtabelle zurückzugreifen ist. Denn jedenfalls liegen deren Werte im vorliegenden Fall über den tatsächlichen
Kosten der Klägerin für ihre Unterkunft.
c) Es ist im Wesentlichen Sache der Grundsicherungsträger, für ihren Zuständigkeitsbereich ein schlüssiges Konzept zu entwickeln,
auf dessen Grundlage die erforderlichen Daten zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenze zu erheben und auszuwerten. Die anhand
eines solchen Konzeptes erzielbaren Erkenntnisse sind vom Grundsicherungsträger daher grundsätzlich schon für eine sachgerechte
Entscheidung im Verwaltungsverfahren notwendig und in einem Rechtsstreit vom Grundsicherungsträger vorzulegen. Entscheidet
der Grundsicherungsträger ohne eine hinreichende Datengrundlage, ist er im Rahmen seiner prozessualen Mitwirkungspflicht nach
§
103 Satz 1, 2. Halbsatz
SGG gehalten, dem Gericht eine möglichst zuverlässige Entscheidungsgrundlage zu verschaffen und ggf eine unterbliebene Datenerhebung
und -aufbereitung nachzuholen. Es kann von dem gemäß § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB II für die Leistungen nach § 22 SGB II zuständigen
kommunalen Träger erwartet werden, dass er die bei ihm vorhandenen Daten sowie die persönlichen und/oder sachlichen Voraussetzungen
für die Erhebung und Auswertung der erforderlichen Daten zur Verfügung stellt. Diese Ermittlungspflicht geht nicht ohne Weiteres
auf das Sozialgericht über, wenn sich das Konzept des Grundsicherungsträgers als nicht tragfähig (schlüssig) erweist oder
bei einem an sich schlüssigen Konzept die erforderlichen Daten nicht oder nicht ordnungsgemäß erhoben worden sind.
d) Liegt der Bestimmung der Angemessenheitsgrenze des Grundsicherungsträgers ein schlüssiges Konzept nicht zu Grunde, besteht
für das Sozialgericht die Möglichkeit, den angefochtenen Verwaltungsakt innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Eingang
der Akten alle Bescheide nach §
131 Abs
2 SGG aufzuheben. Die Belange der Beklagten können dadurch gewahrt werden, dass das Gericht bis zum Erlass eines neuen Verwaltungsaktes
eine einstweilige Regelung trifft (§
131 Abs
5 Satz 2
SGG) die auch in der Verpflichtung zur Fortzahlung der tatsächlichen Unterkunftskosten bestehen kann. Steht nach Ausschöpfung
aller Ermittlungsmöglichkeiten zur Überzeugung des Gerichts fest, dass keine solchen Erkenntnismöglichkeiten mehr vorhanden
sind - etwa durch Zeitablauf - sind vom Grundsicherungsträger die tatsächlichen Aufwendungen des Hilfebedürftigen für Unterkunft
zu übernehmen. Sie sind allerdings auch in diesem Fall nicht völlig unbegrenzt zu übernehmen, sondern nur bis zur Höhe der
durch einen Zuschlag maßvoll erhöhten Tabellenwerte in § 8 WoGG.
4. Unzutreffende Angaben des Grundsicherungsträgers zur Angemessenheit des Wohnraums können einen Anspruch auf Übernahme zu
hoher KdU auf Grund des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II (bis 31.7.2006: § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II) begründen, wenn diese Angaben zur
Unmöglichkeit von Kostensenkungsmaßnahmen führen (vgl hierzu eingehend Urteil des Senats vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R: München = juris RdNr 27 ff). Die nicht ausreichenden Tatsachenfeststellungen des LSG lassen ein abschließendes Urteil
des Senats darüber, ob der Beklagte falsche oder irreführende und für die erfolglose Wohnungssuche ursächliche Angaben gemacht
hat, allerdings nicht zu, weshalb das LSG ggf auch insoweit weitere Feststellungen zu treffen hat.
5. Kommt das LSG unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen zu dem Ergebnis, dass der Klägerin in einem Monat des
streitgegenständlichen Zeitraums Leistungen für KdU (Unterkunftskosten + 72 Euro - 6,22 Euro) zustehen, die hinter dem insoweit
ausgeurteilten Betrag zurückbleiben, so wird es auch noch zu prüfen haben, ob der Fälligkeitszeitpunkt des seitens der GEW
GmbH mit Rechnung vom 30.10.2006 geltend gemachten Nachzahlungsbetrages in diesen Monat fällt und in welcher Höhe der Nachzahlungsbetrag
Heizkosten enthält. Diese wären in dem betreffenden Monat bedarfserhöhend zu berücksichtigen (vgl BSG, Urteil vom 15.4.2008
- B 14/7b AS 58/06 R = SozR 4-4200 § 9 Nr 5 RdNr 36).
6. Weiter wird das LSG die Rundungsvorschrift des § 41 Abs 2 SGB II zu beachten haben.
7. Ist schon eine Zurückverweisung der Sache an das LSG deshalb geboten, weil hinreichende Tatsachenfeststellungen zur Bestimmung
der angemessenen Unterkunftskosten fehlen, kommt es auf den vom Beklagten geltend gemachten Verfahrensfehler, ihm sei insoweit
nicht ausreichend rechtliches Gehör gewährt worden (Art
103 Abs
1 GG, §
62 SGG), nicht an.
Das LSG wird auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden haben.