Erhöhung der MdE für den Anspruch auf Verletztenrente aufgrund einer posttraumatischen Belastungsstörung; Verwertbarkeit eines
psychiatrischen Gutachtens bei großem zeitlichen Abstand zwischen Untersuchung und Gutachtenerstattung
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der Verletztenrente aufgrund eines anerkannten Arbeitsunfalls vom 11. Dezember 1998
streitig.
Der am 6. November 1955 geborene Kläger erlernte in der ehemaligen DDR in den Jahren 1977 bis 1980 den Beruf eines Maschinenbauingenieurs
und war zuletzt in diesem Beruf versicherungspflichtig bis zum Unfallereignis beschäftigt. Danach arbeitete er nicht mehr,
bezog vielmehr seit dem 1. Dezember 2000 zunächst eine Rente wegen Berufsunfähigkeit auf Zeit (Rentenbescheid vom 31. Mai
2002, Bl. 375 V-Akte Bd. III), dann auf Dauer (Bescheid vom 16. Januar 2003) und - ausgehend von einem gerichtlichen Vergleich
beim LSG vom 31. August 2011 - seit 1. Juni 2006 nach einem am 8. Mai 2006 eingetretenen Leistungsfall Rente wegen voller
Erwerbsminderung auf Dauer (L 5 R 4916/10).
Am 11. Dezember 1998 stürzte er bei seiner versicherten Tätigkeit fünf Meter tief direkt auf den Kopf in eine Montagegrube,
ohne den Sturz mitbekommen zu haben oder sich später daran erinnern zu können, und war kurz primär wach, ansprechbar und orientiert.
Die Erstversorgung fand stationär im Klinikum H. bis zum 7. Januar 1999 statt, wo eine laterale Mittelgesichtsfraktur rechts
(Stirnbein und Orbitaboden), jeweils ohne Dislokation, eine Commotio cerebri und Zerrung der Nackenmuskulatur sowie eine Kniegelenksdistorsion
rechts behandelt wurden. Nebenbefundlich wurde festgestellt, dass der Kläger an einem Morbus Bechterew leidet. Der Kläger
konnte bei reizfreien Wundverhältnissen vollständig mobilisiert entlassen werden, wobei noch ein leichter Druckschmerz im
Bereich der Nackenmuskulatur bei frei beweglicher Halswirbelsäule (HWS) sowie ein Resterguss des rechten Kniegelenks ohne
Kniegelenksinstabilität bestand. Der Kläger klagte noch persistierend über Kopfschmerzen nach körperlicher Belastung, wobei
die weitere Diagnostik der HWS keine pathologischen Veränderungen ergab.
Nachdem der Neurologe und Psychiater Dr. M. am 10. Februar 1999 ein leichtgradiges hirnorganisches Psychosyndrom (unsicheres
Gangbild, keine Ataxie, bewusstseinsklar, allseits orientiert, Merkfähigkeit subjektiv gestört) feststellte (Bl. 20 f V-Akte
Bd. I), wurde der Kläger vom 24. Februar bis 31. April 1999 erstmals in den K. S. behandelt, wo er über einen dumpfen Dauerkopfschmerz
und Verschwommensehen sowie einen Verlust des Riechvermögens berichtete. Der Kläger wurde als wach und ausgeglichen ohne mnestische
Störungen, mit unauffälliger Aufmerksamkeit und Psychomotorik sowie ohne grobe Auffälligkeiten der kognitiven Leistungen beschrieben.
Im Rahmen des Heilverfahrens konnten auf motorischem Gebiet die meisten Verbesserungen erarbeitet werden, eine berufliche
Reintegration wurde für möglich erachtet und eine Hirnleistungsstörung (starke Verlangsamung) beschrieben. Ein zweites stationäres
Heilverfahren sei erforderlich (Entlassungsbericht vom 23. April 1999, Bl. 70 ff. V-Akte Bd. I).
Vom 28. Mai bis 14. Juli 1999 wurde der Kläger dann erneut in den K. S. behandelt, wo er wiederum über seine ständigen Kopfschmerzen
und Lärmempfindlichkeit berichtete, aber bei der Anamnese keine auffälligen kognitiven Einschränkungen bei regelrechtem Antrieb
zeigte. Es bestanden allerdings Hinweise auf eine Belastungsminderung. Der Kläger wurde als arbeitsunfähig entlassen, wobei
ein intensives neuropsychologisches Training angesichts der gezeigten erheblichen Minderung der konzentrativen Belastbarkeit
(Verlangsamung, erhöhte Ermüdbarkeit mit zunehmenden Konzentrationsschwankungen) für erforderlich erachtet wurde. Obwohl im
Schädel-CT, das in der Akutklinik durchgeführt worden sei, keine Kontusionen oder Blutungen erkennbar gewesen seien und somit
eine Commotio cerebri diagnostiziert worden sei, sei aufgrund der bestehenden neuropsychologischen Einschränkungen, insbesondere
der Belastungsminderung, schon von einem Kontusionsereignis auszugehen (Entlassungsbericht vom 11. August 1999, Bl. 104 ff.
V-Akte Bd. I).
Ab 16. Februar 2000 wurde eine Belastungserprobung (je zwei Stunden an zwei Werktagen wöchentlich) durchgeführt (Schreiben
vom 16. Februar 2000, Bl. 131 V-Akte Bd. I). Am 22. März 2000 wurde der Kläger ärztlich in der Lage erachtet, seine Arbeitszeit
auf drei Stunden zu steigern. Begleitend wurde der Kläger vom 8. November 1999 bis 17. April 2000 in die Tagesklinik für ambulante/teilstationäre
Rehabilitation der K. S. in Stuttgart aufgenommen. Dabei berichtete er erstmalig über eine bereits vor dem Unfallgeschehen
stark belastete Beziehung zu seinem Firmenchef, was durch Rücksprache mit diesem bestätigt wurde. Die Belastbarkeitsminderung
sei somit im Zusammenhang mit der emotional belastenden Arbeitsplatzsituation zu beurteilen. Auch die gezeigten Störungen
im neuro-kognitiven Bereich (Aufmerksamkeit und Belastungsminderung) hätten sich uneinheitlich gezeigt, insbesondere während
der 60 Minuten andauernden Therapieeinheiten wären nämlich keine Zeichen einer einsetzenden Erschöpfungssymptomatik zu erkennen
gewesen. Es wurde eine depressive Entwicklung beschrieben (Entlassungsbericht vom 19. April 2000, Bl. 143 ff. V-Akte Bd. II).
Zur Durchführung einer weiteren Arbeitstrainingsmaßnahme wurde der Kläger erneut vom 25. April bis 20. Juni 2000 in den K.
S. behandelt, wobei eine deutliche Verbesserung der Konzentrationsfähigkeit und der Beweglichkeit des linken Arms sowie eine
Besserung der gering eingeschränkten Belastbarkeit erreicht wurde, Merkfähigkeit und Gedächtnis waren voll durchschnittlich.
Der Kläger bemerkte selbst eine motorische Verbesserung und Zunahme der Leistungsfähigkeit. Insgesamt habe sich der Zustand
zwar gebessert, sei aber noch als mittelgradig beeinträchtigt anzusehen. Der Lernzuwachs beim Einarbeiten in das TAD-System
AutoCad sei erheblich unter den Erwartungswerten geblieben, Beeinträchtigungen hätten sich vor allem durch Publikumsverkehr
und Lärm gezeigt. Die erbrachten Leistungen hätten insgesamt erheblich unter dem Niveau eines Maschinenbauingenieurs gelegen,
so dass der Kläger derzeit an seinem letzten Arbeitsplatz oder als Maschinenbauingenieur nicht konkurrenzfähig einsetzbar
sei. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bestehe ein unterhalbschichtiges Leistungsvermögen für einfach serielle Männerarbeit
ohne Lärmbelastung, ohne vermehrte Ablenkung und ohne Publikumsverkehr. Die Entlassung erfolgte deswegen als arbeitsunfähig
(Bericht vom 27. Juni 2000, Bl. 161 ff. V-Akte Bd. II).
Nachdem der erneute Versuch einer Belastungserprobung ab dem 24. Juli 2000 am 19. September 2000 abgebrochen werden musste,
stellte die Beklagte nach vorangegangener Anhörung des Klägers die Verletztengeldzahlung am 30. November 2000 mit Bescheid
vom 28. November 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Mai 2001 mit der Begründung ein, für die vor dem Ereignis
vom 11. Dezember 1998 ausgeübte Tätigkeit als Maschinenbauingenieur werde voraussichtlich Arbeitsfähigkeit nicht wieder eintreten.
Hiergegen erhob der Kläger am 5. Juni 2001 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (S 6 U 1349/01).
Zur Klärung des Anspruchs auf Gewährung einer Verletztenrente ließ die Beklagte den Kläger unfallchirurgisch und fachpsychologisch
begutachten. Der Unfallchirurg Prof. Dr. H., K. Stuttgart, beschrieb ein leichtgradiges hirnorganisches Psychosyndrom nach
Schädel-Hirn-Trauma. Die Beweglichkeit und Umfangmaße im Bereich der unteren Gliedmaßen seien seitengleich unauffällig, dies
habe auch die radiologische Untersuchung beider Kniegelenke bestätigt. Aufgrund der ausgeprägten psychovegetativen Beschwerden
könne die Bewertung der Gesamtminderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) erst nach Vorliegen des neurologischen Zusatzgutachtens
erfolgen (Bl. 249 V-Akte Bd. III). Gegenüber dem Dipl.-Psych. Neurologen und Psychiater Prof. Dr. Dr. M., Universität T.,
(Bl. 318 V-Akte Bd. III), berichtete der Kläger über erhebliche Auseinandersetzungen mit seinem Arbeitgeber, er sei nun zu
Hause, versorge das Kind und den Haushalt. Die Muskulatur sei seitengleich kräftig ausgeprägt, die Gangproben seien unauffällig
gewesen, bei der Einzelprüfung habe sich eine geringe Mitarbeit gezeigt. Die raschen Folgebewegungen seien außerordentlich
verlangsamt vorgeführt worden, die außerhalb der Prüfung (z.B. An- und Auskleiden, beim Hantieren in Papieren, beim Überreichen
der Medikation usw.) nicht bestanden hätten. Das gelte auch für die gezeigten hochgradig beidseitigen Ungeschicklichkeiten
bei Zeigeversuchen, die außerhalb der konkreten Untersuchungssituation so nicht hätten beobachtet werden können. Die demonstrierte
außergewöhnliche Reaktionsverlangsamung könne nicht für bare Münze genommen werden. Für die Beschwielung mittelgradiger Ausprägung
der rechten Hand wie im Bereich beider Knie, die auf Arbeitsspuren hinweise, habe der Kläger keine Erklärung abgeben können.
Hinweise auf Störungen der Wahrnehmung, der Konzentration oder der Merkfähigkeit hätten ebenso wenig wie eine Depression vorgelegen.
Der neurologische Befund sei bis auf das aufgehobene Riechvermögen und die verminderte Gefühlswahrnehmung im II. Trigeminusast
regelrecht gewesen. Der Kläger habe bei dem Unfall ein gedecktes Schädel-Hirn-Trauma mit Hirnbeteiligung vom Ausmaß einer
reversiblen Hirnfunktionsstörung (Commotio cerebri, Gehirnerschütterung) erlitten. An knöchernen Verletzungen habe eine Orbita-Bodenfraktur
rechts und eine Sinus-Frontales-Fraktur rechts vorgelegen. Übelkeit und Erbrechen hätten unmittelbar nach dem Unfall nicht
bestanden, auch keine initialen neurologischen Auffälligkeiten oder rückreichenden Erinnerungsstörungen. Computertomographisch
hätten sich keine intrakraniellen Traumafolgen gezeigt, dies auch nicht bei späteren kernspintomographischen Untersuchungen
des Gehirns. Es wurde eine reversible Hirnfunktionsstörung, eine Teilschädigung des II. Trigeminusastes, ein Verlust des aromatischen
Riechvermögens, Narbenkopfschmerzen sowie ein Morbus Bechterew diagnostiziert, die mit Ausnahme des letzteren unfallbedingt
seien. Die Schädigung des Riechvermögens sei mit großer Wahrscheinlichkeit auf den Unfall zurückzuführen, da eine Gewalteinwirkung
auf die Stirngegend mit Stirnbeinfraktur vorgelegen habe. Die Kriterien für eine wesentliche depressive Störung seien ebenso
wenig erfüllt wie eine Belastungsreaktion, Anpassungsstörung oder sonstige Fehlverarbeitung des Unfallereignisses. Darüber
hinaus ließen sich keine Beeinträchtigungen eruieren. Die Kopfschmerzen seien als Narbenkopfschmerzen nach Schädelfraktur
noch nachvollziehbar. Darüber hinaus betreibe der Kläger eine unzweckmäßig erscheinende Medikamenteneinnahme, so dass möglicherweise
ein medikamenteninduzierter Dauerkopfschmerz hinzutrete. Die MdE schätzte er mit 20 vom Hundert (v. H.). Prof. Dr. Holz schloss
sich dieser Bewertung ausdrücklich an (Bl. 349 V-Akte Bd. III).
Daraufhin anerkannte die Beklagte mit Bescheid vom 7. März 2002 den Unfall als Arbeitsunfall, stellte als dessen Folge ein
aufgehobenes Riechvermögen, Gefühlsstörungen im Bereich der rechten Gesichtshälfte sowie belastungsabhängige Kopfschmerzen
nach Mittelgesichtsfrakturen mit Gehirnerschütterung fest und bewilligte ab 1. Dezember 2000 eine Verletztenrente nach einer
MdE von 20 v. H. Dem Bescheid war eine Rechtsmittelbelehrung des Inhalts beigefügt, dass dieser Bescheid gemäß §
96 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) Gegenstand des anhängigen Rechtsstreits werde.
Anlässlich der Untersuchung vom 25. Juni 2002 stellte auch Dr. M. einen zunehmenden Schmerzmittelabusus aufgrund der Kopfschmerzsymptomatik
fest, hierbei sei sicherlich auch von einem schmerzmittelinduzierten Kopfschmerz auszugehen. Elektroencephalographisch habe
sich ein unregelmäßiges EEG ohne pathologische Bedeutung ergeben, insbesondere sei die Allgemeinveränderung nicht mehr nachweisbar (Bl. 382 V-Akte Bd.
III).
Dem den Kläger sporadisch (viermal pro Jahr von September 2002 bis November 2004) behandelnden Psychiater Dr. K. (Bl. 131
SG-Akte S 13 U 3847/09) gegenüber äußerte der Kläger am 5. Dezember 2002, dass sich seine seit zwei Jahren bestehende depressive Störung deutlich
verstärkt habe, sein Sozialverhalten habe sich geändert und er vermeide Kontakte zu Verwandten. Daraufhin diagnostizierte
Dr. K. ein chronisch hirnorganisches Psychosyndrom mit beginnendem dementiellen Abbau und eine Persönlichkeitsveränderung
bei einem Zustand nach Schädel-Hirn-Trauma, ein schweres depressives Syndrom mit Suizidgedanken, eine posttraumatische Belastungsstörung,
einen Minderwertigkeitskomplex, eine soziale Ängstlichkeit, eine Hemiparese rechts, eine Gesichtsfeldeinschränkung rechts,
eine Schädigung des Trigeminusastes rechts, einen Verlust des Riechvermögens, eine Geschmacksveränderung und einen Morbus
Bechterew. Anlässlich der ambulanten Vorstellungen in der neurologischen Privatambulanz der Charité vom 13. und 27.11.2002,
wo der Kläger über starke Vergesslichkeit und Lärmempfindlichkeit berichtete, wurde ein Spannungskopfschmerz, eine depressive
Störung, eine Somatisierungsstörung und ein Zustand nach Schädel-Hirn-Trauma diagnostiziert. EEG und Magnetresonanztomographie (MRT) seien hingegen unauffällig gewesen. Für das vom Kläger beschriebene "sehr bunte Beschwerdebild"
gebe es keine organische Ursache, wohl Hinweise für eine psychogene Überlagerung. Insgesamt sei daher von einer Fehlverarbeitung
nach dem Unfall und zusätzlich einer depressiven Störung auszugehen.
Der Neurologe Prof. Dr. S. führte in einem Verlaufsgutachten für die Beklagte unter Berücksichtigung des fachpsychologischen
Gutachtens von Dipl.-Psych. N. aus, jetzt noch bestehende Unfallfolgen seien ein Verlust des aromatischen Riechvermögens und
eine Teilschädigung des zweiten Trigeminusastes rechts mit verminderter Gefühlswahrnehmung, die ursächlich auf den Versicherungsfall
zurückzuführen seien. Es sei insofern eine wesentliche Änderung eingetreten, als die Narbenkopfschmerzen nicht mehr vorlägen,
so dass die unfallbedingte MdE nunmehr nur noch mit 10 v. H. anzunehmen sei. Bei eingeschränkter Mitarbeit seien Untersuchungen
nur teilweise möglich gewesen, die gezeigten Untersuchungsergebnisse müssten eigentlich auf eine dramatische Verschlechterung
schließen lassen, so dass der Kläger nicht mehr ein eigenständiges Leben führen könne, dazu im Widerspruch stehe, dass er
selbständig habe anreisen können, sich ohne Hilfe und ohne Fragen im Untersuchungsraum bewege, auch Telefonate von dort aus
führe (Bl. 417 V-Akte Bd. III).
Im gerichtlichen Verfahren wurde der Kläger neurologisch und psychiatrisch durch Prof. Dr. M., Institut für Rechtsmedizin
der Universität H., begutachtet, der ausführte, dass der Unfallhergang einem Sturz aus dem zweiten Stockwerk auf den Bereich
des Gesichtsschädels bei mittelhartem Boden entspreche. Die Folgen des erlittenen Schädel-Hirn-Traumas seien bei kritischer
Abwägung aller Aspekte der somatischen und psychopathologischen Beeinträchtigungen mit einer MdE von 30 v. H. angemessen einzuschätzen,
wobei auch die somatischen Störungen und die knöchernen Veränderungen berücksichtigt würden. Unfallfolgen seien ein Ausfall
des Riechvermögens beidseits, Sensibilitätsstörungen im Sinne einer Unterempfindlichkeit im Bereich des II. Trigeminusastes
rechts und eine leichte Hypästhesie im segmentalen Versorgungsbereich des vierten Halswirbels. Darüber hinaus liege eine allgemeine
psychomotorische Verlangsamung, eine Umständlichkeit und ein gewisses Haften mit einzelnen Perseverationen bei den Gesprächen
vor. Das Trauma sei nicht so schwer gewesen, dass es zu durchgehenden schweren und psychischen Veränderungen gekommen sei;
das psychopathologische Bild sei nicht "stielrein" als Unfallfolge zu deuten, vieles spreche dafür, dass gefördert durch den
Unfall eine depressive Episode abgelaufen sei, deren wesentliche Determinanten in exogenen Faktoren (Arbeitsplatz, Spannungen
mit der Partnerin) lägen. Bemerkenswerte Minderleistungen habe der Kläger nur bei Rechenoperationen gezeigt, was bei einem
"gelernten Ingenieur" einigermaßen überrasche, nicht hingegen beim allgemeinen Wissen oder synthetischen und analytischen
Fähigkeiten. In kognitiver Hinsicht seien keine manifesten Ausfälle vorhanden, wohl aber eine erhöhte Empfindsamkeit und Reizbarkeit
bei leichter depressiver Stimmung, eher eine Schwernehmung als eine Schwermut im engeren Sinne.
Am 14., 15. und 20. April 2005 wurde der Kläger jeweils wegen einer am Vorabend plötzlich aufgetretenen Sprachstörung notfallmäßig
in der Neurologischen Abteilung des Klinikums Am Weißenhof untersucht. Dr. E. führte aus, die passageren Sprachstörungen seien
am ehesten als Medikamentennebenwirkung bei zu diskutierenden Medikamenteneinnahmefehlern zu sehen, er empfehle eine Medikamentenumstellung.
Nach dem beigezogenen Rentengutachten von Prof. Dr. B., Zentrum für Psychiatrie W., nach Aktenlage (Kläger ist der anberaumten
Untersuchung ferngeblieben) vom 16. Januar 2004 (S 4 RA 1572/03) kam dieser zu dem Ergebnis, eine stattgehabte Contusio cerebri (traumatisch induzierte substantielle Hirnverletzung) könne
ebenso ausgeschlossen werden wie eine Dysthymie (nur subjektiv empfundene chronische depressive Verstimmtheit) oder eine psychiatrische
Erkrankung im eigentlichen Sinne. Insbesondere liege ein klinisch relevantes depressives Syndrom oder ein chronisches Schmerzsyndrom
nicht vor. Es bestünden partiell Simulationstendenzen als Ausdruck einer bewusstseinsnahen Zweckreaktion bzw. Tendenzreaktion.
Der Kläger leide nur an einem leichten Wirbelsäulensyndrom, könne aber noch vollschichtig arbeiten.
Dr. H., Städtisches Krankenhaus B., führte in seinem Gutachten vom 18. August 2006 aufgrund der stationären Untersuchung vom
31. Januar bis 3. Februar 2005 aus, auf psychiatrischem Fachgebiet sei außer dem Schädel-Hirn-Trauma bislang keine Diagnose
von Krankheitswert bekannt. Beim Kläger liege aber eine posttraumatische Verbitterungsstörung vor. Sämtliche psychiatrischen
Diagnosen, die bislang gestellt worden seien, seien aus heutiger Sicht unzulänglich, unzutreffend oder falsch gewesen. An
der Arbeitsunfähigkeit habe sich bis heute nichts geändert. Ausgehend von der Schwere der Kränkung, dem Verlust der sozialen
Integration mit sozialem Rückzug, dem Verlust persönlicher Interessen, dem Arbeitsplatzverlust, dem primär chronifizierenden
Krankheitsverlauf ohne länger dauernde Remissionen und des stattgehabten unbefriedigenden Behandlungsergebnisses, insbesondere
der gescheiterten stationären Therapie, sei es äußerst fraglich, ob es für den Kläger mit der zumutbaren Willensanspannung
noch möglich sei, diesen Zustand zu überwinden. Erst nach einer weiteren rehabilitativen Maßnahme könne beurteilt werden,
wie viel von dem verschütteten Potenzial, das der Kläger in sich trage, wieder reaktiviert werden könne. Es sei deswegen eine
schwere Persönlichkeitsstörung ohne neurologische Symptome mit einer MdE von 80 v. H. zu bewerten.
Die Beklagte legte hierzu eine Stellungnahme von Prof. Dr. S. vor, der auf Mängel und Ungenauigkeiten in dem Gutachten hinwies,
denn es sei weder ein körperlicher noch ein neurologischer Untersuchungsbefund erhoben worden.
Mit Urteil vom 23. April 2007 wies das SG die Klage auf Fortzahlung von Verletztengeld und Gewährung einer höheren Rente ab, wobei das Gericht davon ausging, dass
der Bescheid vom 7. März 2002 analog §
96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden und daher auch die über Verletztenrente zu entscheiden sei. In dem hieran anschließenden
Berufungsverfahren (L 2 U 2645/07) verpflichtete sich die Beklagte, den im erstinstanzlichen Verfahren gestellten klägerischen Hilfsantrag auf Gewährung einer
Verletztenrente nach einer MdE von 50 v. H. als Widerspruch gegen den Rentenbescheid vom 7. März 2002 hinsichtlich der ab
1. Dezember 2000 bewilligten Rente zugrunde gelegten MdE zu werten und einen Widerspruchsbescheid zu erlassen. Die Beteiligten
erklärten hierauf das "Berufungsverfahren" für erledigt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29. September 2009, zur Post gegeben am 30. September 2009, wies die Beklagte den Widerspruch
gegen den Bescheid vom 7. März 2002 mit der Begründung zurück, der gutachterlichen Äußerung von Dr. H. könne nicht gefolgt
werden, da als Unfallfolge nur eine reversible Gehirnerschütterung mit sicherem Ausschluss einer substantiellen Hirngewebsschädigung
erwiesen sei. Die beschriebene posttraumatische Verbitterungsstörung gehe bereits nach ihrer Definition nicht aus dem Unfall
bzw. den im Ausgangsbescheid anerkannten Verletzungsfolgen erkennbar hervor. Überdies komme es weniger auf das Unfallereignis
als entscheidendes Erlebnis an, denn gekränkt, herabgewürdigt oder verbittert sei er infolge des Zerwürfnisses mit dem Arbeitgeber
gewesen. Die Anerkennung einer höheren MdE als 20 v. H. sei daher nicht möglich.
Hiergegen hat der Kläger am 2. November 2009 (einem Montag) erneut Klage beim SG erhoben.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat das SG die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen gehört, das Leistungsverzeichnis der Krankenkasse, die Verwaltungsakten
des Landratsamtes Heilbronn und der Deutschen Rentenversicherung beigezogen, die Behandlungsunterlagen nebst Pflegedokumentationen
und neurologischen Konsiliarbefunden über den stationären Aufenthalt in dem Klinikum A. G. vom 11. Dezember 1998 bis 7. Januar
1999 angefordert sowie den Kläger anschließend nach Aktenlage neurologisch und psychiatrisch begutachten lassen.
Der Urologe Dr. F. hat unter anderem dargelegt, dass der Kläger im Januar und Februar 2009 ihn zur Vorsorgeuntersuchung aufgesucht
und damals berichtet habe, seit Dezember 1998 an einer Blasenentleerungsstörung zu leiden und sich seitdem nicht mehr erneut
vorgestellt habe (Bl. 102 SG-Akte). Der Psychiater Dr. K. hat über Vergesslichkeit, Konzentrations- und Gedächtnisminderung, Reizbarkeit, depressive Verstimmungen,
rasche Müdigkeit, Erschöpfung und anfallsartige Orientierungsstörungen berichtet. Dem Kläger sei eine psychiatrische Behandlung
in Wohnsitznähe und Psychotherapie empfohlen worden, er habe jedoch Pessimismus gezeigt und gemeint, dass er seit 1998 nicht
mehr glaube, dass ihm jemand helfen könne (Bl. 131 SG-Akte).
Prof. Dr. Dr. W. hat in seinem Gutachten ausgeführt, die durch den Unfall bedingte partielle Riechstörung (rechts) und die
posttraumatischen Kopfschmerzen bei Schädigung des Nervus infraorbitalis und des Nervus trigeminus rechts rechtfertigten nur
eine MdE von 20 bis 30 v. H. Denn erst der vorständige Verlust des Geruchssinns werde nach der Rentenliteratur mit einer MdE
von 10 v. H. bewertet, dies müsse entsprechend bei einer nur partiellen Schädigung berücksichtigt werden. Der erst später
geltend gemachte vollständige Verlust des Geruchssinns sei pathopsychologisch in keiner Weise nachvollziehbar, wohl aber angesichts
der ausgedehnten lediglich rechtsseitigen Mittelgesichtsfrakturen und der zeitnahen Dokumentation einer Riechstörung eine
partielle Störung des Geruchssinns. Das Ausmaß der vorhandenen posttraumatischen Kopfschmerzen sei schwer zu beurteilen, bei
grober Einschätzung belaufe sich die MdE auf 20 v. H., bei etwas großzügiger Einschätzung unter Berücksichtigung der Geruchsstörung
erscheine eine MdE von 30 v. H. angemessen. 14 Jahre nach dem Unfallereignis sei allerdings eine derartige Einschätzung nicht
mit hinreichender Sicherheit möglich. Ein hirnorganisches Psychosyndrom sei nach wissenschaftlichem Kenntnisstand als nicht
erwiesen anzusehen, da eine substantielle Hirnschädigung weder in den bildgebenden Untersuchungen erkennbar noch in den ersten
ein bis zwei Tagen nach dem Unfallereignis hirnorganische Auffälligkeiten im Sinne von Bewusstseinsstörungen bzw. eines sogenannten
Durchgangssyndroms dokumentiert seien. Gleiches gelte für die Diagnose der posttraumatischen Belastungsstörung, die vor dem
ärztlichen Attest von Dezember 2002 nicht auftauche. Die aktenkundig zahlreichen konkreten beruflichen und sozialen Probleme
des Klägers hätten zu der Verbitterungsstörung geführt, die nun in einem lockeren Zusammenhang mit dem Unfallereignis stünden,
aber nicht wesentliche Folge der nachgewiesenen Unfallschäden seien. Die spätere Beschwerdeausweitung sei organisch nicht
mehr erklärbar.
Mit Urteil vom 10. Juli 2013 hat das SG die Klage mit der Begründung abgewiesen, der chronische posttraumatische Kopfschmerz werde nach den Leitlinien der Deutschen
Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft für die Begutachtung von idiopathischen und symptomatischen Kopfschmerzen mit einer MdE
von 10 bis 20 v. H. bewertet, so dass die Einschätzung von 30 v. H. von Prof. Dr. Dr. W. nicht nachvollziehbar sei. Dies gelte
umso mehr, als ein vollständiger Verlust des Riechvermögens nicht vorliege, der allein eine MdE von 10 v. H. rechtfertige.
Die einzelnen Gesundheitsstörungen dürften auch nicht ohne Weiteres addiert werden. Für die von Prof. Dr. M. und den Kliniken
S. geäußerte Vermutung, es sei zu einer substantiellen Hirnschädigung und nicht nur zu einer (reversiblen) Gehirnerschütterung
gekommen, fehle es am erforderlichen Vollbeweis. Die computertomographischen und kernspintomographischen Untersuchungen hätten
keine intrakraniellen Traumafolgen erkennen lassen, welches die Gutachten von Prof. Dr. Dr. M., Prof. Dr. S., Prof. Dr. B.,
Dr. H. und Prof. Dr. Dr. W. bestätigt hätten. Aus dem Notarztprotokoll, dem Aufnahmebefund, dem kranialen CT vom 11. Dezember
1998, dem Intensivprotokoll vom 11. Dezember 1998 und dem Übergabeprotokoll an die Normalstation vom 12. Dezember 1998, dem
neurologischen Konsil vom 21. Dezember 1998, dem kranialen CT vom 29. Dezember 1998 und der Pflegedokumentation vom 14. Dezember
1998 bis 3. Januar 1999 des Klinikums a. G. ergäben sich ebenfalls keinerlei Anhaltspunkte für das Vorliegen einer relevanten
Bewusstseinsstörung und/oder sonstiger psychopathologischer Auffälligkeiten im Sinne eines sogenannten Durchgangsstadiums
während der ersten Stunde, Tage und Wochen nach dem Unfallereignis. Insbesondere sei der Kläger innerhalb der ersten 24 Stunden
als orientiert beschrieben worden. Zusammen mit den bildgebenden Untersuchungen habe sich daher kein Hinweis für eine substantielle
Schädigung des Gehirns ergeben. Damit scheide die Diagnose eines hirnorganischen Psychosyndroms aus, da dessen Voraussetzung
eine dauerhafte hirnorganische Verletzung sei. Ohne organisches Korrelat hätten die beschriebenen kognitiven Einschränkungen
auch nicht rechtlich wesentlich dem Unfall zugeordnet werden können. Denn hierfür sei eine konkrete Gesundheitsstörung erforderlich.
Die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung, die der Kläger für gegeben halte, könne ebenfalls nicht im Vollbeweis
gesichert werden. Beim Kläger fehle es bereits an sich aufdrängenden Erinnerungen und Flashbacks. Ein Handeln und Erleben,
als ob sich der Sturz in die Grube wiederholen würde, sei nie geltend gemacht und auch nie beobachtet worden. Auch das Vermeidungskriterium
sei nicht erfüllt. Die Diagnosestellung von Dr. K. könne deswegen nicht nachvollzogen werden, zumal diese erstmals zwei Jahre
nach dem Unfallereignis gestellt worden sei. Diese Diagnose sei auch von keinem anderen Arzt bestätigt worden. Die zuletzt
diagnostizierte posttraumatische Verbitterungsstörung halte selbst der Kläger für unzutreffend. Dr. H. lasse auch unberücksichtigt,
dass der Kläger über erhebliche Auseinandersetzungen mit seinem Chef berichtet habe und diesen auch für seinen Unfall verantwortlich
mache, da er die notwendigen Sicherheitseinrichtungen nicht genehmigt habe. Auch das Verhältnis zu seiner Lebensgefährtin
und seinem Kind sei nicht spannungsfrei gewesen, was der Kläger bereits gegenüber Prof. Dr. M. geäußert habe. Daneben habe
der Kläger auch finanzielle Sorgen durch einen Hauskauf gehabt. Grund für die weiterhin bestehenden Einschränkungen sei somit
nicht das Unfallereignis, sondern seien die erlebten Vorfälle mit dem Arbeitgeber, dessen persönlicher Schuldzuweisung, die
gerichtlichen Auseinandersetzungen und finanziellen Probleme. All dies habe Dr. H. nicht ausreichend berücksichtigt, seine
Schlussfolgerungen seien deswegen nicht überzeugend. Außerdem sei es im Jahr 2000 zu einer Besserung gekommen, welches die
K. S. anlässlich der testpsychologischen Untersuchung vom 25. April bis 20. Juni 2000 bestätigt hätten. Danach seien Merkfähigkeiten
und Gedächtnis wieder voll durchschnittlich gewesen. Erst 2001 sei es zu einer erneuten Verschlechterung der kognitiven Einschränkungen
gekommen. Diese könnten jedoch nicht wesentlich auf das Unfallereignis zurückgeführt werden. Außerdem hätten sich bei sämtlichen
Untersuchungen auch Widersprüchlichkeiten im Verhalten des Klägers gezeigt, die auch Dr. H. als Auffälligkeit bezeichnet habe,
so dass nicht ohne Weiteres von einer schweren Einschränkung der kognitiven Leistungsfähigkeit ausgegangen werden könne.
Gegen das am 12. August 2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 12. September 2013 Berufung mit der Begründung eingelegt,
der Arbeitsunfall sei ein äußerst schwerwiegendes und bedrohliches Ereignis gewesen, an das er sich nicht erinnern könne.
Einzig Dr. H. habe eine umfassende Untersuchung und Exploration vorgenommen und sich ein Bild von ihm machen können. Seine
Diagnose sei indessen nicht zutreffend.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 10. Juli 2013 aufzuheben sowie den Bescheid vom 7. März 2002 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 29. September 2009 abzuändern und ihm eine Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 30 v.
H. ab dem 1. Dezember 2000 zu gewähren,
hilfsweise
Dr. H. und den Facharzt für Psychiatrie Dr. K. als sachverständige Zeugen zu vernehmen, anschließend ein Obergutachten insbesondere
zur Frage, ob eine Anpassungsstörung als unmittelbare oder mittelbare Unfallfolge vorliegt, zu veranlassen und eine sachverständige
Auskunft sowie eine Stellungnahme der Deutschsprachigen Gesellschaft für Psychotraumatologie zur Begutachtung von posttraumatischen
Belastungsstörungen einzuholen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erachtet die erstinstanzliche Entscheidung im Hinblick auf das Gutachten von Prof. Dr. Dr. W. für überzeugend und verweist
darauf, dass der seit dem Unfall vergangene Zeitraum von vierzehn Jahren gegen die Notwendigkeit einer erneuten umfassenden
Untersuchung spreche, zumal die Latenzzeit einer posttraumatischen Belastungsstörung zwischen Unfall und der Manifestation
der psychischen Symptomatik selbst bei katastrophalen Unfallereignissen in der Regel nicht mehr als sechs Monate betrage.
Überdies weise die von Dr. H. beschriebene Verbitterungsstörung wesentliche Unterschiede zur posttraumatischen Belastungsstörung
auf, der Sachverständige habe deswegen die Diagnose auch nicht gestellt.
Die Vorsitzende hat den Sachverhalt mit den Beteiligten am 20. Februar 2014 erörtert. Hinsichtlich der Einzelheiten der Angaben
wird auf die Niederschrift vom gleichen Tag verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und
zweiter Instanz sowie die beigezogenen Rentenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die nach den §§
143,
151 Abs.
1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft im Sinne des §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG, da die Berufung einen Zeitraum von mehr als einem Jahr umfasst. Die damit insgesamt zulässige Berufung ist indessen unbegründet.
Das SG hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen
den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer höheren Verletztenrente.
Der Berufung steht nicht das erstinstanzliche Urteil vom 23. April 2007 entgegen. Zwar hat der gerichtliche Vergleich nach
seinem Wortlaut nur das Berufungsverfahren erledigt. Würde hiervon ausgegangen, wäre die angefochtene Entscheidung damit bestandskräftig
geworden und eine Überprüfung nur nach § 44 SGB X, also auf der Basis der bei Bescheiderteilung vom 7. März 2002 vorliegenden und tatsächlichen Erkenntnisse, möglich und es
würden auch die Leistungseinschränkungen des § 44 Abs. 4 SGB X gelten. Der Senat hat deshalb ausgehend vom erkennbaren Willen der vergleichsschließenden Parteien den Vergleich so ausgelegt,
dass der Rechtsstreit insgesamt für erledigt erklärt werden sollte mit der Folge, dass überhaupt eine Widerspruchsmöglichkeit
über den Bescheid vom 7. März 2002 eröffnet wird.
Der Senat konnte in der Sache entscheiden, ohne die beiden benannten Ärzte erneut zu hören, den Kläger ein weiteres Mal begutachten
zu lassen oder die beantragte Auskunft einzuholen; er hat deswegen die darauf gerichteten Beweisanträge des Klägers abgelehnt.
Dr. H. ist bereits als gerichtlicher Sachverständiger und der Facharzt für Psychiatrie Dr. K. als sachverständiger Zeuge gehört
worden und haben sich sowohl zu den Unfallfolgen wie der Höhe der MdE geäußert. Welche Fragen den beiden Ärzten gestellt werden
sollen oder wo noch Aufklärungsbedarf gesehen wird, hat der Kläger nicht dargelegt. Es entspricht dann dem Beweisrecht, dass
das Gericht nicht verpflichtet ist, einem Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens oder Anhörung des behandelnden
Arztes zum Beweis einer bestimmten Tatsache beliebig oft nachzukommen (Urteil des Senats vom 24. Oktober 2013 - L 6 SB 5267/11 - Juris - unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 15. April 1991 - 5 RJ 32/90 - Juris). Dass Prof. Dr. Dr. W. sein Gutachten nach Aktenlage und nicht aufgrund einer erneuten persönlichen Untersuchung
erstattet hat, wurde ihm im Gutachtensauftrag vom SG ausdrücklich freigestellt und hat er als außerordentlich erfahrener Sachverständiger im ersteren Sinne beantwortet, da es
an den zeitnah zum Unfallereignis erforderlichen Auftreten von Brückensymptomen fehlte (dazu unten). Er hat sich im Stande
gesehen, die Beweisfragen in Auswertung der zahlreichen medizinischen Unterlagen zu beantworten. Insoweit bedarf es keiner
Nachfrage bei der Deutschsprachigen Gesellschaft für Psychotraumatologie, wie und aufgrund welcher Tests die Diagnose einer
posttraumatischen Belastungsstörung gestellt werden kann, der Sachverständige hat diese selbst ausreichend für die Entscheidungsfindung
des Senats dargelegt. Der Senat musste auch kein Obergutachten einholen. Einen allgemeinen Anspruch auf Überprüfung von Sachverständigengutachten
durch ein "Obergutachten" sehen die Prozessordnungen - auch das
SGG - nicht vor (vgl. zuletzt LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19. April 2013 - L 4 R 401/11 - Juris - unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 17. November 2003 - B 3 P 23/03 B - und vom 19. November 2007 - B 5a/5 R 382/06 B - SozR 4-1500 § 160a Nr. 21). Warum ein solches in Anbetracht der ausführlichen Sachverhaltsermittlungen des SG gerade im vorliegenden Fall erforderlich sein soll, hat der Kläger nicht ansatzweise deutlich gemacht. Allein der Umstand,
dass die eingeholten Gutachten zu unterschiedlichen Ergebnissen führen, begründet das nicht, sondern ist geradezu typisch
für die sozialgerichtliche Praxis.
Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch sind § 7, § 8 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. §
102 und §
56 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VII). Danach sind Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§
7 Abs.
1 SGB VII). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§
2,
3 oder 6
SGB VII begründenden Tätigkeit (§
8 Abs.
1 Satz 1
SGB VII). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder
zum Tod führen (§
8 Abs.
1 Satz 2
SGB VII). Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert
ist, haben Anspruch auf eine Rente (§
56 Abs.
1 Satz 1
SGB VII). Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen oder geistigen Leistungsvermögens
ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§
56 Abs.
2 Satz 1
SGB VII), das heißt auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.
Versicherte haben dann gegen den zuständigen Unfallversicherungsträger Anspruch auf die inzidente Anerkennung einer Unfallfolge,
wenn ein Gesundheitsschaden durch den Versicherungsfall rechtlich wesentlich verursacht wird (vgl. zum Folgenden BSG, Urteil vom 5. Juli 2011 - B 2 U 17/10 R - SozR 4-2700 § 11 Nr. 1; so auch zuletzt Urteil des Senats vom 23. Januar 2013 - L 6 U 2741/12). Während der Gesundheitsschaden sicher feststehen muss (Vollbeweis), erfolgt die Prüfung des Ursachenzusammenhangs zwischen
einer Gesundheitsstörung und dem - hier als Arbeitsunfall anerkannten - Unfallereignis nach der Theorie der wesentlichen Bedingung.
Dabei ist auf einer ersten Prüfungsstufe zu fragen, ob der Versicherungsfall eine naturwissenschaftlich-philosophische Bedingung
für den Eintritt der Gesundheitsstörung ist, wobei insoweit jedes Ereignis Ursache eines Erfolges ist, das nach den einschlägigen
Erfahrungssätzen nicht hinweg gedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele. Wenn festzustellen ist, dass der Versicherungsfall
in diesem Sinne eine Bedingung für den Erfolg - hier die geltend gemachte posttraumatische Belastungsstörung, das hirnorganische
Psychosyndrom, die posttraumatische Verbitterungsstörung oder die Anpassungsstörung - ist, ist auf der ersten Prüfungsstufe
weiter zu fragen, ob es für den Eintritt des Erfolgs noch andere Ursachen i. S. der naturwissenschaftlich-philosophischen
Bedingungstheorie gibt. Das können Bedingungen aus dem nicht versicherten Lebensbereich wie z. B. Vorerkrankungen, Anlagen,
nicht versicherte Betätigungen oder Verhaltensweisen sein (BSG, Urteil vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 17). Hinsichtlich des Überzeugungsmaßstabs genügt für die Feststellung des naturwissenschaftlich-philosophischen
Ursachenzusammenhangs der Beweisgrad der hinreichenden Wahrscheinlichkeit (st. Rspr BSG, vgl. Urteile vom 2. Februar 1978 - 8 RU 66/77 - SozR 2200 § 548 Nr. 38 - und 30. April 1985 - 2 RU 43/84 - SozR 2200 § 555a Nr. 1). Dieser ist erfüllt, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht; allein die Möglichkeit
eines Ursachenzusammenhangs genügt dagegen nicht (BSG, Urteile vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 17 und 18. Januar 2011 - B 2 U 5/10 R - SozR 4-2700 § 200 Nr. 3). Erst wenn sowohl der Versicherungsfall als auch andere Umstände als Ursachen des Gesundheitsschadens
feststehen, ist auf einer zweiten Prüfungsstufe rechtlich wertend zu entscheiden, welche der positiv festzustellenden adäquaten
Ursachen für die Gesundheitsstörung die rechtlich "wesentliche" ist. Dasselbe gilt für die Frage, ob eine MdE vorliegt und
im Wesentlichen durch Unfallfolgen verursacht wurde (BSG, Urteil vom 15. Mai 2012 - B 2 U 31/11 R - Juris).
Unter Zugrundelegung dieser Voraussetzungen können die posttraumatische Belastungsstörung, eine Verbitterungsstörung, ein
hirnorganisches Psychosyndrom oder eine Anpassungsstörung nicht im erforderlichen Vollbeweis festgestellt werden. Das hat
das SG ausführlich begründet dargelegt, weswegen der Senat ergänzend auf die Entscheidungsgründe nach §
153 Abs.
2 SGG verweist, denen er sich in vollem Umfang anschließt.
Auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers im Berufungsverfahren ist gegenüber der angefochtenen Entscheidung
des SG eine andere Beurteilung nicht gerechtfertigt.
Entgegen seiner Einschätzung sind zunächst die Kriterien für eine posttraumatische Belastungsstörung oder andauernde Persönlichkeitsänderung
nach Extrembelastung nicht erfüllt.
Zur Beurteilung der Frage, ob beim Kläger eine posttraumatische Belastungsstörung oder andauernde Persönlichkeitsänderung
nach Extrembelastung vorliegt, das heißt zur Anerkennung einer psychischen Störung als Unfallfolge, muss eine exakte Diagnose
der Krankheit nach einem der international anerkannten Diagnosesysteme erfolgen (BSG, Urteil vom 9. Mai 2006 a. a. O.). Der Senat berücksichtigt hierbei in seiner ständigen Rspr. die Internationale statistische
Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme - 10. Revision - (ICD 10) und das Diagnostische und Statistische
Manual psychischer Störungen - Textrevision - (DSM-IV-TR).
Bei der posttraumatischen Belastungsstörung handelt es sich um eine Gesundheitsstörung nach ICD-10 F 43.1 beziehungsweise
DSM-IV-TR 309.81.
Nach ICD-10 F 43.1 gelten folgende Grundsätze: Die posttraumatische Belastungsstörung entsteht als eine verzögerte oder protrahierte
Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder
katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. Prädisponierende Faktoren wie bestimmte,
zum Beispiel zwanghafte oder asthenische Persönlichkeitszüge oder neurotische Krankheiten in der Vorgeschichte können die
Schwelle für die Entwicklung dieses Syndroms senken und seinen Verlauf erschweren, aber die letztgenannten Faktoren sind weder
notwendig noch ausreichend, um das Auftreten der Störung zu erklären. Typische Merkmale sind das wiederholte Erleben des Traumas
in sich aufdrängenden Erinnerungen (Nachhallerinnerungen, Flashbacks), Träumen oder Alpträumen, die vor dem Hintergrund eines
andauernden Gefühls von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit auftreten. Ferner finden sich Gleichgültigkeit gegenüber anderen
Menschen, Teilnahmslosigkeit der Umgebung gegenüber, Freudlosigkeit sowie Vermeidung von Aktivitäten und Situationen, die
Erinnerungen an das Trauma wachrufen könnten. Meist tritt ein Zustand von vegetativer Übererregtheit mit Vigilanzsteigerung,
einer übermäßigen Schreckhaftigkeit und Schlafstörung auf. Angst und Depression sind häufig mit den genannten Symptomen und
Merkmalen assoziiert und Suizidgedanken sind nicht selten. Der Beginn folgt dem Trauma mit einer Latenz, die wenige Wochen
bis Monate dauern kann. Der Verlauf ist wechselhaft, in der Mehrzahl der Fälle kann jedoch eine Heilung erwartet werden. In
wenigen Fällen nimmt die Störung über viele Jahre einen chronischen Verlauf und geht dann in eine andauernde Persönlichkeitsänderung
über.
Das DSM-IV-TR 309.81 legt Folgendes zugrunde: Hauptmerkmal der posttraumatischen Belastungsstörung ist die Entwicklung charakteristischer
Symptome nach der Konfrontation mit einem extrem traumatischen Ereignis. Das traumatische Ereignis beinhaltet unter anderem
das direkte persönliche Erleben einer Situation, die mit dem Tod oder der Androhung des Todes, einer schweren Verletzung oder
einer anderen Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit zu tun hat (Kriterium A1). Die Reaktion der Person auf das Ereignis
muss intensive Angst, Hilflosigkeit oder Entsetzen umfassen (Kriterium A2). Charakteristische Symptome, die aus der Konfrontation
mit der extrem traumatischen Situation resultieren, sind das anhaltende Wiedererleben des traumatischen Ereignisses in Form
von wiederholten und aufdringlichen Erinnerungen an das Ereignis (Kriterium B1), von wiederkehrenden, quälenden Träumen, in
denen das Erlebnis nachgespielt wird oder in anderer Form auftritt (Kriterium B2), von Erleben von oft als "flashbacks" bezeichneten
dissoziativen Zuständen, während derer einzelne Bestandteile des Ereignisses wieder erlebt werden (Kriterium B3) oder, wenn
die Person mit Ereignissen konfrontiert wird, die sie an Aspekte des traumatischen Ereignisses erinnern oder die diese symbolisieren,
in Form von intensiver psychischer Belastung (Kriterium B4) oder physiologischer Reaktionen (Kriterium B5). Charakteristische
Symptome sind auch die andauernde Vermeidung von Reizen, die mit dem Trauma assoziiert sind, und eine Abflachung der allgemeinen
Reagibilität in der Form, dass die Person im Allgemeinen versucht, Gedanken, Gefühle oder Gespräche über das traumatische
Ereignis (Kriterium C1) und Aktivitäten, Situationen oder Personen, die die Erinnerung an das Ereignis wachrufen (Kriterium
C2) absichtlich zu vermeiden, wobei die Vermeidung des Erinnerns die Unfähigkeit mit einschließen kann, sich an einen wichtigen
Aspekt des traumatischen Ereignisses zu erinnern (Kriterium C3), oder in Form von verminderter Reaktionsbereitschaft auf die
Umwelt, welche üblicherweise sehr bald nach dem traumatischen Erlebnis eintritt (Kriterium C4), eines Gefühls der Isolierung
und Entfremdung von Anderen (Kriterium C5) oder einer deutlich reduzierten Fähigkeit, Gefühle zu empfinden (Kriterium C6)
oder in der Form, dass betroffene Personen das Gefühl einer eingeschränkten Zukunft haben (Kriterium C7). Charakteristische
Symptome sind auch anhaltende Symptome erhöhten Arousals in Form von Ein- oder Durchschlafschwierigkeiten, die durch wiederholte
Albträume, in denen das traumatische Erlebnis wieder erlebt wird, hervorgerufen werden können (Kriterium D1), Hypervigilanz
(Kriterium D4) und übertriebener Schreckreaktion (Kriterium D5), wobei manche Personen über Reizbarkeit oder Wutausbrüche
(Kriterium D2) oder Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren oder Aufgaben zu vollenden (Kriterium D3), berichten. Das vollständige
Symptombild muss länger als einen Monat anhalten (Kriterium E) und die Störung muss in klinisch bedeutsamer Weise Leiden oder
Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen verursachen (Kriterium F). Traumatische
Erfahrungen, die direkt erlebt wurden, umfassen insbesondere kriegerische Auseinandersetzungen, gewalttätige Angriffe auf
die eigene Person, Entführung, Geiselnahme, Terroranschlag, Folterung, Kriegsgefangenschaft, Gefangenschaft in einem Konzentrationslager,
Natur- oder durch Menschen verursachte Katastrophen, schwere Autounfälle oder die Diagnose einer lebensbedrohlichen Krankheit.
Hinsichtlich Beginn und Dauer der Symptome wird unterschieden zwischen der akuten posttraumatischen Belastungsstörung (wenn
die Dauer der Symptome weniger als drei Monate beträgt), der chronischen posttraumatischen Belastungsstörung (wenn die Symptome
drei Monate oder länger andauern) und der posttraumatischen Belastungsstörung mit verzögertem Beginn (wenn mindestens sechs
Monate zwischen dem traumatischen Ereignis und dem Beginn der Symptome vergangen sind). Die Symptome, wie beispielsweise verminderte
affektive Schwingungsfähigkeit, dissoziative Symptome, somatische Beschwerden, Gefühle der Insuffizienz in Form von Hoffnungslosigkeit,
sozialer Rückzug, ständiges Gefühl des Bedrohtseins oder beeinträchtigte Beziehung zu anderen oder Veränderung der Persönlichkeit
im Vergleich zu früher beginnen normalerweise innerhalb der ersten drei Monate nach dem Trauma, obwohl sich die Ausbildung
der Symptome aber auch um Monate oder sogar Jahre verzögern kann. Die Schwere, Dauer und Nähe der Person bei Konfrontation
mit dem traumatischen Ereignis sind die wichtigsten Faktoren, die die Wahrscheinlichkeit bestimmen, mit der die Störung sich
entwickelt. Es gibt Hinweise, dass soziale Unterstützung, Familienanamnese, Kindheitserfahrungen, Persönlichkeitsvariablen
und vorbestehende psychische Störungen die Ausbildung einer posttraumatischen Belastungsstörung beeinflussen können. Die Störung
kann sich auch bei Personen entwickeln, bei denen zuvor keine besondere Auffälligkeit vorhanden war, besonders dann, wenn
es sich um eine besonders extreme Belastung handelt.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sowie der umfangreichen medizinischen Unterlagen ist auch der Senat wie das SG in Auswertung des Gutachtens von Prof. Dr. Dr. W. nicht davon überzeugt, dass beim Kläger eine posttraumatische Belastungsstörung
eingetreten ist.
Zwar zog der Arbeitsunfall mit dem Sturz direkt auf den Kopf eine massive, auch durchaus lebensbedrohliche Beeinträchtigung
der körperlichen Unversehrtheit des Klägers nach sich. Der Annahme einer posttraumatischen Belastungsstörung steht zur Überzeugung
des Senats aber bereits entgegen, dass sich der Kläger an das Unfallgeschehen selbst nicht erinnern kann (Urteile des Senats
vom 26. September 2013 - L 6 U 3246/12 - Juris - und 20. Juni 2013 - L 6 VG 5753/11), was der Senat den durchgehenden Angaben des Klägers selbst wie dem Intensivprotokoll vom 11. Dezember 1998 ("Amnesie zum
Unfallhergang") entnimmt und sich medizinisch auch durch den Bewusstseinsverlust beim Sturz erklären lässt. Der erforderliche
und für die Erkrankung typische Wiederhall des Erlebten scheidet daher denknotwendig aus. Folglich kann der Kläger den Tathergang
auch nur aus Erzählungen rekonstruieren, aber nicht aus eigener Anschauung wiedergeben.
Darüber hinaus hat der Sachverständige Prof. Dr. Dr. W. in Auswertung der Krankengeschichte auch für den Senat nachvollziehbar
dargelegt, dass in den ersten zwei Jahren nach dem Unfallereignis trotz einer fast durchgehenden nervenärztlichen Behandlung
keinerlei Flashbacks und/oder Alpträume des Klägers dokumentiert sind und deswegen nicht der Vollbeweis einer derartigen Störung
geführt werden kann. Zu Recht hat Prof. Dr. Dr. W. darauf hingewiesen, dass der Kläger sich insoweit nicht auf die "allgemeine"
AWMF-Leitlinie stützen kann, sondern es für die Begutachtung nicht auf den therapeutischen Ansatz, sondern darauf ankommt,
dass nicht einzelne Symptome die posttraumatische Belastungsstörung nachweisen, zumal beim Kläger kein unklares, sondern im
Gegenteil ein auf einer Nervenschädigung beruhendes neuropathisches Schmerzsyndrom vorliegt. Die Richtigkeit seiner Ausführungen
wird durch die auszugsweise Vorlage der Begutachtungsrichtlinie gestützt. Dem steht das alleinige Attest des Psychiaters Dr.
K. nicht entgegen, der nicht nur in keiner Weise substantiiert hat, worauf seine Diagnosestellung überhaupt beruht, sondern
der sich auch nur auf die Angaben des Klägers, nicht aber auf den Akteninhalt und hier insbesondere die Behandlungsdaten stützen
konnte, zu dem er auch nur einen sehr lockeren therapeutischen Kontakt hatte und keinesfalls eine Traumatherapie im engeren
Sinne durchgeführt hat. Der Senat hält deswegen bereits das Krankheitsbild einer posttraumatischen Belastungsstörung gerade
in Anbetracht des Umstands, dass sich noch bei der Untersuchung durch Prof. Dr. Dr. M. im November 2001 keinerlei Symptome
einer solchen Erkrankung zeigten, für nicht nachgewiesen.
Soweit Dr. H. als einziger Sachverständiger beim Kläger eine posttraumatische Verbitterungsstörung diagnostiziert hat, die
der Kläger selbst bestreitet, hält der Senat bereits sein Gutachten, welches er erst anderthalb Jahre nach der Untersuchung
erstattet hat, für nicht verwertbar. Denn gerade bei einem psychiatrischen Gutachten kommt es entscheidend darauf an, dass
der Gutachter sich nicht nur einen persönlichen Eindruck in einer angemessenen Untersuchungszeit von dem Kläger verschafft,
sondern diesen auch entsprechend für die Beteiligten und das Gericht darlegt. Nach einem so langen Zeitraum ist aber nicht
mehr gewährleistet, dass sich der Gutachter überhaupt noch an die Untersuchungsperson erinnert, er kann sich somit allenfalls
auf seine schriftlichen Aufzeichnungen stützen, deren Vollständigkeit aber naturgemäß anders als z. B. bei orthopädischen
Befunden nicht gewährleistet ist. Das Gutachten kann sich vielmehr nach einem solchen Zeitablauf nicht mehr auf einen genauen
aktuellen Eindruck von dem Kläger stützen, der gerade bei einem Praktiker wie dem Sachverständigen, der jeden Tag mit einer
Vielzahl von Personen zu tun hat, verblassen muss. Auch bei der Absetzung des vollständigen Urteils hat der Gemeinsame Senat
der obersten Gerichtshöfe des Bundes (Beschluss vom 27. April 1993 - GmS-OBG 1/92) darauf abgestellt, dass die Erinnerung mit fortschreitender Zeit nicht mehr gegeben ist, und allenfalls eine Frist
von einem Jahr für angemessen erachtet. Des Weiteren handelt es sich bei der posttraumatischen Verbitterungsstörung um keine
ICD-10-Diagnose, so dass bereits deswegen ihre Feststellung oder Anerkennung als Unfallfolge nach der Rechtsprechung ausscheidet.
Dessen ungeachtet hat der Sachverständige Prof. Dr. Dr. W. und ihm folgend das SG für den Senat überzeugend und ausführlich begründet dargelegt, dass Dr. H. sich nicht mit den bekannten beruflichen und sozialen
Problemen des Klägers auseinandergesetzt hat. Dem hat der Senat nichts hinzuzufügen, weswegen er insoweit von einer weiteren
Darstellung der Entscheidungsgründe nach §
153 Abs.
2 SGG absieht.
Für ein hirnorganisches Psychosyndrom, wie dies Prof. Dr. M. - ohne dass ihm die Krankenakten vorlagen - vermutet hat, fehlt
es am erforderlichen Nachweis einer substanziellen Hirnschädigung (so auch Bayrisches Landessozialgericht, Urteil vom 20.
Juni 2012 L 2 U 340/10), wie dies letztlich alle Sachverständigen übereinstimmend festgestellt und auch die vom SG beigezogenen Behandlungsakten des Klinikums H. über den stationären Aufenthalt vom 11. Dezember 1998 bis 7. Januar 1999 bestätigt
haben. Das hat zuletzt auch der Sachverständige Prof. Dr. Dr. W. in Auswertung der Krankenhausunterlagen dargelegt, wonach
nicht nur die bildgebenden Schädeluntersuchungen, sondern auch die initialen Befunde keinen entsprechenden Beleg liefern,
die später beschriebenen kognitiven Probleme daher mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht durch eine Hirnkontusion bedingt
sind. Dafür spricht auch, dass die gezeigten kognitiven Störungen nicht einheitlich waren, sich vielmehr nur auf spezielle
Arbeitsbereiche (z.B. Rechnen) bezogen und der Kläger außerhalb der jeweiligen Untersuchungssituation unauffällig war, was
erhebliche Zweifel daran begründet, ob das psychopathologische Bild überhaupt auf den Unfall zurückgeführt werden kann, was
selbst Prof. Dr. M. so ausführte und insbesondere Prof. Dr. Dr. M. gänzlich und aus Sicht des Senats zutreffend ausschloss.
Die zuletzt vom Kläger mit Schriftsatz vom 12. März 2014 geltend gemachte Anpassungsstörung wurde von keinem Arzt oder Sachverständigen
diagnostiziert, der Senat erachtet deswegen auch dieses Krankheitsbild für nicht nachgewiesen.
Insgesamt hält es der Senat deswegen nicht für erwiesen, dass die geltend gemachten psychischen Folgen beim Kläger vorliegen.
Mithin waren bei der Bildung der MdE lediglich die auf neurologischem Fachgebiet vorhandenen Unfallfolgen, also die mit Bescheid
vom 7. März 2002 festgestellten Unfallfolgen "aufgehobenes Riechvermögen, Gefühlsstörungen im Bereich der rechten Gesichtshälfte
sowie belastungsabhängige Kopfschmerzen nach Mittelgesichtsfrakturen mit Gehirnerschütterung" zu berücksichtigen. Dass diese
ab dem 1. Dezember 2000 keine MdE um mindestens 30 v. H. bedingen, hat das SG unter Würdigung der zutreffenden Gutachten ausführlich begründet und überzeugend dargelegt. Denn der Kopfschmerz ist nur
mit einer MdE von 20 v. H. zu werten, der Verlust des Riechvermögens nur mit einer MdE von weniger als 10 v. H., da er nicht
vollständig ist.
Die Berufung des Klägers ist deswegen zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf §
193 SGG beruht.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.