Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger versicherungs- und beitragspflichtig in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung
ist.
Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Flur Nr. 1050 der Gemarkung E., mit einer Gesamtfläche von 0,4906 ha, wovon 0,0728
ha als Gebäude- und Freifläche sowie 0,4180 ha als Ackerland im Grundbuch vorgetragen sind. Nachdem der Kläger das Grundstück
mit notariellem Vertrag vom 14.08.1997 erworben hatte, verneinte die Beklagte mit Bescheid vom 09.06.2000 eine Versicherungspflicht
des Klägers. Vom 14.08.1997 bis 30.06.1999 sei die Fläche nicht landwirtschaftlich genutzt worden. Ab dem 01.07.1999 werde
die Fläche von einer anderen Person (Herr R.) landwirtschaftlich genutzt.
Mit Schreiben vom 10.09.2004 teilte der Kläger mit, das Grundstück werde seit dem 01.01.2003 nicht mehr landwirtschaftlich
genutzt. Die Fläche sei als Rasen angelegt und werde von ihm selbst gepflegt.
Mit Aufnahmebescheid vom 21.09.2004 veranlagte die Beklagte die Teilfläche von 0,4180 ha ab 01.07.2003 als landwirtschaftliche
Nutzfläche mit einem Jahresbeitrag von 67,48 EUR.
Mit Schreiben vom 08.11.2004 erklärte der Kläger, er sei nicht bereit, der Beklagten beizutreten. Er habe das Grundstück als
Wirtschaftsgebäude mit Hofraum gekauft. Mit der Erhebung von Beiträgen sei er nicht einverstanden.
Die Beklagte leitete daraufhin das Widerspruchsverfahren ein.
Mit Bescheid vom 12.11.2004 forderte die Beklagte den Kläger auf, den Betrag von 67,48 EUR zuzüglich Mahngebühr und Säumniszuschläge
zu begleichen. Auch hiergegen legte der Kläger sinngemäß Widerspruch ein. Unter dem 26.11.2004 teilte der Kläger mit, er bewirtschafte
kein Grundstück und sei auch kein landwirtschaftlicher Unternehmer.
Mit Bescheid vom 21.02.2005 erhob die Beklagte Vorschüsse für das Umlagejahr 2004 in Höhe von 70,79 EUR. Hiergegen legte der
Kläger mit Schreiben vom 22.03.2005 am 26.03.2005 Widerspruch ein.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27.06.2005 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Die angefochtenen Bescheide
seien nicht zu beanstanden. Die 0,42 ha große Teilfläche des Grundstücks sei seit dem 2. Halbjahr 1999 ein Acker gewesen,
der zunächst von Herrn W. R. bewirtschaftet worden sei. Daraufhin sei mit Bescheid vom 09.06.2000 festgestellt worden, dass
vom Kläger für dieses Grundstück keine Beiträge zu entrichten seien. Nachdem der Kläger mitgeteilt habe, dass das Grundstück
nicht mehr von Herrn R. genutzt werde und nun von ihm selbst - als Rasen angelegt - gepflegt werde, sei der Kläger als landwirtschaftlicher
Unternehmer anzusehen. Ein landwirtschaftliches Unternehmen liege dann vor, wenn Grund und Boden zum Zwecke der Gewinnung
organischer Naturerzeugnisse bearbeitet werde oder pflegerische Maßnahmen darauf durchgeführt würden. Unerheblich sei, mit
welcher Motivation der landwirtschaftliche Betrieb unterhalten werde.
Am 04.07.2005 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht (SG) Nürnberg erhoben. Von den 4100 qm seien 1500 qm Hofraum und 500 qm Garten. In der mündlichen Verhandlung des SG am 29.11.2006 hat der Kläger angegeben, dass er die Wiese etwa 6 bis 7mal im Jahr mähe und kompostiere.
Im Laufe des Klageverfahrens hat die Beklagte mit Bescheid vom 12.01.2006 die endgültige Abrechnung der Umlage 2004 verfügt
und den Vorschussbescheid für die Umlage 2005 erlassen.
Mit Urteil vom 29.11.2006 hat das SG die Bescheide vom 21.09.2004, 12.11.2004, 21.02.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.06.2005 sowie den Bescheid
vom 12.01.2006 aufgehoben. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers habe die Beklagte zu erstatten. Der Kläger betreibe mit
seinem Grundstück kein Unternehmen im Sinne des §
2 Abs
1 Nr
5a Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VII). Nach den nachvollziehbaren und glaubhaften Feststellungen des Klägers sei das Grundstück nur gemäht worden. Hierbei handle
es sich nicht um eine unternehmerische Tätigkeit. Der Kläger bearbeite den Boden nicht mit dem Zweck der Gewinnung von landwirtschaftlichen
Erzeugnissen und betätige sich damit nicht landwirtschaftlich. Es werde kein Land bewirtschaftet, also keine Bodenwirtschaft
betrieben. Es liege keine Tätigkeit vor, die dazu bestimmt sei, Bodengewächse planmäßig aufzuziehen oder abzuernten. Der Kläger
betreibe auch kein Unternehmen im Sinne der den Zielen des Natur- und Umweltschutzes dienenden Landschaftspflege. Da die Kleinstfläche
des Klägers agrarsozialpolitisch weder geförderten noch stillgelegten Flächen zuzurechnen sei, falle das Abmähen einer Kleinstfläche
nicht unter die Pflege einer stillgelegten Fläche.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) bestehe Versicherungspflicht,
da der Kläger die Fläche abmähe und das Gras kompostiere.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 29.11.2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 29.11.2006 zurückzuweisen.
Im Übrigen wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die beigezogenen Beitragsakten der Beklagten Bezug
genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig und begründet.
Verfahrensgegenstand sind die Bescheide der Beklagten vom 21.09.2004, 12.11.2004 und 21.02.2005 sowie der Widerspruchsbescheid
vom 27.06.2005, der die vorgenannten Bescheide einbezieht. Entgegen der Annahme des erstinstanzlichen Gerichts ist der Bescheid
vom 12.01.2006 nicht gemäß §
96 Abs
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) ohne gesonderte Anfechtung kraft Gesetzes Gegenstand des gegen den Veranlagungsbescheid anhängigen Klageverfahrens geworden.
Durch die auf der Veranlagung beruhenden Beitragsbescheide wird der Veranlagungsbescheid selbst weder geändert noch ersetzt.
Wie das BSG mehrfach entschieden hat, kann die Einbeziehung der Beitragsbescheide auch nicht auf eine analoge oder entsprechende
Anwendung des §
96 Abs
1 SGG gestützt werden, weil dadurch der Streitstoff erweitert würde und Erwägungen der Prozessökonomie ein solches Ergebnis nicht
rechtfertigen (BSG vom 21.03.2006 - B 2 U 2/05 R - und vom 12.05.2009 - B 2 U 32/07 R). Die Berufung der Beklagten ist schon deshalb insoweit begründet.
Der Kläger betreibt als Eigentümer des Grundstücks mit der Flur Nr. 1050 der Gemarkung E. ab 01.07.2003 ein landwirtschaftliches
Unternehmen (§
123 Abs
1 Nr
1 SGB VII). Damit war er von der Beklagten in das Unternehmerverzeichnis aufzunehmen und zur Beitragszahlung heranzuziehen (§§
2 Abs
1 Nr
5a,
130 Abs
1,
150 Abs
1 SGB VII). Bei dem Grundstück handelt es sich auch um ein Unternehmen, das Land bewirtschaftet, bei dem also Bodenbewirtschaftung
betrieben wird. Diese umfasst Tätigkeiten von nicht ganz kurzer Dauer, die dazu bestimmt sind, Bodengewächse überwiegend planmäßig
aufzuziehen und abzuernten. Hiervon ist bei dem Kläger auszugehen, denn er hat die auf dem Grundstück befindliche Rasenfläche
einer regelmäßigen Pflege unterworfen, insbesondere mehrmals im Jahr gemäht. Das gemähte Gut wurde kompostiert und dient damit
letztlich auch der Düngung der Wiesenfläche (vgl. BayLSG vom 18.01.2007 - L 17 U 300/05).
§
123 Abs
2 SGB VII steht einer Heranziehung des Klägers nicht entgegen, da das Grundstück zwar wie ein Haus- und Ziergarten in unmittelbarer
Verbindung zu einem Wohnhaus steht, jedoch die Obergrenze für die nicht von der landwirtschaftlichen Unfallversicherung erfassten
Haus- und Ziergärten von 2500 qm überschreitet, so dass die Ausnahmevorschrift nicht anwendbar ist (vgl. BayLSG vom 16.05.2006
- L 3 U 261/04; Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung § 123 Rz 18, 20). Zur Überzeugung des Senats kann die Grenze von
2500 qm auch nicht deshalb überschritten werden, weil eine extrem geringe Bewirtschaftung vorliegt. Vielmehr ist bei einem
Gartenanteil von circa 0,4180 ha mit regelmäßiger Rasenpflege von einem durchschnittlichen Arbeitsaufwand auszugehen. Insoweit
ist der tatsächliche Zustand zum Zeitpunkt der verfahrensgegenständlichen Bescheide relevant. Soweit der Kläger eine Fläche
von lediglich 500 m² als Garten qualifiziert, ist das für den Senat nicht nachvollziehbar und entsprach auch nicht den damaligen
tatsächlichen Gegebenheiten. Den späteren tatsächlichen Änderungen hat die Beklagte mit Bescheid vom 07.04.2008, der nicht
Gegenstand des Verfahrens ist, Rechnung getragen. Nachdem also das Grundstück des Klägers den Grenzwert von 2500 qm ganz deutlich
übersteigt und von einem durchschnittlichen Arbeitsaufwand auszugehen ist, ist der Kläger Eigentümer eines landwirtschaftlichen
Unternehmens im Sinne von §
123 Abs
1 Nr
1 SGB VII. Bei einem Grundstück, das kein Haus- und Ziergarten im Sinne von §
123 Abs
2 Nr
1 SGB VII ist, kommt es nicht darauf an, ob das Grundstück regelmäßig und in erheblichem Umfang von besonderen Arbeitskräften bewirtschaftet
wird bzw. die Erzeugnisse des Grundstücks nicht hauptsächlich dem eigenen Haushalt dienen. Diese Regelung hat lediglich die
Konsequenz, dass auch Haus- und Ziergärten ausnahmsweise als landwirtschaftliche Unternehmen im Sinne von §
123 Abs1
SGB VII zu betrachten sind.
Die angegriffenen Bescheide sind daher zu Recht ergangen, so dass auf die Berufung der Beklagten das erstinstanzliche Urteil
aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
197a SGG i.V.m. §
154 Abs
1 Verwaltungsgerichtsordnung. Verfolgt der Kläger keine Rechte als Versicherter auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung gegen die Beklagte,
sondern wandte er sich vielmehr gegen die Erhebung von Beiträgen durch die Beklagte von ihm als Unternehmer, kommt eine Kostenprivilegierung
gemäß §
183 SGG nicht in Betracht (BSG vom 05.03.2008 - B 2 U 353/07 B).
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §
197a SGG i.V.m. § 52 Abs 1 und 2 Gerichtskostengesetz. Nach der Rechtsprechung des BSG ist bei Beitragsstreitigkeiten mindestens der gesetzliche Auffangstreitwert zu Grunde zu
legen, weil die den Gegenstand des Prozesses bildenden Rechtsfragen in der Regel - wie auch vorliegend - über den konkret
streitigen Zeitraum hinaus auch für die Beitragsfestsetzung in späteren Jahren von Bedeutung sind (BSG a.a.O.).
Der Streitwert für das Klageverfahren war erstmalig festzusetzen. Jedenfalls bei betragsmäßig von vornherein feststehendem
und in den Instanzen offensichtlich gleich gebliebenem Streitwert - wie vorliegend - darf das Rechtsmittelgericht aus Gründen
der Prozessökonomie nicht nur von den Vorinstanzen getroffene Festsetzungen ändern, sondern unterbliebene Streitwertfestsetzungen
nachholen (vgl. BSG vom 05.10.2006 - B 10 LW 5/05 R = SozR 4-1500 § 183 Nr 4).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§
160 Abs
2 Nrn 1 und 2
SGG).