Sozialversicherungspflicht einer Tätigkeit als Physiotherapeutin in einer Praxis für Physiotherapie
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über die Nachforderung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung (GRV), gesetzlichen Krankenversicherung
(GKV), zur sozialen Pflegeversicherung (sPV) und nach dem Recht der Arbeitsförderung.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die eine Praxis für Physiotherapie betreibt. Ihre ca 470 qm
große Praxis bestand ua aus acht Behandlungsräumen. Sie verfügt über eine Krankenkassenzulassung als Heilmittelerbringerin
und beschäftigte drei Vollzeitkräfte je 38,75 Stunden pro Woche sowie zwei Teilzeitkräfte je 20 Stunden pro Woche. Zudem waren
zwei Mitarbeiter an der Anmeldung beschäftigt. Die Beigeladene zu 1. ist ausgebildete Krankengymnastin und Physiotherapeutin.
Sie ist seit 2001 als Krankengymnastin tätig und besaß im vorliegend maßgebenden Zeitraum von 2004 bis 2007 keine eigene Krankenkassenzulassung.
Sie verfügte weder über eigene Geschäfts- und Behandlungsräume noch beschäftigte sie Arbeitnehmer. Die Tätigkeit der Beigeladenen
zu 1., die überwiegend in Form von Hausbesuchen bei Patienten erfolgte, wurde in der Weise vergütet, dass die Klägerin aufgrund
ihrer Zulassung die Abrechnung der von der Beigeladenen zu 1. an Patienten erbrachten Leistungen gegenüber der Krankenkasse
übernahm und von der Krankenkassenvergütung einen prozentualen Abschlag einbehielt. Die Beigeladene zu 1. war freiwillig versichertes
Mitglied der zu 2. beigeladenen Krankenkasse und entrichtete Beiträge zu einer Berufshaftpflichtversicherung. Neben der Tätigkeit
bei der Klägerin war die Beigeladene zu 1. für ein Therapiezentrum tätig.
Die beklagte Deutsche Rentenversicherung Braunschweig-Hannover führte im August 2008 bei der Klägerin eine Betriebsprüfung
hinsichtlich des Prüfzeitraums 1.1.2004 bis 31.12.2007 durch. Nach Anhörung der Klägerin forderte die Beklagte von dieser
wegen Beschäftigung der Beigeladenen zu 1. ua Beiträge zur GRV, GKV, sPV, und nach dem Recht der Arbeitsförderung in Höhe
von 27 262,63 Euro (inklusive Säumniszuschläge in Höhe von 6656,50 Euro) nach (Bescheid vom 12.1.2009). Der Widerspruch der
Klägerin blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 11.5.2009).
Das SG hat die Bescheide der Beklagten aufgehoben und festgestellt, dass die Beigeladene zu 1. in ihrer Tätigkeit als Physiotherapeutin
und Krankengymnastin seit 1.1.2004 nicht in einer abhängigen Beschäftigung bei der Klägerin gestanden habe (Urteil vom 2.5.2012).
Das LSG hat unter Abänderung des SG-Urteils sowie der Bescheide die Berufung der Beklagten zurückgewiesen, soweit die Erhebung von Säumniszuschlägen in Höhe
von 6656,50 Euro betrifft; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Zwar
lägen zahlreiche Merkmale einer selbstständigen Tätigkeit vor. Es überwögen aber die typusbildenden Merkmale, die für eine
abhängige, sozialversicherungspflichtige Beschäftigung sprächen. Dies seien insbesondere die rechtliche Ausgestaltung des
Verhältnisses, die Eingliederung der Beigeladenen zu 1. in den Betrieb der Klägerin, die ihr fehlende eigene Betriebsstätte
und das ihr fehlende Unternehmerrisiko. Besonders sei zu berücksichtigen, dass die rechtliche Ausgestaltung der Beziehung
zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. durch die zwingenden Vorgaben des Leistungserbringerrechts des
SGB V (§
124 Abs
1, §
125 Abs
4 SGB V) definiert sei. Es weise der Klägerin als einem zugelassenen Leistungserbringer nach dem Recht der GKV die Verantwortung
für die von ihr abgerechneten Leistungen zu. Die rechtlichen Bindungen, die nach dem Zulassungsrecht zu beachten seien, könnten
ein Indiz dafür sein, wie die Beziehungen zu den in der Praxis tätigen Mitarbeitern zu regeln seien (Hinweis ua auf BSG SozR 2200 § 165 Nr 96). Unter Anwendung dieser Maßstäbe sei vorliegend anzunehmen, dass der Klägerin eine entscheidende Weisungs- und Entscheidungsbefugnis
zugekommen und die Beigeladene zu 1. in die von der Klägerin vorgegebene Arbeitsorganisation eingegliedert gewesen sei. Zu
Unrecht habe die Beklagte allerdings Säumniszuschläge erhoben. Die Klägerin habe glaubhaft gemacht, dass sie von ihrer Pflicht
zur Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen mit Blick auf Rechtsprechung des BSG (SozR 2200 § 165 Nr 96), nach der eine Krankengymnastin freie Mitarbeiterin gewesen sei, unverschuldet keine Kenntnis gehabt habe (Urteil
vom 24.9.2014).
Dagegen wenden sich die Klägerin mit ihrer Revision und die Beklagte mit ihrer Anschlussrevision.
Die Klägerin rügt eine Verletzung von §
7 Abs
1 S 1
SGB IV. Zu Unrecht habe das LSG Beschäftigung bejaht. Die Beigeladene zu 1. habe im Rahmen ihrer freiberuflichen Tätigkeit für sie
die gleiche Stellung wie ein Subunternehmer im werkvertraglichen Bereich gehabt. Die Leistungen der Beigeladenen zu 1. seien
ausschließlich von ihr vergütet worden. Zwar treffe sie (die Klägerin) nach außen hin die Haftung und Verantwortung für die
von der Beigeladenen zu 1. erbrachten Leistungen und sie müsse sicherstellen, dass die Leistungen der Beigeladenen zu 1. den
Anforderungen des Zulassungsrechts entsprächen. Dies habe aber im Rahmen von vertraglichen Absprachen mit der Beigeladenen
zu 1. sichergestellt werden können. Jedenfalls könne hieraus kein arbeitsvertragliches Weisungsrecht abgeleitet werden. Das
Fehlen einer eigenen Betriebsstätte der Beigeladenen zu 1. sei irrelevant, weil es gerade um Behandlungen im Rahmen von Hausbesuchen
gegangen sei. Die Beigeladene zu 1. habe ein unternehmerisches Risiko getragen, indem sie einen eigenen PKW benutzt und eine
eigene Haftpflichtversicherung abgeschlossen habe. Auch sei die Beigeladene zu 1. noch für ein mit ihr (der Klägerin) im Wettbewerb
stehendes Therapiezentrum tätig gewesen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 24. September 2014 aufzuheben und die Berufung der Beklagten
gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 2. Mai 2012 insgesamt zurückzuweisen,
ferner,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 24. September 2014 zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen,
ferner,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Sie rügt mit ihrer Anschlussrevision eine Verletzung von §
24 Abs
2 SGB IV, soweit das LSG ihre Berufung hinsichtlich der Erhebung von Säumniszuschlägen zurückgewiesen hat. Für die Klägerin habe eine
Verpflichtung bestanden, sich bei einer geeigneten Stelle über die Frage der Sozialversicherungspflicht der Beigeladenen zu
1. aufgrund Beschäftigung zu erkundigen. Nichthandeln könne nicht zu einer unverschuldeten Unkenntnis führen. Im Übrigen verteidigt
sie das LSG-Urteil.
Die Beigeladenen zu 2. bis 4. teilen die Rechtsauffassung der Beklagten hinsichtlich des Vorliegens von Beschäftigung. Die
Beigeladene zu 1. hat sich nicht geäußert.
II
A. Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet.
1. Das LSG ist in seinem Urteil zutreffend dazu gelangt, dass die Beklagte gemäß § 28p Abs 1 S 5
SGB IV nach Durchführung einer Betriebsprüfung berechtigt war, durch Bescheid vom 12.1.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 11.5.2009 von der Klägerin Sozialversicherungsbeiträge nachzufordern. Es ist dabei von den in der Rechtsprechung des BSG zum Vorliegen von Versicherungspflicht begründender Beschäftigung aufgestellten Grundsätzen ausgegangen (hierzu a). Revisionsrechtlich
beanstandungsfrei ist es zu dem Ergebnis gekommen, dass die Beigeladene zu 1. in ihrer Tätigkeit für die Klägerin aufgrund
Beschäftigung im Zeitraum von 2004 bis 2007 in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtig war (dazu b); die
tatsächlichen - das Revisionsgericht nach §
163 SGG bindenden - Feststellungen des LSG reichen jedoch nicht aus, um dieses Ergebnis auch (wie vom LSG vorgenommen) auf eine Berücksichtigung
der Regelungen des Leistungserbringungsrechts der GKV zu stützen (dazu c). Diesem Ergebnis steht die frühere Rechtsprechung
des Senats zur fehlenden Versicherungspflicht einer Krankengymnastin in einem anderen entschiedenen Fall nicht entgegen (dazu
d).
a) Im Zeitraum 2004 bis 2007, um den es hier geht, unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, in der
GKV, sPV und GRV sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung der Versicherungspflicht (vgl §
5 Abs
1 Nr
1 SGB V, §
20 Abs
1 S 2 Nr
1 SGB XI, §
1 S 1 Nr
1 SGB VI und §
25 Abs
1 S 1
SGB III in den jeweils geltenden Fassungen). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung ist §
7 Abs
1 SGB IV in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere
in einem Arbeitsverhältnis (§
7 Abs
1 S 1
SGB IV); Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation
des Weisungsgebers (§
7 Abs
1 S 2
SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in
einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer,
Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich
bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein.
Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen
Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und
Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen
nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 21 RdNr 13 mwN; BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 15 mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen Beschäftigung und selbstständiger
Tätigkeit vgl BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11). Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der
Beschäftigung bzw der selbstständigen Tätigkeit setzt dabei voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht
kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht
eingestellt und nachvollziehbar, dh den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden
(vgl insoweit insbesondere BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 LS und RdNr 25).
Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen
Vereinbarungen auszugehen. Dazu haben Verwaltung und Gerichte zunächst deren Inhalt konkret festzustellen. Liegen schriftliche
Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen
erfolgt sind. Diese sind ebenfalls nur maßgebend, soweit sie rechtlich zulässig sind (vgl BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 16 mwN). Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen
und auszuschließen, dass es sich hierbei um einen bloßen "Etikettenschwindel" handelt, der uU als Scheingeschäft iS des §
117 BGB zur Nichtigkeit dieser Vereinbarungen und der Notwendigkeit führen kann, ggf den Inhalt eines hierdurch verdeckten Rechtsgeschäfts
festzustellen. Erst auf Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende
Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren
Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (zum Vorstehenden
vgl insgesamt BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2400 § 7 Nr 25 vorgesehen).
b) In Anwendung dieser Grundsätze hat das LSG im Ergebnis beanstandungsfrei das Vorliegen von Beschäftigung bejaht.
aa) Das LSG hat die Vertragsbeziehungen zwischen Klägerin und Beigeladener zu 1. und deren Umsetzung in der Praxis gewürdigt.
Es hat festgestellt, dass ein schriftlicher, die Rechtsbeziehungen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. regelnder Rahmenvertrag
nicht geschlossen wurde. Nach den mündlich getroffenen Vereinbarungen sollte die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. im Rahmen
einer selbstständigen, freien Mitarbeit durchgeführt werden. In der Ausübung ihrer Tätigkeit sollte die Beigeladene zu 1.
nach dem Willen der Beteiligten frei sein, feste Arbeitszeiten waren nicht vereinbart, Vertretungsregelungen wurden nicht
getroffen, eine Bindung an Öffnungszeiten oder eine Anwesenheitspflicht der Beigeladenen zu 1. bestand nicht. Ein fester Stundensatz
oder ein monatliches Arbeitsentgelt wurden nicht vereinbart. Die Beigeladene zu 1. konnte frei entscheiden, ob sie die Behandlung
von Patienten, die ihr von der Klägerin angetragen wurde, übernahm. Falls die Beigeladene zu 1. einen Patienten übernommen
hatte, nahm sie Terminvereinbarungen und -änderungen mit diesem vor. Zur Durchführung ihrer überwiegenden Tätigkeit in Form
von Hausbesuchen benutzte sie einen eigenen PKW, dessen Kosten für Betrieb und Unterhaltung sie selbst aufbrachte. Die Beigeladene
zu 1. stellte ihre Leistungen der Klägerin monatlich in Rechnung. In einer im Gerichtsverfahren vorgelegten Abrechnung für
Januar 2007, die in der SG-Akte enthalten ist, waren Angaben zu den Krankenkassen, den ihnen zugeordneten Leistungen mit Preis und Anzahl, sowie die
Namen von Versicherten, bei denen Hausbesuche durchgeführt wurden, enthalten. Von der Summe der Leistungen setzte die Beigeladene
zu 1. 15 % ab und addierte sodann einen Betrag für Fahrkosten.
bb) Bei Vertragsgestaltungen der vorliegenden Art ist für die Frage der Versicherungspflicht jeweils auf die Verhältnisse
abzustellen, die nach Annahme des einzelnen Angebots (hier: Behandlungsregime eines Patienten) während dessen Durchführung
bestehen (vgl zuletzt BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - Juris RdNr 19 mwN - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2400 § 7 Nr 25 vorgesehen).
cc) Im Ergebnis zu Recht hat das LSG angenommen, dass nach dem Gesamtbild der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. für die Klägerin
die für das Vorliegen von Beschäftigung sprechenden Merkmale überwiegen. Zwar deuten einige vom Berufungsgericht festgestellte
Indizien auf Selbstständigkeit (dazu [1]). Die für Beschäftigung sprechenden Merkmale (dazu [2]), und fehlende ins Gewicht
fallende Merkmale für unternehmerische Freiheiten bzw ein Unternehmerrisiko der Beigeladenen zu 1. (dazu [3]) geben im Rahmen
einer Gesamtabwägung indessen den Ausschlag für das Vorliegen von Beschäftigung (dazu [4]).
(1) Für Selbstständigkeit sprechen Freiheiten der Beigeladenen zu 1. bei der Ausübung der Tätigkeit: Sie war nicht an bestimmte
Arbeitszeiten gebunden, es bestand keine Anwesenheitspflicht. Sie konnte Terminvereinbarungen mit den Patienten treffen. Sie
benutzte zur Durchführung ihrer Tätigkeit, (insbesondere) soweit sie Hausbesuche bei Patienten tätigte, einen eigenen PKW
und brachte dessen Basiskosten für Betrieb und Unterhaltung im Ausgangspunkt selbst auf (zur Bedeutung der Fahrkostenerstattung
durch die Klägerin siehe unten). Hinzu kommt, dass zwischen den Beteiligten eine feste Arbeitszeit, ein fester Stundensatz
oder ein monatliches Arbeitsentgelt nicht vereinbart war.
(2) Für Beschäftigung spricht demgegenüber die Eingebundenheit der Beigeladenen zu 1. in die betriebliche Organisation der
Klägerin, und zwar auch soweit sie krankengymnastische Leistungen bei Hausbesuchen erbrachte: Der Erstkontakt zu den Patienten
fand ausschließlich über die Klägerin statt. Nur die Klägerin trat nach außen hin als verantwortliche Praxisbetreiberin und
gegenüber den Patienten als Heilmittelerbringerin auf. Behandlungsangebote an die Beigeladene zu 1. erfolgten ausschließlich
durch die Klägerin. Die Beigeladene zu 1. unterhielt keine eigene Patientenkartei. Sie verfügte - anders als die Klägerin
- auch nicht über eigene Betriebsräume bzw über eine eigene Betriebsstätte. Zwar waren diese für die Tätigkeit der Beigeladenen
zu 1. überwiegend nicht erforderlich, weil sie regelmäßig Hausbesuche erledigte. Für diese Hausbesuche erhielt die Beigeladene
zu 1. eine Erstattung ihrer Fahrkosten durch die Klägerin; auch Behandlungskontakte in Form von Hausbesuchen wurden von der
Klägerin in der beschriebenen Weise herbeigeführt, finanziell abgewickelt und so organisatorisch wesentlich in die Hand genommen.
Wenn Behandlungen in den Räumen der Klägerin stattfanden, bedurften sie stets Absprachen, wenngleich diese auch nach dem Vorbringen
der Beteiligten reibungslos erfolgten. Arbeitsmittel wie Massageliegen, Handtücher, Bestuhlung für die Wartezeit und Ähnliches
wurden der Beigeladenen zu 1. von der Klägerin zur Verfügung gestellt. Soweit - nach den Ausführungen des SG - im Fall einer Behandlung in den Räumen der Klägerin ein erhöhter Abzugsbetrag von 30 % statt 15 % durch die Klägerin geltend
gemacht wurde, fällt dies gegen die dargestellte Einbindung der Beigeladenen zu 1. in die Organisationsstruktur der Klägerin
nicht entscheidend ins Gewicht.
(3) Unternehmerische Freiheiten der Beigeladenen zu 1. bzw ein sie treffendes Unternehmerrisiko sind ausgehend von den Feststellungen
des LSG allenfalls ansatzweise ersichtlich. So war die Beigeladene zu 1. zwar auch für einen anderen Auftraggeber tätig. Auch
setzte sie einen eigenen PKW ein, wobei die Feststellungen des LSG schon nicht den Schluss zulassen, dass sie den PKW ausschließlich
oder überwiegend gezielt für ihre Tätigkeit angeschafft und eingesetzt hat (vgl insoweit allgemein BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - Juris RdNr 37 - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2400 § 7 Nr 25 vorgesehen). Demgegenüber trat die Beigeladene zu
1. im Zusammenhang mit der vorliegend allein zu beurteilenden Tätigkeit bei der Klägerin nicht in rechtlich relevantem Maße
nach außen unternehmerisch am Markt auf. Vielmehr erbrachte sie ihre Leistungen an Patienten ausschließlich im Namen der Klägerin.
Es war für die Patienten nicht wahrnehmbar, dass die Beigeladene zu 1. selbstständige Physiotherapeutin gewesen sein sollte.
Die Beigeladene zu 1. beschäftigte ihrerseits kein eigenes Personal. Sie erbrachte ihre Leistung nur in eigener Person und
ließ sich nicht durch eigene Mitarbeiter vertreten. Die Beigeladene zu 1. musste kein eigenes Wagniskapital einsetzen. Sie
war auch am wirtschaftlichen Erfolg der Praxis der Klägerin nicht eigenständig und unabhängig vom Ausmaß des eigenen persönlichen
Arbeitseinsatzes (der Beigeladenen zu 1.) beteiligt. Allein der Umstand, dass jemand von seinem Vertragspartner keinen für
Beschäftigte typischen sozialen Schutz zur Verfügung gestellt erhält, führt noch nicht zur Annahme eines unternehmerischen
Risikos; einem solchen Risiko müssen vielmehr - um sozialversicherungsrechtliche Folgen auslösen zu können - auch größere
Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft oder größere Verdienstchancen
gegenüberstehen; auch aus dem (allgemeinen) Risiko, außerhalb der Erledigung einzelner Aufträge zeitweise die eigene Arbeitskraft
ggf nicht verwerten zu können, folgt kein Unternehmerrisiko (vgl zum Ganzen die stRspr des Senats, vgl BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - Juris RdNr 36 mwN - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2400 § 7 Nr 25 vorgesehen).
(4) Unter Abwägung aller Merkmale führt das Gesamtbild der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. für die Klägerin zum Vorliegen
von Beschäftigung.
Ausschlaggebend dafür ist in erster Linie der Grad der Einbindung der Beigeladenen zu 1. in die Arbeitsabläufe und die Organisationsstruktur
der Klägerin, und zwar auch, soweit sie Hausbesuche wahrnahm; denn darauf, dass der Betroffene eine Tätigkeit in einer konkreten
Betriebsstätte eines Arbeitgebers ausübt, kommt es für die Bejahung von Beschäftigung nicht an, solange die zu beurteilende
Tätigkeit im Wesentlichen fremdbestimmt organisiert wird. So verhielt es sich hier: Die Beigeladene zu 1. behandelte im Abrechnungsverhältnis
zur Klägerin ausschließlich Patienten, deren Behandlung ihr auch von der Klägerin angetragen wurde. Der erste Kontakt des
Patienten zum Leistungserbringer erfolgte ausschließlich über die Klägerin. Dass nach Behandlungsübernahme durch die Beigeladene
zu 1. Terminabsprachen zwischen ihr und den Patienten erfolgten, fällt demgegenüber nicht ins Gewicht. Nach außen ("am Markt")
trat lediglich die Praxis der Klägerin in Erscheinung, lediglich die konkrete Durchführung der Behandlung oblag der Beigeladenen
zu 1. Damit beschränkte sich das Verhältnis zwischen Klägerin und Beigeladener zu 1. nicht auf die bloße Abrechnung der Leistungen
gegenüber den Krankenkassen, sondern umfasste weitergehende organisatorische Aspekte: So verfügte die Beigeladene zu 1. insbesondere
nicht über eine eigene Patientenkartei. Die Fahrkosten, die der Beigeladenen zu 1. entstanden, wurden ihr von der Klägerin
erstattet. Die Beigeladene zu 1. verfügte über keine eigenen Behandlungsräume. Bei der durchaus erforderlichen Inanspruchnahme
von Räumen der Klägerin ist vor diesem Hintergrund unter dem Blickwinkel des sozialversicherungsrechtlichen Status jedenfalls
hinsichtlich der Einbindung in die Organisationsstruktur und in die Arbeitsabläufe der Klägerin kein rechtlich bedeutsamer
Unterschied im Vergleich zu den anderen, "festangestellten" Beschäftigten der Klägerin ersichtlich.
Dem Umstand, dass die Beigeladene zu 1. neben ihrer Tätigkeit für die Klägerin auch noch für ein Therapiezentrum tätig war,
führt zu keinem anderen Ergebnis. Auch bei Beschäftigten ist es durchaus nicht ungewöhnlich, dass sie noch für einen weiteren
Arbeitgeber erwerbstätig sind (zB in Form einer Nebenbeschäftigung), ohne dass sich der sozialversicherungsrechtliche Charakter
der ersten Tätigkeit deshalb abweichend beurteilen müsste. Über die Frage der Rentenversicherungspflicht als Selbstständiger
wegen dauerhafter Tätigkeit im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber (§
2 S 1 Nr 9 Buchst b
SGB VI) ist vorliegend im Übrigen nicht zu entscheiden.
Soweit in der aktuellen instanzgerichtlichen Rechtsprechung bisweilen die Selbstständigkeit einer von einer Praxis eingesetzten
Physiotherapeutin bejaht wurde (vgl LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 14.10.2015 - L 4 R 3874/14 - Juris), ist auch daraus für den vorliegenden Rechtsstreit nichts herzuleiten: Die Abgrenzung zwischen Beschäftigung und
Selbstständigkeit erfolgt nämlich nicht abstrakt für bestimmte Berufs- und Tätigkeitsbilder. Es ist daher möglich, dass ein
und derselbe Beruf - je nach konkreter Ausgestaltung der vertraglichen Grundlagen in ihrer gelebten Praxis - entweder in Form
der Beschäftigung oder als selbstständige Tätigkeit erbracht wird. Maßgebend sind stets die konkreten Umstände des individuellen
Sachverhalts (vgl dazu zuletzt BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - Juris RdNr 32 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2400 § 7 Nr 25 vorgesehen [Rackjobbing]; ferner bereits zB BSG SozR 4-2600 § 2 Nr 14 RdNr 11 mwN [Tagesmutter]; BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 30 [Hauswirtschaftliche Pflegerin]; BSG Urteil vom 30.10.2013 - B 12 KR 17/11 R - Juris RdNr 42 [telefonische Gesprächspartnerin]; vgl auch BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 22 RdNr 10-13 [Arzt als pharmazeutisch-wissenschaftlicher Fachreferent]).
c) Die Annahme von Beschäftigung kann jedoch - ohne dass sich dies im vorliegenden Fall auf das Ergebnis der Gesamtabwägung
zum sozialversicherungsrechtlichen Status auswirken würde - entgegen der Auffassung des LSG nicht ohne Weiteres auch darauf
gestützt werden, dass die rechtliche Ausgestaltung der Beziehung zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. durch "zwingende"
Vorgaben des Leistungserbringerrechts der GKV definiert bzw determiniert sei; es kann nicht angenommen werden, dass der Klägerin
hierdurch auch eine entscheidende Weisungs- und Entscheidungsbefugnis zugekommen und die Beigeladene zu 1. deshalb in die
von der Klägerin vorgegebene Arbeitsorganisation notwendig eingegliedert gewesen sei. Der Ansicht des LSG, dass Vorgaben des
Leistungserbringungsrechts der GKV nicht außer Acht gelassen werden können, ist im Ausgangspunkt zwar zuzustimmen (dazu aa).
Allerdings kann weder den Regelungen des Leistungserbringungsrechts per se eine Wirkung in dem von ihm befürworteten Sinne
beigemessen werden (dazu bb), noch ergibt sich aus den Feststellungen des LSG zum Vertragsverhältnis zwischen Klägerin und
Beigeladener zu 1., dass "Vorgaben des Leistungserbringungsrechts" darin überhaupt rechtlich verbindlich inkorporiert wurden
(dazu cc).
aa) Zu Recht hat das LSG im Rahmen seiner Gesamtabwägung auch die Regelungen des Leistungserbringungsrechts der GKV mit in
den Blick genommen. Der Senat hat bereits im Zusammenhang mit der Tätigkeit von Jugendhelfern geprüft, ob und inwieweit aus
einer den Jugendhilfeträger treffenden Gesamtverantwortung Rückschlüsse darauf möglich sind, dass die Tätigkeit einer Familienhelferin
nur in einem Beschäftigungsverhältnis ausgeübt werden kann oder nicht (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 RdNr 18). Dieser Gesichtspunkt führt indessen vorliegend nicht schon zwingend zur Annahme von Beschäftigung.
bb) Nach §
124 Abs
1 SGB V (in der ab 1.1.2004 geltenden Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung - GKV-Modernisierungsgesetz
[GMG] vom 14.11.2003, BGBl I 2190) dürfen Heilmittel, die als Dienstleistungen abgegeben werden, insbesondere Leistungen der
physikalischen Therapie, der Sprachtherapie oder der Ergotherapie, an Versicherte der GKV nur von zugelassenen Leistungserbringern
abgegeben werden. Der für das Recht der Leistungserbringung in der GKV zuständige Fachsenat des BSG hat dazu für die ab 1989 geltende Rechtslage entschieden, dass diese Bestimmungen sowie die weiteren Regelungen des Leistungserbringerrechts
des
SGB V (§§
125 ff
SGB V) einer Heilmittelabgabe durch freie Mitarbeiter des zugelassenen Leistungserbringers nicht entgegenstehen (BSG [3. Senat] SozR 3-2500 § 124 Nr 1 S 4 ff). Es ist nicht ersichtlich, dass sich an dieser Rechtslage seither durch Änderungen des
SGB V etwas geändert haben könnte. Darüber hinaus betreffen die Regelungen ausschließlich das Verhältnis zwischen Krankenkasse
und (zugelassenem) Leistungserbringer (so bereits BSG [12. Senat] SozR 2200 § 165 Nr 96 S 166), vorliegend also das gesetzlich vorgegebene und nach diesen Vorgaben vertraglich konkretisierte Verhältnis der
Klägerin zu den Trägern der GKV. Der Regelung des Leistungserbringungsrechts in §
124 Abs
1 SGB V fehlt demgegenüber eine über das Leistungs- und Leistungserbringerrecht der GKV hinausgehende "übergeordnete" Wirkung auch
bezogen auf die sozialversicherungs- und beitragsrechtliche Rechtslage in Bezug auf die konkret tätig werdenden Personen.
Denn der Regelung kann keine determinierende Wirkung in Bezug auf die vorliegend zu entscheidende Frage des Vorliegens von
Beschäftigung iS von §
7 Abs
1 SGB IV entnommen werden (unzutreffend Bayerisches LSG Beschluss vom 13.2.2014 - L 5 R 1180/13 B ER - Juris RdNr 18; wie hier: LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 14.10.2015 - L 4 R 3874/14 - Juris RdNr 56; vgl ähnlich bereits für Familienhelfer iS des SGB VIII BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 RdNr 19).
cc) Unbeschadet der Ausführungen unter bb) folgt aus den Feststellungen des LSG nicht positiv, dass die Regelungen des Zulassungsrechts
der GKV für Heilmittelerbringer (§§
124 f
SGB V) in das Vertragsverhältnis zwischen Klägerin und Beigeladener zu 1. überhaupt rechtlich verbindlich in dem Sinne inkorporiert
wurden, dass hieraus ein diesbezügliches, spezielles Weisungsrecht der Klägerin gegenüber der Beigeladenen zu 1. entstand.
Dies gilt in erster Linie für die zwischen den Beteiligten ausgehandelte Vergütung. Selbst wenn man unterstellt, dass die
Beteiligten die grundsätzliche, abstrakte Abrechnungsfähigkeit der erbrachten Leistungen der Beigeladenen zu 1. auch in diesem
Umfang - abzüglich einer prozentualen Pauschale - von der Klägerin vergütet werden sollten, folgt aus den Feststellungen nicht,
dass eine Vergütung durch die Klägerin tatsächlich auch überhaupt nur in dem Umfang erfolgen sollte, wie die Klägerin gegenüber
der Krankenkasse (erfolgreich) abrechnen durfte. Dass sich zB Abrechnungsstörungen (ua fehlende Versicherung des von der Beigeladenen
zu 1. behandelten Patienten) auf die Vergütung der Beigeladenen zu 1. auswirkten bzw hätten auswirken können (Rückforderung?,
"Regress"?, Auf-/Verrechnung?), hat das LSG nicht festgestellt. Seine Ausführungen erlauben insoweit lediglich den Schluss,
dass sich die Klägerin und die Beigeladene zu 1. an der abstrakten krankenversicherungsrechtlichen Abrechenbarkeit der Leistungen
orientierten, die tatsächliche konkrete Abrechnung bzw Abrechnungsfähigkeit mit der jeweiligen Krankenkasse im Einzelfall
dagegen nicht zum Vertragsbestandteil machten.
d) Auch frühere Rechtsprechung des 12. Senats des BSG zwingt zu keinem anderen Ergebnis. Zwar hatte der Senat in seinem Urteil vom 14.9.1989 die Selbstständigkeit einer als "freien
Mitarbeiterin" eingesetzten Krankengymnastin bejaht (BSG SozR 2200 § 165 Nr 96). Maßgebend für die Beurteilung, ob Beschäftigung iS von §
7 Abs
1 S 1
SGB IV oder Selbstständigkeit vorliegt, sind jedoch - wie bereits oben unter A. 1. b) cc) (4) am Ende beschrieben - stets die konkreten
Umstände des Einzelfalls. Die Umstände des seinerzeitigen Falles unterscheiden sich vom vorliegend zu entscheidenden Fall
bereits wesentlich dadurch, dass die dortige Krankengymnastin "selbst Patienten angenommen" hatte (BSG aaO S 165). Demgegenüber sprechen im vorliegenden Fall - wie dargelegt - gewichtige Umstände dafür, dass die Beigeladene
zu 1. in die betriebliche Organisation der Klägerin derart eingebunden war, dass dies nur die Annahme von Beschäftigung rechtfertigt.
2. Für Fehler bei der Berechnung der von der Beklagten geforderten Beiträge zu den Zweigen zur Sozialversicherung bestehen
keine Anhaltspunkte. Die Klägerin hat insoweit auch keine Einwände erhoben.
B. Die nach §
202 S 1
SGG iVm §
554 ZPO zulässige Anschlussrevision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des angefochtenen LSG-Urteils und der Zurückweisung
an dieses Gericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet.
Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, ob das LSG die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteil
des SG zu Unrecht teilweise zurückgewiesen hat. Deshalb ist das Urteil des LSG aufzuheben und die Sache insoweit an dieses Gericht
zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§
170 Abs
2 S 2
SGG). Die bisher getroffenen Feststellungen des LSG tragen nicht die von ihm getroffene Entscheidung, dass die Erhebung von Säumniszuschlägen
in den angefochtenen Bescheiden rechtswidrig war.
Nach §
24 Abs
1 S 1
SGB IV ist für Beiträge und Beitragsvorschüsse, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat,
für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von eins vom Hundert des rückständigen auf 50 Euro nach unten
abgerundeten Betrages zu zahlen. Wird eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt,
ist nach Abs 2 der Norm ein darauf entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht,
dass er "unverschuldet" keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte.
Das LSG hat seine Auffassung damit begründet, dass im Hinblick auf das Urteil des BSG vom 14.9.1989 - 12 RK 64/87 (SozR 2200 § 165 Nr 96) zur Versicherungspflicht einer freien Mitarbeiterin in einer krankengymnastischen Praxis die Klägerin hier glaubhaft
gemacht habe, dass sie unverschuldet von ihrer Pflicht zur Tragung und Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen keine Kenntnis
gehabt hätte. Anhand dieser Begründung kann allerdings schon nicht revisionsgerichtlich beurteilt werden, auf die Kenntnis
welcher konkreten Person - bei der Klägerin handelt es sich um eine GbR - das LSG insoweit abgestellt hat (zum Erfordernis
des Abstellens auf den Kenntnisstand einer konkreten, in der betrieblichen Hierarchie verantwortlichen Person vgl näher zuletzt
BSG Urteil vom 16.12.2015 - B 12 R 11/14 R - Juris RdNr 66 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Auch kann den Feststellungen nicht entnommen werden,
dass die maßgebende Person auch tatsächlich Kenntnis von der genannten Rechtsprechung hatte und welche konkreten Schlüsse
diese Person mit welchem Grad der Überzeugung daraus zog und vernünftigerweise ziehen durfte. Zu entsprechenden Ermittlungen
hätte aber schon deshalb Anlass bestanden, weil sich der Sachverhalt des im Revisionsverfahren in Bezug genommenen früheren
Urteils entscheidend von dem Sachverhalt des vorliegenden Rechtsstreits unterscheidet: So hatte die dortige Krankengymnastin
"selbst Patienten angenommen" (BSG SozR 2200 § 165 Nr 96 S 165). Auch liegt die Frage auf der Hand, warum die maßgebende Person (möglicherweise) zwar Kenntnis von diesem Urteil
des BSG hatte, von dem späteren Urteil des BSG zur - umstritten gewesenen - Vereinbarkeit einer freien Mitarbeit mit dem Zulassungsrecht der Heilmittelerbringer in der
GKV vom 29.11.1995 (BSG SozR 3-2500 § 124 Nr 1) dagegen (möglicherweise) nicht. Gerade vor dem Hintergrund dieser Entscheidung stellt sich die Frage, ob und inwieweit
sich die maßgebende Person allein gestützt auf das Urteil des BSG aus dem Jahr 1989 und ohne Rückversicherung bei sachkundigen Stellen darauf verlassen durfte, dass auch die konkrete Tätigkeit
der Beigeladenen zu 1. als selbstständige Tätigkeit anzusehen sein sollte. Bei der notwendigen Prüfung der subjektiven Tatbestandsseite
(verschuldet oder unverschuldet?) ist zu berücksichtigen, dass der Arbeitgeber bei Unklarheiten hinsichtlich der versicherungs-
und beitragsrechtlichen Beurteilung einer Erwerbstätigkeit die Möglichkeit hat, darüber im Einzugsstellen- (vgl §
28h SGB IV) und/oder Anfrageverfahren (vgl §
7a SGB IV) Gewissheit durch Herbeiführung der Entscheidung einer fachkundigen Stelle zu erlangen; der Verzicht auf einen entsprechenden
Antrag kann vorwerfbar sein, soweit es die beitragsrechtlichen Folgen einer Fehlbeurteilung des Betroffenen anbelangt (vgl
BSGE 109, 254 = SozR 4-2400 § 14 Nr 13 RdNr 33 mwN). Die notwendigen tatsächlichen Feststellungen zur unverschuldeten oder vorwerfbaren
Unkenntnis von der Beitragstragungs-, Beitragsabführungs- und Zahlungspflicht auf Seiten der Klägerin hat das LSG nachzuholen.
C. Die Kostenentscheidung - auch hinsichtlich der Kosten des Revisionsverfahrens - bleibt der das Verfahren abschließenden
Entscheidung des LSG vorbehalten.
D. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §
197a Abs
1 S 1 Teils 1
SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1, § 47 Abs 1 GKG; er entspricht der Höhe der angefochtenen Beitragsforderung.