Krankengeld
Grundsatzrüge
Vermeintlicher Grundrechtsverstoß
Formgerechte Begründung
Gründe:
I
Die privat krankenversicherte Klägerin ist als Psychotherapeutin selbstständig tätig und erhielt für eine Arbeitsunfähigkeit
von 68 Tagen im Zusammenhang mit einer Organspende für ihre bei der Beklagten versicherte Schwiegertochter Krankengeld Höhe
des Betrags der kalendertäglichen Beitragsbemessungsgrenze nach §
44a S 2
SGB V von der Beklagten. Mit ihrer Klage begehrt sie höheres Krankengeld und macht geltend, während ihrer Arbeitsunfähigkeit liefen
insbesondere die hohen Betriebskosten weiter, die mit dem gewährten Betrag nicht zu decken seien. Sie halte die Regelung für
willkürlich und verfassungswidrig.
Die Klägerin ist mit ihrem Begehren bei der Beklagten (Bescheide vom 8.11.2013, 16.12.2013 und 13.2.2014 in der Fassung des
Widerspruchsbescheids vom 25.3.2014) und in den Vorinstanzen (Urteil des SG vom 4.5.2016, Urteil des LSG vom 25.4.2017) erfolglos geblieben. Das LSG hat ausgeführt: Die Begrenzung des Krankengeldanspruchs
von Organspendern auf die Höhe des Betrags der kalendertäglichen Beitragsbemessungsgrenze sei in der gesetzlichen Regelung
des §
44a S 2
SGB V ausdrücklich normiert. Die Regelung sei verfassungsrechtlich unbedenklich. Der Gesetzgeber habe gerade im Bereich des Sozialrechts
einen weiten Gestaltungsspielraum. Insbesondere verstoße die Regelung nicht gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz aus
Art
3 Abs
1 GG. Zwar seien für privat krankenversicherte Organempfänger andere Regelungen anwendbar; die Systeme seien jedoch nicht vergleichbar,
da das private Krankenversicherungsverhältnis weitgehend auf vertraglichen Vereinbarungen beruhe. Der Gesetzgeber dürfe bei
Regelungen zur gesetzlichen Krankenversicherung die Beitragsstabilität und das Fortbestehen des gegenwärtigen Systems im Auge
behalten. Es wäre im Übrigen auch mit dem Äquivalenzprinzip in der Sozialversicherung schwer zu vereinbaren, wenn Krankenkassen
in Einzelfällen Krankengeld in einer die Beitragsbemessungsgrenze weit übersteigenden Höhe leisten müssten. Die von der Klägerin
begehrte Berücksichtigung der in ihrem Unternehmen bestehenden Kostenstruktur sei praktisch kaum durchführbar und entspreche
nicht der ständigen Rechtsprechung, nach der für die Berechnung des Krankengelds für selbstständige Erwerbstätige grundsätzlich
der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommenssteuerrechts ermittelte Gewinn aus der selbstständigen
Tätigkeit maßgeblich sei. Ein Grund, hiervon für den Sonderfall des Krankengelds bei Organspende abzuweichen, sei nicht ersichtlich.
Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG hat die Klägerin Beschwerde eingelegt.
II
Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig, weil sie einen gesetzlichen Zulassungsgrund für die Revision (§
160 Abs
2 Nr
1 bis
3 SGG) nicht formgerecht dargetan hat (§
160a Abs
2 S 3
SGG). Die Verwerfung der unzulässigen Beschwerde erfolgt durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter (§
160a Abs
4 S 1 Halbs 2 iVm §
169 S 2 und 3
SGG).
Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG),
- das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO Nr 2) oder
- ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO Nr 3).
Die Klägerin hat in der Beschwerdebegründung einen gesetzlichen Revisionszulassungsgrund nicht genannt. Lediglich sinngemäß
lässt sich der Beschwerdebegründung entnehmen, dass die Klägerin die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend machen
will.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache im Sinne des §
160 Abs
2 Nr
1 SGG nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung
des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren
Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese
noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts
erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine solche Klärung erwarten lässt (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 13, 31, 39, 59, 65).
Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss ein Beschwerdeführer mithin eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit,
ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von
ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).
Die Klägerin rügt eine Verletzung von Art
3 Abs
1 GG und Art
12 GG durch §
44a S 2
SGB V. Die vom Gesetzgeber pauschal eingeführte Kappungsgrenze für alle Angestellten, Selbstständigen, freiwillig Versicherten
und solchen Personen, die in der privaten Krankenversicherung versichert seien, führe zu einer unangemessenen, nicht verfassungskonformen
Gleichbehandlung, da hier eine Ungleichbehandlung angezeigt sei. Das Argument der Finanzierbarkeit der gesetzlichen Krankenversicherung
überzeuge aufgrund der geringen und seit 2011 rückläufigen Fallzahlen von Lebendorganspenden nicht (647 im Jahr 2016).
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde - wie hier - mit einem Grundrechtsverstoß begründet, gehört es zu den Darlegungspflichten
des Beschwerdeführers, unter Einbeziehung der einschlägigen Literatur und Rechtsprechung - insbesondere des BVerfG, aber auch
des BSG - im Einzelnen aufzuzeigen, woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll (so zB BSG Beschluss vom 11.4.2017 - B 12 KR 84/16 B - Juris RdNr 12 mwN). Dazu müssen der Bedeutungsgehalt der in Frage stehenden einfach gesetzlichen Normen aufgezeigt, die
Sachgründe ihrer jeweiligen Ausgestaltung erörtert und die Verfassungsverletzung dargelegt werden. Die Beschwerdebegründung
darf sich im Falle einer aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Frage nicht darauf beschränken, die Verfassungswidrigkeit zu
behaupten und die als verletzt angesehenen Normen des
GG zu benennen (BSG Beschluss vom 30.4.2015 - B 10 EG 17/14 B - Juris RdNr 5 mwN). Im Hinblick auf Art
12 GG fehlt hier indessen jegliche Auseinandersetzung mit Inhalt, Umfang und Grenzen des Grundrechtsschutzes. Die Beschwerdebegründung
enthält insoweit keine Darlegungen.
Die Beschwerdebegründung genügt den Anforderungen aber auch in Hinblick auf eine Verletzung des Art
3 Abs
1 GG nicht. Wird in der Beschwerdebegründung speziell eine Verletzung des Gleichheitssatzes (Art
3 Abs
1 GG) geltend gemacht, muss die Beschwerdebegründung unter Einbeziehung der einschlägigen Literatur und Rechtsprechung - insbesondere
des BVerfG aber auch BSG - im Einzelnen aufzeigen, woraus sich im konkreten Fall eine verfassungswidrige Gleich- bzw Ungleichbehandlung ergeben soll
(vgl zB BSG Beschluss vom 8.12.2008 - B 12 R 38/07 B - Juris RdNr 7 mwN). Dazu muss die Beschwerdebegründung unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG insbesondere
darlegen, worin die für eine Gleich- bzw Ungleichbehandlung wesentlichen Sachverhaltsmerkmale bestehen sollen (vgl BVerfG
[Dreier-Ausschuss] Beschluss vom 8.6.1982 - 2 BvR 1037/81 - SozR 1500 § 160a Nr 45).
Soweit die Klägerin eine ungerechtfertigte und nicht verfassungskonforme Gleichbehandlung rügt, obwohl eine Ungleichbehandlung
angezeigt sei, wird die Beschwerdebegründung diesen Anforderungen nicht gerecht. Letztlich wird auch diesbezüglich eine Verfassungsverletzung
lediglich pauschal behauptet, ohne sich mit den inhaltlichen Anforderungen näher auseinanderzusetzen. Insbesondere ist damit
die notwendige Klärungsbedürftigkeit der diesem Ansatz zugrunde liegenden Rechtsfrage nicht dargelegt. Obwohl bereits das
Berufungsgericht ausführlich Rechtsprechung des BVerfG sowie Beiträge aus der Literatur zitiert und sich damit genauer befasst,
geht die Beschwerdebegründung darauf nicht ein. Sie enthält auch ansonsten keine Auseinandersetzung mit der höchstrichterlichen
Rechtsprechung, insbesondere zur Zulässigkeit von Pauschalierungen und zu dem in der Sozialversicherung geltenden Äquivalenzprinzip,
nach dem Beiträge und Leistungen in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen müssen, und das auch in der Berufungsentscheidung
angesprochen ist. Soweit die Klägerin Leistungen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze begehrt, hätte sie jedenfalls darlegen
müssen, wie sich dies mit der Rechtsprechung zum Äquivalenzprinzip von Leistungen und Beiträgen vereinbaren lässt (vgl hierzu
zB BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 6.9.2010 - 1 BvR 739/08 - Juris RdNr 9 ff; BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 7.10.2008 - 1 BvR 2995/06 - Juris RdNr 23). Die in der Beschwerdebegründung lediglich dargelegte eigene Rechtsauffassung der Klägerin genügt den Darlegungserfordernissen
nicht.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von §
193 Abs
1 SGG. Als Organspenderin ist die Klägerin im Hinblick auf das Krankengeld nach §
44a SGB V als Leistungsempfängerin im Sinne von §
183 S 1
SGG anzusehen.