Tatbestand
Streitig ist die Höhe des Anspruchs auf Arbeitslosengeld (Alg).
Der Kläger war seit 01.06.2002 bei der Firma H. AG & Co. KGaA beschäftigt. Mit seinem Arbeitgeber vereinbarte er die Beendigung
des Arbeitsverhältnisses zum 30.06.2015 unter einer unwiderruflichen Freistellung von der Verpflichtung zur Arbeit unter Fortzahlung
der Bezüge ab dem 11.08.2014. Das beitragspflichtige Arbeitsentgelt betrug von Juli bis Dezember 2013 monatlich 5.800 EUR,
von Januar bis Dezember 2014 monatlich 5.950 EUR und von Januar bis Juni 2015 monatlich 6.050 EUR.
Aufgrund der persönlichen Arbeitslosmeldung am 30.06.2015 und dem Antrag auf Zahlung von Alg bewilligte die Beklagte zunächst
für die Zeit vom 01.07.2015 bis 30.06.2017 vorschussweise Leistungen in Höhe von 51,49 EUR täglich (Bescheid vom 14.07.2015).
Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein. Mit Bescheid vom 20.08.2015 hob die Beklagte darauf den Bescheid vom 14.07.2015
auf und bewilligte mit zwei Änderungsbescheiden vom 20.08.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.09.2015 in
der Fassung des Änderungsbescheides vom 23.09.2015 Alg für die Zeit vom 01.07.2015 bis 30.06.2017 in Höhe von 61,30 EUR täglich.
Für den Bemessungszeitraum seien Zeiträume einer unwiderruflichen Freistellung nicht zu berücksichtigen, da das auf diese
Zeiträume entfallende Entgelt beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis - das sei bei der unwiderruflichen Freistellung
der Beginn der Freistellungsphase - weder erarbeitet noch abgerechnet sei. Der Bemessungsrahmen sei daher auf zwei Jahre zu
erweitern, da im Bemessungszeitraum wegen der unwiderruflichen Freistellung ab dem 11.08.2014 weniger als 150 Tage mit Anspruch
auf zu berücksichtigendes Arbeitsentgelt vorliegen würden. Somit werde der Bemessungsrahmen auf die Zeit vom 01.07.2013 bis
30.06.2015 verlängert. Im Bemessungszeitraum sei an 396 Tagen ein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt von insgesamt 76.450
EUR erzielt worden, woraus sich ein durchschnittliches tägliches Bemessungsentgelt von 193,06 EUR ergebe. Unter Berücksichtigung
der maßgeblichen Lohnsteuerklasse I und des Umstands, dass der Kläger kein Kind habe, ergebe sich ein Alg iHv 61,30 EUR täglich.
Aufgrund der eigenen Abmeldung aus dem Leistungsbezug durch den Kläger hob die Beklagte die Bewilligung von Alg ab dem 07.03.2016
wieder auf (Bescheid vom 07.03.2016).
Gegen den Widerspruchsbescheid vom 02.09.2015 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben. Es sei auch das während der Freistellungsphase bezogene Arbeitsentgelt zu berücksichtigen, da dieses abgerechnet
und die vollen Beiträge an die Beklagte abgeführt worden seien. Die Verschiebung des Bemessungsrahmens führe dazu, dass eine
geringere Vergütung für die Zeit vom 01.07.2013 bis 30.06.2014 zu berücksichtigen sei, was wiederum zu einem niedrigeren Alg
führe. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) würde eine Beschäftigung im beitragsrechtlichen Sinne nicht durch die Freistellung beendet. Es sei auch systemwidrig, wenn
gezahlte höhere Beiträge in der Zeit ab der Freistellung sich nicht entsprechend auf die Höhe des Alg auswirken würden.
Mit Urteil vom 08.06.2016 hat das SG die Beklagte verurteilt, die Bescheide vom 14.07.2015 und 20.08.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.09.2015
abzuändern und das Alg des Klägers unter Berücksichtigung eines Bemessungsrahmens vom 01.07.2014 bis zum 30.06.2015 ohne Erweiterung
des Bemessungsrahmens gemäß §
150 Abs
3 Satz 1 Nr
1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB III) neu zu berechnen. Die abgerechneten Monate während der Freistellungsphase gehörten in den Bemessungszeitraum. So würde auch
das Arbeitsentgelt weiterhin abgerechnet und die vollen Beiträge abgeführt. Das maßgebliche Beschäftigungsverhältnis im beitragsrechtlichen
Sinne werde durch die Freistellung nicht beendet. Anderes gelte nur, wenn tatsächlich keine Lohnzahlung erfolge. Die Problematik
sei eine andere als in Fällen, in denen eine Abrechnung des letzten Monats des Beschäftigungsverhältnisses erst nach Beendigung
des Beschäftigungsverhältnisses erfolge. Durch die Freistellung ende hier nicht das sozialversicherungspflichtige und leistungsrechtliche
Beschäftigungsverhältnis. Damit sei ein Bemessungsrahmen vom 01.07.2014 bis zum 30.06.2015 anzunehmen.
Mit Beschluss des Senats vom 28.03.2017 wurde die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG zugelassen. Zur weiteren Begründung hat die Beklagte ausgeführt, maßgeblich für die Bestimmung des Bemessungsrahmens sei
zunächst der letzte Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor Entstehung des Anspruchs. Weiter sei allerdings
zu prüfen, welche Entgeltabrechnungszeiträume in den einjährigen Bemessungsrahmen fielen. Diese zählten nur, wenn sie beim
Ausscheiden aus der letzten Beschäftigung abgerechnet worden seien. Abzustellen sei dabei auf das Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis
nicht aber auf das Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis. Für den maßgeblichen Endzeitpunkt für den Beginn des Bemessungszeitraums
komme es damit auf das tatsächliche Ende der letzten versicherungspflichtigen Beschäftigung im leistungsrechtlichen Sinne
vor der Entstehung des Anspruchs unabhängig davon an, wann die Arbeitslosmeldung erfolge und das Arbeitsverhältnis rechtlich
ende. Von Bedeutung sei, ob die Arbeitsleistung tatsächlich noch erbracht werde. Daran fehle es beim Kläger nach der unwiderruflichen
Freistellung von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung ab dem 11.08.2014, mit der das Beschäftigungsverhältnis im leistungsrechtlichen
Sinne geendet habe. Beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis seien die Monate August 2014 bis Juni 2015 nicht zum
Bemessungszeitraum zu zählen, weil die hierauf entfallenden Entgelte noch nicht abgerechnet bzw erarbeitet gewesen seien.
Der Bemessungszeitraum habe die Zeit vom 01.07.2013 bis 31.07.2014 umfasst.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 08.06.2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Mit der unwiderruflichen Freistellung habe das Beschäftigungsverhältnis im leistungsrechtlichen Sinne keine Beendigung erfahren.
Im Bereich der Krankenversicherung sei dies so längst höchstrichterlich entschieden worden. Die Regelung des §
150 Abs
1 SGB III erfasse nur die Fälle, in denen tatsächlich keine Lohnzahlung erfolge, wie zB bei Bezug von Krankengeld oder bei Arbeitnehmern
in Elternzeit. Auch während der Freistellung seien Entgelte abgerechnet und die vollen Beiträge an die Beklagte geflossen.
Eine Verschiebung des Bemessungszeitraums führe zu einer Berücksichtigung der geringeren Vergütung in der Zeit vom 01.07.2013
bis 30.06.2014. Da aber in der Zeit in der unwiderruflichen Freistellung ein höheres Entgelt abgerechnet worden sei, könne
keine Verlängerung des Bemessungsrahmens erfolgen. So wäre es auch systemwidrig, wenn höhere gezahlte Beiträge in der Zeit
ab der Freistellung sich nicht auch erhöhend auf das Alg auswirken würden.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz
Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die vom Senat zugelassene Berufung ist zulässig und begründet. Das Urteil des SG ist aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Bescheide vom 20.08.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.09.2015
in der Fassung des Änderungsbescheides vom 23.09.2015 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
Streitgegenstand ist vorliegend die Höhe des dem Kläger bewilligten Alg für die Zeit vom 01.07.2015 bis 06.03.2016. Hierüber
hat die Beklagte mit den Bescheiden vom 20.08.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.09.2015 in der Fassung
des Änderungsbescheides vom 23.09.2015 entschieden und die Bewilligung mit Bescheid vom 07.03.2016 für die Zeit ab 07.03.2016
aufgehoben. Nicht mehr Streitgegenstand ist der Bescheid vom 14.07.2015, mit dem zunächst Alg als Vorschuss bewilligt worden
ist, da dieser mit Bescheid vom 20.08.2015 aufgehoben worden ist.
Dem Kläger, der unstreitig die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Alg dem Grunde nach erfüllt (§
137 Abs
1 SGB III), steht für die Zeit vom 01.07.2015 bis 06.03.2016 kein höheres Alg zu. Zutreffend hat die Beklagte die Höhe des Alg mit
61,30 EUR täglich festgesetzt.
Da der Kläger kinderlos war, beträgt das Alg nach §
149 Nr
2 SGB III 60% des Leistungsentgelts. Für das Leistungsentgelt nach §
153 Abs
1 SGB III ist vom Bemessungsentgelt die Sozialversicherungspauschale iHv 21% des Bemessungsentgelts, die Lohnsteuer - vorliegend unter
Berücksichtigung der Lohnsteuerklasse 1 - und der Solidaritätszuschlag in Abzug zu bringen. Das Bemessungsentgelt ist das
durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das die oder der Arbeitslose im Bemessungszeitraum
erzielt hat (§
151 Abs
1 Satz 1
SGB III), wobei Arbeitsentgelte, auf die die oder der Arbeitslose beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis Anspruch hatte,
als erzielt gelten, wenn sie zugeflossen oder nur wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht zugeflossen sind (§
151 Abs
1 Satz 2
SGB III).
Im maßgeblichen Bemessungszeitraum hat die Beklagte ein zutreffendes Bemessungsentgelt von 193,06 EUR täglich errechnet. Nach
§
150 Abs
1 Satz 1
SGB III umfasst der Bemessungszeitraum die beim Ausscheiden aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume
der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. Der Bemessungsrahmen wird gemäß §
150 Abs
3 Nr
1 SGB III auf zwei Jahre erweitert, wenn (ua) der Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält.
Der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der
Entstehung des Anspruchs (§
150 Abs
1 Satz 2
SGB III). Der letzte Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses war der 30.06.2015, mit Ablauf dessen der Kläger sein Arbeitsverhältnis
einvernehmlich mit seinem Arbeitgeber beendet hat. Da in der Zeit vom 01.07.2014 bis 30.06.2015 nur ein Bemessungszeitraum
mit weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthalten ist, ist der Bemessungsrahmen auf zwei Jahre zu erweitern.
Nicht zum Bemessungszeitraum zählt dabei die Zeit ab 11.08.2014, in der dem Kläger zwar sein Arbeitsentgelt fortgezahlt worden
ist, er aber unwiderruflich von der Arbeitsleistung freigestellt gewesen ist. Insofern ist zwischen dem Bemessungszeitraum
und dem Bemessungsrahmen zu differenzieren. Während der Bemessungsrahmen auf das Versicherungspflichtverhältnis als Arbeitsverhältnis
im beitragsrechtlichen Sinne abstellt, welches bis zum 30.06.2015 bestanden hat, kommt es für den Bemessungszeitraum auf das
Bestehen eines leistungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses an (vgl BSG, Urteil vom 08.07.2009 - B 11 AL 14/08 R; Beschluss vom 30.04.2010 - B 11 AL 160/09 B; Beschluss des Senats vom 18.07.2016 - L 10 AL 133/16 NZB; LSG Hamburg, Urteil vom 05.04.2017 - L 2 AL 68/16; Valgolio in Hauck/Noftz,
SGB III, Stand 09/2015, §
150 Rn 70). So ist für Letzteren nicht die beitragsrechtliche Beurteilung maßgeblich, sondern alleine, ob der Kläger tatsächlich
beschäftigt worden ist (vgl BSG, Urteil vom 08.07.2009 - B 11 AL 14/08 R - SozR 4-4300 § 130 Nr 6 - mwN).
Auch dem Sinn und Zweck der Bemessung des Alg als Lohnersatz läuft dies nicht zuwider, da es dabei auf den "Marktwert" der
tatsächlichen Arbeitsleistung im Beruf ankommt, für den es unerheblich ist, welche Leistungen der Arbeitnehmer in Zeiten der
tatsächlichen Nichtbeschäftigung erhält (vgl dazu auch LSG Hamburg, Urteil vom 05.04.2017 - L 2 AL 68/16). Die Gegenleistung des Versicherungsbeitrags ist auch in Zeiten eines fehlenden Beschäftigungsverhältnisses im leistungsrechtlichen
Sinne der Zustand des Versichertseins, nicht die Leistung bei Arbeitslosigkeit (Lüdtke in Banafsche/Körtek/Kruse,
SGB III, 2. Auflage, §
151 Rn 5). So ist die Zahlung von Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung in den Zeiten des bloßen Fortbestandes eines beitragsrechtlichen
Versicherungspflichtverhältnisses zwar nicht für die Bemessung des Alg zu berücksichtigen, sie ist aber für die Erfüllung
von Anwartschaftszeiten iSv §
142 SGB III von Bedeutung. Auch fehlt es im Einzelfall typischerweise an einer Beziehung der Gesamtleistung von Alg zur jeweiligen Beitragsleistung
(BVerfG, Beschluss vom 03.04.1979 - 1 BvL 30/76 - BVerfGE 51, 115). Der Gesetzgeber ist bei der Ausgestaltung sozialversicherungsrechtlicher Systeme von Verfassungs wegen nicht gehalten ist,
Geldleistungen der Höhe nach in voller Äquivalenz zu den Beiträgen festzusetzen (vgl BVerfG, Beschluss vom 11.03.1980 - 1 BvL 20/76 - BVerfGE 53, 313; zum Ganzen vgl auch Urteil des Senats vom 22.06.2017 - L 10 AL 74/16).
Soweit das BVerfG (Beschluss vom 24.05.2000 - 1 BvL 1/98, 1 BvL 4/98, 1 BvL 15/99 - BverfGE 102, 127) zur Frage der Berücksichtigung von beitragspflichtigem einmaligen Arbeitsentgelt ausgeführt hat, dass
Versicherte mit einem (insgesamt) gleich hohen beitragspflichtigen Arbeitsentgelt auch mit einer gleich hohen Lohnersatzleistung
rechnen können, verfängt dies hier nicht. Es handelt sich vorliegend nicht um die Nichtberücksichtigung einmaliger Zahlungen
des Arbeitgebers. Die Nichtberücksichtigung von erst nach dem Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis zugeflossenen Zahlungen
entspricht dem Ziel des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt, bei der Alg-Bemessung aus Vereinfachungsgründen
nur noch Zeiten einer versicherungspflichtigen Beschäftigung zu erfassen und alle übrigen Versicherungspflichtverhältnisse
außer Betracht zu lassen (vgl BT-Drs 15/1515 S 85), was vom Recht auf die Gestaltungsmöglichkeiten des Gesetzgebers im Sinne
der Typisierung und Pauschalierung sowie der zügigen Leistungsbewilligung gedeckt ist (vgl dazu auch BSG, Urteil vom 08.07.2009 - B 11 AL 14/08 R - SozR 4-4300 § 130 Nr 6).
Letztlich überzeugt auch die Entscheidung des LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 23.02.2017 - L 9 AL 150/15; hierzu ist eine Beschwerde beim BSG anhängig: B 11 AL 26/17 B) nicht. Hier wird davon ausgegangen, das BSG habe in seiner Entscheidung vom 08.07.2009 (B 11 AL 14/08 R - Rn 22) ausdrücklich auf seine Rechtsprechung zu §§
118,
123 SGB III aF bzw §§
137,
142 SGB III nF verwiesen und sich an den Grundsätzen zum Beschäftigungsverhältnis für das Entstehen des Stammrechts auf Alg orientiert.
Mithin sei der Begriff des versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses bei §
150 Abs
1 Satz 1
SGB III kein anderer als bei einem Beschäftigungsverhältnis iSd §
25 Abs
1 Satz 1
SGB III, das die Grundlage eines Versicherungspflichtverhältnisses zur Erfüllung der Anwartschaftszeit nach §
142 Abs
1 SGB III bilde. Dies ist zwar zutreffend und ist für die Berechnung des Bemessungsrahmens maßgeblich. Jedoch kann - wie oben bereits
ausgeführt - für den Bemessungszeitraum nur auf die Zeiten der tatsächlichen Beschäftigung zurückgegriffen werden. Es ist
nicht erkennbar, dass mit den Verweisen des BSG in Rn 22 seiner Entscheidung vom 08.07.2009 (B 11 AL 14/08 R) etwas anderes zum Ausdruck gebracht werden solle. Diese bezogen sich gerade auf die Frage, wann ein leistungsrechtliches
Beschäftigungsverhältnis anzunehmen ist.
Ein leistungsrechtliches Beschäftigungsverhältnis hat vorliegend nur bis 10.08.2014 bestanden. Ab dem 11.08.2014 war der Kläger
bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses am 30.06.20015 unwiderruflich von der Arbeitsleistung freigestellt. Der Arbeitgeber
hat den Kläger demzufolge nicht mehr beschäftigt und er hat auf die Ausübung seines Direktionsrechts verzichtet. Damit war
das Beschäftigungsverhältnis nach dem 10.08.2014 beendet, ohne dass die Weitergewährung der Bezüge hieran etwas ändert. Letztendlich
hat die Fortzahlung der Bezüge eher den Charakter einer Abfindungszahlung im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses
- Arbeitsentgelte, die Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhalten oder die im Hinblick auf die Arbeitslosigkeit
vereinbart worden sind, würden nach §
151 Abs
2 Nr
1 SGB III bei der Berechnung des Bemessungsentgelts außer Betracht bleiben -, was auch dadurch deutlich wird, dass bei einer vorzeitigen
Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Kläger die noch zustehenden Gehälter bis Juni 2015, dem eigentlich vereinbarten
Ende des Arbeitsverhältnisses, kapitalisiert und zu 100% der Abfindung zugeschlagen worden wären. Statt das Arbeitsverhältnis
bereits zum 10.08.2014 zu beendigen und eine Abfindung unter Berücksichtigung eines fiktiven Lohns für die Zeit vom 11.08.2014
bis 30.06.2015 zu vereinbaren, wurde der Arbeitnehmer von der Arbeitsleistung unwiderruflich freigestellt und erhielt seinen
Lohn für diese Zeit weiter.
Der Kläger ist damit am 11.08.2014 aus dem Beschäftigungsverhältnis ausgeschieden, so dass zu diesem Zeitpunkt keinesfalls
- ausgehend vom Beginn des Bemessungsrahmens am 01.07.2014 - mindestens 150 Tage mit einem Anspruch auf Arbeitsentgelt vorlagen
bzw abgerechnet waren. Es ergibt sich ein erweiterter Bemessungsrahmen für die Zeit vom 01.07.2013 bis 30.06.2015, innerhalb
dessen ein Bemessungszeitraum vom 01.07.2013 bis 31.07.2014 - es ist weder erkennbar noch vorgetragen, dass die Bezüge für
August 2014 bei Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, also der Beendigung der tatsächlichen Beschäftigung (vgl dazu
auch Valgolio in Hauck/Noftz,
SGB III, Stand 09/2015, §
150 Rn 70 mwN), bereits abgerechnet oder ausbezahlt waren - mit Anspruch auf Arbeitsentgelt vor Beendigung des leistungsrechtlichen
Beschäftigungsverhältnisses bestand.
Soweit der Kläger auf die Entscheidung des BSG vom 04.07.2012 (B 11 AL 9/11 R) verweist, verkennt er, dass es dort nicht um die Frage des Bemessungszeitraums ging, sondern eine tatsächlich nicht erfolgte
Tätigkeit nach Auffassung des BSG auch zu einer "Beschäftigung" in Bezug auf die Frage des Bemessungsrahmens iSv § §
130 Abs
1 Satz 2
SGB III aF (jetzt §
150 Abs
1 Satz 2
SGB III nF) führen kann. Für den Bemessungsrahmen ist dies auch zutreffend. Dort kommt es auf das Bestehen eines Versicherungspflichtverhältnisses,
nicht aber auf ein Beschäftigungsverhältnis im leistungsrechtlichen Sinne an. Es ist unbestritten - wenn auch für die Frage
des Bemessungszeitraums ohne Belang -, dass der Kläger bis einschließlich 30.06.2015 in einem Versicherungspflichtverhältnis
stand. Ebenso verhält es sich mit den Entscheidung des BSG vom 29.05.2008 (B 11a AL 23/07 R). Auch dort ging es nicht um die Frage, ob die Zeit einer Freistellung als leistungsrechtliches
Beschäftigungsverhältnis zu werten ist, sondern um das Bestehen eines versicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses.
Die Zeiten einer Freistellung nach Ausspruch der Kündigung und vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses waren insofern für
die Frage der Erweiterung des einjährigen Bemessungsrahmens maßgeblich. Dafür kommt es auf Zeiten mit Anspruch auf Arbeitsentgelt
an, so dass dies ebenfalls nichts über die Berücksichtigung als Bemessungszeitraum aussagt. Schließlich bezieht sich die Entscheidung
des BSG vom 24.09.2008 (B 12 KR 22/07 R) nur darauf, dass Zeiten einer unwiderruflichen Freistellung bei Fortzahlung des Lohns zu einer Versicherungspflicht in der
Arbeitslosenversicherung führt. Dies ist aber unstreitig und wurde auch von der Beklagten in Bezug auf den Bemessungsrahmen,
bei dem es auf das beitragsrechtliche Versicherungspflichtverhältnis ankommt, berücksichtigt. Vielmehr wird in der Entscheidung
ganz deutlich und ausdrücklich dargestellt, dass eben "die Beschäftigung im leistungsrechtlichen Sinne ( ...) unabhängig vom
(Fort-)bestehen eines Arbeitsverhältnisses im Sinne des Arbeitsrechts durch die tatsächliche Nichtbeschäftigung des Versicherten,
das heißt die fehlende Arbeitsleistung, gekennzeichnet" ist (BSG aaO Rn 21).
Da das Einkommen nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze berücksichtigt werden konnte (§
341 SGB III), waren für die Monate Juli 2013 bis Dezember 2013 ein Bruttoarbeitsentgelt von 5.800 EUR monatlich und für die Monate Januar
2014 bis Juli 2014 von 5.950 EUR monatlich für die Bemessung zugrunde zu legen. Insgesamt ergibt sich daraus ein tägliches
Bemessungsentgelt von 193,06 EUR (76.450 EUR / 366 Tage). Die Beklagte hat hieraus - unter Zugrundelegung der Lohnsteuerklasse
I und der Lohnsteuertabelle für das Jahr 2015 - zutreffend ein tägliches Leistungsentgelt iHv 102,17 EUR ermittelt (§
153 SGB III). Da der Kläger kinderlos ist, beträgt das Alg nach §
149 Nr 2
SGB III 60% des Leistungsentgelts, so dass sich ein täglicher Zahlbetrag iHv 61,30 EUR ergibt.
Der Kläger hat somit keinen Anspruch auf ein höheres Alg. Auf die Berufung der Beklagten war demnach das Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß §
160 Abs
2 Nrn 1 und 2
SGG zuzulassen, liegen nicht vor. Insbesondere handelt es sich nicht um eine ungeklärte Rechtsfrage (so bereits Beschluss des
Senats vom 18.07.2016 - L 10 AL 133/16 NZB).