Rechtmäßigkeit eines Schiedsspruchs zur Vergütung stationärer Pflegeleistungen in der sozialen Pflegeversicherung; Beteiligung
aller Kostenträger; Erforderlichkeit einer Gesamtbewertung auch bei tarifgebundenen Pflegeeinrichtungen; Plausibilität und
Nachvollziehbarkeit von Gestehungskosten
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit des Schiedsspruchs zur Vergütung stationärer Pflegeleistungen für die Zeit
vom 01.01.2011 bis 31.12.2011.
Der Kläger betreibt als A. S., eingetragener Verein (e.V.) das Alten- und Pflegeheim M. in S. auf Grundlage eines Versorgungsvertrags
vom 01.11.2001 in der Fassung einer Ergänzungsvereinbarung vom 01.02.2006. Danach stellt die Pflegeeinrichtung die Versorgung
von 103 Plätzen im vollstationären Bereich für pflegebedürftige Personen (nur Erwachsene) zur Verfügung. Vereinbart war die
Einhaltung der gesetzlichen Fachkraftquote. Die Vergütung der beim Kläger selbst angestellten Mitarbeiter richtet sich nach
den Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbands für Bayern (AVR). Fremdvergeben war
die Wäschereinigung im Bereich Hauswirtschaft.
Für den vorangegangen Zeitraum 2010 war keine Vergütungsvereinbarung der Einrichtung mit den Kostenträgern zu Stande gekommen
und der Beschluss der Schiedsstelle vom 08.03.2010 war Gegenstand des Klageverfahrens vor dem Bayerischen Landessozialgericht
(LSG) unter dem Az. L 2 P 27/10 KL. Die Schiedsstelle hatte im Beschluss für die Zeit vom 01.03.2010 bis 31.12.2010 folgende täglichen Vergütungssätze festgesetzt:
- für Pflegestufe 1: 51,93 EUR
- für Pflegestufe 2: 65,22 EUR
- für Pflegestufe 3: 75,18 EUR
- für Unterkunft: 7,83 EUR
- für Verpflegung: 9,57 EUR
Die Schiedsstelle war damit dem Vergleichsangebot der Kostenträger gefolgt, dessen Basis durchschnittliche Personalkosten
von 43.000 EUR pro Jahr waren, während der Kläger prospektive Durchschnittspersonalkosten von ca. 45.400 EUR geltend gemacht
hatte. Die Kostenträger hätten Unstimmigkeiten und Lücken in der Kostenaufstellung bemängelt. Der Kläger habe die kalkulierten
Kosten und Kostensteigerungen von 9 bis10 % nicht nachvollziehbar dargestellt. Pflegevergütungen seien leistungsgerecht, wenn
die voraussichtlichen Gestehungskosten plausibel seien und in angemessener Relation zu denen vergleichbarer Einrichtungen
stünden. Mit den beantragten Pflegesätzen hätte das Heim weit über denen vergleichbarer Pflegeeinrichtungen gelegen. Naheliegend
sei eine plausible Schätzung der durchschnittlichen Personalkosten mit 42.400 EUR pro Jahr, ausgehend von unstrittigen Daten
der früheren Vergütungsvereinbarung vom 01.09.2008 für 2007/2008 mit prospektiv eingerechneten Tarifsteigerungen. Die Entgeltfestsetzung
für Unterkunft und Verpflegung sei an Vereinbarungen vergleichbarer Einrichtungen orientiert.
Mit Schreiben vom 04.11.2010 beantragte der Klägerbevollmächtigte für den Zeitraum vom 01.01.2011 bis 31.12.2011 die Vereinbarung
folgender Pflegesätze und Entgelte bei den Beigeladenen:
- Pflegeklasse 1 56,49 EUR
- Pflegeklasse 2 70,78 EUR
- Pflegeklasse 3 81,49 EUR
- Unterkunft und Verpflegung 19,10 EUR.
Beigefügt war eine Anlage 3 über die personelle Besetzung am Ersten des Vormonats der Antragstellung (01.09.2010) mit folgenden
Vollzeitkraftstellen (VZK):
- Heimleitung 1 VZK
- Pflege- und Betreuungsdienst 38,29 VZK
- für Hauswirtschaftlichen Dienst 11,62 VZK
- für Verwaltungsdienst 2,57 VZK
- für technischen Dienst 1,33 VZK
- insgesamt: 54,81 VZK
Die voraussichtliche personelle Ausstattung für 01.01. bis 31.12.2011 entspricht im Wesentlichen dieser Aufstellung mit Ausnahme
von 38,09 VZK statt 38,29 VZK im Pflegebereich und damit 54,61 VZK statt 54,81 VZK insgesamt.
Auf die beigefügte Personalkostenaufstellung (Anlage 3a), die Berechnung der Pflegeklassen und eine Aufteilung der Personalkosten
zwischen Altenheim und Pflegeheim wird verwiesen. Die Anlage 3a nennt folgende personelle Besetzung und Personalkosten:
- Heimleitung 1 VZK 64.924 EUR
- Pflege- und Betreuungsdienst 38,09 VZK 1.761.287 EUR
- Hauswirtschaftlicher Dienst 12,12 VZK 433.311 EUR
- Verwaltungsdienst 2,57 VZK 125.265 EUR
- technischer Dienst 1,33 VZK 55.920 EUR
- insgesamt: 55,10 VZK 2.440.707 EUR
Danach liegen die Durchschnittspersonalkosten im Pflegebereich bei 46.240 EUR (also 1.761.287 EUR bei 38,09 VZK).
Grundlage der Berechnung der Vergütungssätze waren nach Angaben des Klägerbevollmächtigten die voraussichtlichen Bruttolohnkosten
für 2010, hochgerechnet nach den Aufwendungen bis Oktober 2010. Anschließend wurden diese Werte erhöht - um 1,2 % für die
Tarifsteigerung zum 01.10.2010, die nach tariflichen Vorgaben erst ab 01.01.2011 ausgezahlt wurde und die für die Zeit vom
01.10. bis 31.12.2010 durch eine Einmalzahlung im April 2011 abgegolten wurde, - um die Einmalzahlung von 240 EUR je Vollkraft
im Januar 2011, - um die Tarifsteigerung von 0,6 % ab 01.01.2011, - um die Tariflohnerhöhung von 0,5 % ab 01.08.2011 und -
um 0,4 % wegen Erhöhung der Sozialversicherungsbeiträge zum 01.01.2011 (Krankenversicherung 0,3 %, Arbeitslosenversicherung
0,1 %). Von einem Aufschlag für die ab 01.01.2011 geltenden Leistungszulagen von 1,5 % habe der Kläger abgesehen. Von den
Sachkosten 2009 seien die Erlöse abgezogen und anschließend 1,5 % aufgeschlagen worden, mit Ausnahme der Kosten für den Pflegebedarf,
wo 3.500,- EUR weniger angesetzt worden seien.
In der Pflegesatzverhandlung vom 07.12.2010 konnten sich der Kläger und die Beigeladenen zu 1) bis 7) nicht einigen. Die Beigeladenen
zu 1) bis 6) wurden durch die Arbeitsgemeinschaft der (im Folgenden: ARGE) vertreten. Die Kostenträger bezweifelten die Plausibilität
der Kalkulation insgesamt und boten eine Erhöhung der Durchschnittspersonalkosten von 43.000 EUR auf 43.200 EUR pro Vollkraft
an.
Daraufhin stellte der Kläger am 30.12.2010 über seinen Bevollmächtigten Antrag bei der Schiedsstelle auf Festsetzung der Pflegevergütungen
und Entgelte entsprechend seinem Schreiben vom 04.11.2010, mit Entgelt für Unterkunft von 8,79 EUR und für Verpflegung von
10,31 EUR. Auf das Schreiben und die vorgelegten Unterlagen wird Bezug genommen. Der Kläger hat sich im Wesentlichen auf die
geänderte Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) berufen; mit Bemessung der Pflegevergütungen anhand von Marktpreisen und externem Vergleich sei er nicht einverstanden.
Die Antragsgegner hätten die Plausibilität nicht substantiiert bestritten, der Kläger sei aber zur Vorlage weiterer Unterlagen
bereit. Die Personalaufwendungen seien wirtschaftlich; es würden keine übertariflichen Zulagen gezahlt und alle Eingruppierungen
und Zuordnungen entsprächen den tariflichen Vorgaben.
Der Bezirk X. hat mit Stellungnahme vom 14.02.2011 an die Schiedsstelle mitgeteilt, dass Auffälligkeiten der eingereichten
Anlage 3a besprochen worden seien. Der Kläger gehe vom Selbstkostendeckungsprinzip aus, da er auf eine Hochrechnung der tatsächlichen
Aufwendungen 2010 weitere Werte aufgeschlagen habe. Das widerspreche dem Willen des Gesetzgebers, weil die Erstattung nachgewiesener
Betriebskosten keinen Anreiz für eine wirtschaftliche Betriebsführung biete. Der Bezirk halte die im Beschluss der Schiedsstelle
vom 08.03.2010 in Ansatz gebrachten Durchschnittspersonalkosten auch für den Pflegesatzzeitraum 2011 für zutreffend. Die Schiedsstelle
habe die Durchschnittspersonalkosten von 41.500 EUR auf 43.000 EUR erhöht, während erwartete tarifrechtliche Steigerungen
2010 ausgeblieben seien, wie sich nachträglich herausgestellt habe. Da in den Kosten 2009 bereits eine Einmalzahlung von 225,-
EUR enthalten sei, könne für die im Januar fällige Einmalzahlung von 240,- EUR nur der Differenzbetrag zu 225,- EUR aufgeschlagen
werden. Zudem solle durch eine tarifliche Einmalzahlung gerade ein Sockeleffekt für weitere Vergütungszeiträume vermieden
werden. Der Kläger beantrage Durchschnittspersonalkosten von 46.240 EUR pro Vollzeitkraft (VZK) im Pflegebereich. Das liege
über den höchsten, zuletzt im Bezirk vereinbarten Vergütungen und deutlich über allen anderen Caritaseinrichtungen; vergleichbare
Pflegeeinrichtungen würden niedrigere Pflegesätze als auskömmlich erachten. Nach BSG-Urteil vom 29.01.2009 müssten die Pflegesätze leistungsgerecht sein. Das Angebot der Kostenträger von 43.200 EUR sei auskömmlich
zur Erfüllung des Versorgungsvertrags. Zu vergleichbaren Einrichtungen wurde eine Übersicht übersandt, auf die Bezug genommen
wird. Hinsichtlich der Sachkosten sei der Kläger nicht zur Auseinandersetzung mit dem Angebot der Kostenträger bereit gewesen
und zur Erläuterung der jeweiligen Kostenansätze unter genauer Aufschlüsselung im Sachkostenbereich.
Die ARGE beantragte mit Schreiben vom 18.02.2011 bei der Schiedsstelle die Festsetzung folgender Vergütungen und Entgelte:
- für Pflegestufe 1 52,22 EUR - für Pflegestufe 2 65,56 EUR - für Pflegestufe 3 75,57 EUR - für Unterkunft 7,91 EUR - für
Verpflegung 9,57 EUR
Der Antrag des Klägers sei weder nach seinen Angaben plausibel noch unter Berücksichtigung vergleichbarer Einrichtungen gerechtfertigt.
Eine reine Nachberechnung von Lohn- oder Gehaltsabrechnungen bedeute nicht automatisch Plausibilität. Die Anwendung von Tarifbestimmungen
könne im Rahmen von Vergütungsverhandlungen nicht überprüft werden angesichts fachlicher und zeitlicher Grenzen. Zu fragen
sei, wie sich so hohe Differenzen zu Einrichtungen mit gleichen tariflichen Bedingungen ergeben könnten. Auf eine Liste vergleichbarer
tarifgebundener Einrichtungen und ihrer Vergütungen wies die ARGE hin. Einzelne Auffälligkeiten der Anlage 3 a seien aufgezeigt
worden, z.B. extrem hohe Kosten einer Verwaltungskraft, die Hilfskrafteingruppierungen oder die hohe Anzahl von Küchenfachkräften.
Die beantragten Pflegesätze stünden in keiner angemessenen Relation zu anderen vergleichbaren Einrichtungen; maßgebliche Unterschiede
der Leistungs- und Qualitätsmerkmale, des Personalschlüssels oder der Fachkraftquote bestünden nicht. Das Angebot der Kostenträger
erfasse die tariflichen Erhöhungen vollumfänglich, auf Grundlage der zuletzt von der Schiedsstelle festgesetzten Durchschnittspersonalkosten.
Nach Beschluss der Regionalkommission der Caritas in Bayern sei tatsächlich für das Jahr 2010 keine Tariferhöhung erfolgt;
die für 2010 vorgesehene Tariferhöhung von 1,2 % sei erst ab 01.01.2011 umgesetzt worden, wobei die für 2010 fälligen Lohnsteigerungen
mit einer Einmalzahlung im April 2011 von 15,33 % des Gehalts für Dezember 2010 abgegolten worden seien. Da die Schiedsstelle
im Beschluss vom 08.03.2010 eine Erhöhung um 3,61 % bei den Durchschnittspersonalkosten (von 41.500 EUR auf 43.000 EUR) berücksichtigt
habe, müsse die Abgeltungszahlung im April 2011 aus den Mehreinnahmen der vorgezogenen Erhöhung ab 01.03.2010 bestritten werden.
Der Ansatz der Schiedsstelle habe diese prospektiven Tarifsteigerungen enthalten und noch etwas draufgelegt. Die laufende
Tariferhöhung sei erst zum 01.01.2011 mit 1,8 % und zum 01.08.2011 um weitere 0,5 % beschlossen worden.
Basis der Berechnung seien die vor dem 01.03.2010 verhandelten Personalkosten von 41.500 EUR, da ab 01.03.2010 tatsächlich
keine Tariferhöhung erfolgt sei. Bei voller Umsetzung der Tariferhöhung ab 2011 würden sich nur durchschnittliche Personalkosten
im Pflegedienst von 42.458 EUR ergeben (41.500 EUR + 1,8% + 0,5%). Selbst bei Berücksichtigung der Einmalzahlung von 240 EUR
und Steigerung der Sozialversicherungsbeiträge um 0,4 % ergäben sich nur Personalkosten von 42.868 EUR (42.548,24 EUR + 0,4%
x 42.548,24 + 240 EUR). Allerdings sei die Berücksichtigung der Einmalzahlung im Januar 2011 wieder ein Vorgriff auf zukünftige
Tariferhöhungen; die Steigerung der Sozialversicherungsbeiträge um 0,4 % zum 01.01.2011 würde durch Aussetzen der Insolvenzgeldumlage
für 2011 in Höhe von 0,41 % ausgeglichen und wirke sich erst 2012 aus. Wegen der Prospektivität der Pflegesätze seien nur
zukünftige Erhöhungen zu berücksichtigen. Das Angebot von 43.200 EUR Personalkosten liege nochmals um ca. 0,8 % über allen
bereits eingerechneten Tariferhöhungen und der Einmalzahlung, sei aber abgelehnt worden.
Von einer weitergehenden Prüfung der Kalkulationsansätze zu Unterkunft und Verpflegung habe man abgesehen, weil die für den
Vergütungszeitraum 2010 geforderten detaillierten Angaben zu Sachkosten nur unzureichend bzw. gar nicht vorgelegt worden seien
und der Antragsteller erneut seine fehlende Bereitschaft zu weiteren Auskünften zum Ausdruck gebracht habe. Die Einrichtung
hebe sich insoweit in Leistungen und Qualität nicht von vergleichbaren Einrichtungen ab. Am Besten vergleichbar seien das
Caritas-Altenheim A. in L. sowie das Caritas Altenheim W. in P. als Einrichtungen im städtischen Bereich, mit annähernd gleicher
Platzzahl, Personalschlüssel, Fachkraft-Quote und derselben Tarifbindung bei aktueller Vereinbarung. Im direkten Einzugsbereich
in S. seien die Einrichtungen M. und das Bürgerheim in S. vergleichbar. Mit dem angebotenen Entgelt für Unterkunft und Verpflegung
(insgesamt 17,48 EUR) übernehme die Einrichtung uneingeschränkt die Spitzenposition im Bezirk. Die für 2011 verhandelte Bandbreite
bewege sich zwischen 16,32 EUR bis 17,33 EUR; bei acht Einrichtungen der Caritas zwischen 16,72 EUR und 17,33 EUR. Auf die
beigefügte Anlage vergleichbarer Einrichtungen wird Bezug genommen.
Der Klägerbevollmächtigte monierte mit Stellungnahme vom 24.03.2011 die fehlende Aufschlüsselung des Angebots für die Sachkosten.
Der eigene Ansatz sei nicht unplausibel; er sei aus den tatsächlichen Personalaufwendungen für 2010 bzw. Sachkosten für 2009
abgeleitet entsprechend der BSG-Rechtsprechung, die einen Neuansatz für zulässig erklärt habe. Der Kläger habe ein Gutachten von Dr. N. vom Tarifinstitut
des Deutschen Caritasverbandes eingeholt zur Überprüfung der tariflichen Eingruppierung und der prospektiven Kalkulation der
Mitarbeiterkosten. Der Gutachter habe nur sehr geringe Abweichungen zwischen tariflicher und tatsächlicher Vergütung in wenigen
Einzelfällen festgestellt. Der Bezirk würde in Einrichtungen der Behindertenhilfe mit derselben Tarifbindung Personalkosten
für Kräfte im Erziehungs- und Gruppendienst von mehr als 46.000 EUR im Jahr anerkennen. Für Einrichtungen mit gleicher oder
ähnlicher Tarifbindung würden Personalkosten in ähnlicher Größenordnung akzeptiert, z.B. in Schwaben, Oberbayern und Baden-Württemberg.
Auf die in Kopie beigefügte Entscheidung der Schiedsstelle Baden-Württemberg vom 26.01.2010 werde verwiesen. Viele Einrichtungsträger
der Caritas seien durch die Verhandlungspraxis der Kostenträger gezwungen, gravierende Verluste hinzunehmen, wie die beigefügten
Schreiben des Caritasverbandes L. vom 10.03.2011 und O. vom 21.03.2011 bestätigten. Selbst bei derselben Tarifzugehörigkeit
von Einrichtungen gebe es deutliche Unterschiede der Personalkosten, da diese vom Dienst- und Lebensalter sowie vom Familienstand
abhängen. Eine nachvollziehbare Kalkulation müsse sich an den tatsächlichen Aufwendungen orientieren; das bedeute nicht die
Anwendung des Prinzips der Selbstkostendeckung. Kürzungen wie die der Antragsgegner gehörten zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit
auf der zweiten Prüfungsstufe. Der vorangegangene Schiedsspruch sei nicht rechtskräftig. Nach BSG-Rechtsprechung stehe die Anerkennung tariflich geschuldeter Personalaufwendungen als in jedem Fall wirtschaftlich über dem
externen Vergleich. Die Auffassung der Antragsgegner und die Spruchpraxis der Schiedsstelle beruhten auf der früheren Fassung
des
Elften Buch Sozialgesetzbuch (
SGB XI) und der früheren BSG-Rechtsprechung. Es werde kein Verlustausgleich in der Vergangenheit angestrebt, sondern das Vermeiden weiterer Verluste.
Detaillierte Einwände der Antragsgegner gegen die Kalkulation beträfen zu hohe Kosten für eine Verwaltungskraft, die Eingruppierung
einiger Pflegehilfskräfte und die hohe Anzahl von Fachkräften im Küchendienst. Zu den ersten beiden Aspekten werde auf das
Gutachten von Dr. N. verwiesen. Danach sei die wirtschaftliche Bedeutung - jährliche Mehrkosten von ca. 11.000 EUR bei 2,4
Mio. EUR Gesamtpersonalkosten - gering. Im Küchendienst würden drei statt üblicher zwei Fachkräfte beschäftigt; die dritte
Fachkraft mit Einstufung in AVR 9 liege aber nur um 1.650 EUR im Jahr höher als eine Hilfskraft in AVR 10 mit ähnlichem Lebensalter.
Die Antragsgegner würden nach ihren Berechnungen die Einmalzahlung im April 2011, die die 2010 noch nicht gezahlten Tarifsteigerungen
ausgleiche, weder 2010 noch 2011 berücksichtigen. Ergänzende Informationen hätten die Antragsgegner nicht angefordert. Die
Wirtschaftlichkeitsprüfung erfolge nur, soweit nicht der vorrangige Grundsatz der Anerkennung tariflicher Personalaufwendungen
gelte. Die Antragsgegner hätten die Kalkulationsansätze ihres Angebots für Sachkosten nicht offengelegt und den vom Kläger
zu Grunde gelegten Werten nicht widersprochen. Beantragt werde eine rückwirkende Schiedsentscheidung zum Zeitpunkt des Antragseingangs.
Auf das beigefügte Gutachten im Auftrag der Dienstgeberseite der Regionalkommission Bayern zur tarifkonformen Bezahlung vom
15.03.2011 von Dr. E. wird verwiesen. Es erfolgte auf Grundlage der Lohnunterlagen und Personalunterlagen. Dargestellt wurden
die Tarifveränderungen des AVR für die ab 01.07.2008 eingestellten Mitarbeiter (u.a. neue Stufenzuordnung mit Erfahrungs-
statt Lebensaltersstufen) mit der Folge geringerer Kosten bei älteren Quereinsteigern und die Absenkung des Arbeitgeberbeitrags
zur Zusatzversorgung (ZVK) für ab 01.01.2009 eingestellter Mitarbeiter (von 9 % auf 4,8 %). Am Stichtag 01.09.2010 seien in
der Einrichtung 71 Personen mit 54,27 Vollzeitstellen beschäftigt gewesen. Das Durchschnittsalter der Mitarbeiter habe bei
46,27 Jahren gelegen, die durchschnittliche Beschäftigungsdauer sei mit 10,51 Jahren für den Bereich der Altenpflege sehr
hoch verglichen mit einer durchschnittlichen Verweildauer von 8,4 Jahren nach aktueller Studie. Ab 01.07.2008 seien acht Mitarbeiter
eingestellt worden (davon drei ab 2009). 49 Mitarbeiter hätten die letzte Vergütungsstufe erreicht.
Der Gutachter ermittelte folgende Abweichungen von den AVR mit jährlichen Mehrkosten: - Verwaltung: zu hohe Eingruppierung
des Stellenanteils (0,59 VZK) mit Mehrkosten von 3.106,97 EUR - Pflegefachkraft: Eingruppierung in Kr 7 statt Kr 5a mit Mehrkosten
von 3.251,83 EUR - Pflegehilfskraft in Kr 3 statt Kr 2 mit Mehrkosten von 2.298,72 EUR - Pfleghilfskraft in KR 3 statt Kr
2 mit Mehrkosten von 1.770,01 EUR - Pflegehilfskraft mit unzutreffender Besitzstandszulage mit Mehrkosten von 614,80 EUR Insgesamt
betrugen die Mehrkosten 11.042,33 EUR pro Jahr.
Die Personalkosten der Einrichtung werden laut Gutachten maßgeblich durch die hohe Zahl langjähriger, vor dem 01.07.2008 eingestellter
Mitarbeiter beeinflusst und dem hohen Anteil an Mitarbeitern mit erreichter Endstufe der Vergütungsgruppe. Eine Reduktion
der Kosten wäre nur durch Neueinstellungen möglich. Angesichts der sehr geringen Fluktuation (ca. 4 Mitarbeiter pro Jahr)
sei auf absehbare Zeit keine wesentliche Kostenreduzierung durch Neueinstellungen möglich.
Folgende tarifliche Änderungen für 2010 wurden genannt: - Tariferhöhung 2010 um 1,2 % - Einmalzahlung 2011 für die Tariferhöhungen
um 1,2 % für 2010 - Tariferhöhung um 0,6 % zum 01.01.2011 - Tariferhöhung um 0,5 % ab 01.08.2011 - Einmalzahlung von 240 EUR
für Vollzeitbeschäftigte zum 01.01.2011; das entspricht laut Gutachten einer Erhöhung um 0,7 %, berechnet auf Grundlage von
35.000 EUR durchschnittlichem Gesamtbrutto einer Vollzeitkraft.
Diese Tarifsteigerungen seien ebenso wie die Beitragssatzsteigerungen um 0,4% bereits in Anlage 3 a bei Ermittlung der prospektiven
Personalkosten für 2011 berücksichtigt worden. Nicht berücksichtigt seien die Ermäßigung der Insolvenzgeldumlage um 0,4 %
und Umstellungskosten wegen erneuter struktureller Änderungen der AVR im Pflegebereich ab 01.01.2011 (u.a. neue Leistungs-
und Sozialkomponente von 1,5%, Veränderungen von Struktur und Vergütung von Nacht- und Wochenendarbeit, zusätzliche Urlaubstage
bei Schichtdienst). Angesichts der geltenden Besitzstandsgarantie seien kurzfristige Einsparungen ausgeschlossen, während
mit kurzfristigen Gewinnen zu rechnen sei. Die Höhe der Umstellungskosten hänge stark von der Mitarbeiterstruktur ab und liege
nach Rückmeldungen aus der Praxis zwischen 2 bis 5 %. Insgesamt seien gegenüber dem Antrag weitere Kostensteigerungen um 2,6
% zu erwarten, nämlich ca. 3 % Umstellungskosten abzüglich 0,4 % Insolvenzgeldumlage. Seit der Tarifumstellung im Januar 2011
würden (neu eingestellte) Pflegefachkräfte in AVR und TVöD gleich vergütet, (neu eingestellte) Pflegehilfskräfte ohne Ausbildung nach AVR geringer als nach TVöD.
Der Caritasverband L. hat im beigefügten Schreiben ausgeführt, dass der Antrag für das Pflegeheim A. mit einer Pflegesatzsteigerung
von über 10% eingereicht worden war. Die vereinbarten Pflegesätze seien nicht wirklich frei verhandelt worden; mangels Spielraums
der Kostenträger sei eine Erhöhung nur bis maximal 2-3 % möglich gewesen. Der Jahresfehlbetrag habe 2007 145.000 EUR und 2008
187.000 EUR betragen, bei nochmaliger Verschlechterung 2009. Für 2010 seien die Zahlen noch nicht geprüft. Auch für 2011 sei
aufgrund des Tarifabschlusses, der Verlagerung der tariflichen Gehaltssteigerungen von 2010 nach 2011 und Überleitung des
AVR mit Einführung einer Leistungszulage eine weitere Dramatisierung zu erwarten. Die Kosten für Überleitung und Leistungszulage
seien nicht anerkannt worden. Der Caritasverband P. (Träger des Caritas-Altenheims P.) teilte mit Schreiben vom 21.03.2011
mit, dass das Defizit 2009 22.953,73 EUR betragen habe. Die Einrichtungsträger seien gezwungen, mit Abschreibungen Defizite
auszugleichen. Sie seien dringend auf deutlich bessere Refinanzierung über den Pflegesatz angewiesen. Im Rahmen der Pflegesatzverhandlung
bleibe für den Einrichtungsträger kein Spielraum; er müsse das Ergebnis akzeptieren.
Der Bezirk schloss sich mit Stellungnahme vom 08.04.2011 dem Antrag der ARGE an. Eine Übernahme von Durchschnittspersonalkosten
der Behindertenhilfe scheide schon wegen unterschiedlicher Qualifikation und Tätigkeitsprofile der Mitarbeiter aus. Nach BSG-Rechtsprechung könne der Vergleich nur innerhalb einer kreisfreien Stadt oder eines Landkreises zu erfolgen, maximal innerhalb
des einschlägigen Regierungsbezirks (hier: X.).
In der Sitzung der Schiedsstelle am 13.04.2011 haben die Beteiligten übereinstimmend keine Einwendungen gegen eine Rückwirkung
zum 01.01.2011 erhoben. Der Kläger hat laut Protokoll eine tarifliche Steigerung der Personalkosten ab 01.01.2011 um insgesamt
5,7 % geltend gemacht, gestützt auf das Gutachten des Caritas-Instituts. Ein Vergleich mit den in der Liste aufgeführten Einrichtungen
sei ohne zusätzliche Informationen nicht möglich. Die Pflegekassenverbände erkannten als berücksichtigungsfähig ab 01.01.2011
eine Steigerung von 0,6 % ab 01.01.2011 und von 0,5 % ab 01.08.2011 an, insgesamt um 1,1 %. Die tarifliche Einmalzahlung von
240,- EUR sei nicht zu berücksichtigen. Die umstellungsbedingten Mehrkosten seien nicht nachvollziehbar und daher nicht berücksichtigungsfähig.
Alle aufgeführten Vergleichseinrichtungen hätten den gleichen Versorgungsauftrag und seien tarifgebunden; daher seien sie
vergleichbar. Der Bezirk wies darauf hin, dass die tariflichen Steigerungen für 2011 nur 0,8% betrage, weil die Erhöhung um
0,5 % erst ab 01.08.2011 in Kraft trete. Die Einmalzahlung von 240,- EUR sei bereits im bisherigen Pflegesatz berücksichtigt.
Zur Frage der Sachkosten erklärten die Beteiligten, dass eine exakte Steigerung nicht bezifferbar sei; die Verteilung zwischen
Personal- und Sachkosten betrage 80:20. Ein Antrag auf Einholung eines Gutachtens zur Wirtschaftlichkeit und Vergleichbarkeit
wurde auch auf Hinweis des Vorsitzenden nicht gestellt.
Daraufhin setzte die Schiedsstelle mit Beschluss vom 13.04.2011 die täglichen Vergütungssätze für die Zeit vom 01.1.2011 bis
31.12.2011 folgendermaßen neu fest: - für Pflegestufe 1: 52,22 EUR - für Pflegestufe 2: 65,56 EUR - für Pflegestufe 3: 75,57
EUR - für Unterkunft: 7,91 EUR - für Verpflegung: 9,57 EUR
Zur Begründung hat die Beklagte im Wesentlichen ausgeführt, dass nicht ersichtlich sei, dass der Kläger in den früheren Verhandlungen
zu niedrige Gestehungskosten kalkuliert habe, die jetzt auszugleichen seien. Er begründe den gegenüber 2010 erhöhten prognostischen
Kostenansatz allein mit tarifvertraglichen Änderungen. Die begehrte Erhöhung der Pflegesätze von über 8 % sei nicht nachvollziehbar,
zumal prognostische Lohnsteigerungen 2011 nach Klägervortrag insgesamt nur 5,7 % betragen würden. Es reiche nicht, der Schiedsstelle
eine fachliche Stellungnahme zu tarifrechtlichen Tatsachen oder tarifvertraglichen Ergebnissen zu unterbreiten, wenn die Inhalte
für Außenstehende nicht nachprüfbar seien, bzw. der Schiedsstelle Personalstands- und Gehaltslisten vorzulegen, die in der
mündlichen Verhandlung im Bestreitensfall nicht anhand präsenter Beweismittel nachprüfbar seien. Die Antragsgegner hätten
substantiiert strukturelle Personalprobleme gerügt. Es sei nicht Aufgabe der Schiedsstelle, sondern der Verfahrensparteien,
bestrittenes Datenmaterial im Vorfeld zu klären und entsprechende Beweisanträge zu stellen. Nicht plausibel sei die Kalkulation
der Lohnsteigerungen bzw. die vom Kläger angesetzten durchschnittlichen Personalkosten von 46.240 EUR pro Vollkraft im Pflegedienst,
in die u.a. nicht näher erläuterte Zeitzuschläge aus 2010 eingerechnet seien. Nachvollziehbar sei die tarifliche Lohnsteigerung
für 2011 zum 01.01.2011 mit 0,6 % und zum 01.08.2011 mit 0,5 %, also im Jahresdurchschnitt von 0,8 %.
Nicht nachvollziehbar bzw. nicht plausibel seien - Höhe und Anlass der im Gutachten angesetzten umstellungsbedingten Mehrkosten
von ca. 3 %, - warum nochmals die im Pflegesatzzeitraum 2010 (Schiedsspruch) berücksichtigen Lohnerhöhungen mit 1,2 % linear
in die Lohnsteigerung eingerechnet würden, obwohl es sich um eine Einmalzahlung für die Monate Oktober bis Dezember 2010 handele,
- warum eine Einmalzahlung für 2011 in Höhe von 240,- EUR als lineare Lohnerhöhung um 0,7 % einfließe, ohne Rücksicht auf
Gehaltsstufen und - die pauschale Sachkostenerhöhung für Verbrauchsgüter in der Pflege mit 1,5 %, zumal diese nicht im Warenkorb
der Statistik für allgemeine Lebenshaltungskosten enthalten seien. Der Kläger habe die prospektiven Kosten für 2011 nicht
nachvollziehbar dargestellt; die Plausibilität sei erschüttert. Dass die beantragten Pflegesätze notwendig seien, um die Einrichtung
ohne finanzielle Substanzeinbußen führen zu können, sei nicht vorgetragen. Die Schreiben der anderen Caritas-Pflegeheime würden
dafür keinen Hinweis geben. Letztlich wären diese Fragen in einem Wirtschaftlichkeitsgutachten zu klären. Soweit der Kläger
auf die nicht vergleichbare Organisations- und Personalstruktur verweise, spreche er Aspekte der Wirtschaftlichkeit an. Die
Schiedsstelle habe vergebens angeregt, ein Gutachten über die Wirtschaftlichkeit zu Lasten des Einrichtungsträgers einholen
zu lassen, um zu verhindern, dass offene Fragen zur Wirtschaftlichkeit zu Lasten des Einrichtungsträgers gehen.
Die beantragten Pflegesätze stünden nicht in angemessener Relation zu Sätzen vergleichbarer Einrichtungen, ohne dass Besonderheiten
des Heims beim Versorgungsvertrag oder in Leistungs- und Qualitätsmerkmalen bestünden. Unbestreitbar lägen die derzeitigen
Pflegesätze der Einrichtung über denen anderer Pflegeheime der Stadt sowie im XY- Raum, z.B. dem Bürgerheim S ... Der externe
Vergleich sei nach §
84 Abs.
2 S. 7
SGB XI zulässig. Dabei seien Vergleiche mit Behinderteneinrichtungen oder fernen Regionen nicht zulässig.
Ausgangspunkt für die leistungsgerechte Vergütung sei der Schiedsstellenbeschluss vom 08.03.2010, der einer Vereinbarung rechtlich
gleichwertig sei. Gestehungskosten seien unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit nur in einem internen Vergleich zu
beurteilen, mit Vergleichszahlen aus der Vergangenheit. In den Pflegesätzen für 2010 seien zu erwartende Tarifsteigerungen
für 2010 eingerechnet gewesen, die sich 2010 nicht ausgewirkt hätten. Die für 2010 angesetzten 43.000 EUR durchschnittliche
Personalkosten seien ausgehend von 41.500 EUR, die der Vereinbarung 2009 zu Grunde lagen, eine Steigerung um 3,61 %. Die in
den Pflegesätzen 2010 bereits berücksichtigten Tarifsteigerungen für 2010 seien verbraucht, auch bei Auszahlung erst im Jahr
2011. Der Vorschlag der Antragsgegner, die Durchschnittspersonalkosten gegenüber 2010 auf 43.200 EUR anzuheben und daraus
eine restliche Lohnsteigerung von 0,5 % aus dem laufenden Tarifvertrag für 2011 abzuleiten, sei einleuchtend und leistungsgerecht.
Die Schiedsstelle sei überzeugt, dass die festgestellten Pflegesätze ein auskömmliches Wirtschaften ermöglichen würden; sie
lägen weit oberhalb des Preiskorridors im regionalen Einzugsbereich.
Bei Festsetzung der Entgelte für Unterkunft und Verpflegung folge die Schiedsstelle den Anträgen der Kostenträger, mit leichter
Erhöhung für die Unterkunft. Für den Antrag des Klägers, die für den Raum S. bereits höchsten Werte noch um ca. 7,8 % zu erhöhen,
gebe es keine Anhaltspunkte. Die Kostenstatistik im Lebensmittelbereich für 2010 habe Steigerungsraten von rund 2 % ausgewiesen,
für X-Bayern teilweise noch darunter. Der Anstieg von Lebensmittelpreisen und Energiekosten für 2011 in Bayern sei nach Vorausschau
u.a. der Verbraucherschutzverbände nicht mit ca. 7 % zu belegen. Die Antragsgegner hätten unbestritten vorgetragen, dass sich
die Leistungen des Klägers nach Art und Umfang der Verpflegung nicht von anderen Pflegeheimen im Einzugsbereich unterscheide.
Daher seien die Entgelte auskömmlich.
Es sei zu unterstellen, dass die Bewohner des Heims von den Lohnerhöhungen erfahren haben und sich darauf einstellen konnten.
Der festgesetzte Beginn des Pflegesatzzeitraums zum 01.01.2011 solle zum Interessenausgleich beitragen und bewirke, dass der
neue Pflegesatzzeitraum mit der ersten fälligen Lohnsteigerung für 2011 zusammentreffe.
Gegen den am 02.05.2011 zugestellten Schiedsspruch hat der Kläger am 31.05.2011 Klage zum Bayerischen Landessozialgericht
(LSG) erhoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, die Schiedsstelle habe sich über die BSG-Rechtsprechung zur Berücksichtigung tariflich geschuldeter Personalaufwendungen hinweggesetzt. Der Kläger habe mit einem
in allen wesentlichen Punkten unbestrittenem Gutachten nachgewiesen, dass der Personalkostenansatz zutreffend berechnet und
tariflich geschuldet gewesen sei. Die Beklagte habe an Vergütungen und Entgelten festgehalten, mit denen diese Personalaufwendungen
bei Weitem nicht finanziert werden könnten.
Die Schiedsstelle hat mit Schreiben vom 07.07.2011 Klageabweisung beantragt und sich auf ihren Beschluss berufen. Das LSG
hat die Antragsgegner zum Verfahren beigeladen.
Mit Schreiben vom 14.07.2011 hat der Klägerbevollmächtigte betont, dass nach BSG-Rechtsprechung auch eine Neukalkulation auf Basis der Ist-Aufwendungen möglich sei, wobei wegen des Grundsatzes der Prospektivität
zu erwartende Steigerungsraten bei Sach- und Personalkosten aufzuschlagen seien. Um der vom BSG geforderten erhöhten Substantiierungspflicht nachzukommen, sei das externe Gutachten von Dr. N. eingeholt worden. Die Einhaltung
tariflicher Vorgaben sei geprüft worden. Die Beigeladenen hätten Ansatz, Methode und Ergebnis nicht bzw. nicht substantiiert
in Zweifel gezogen. Die Schiedsstelle lehne den Ansatz der Neukalkulation ab bzw. ignoriere ihn, wie z.B. Ziffer 5.2 der Begründung
zeige. Der Klägerbevollmächtigte habe die tarifliche Erhöhung um 5,7 % erst nach mehrfacher Aufforderung durch die Schiedsstelle
genannt, unter Hinweis, dass es um eine Neukalkulation gehe und die Klärung der Kalkulationsbasis vorrangig sei. Die Schiedsstelle
habe das rechtliche Gehör verletzt, weil sie wesentlichen Vortrag nicht zur Kenntnis genommen bzw. in Erwägung gezogen habe.
Sie habe gegen den Grundsatz der fairen Verhandlungsführung und Gleichbehandlung der Parteien verstoßen und gegen gesetzliche
Vorschriften nach BSG-Auslegung hinsichtlich Plausibilität und Wirtschaftlichkeit. Entgegen den Ausführungen im Schiedsspruch habe der Kläger immer
wieder darauf hingewiesen, dass er wegen zu niedriger Abschlüsse in der Vergangenheit nicht Fortschreibung der bisherigen
Sätze, sondern eine Neukalkulation verlange. Die beantragte Steigerung um 8-10 % der bisherigen Sätze ergebe sich aus der
Neukalkulation aufgrund der Ist-Aufwendungen. Der Hinweis auf Vergütungen in Pflegeeinrichtungen in den Bezirken Oberbayern
und Schwaben sowie in Einrichtungen der Behindertenhilfe habe auf die Plausibilität der Kalkulation abgezielt. Auch die Steigerung
der Entgelte für Unterkunft und Verpflegung folge überwiegend aus Personalkosten. Das nochmalige Hervorheben der Interessen
der Beitragszahler und Heimbewohner im Schiedsspruch könne kein zusätzlicher Gesichtspunkt der Entscheidung sein, denn dieses
Interesse sei in den Vorschriften bereits umfassend berücksichtigt. Mit Schriftsatz vom 24.03.2011 habe der Kläger detailliert
auf die von den Kostenträgern vorgehaltenen strukturellen Personalprobleme geantwortet; die Schriftsätze seien einseitig und
unvollständig gewürdigt worden, zumal die tarifliche Veranlassung der Personalkosten durch das Gutachten nachgewiesen und
von der Gegenseite nicht bestritten worden sei. Das Gutachten sei ein präsentes Beweismittel gewesen.
Zur Plausibilität hat der Klägerbevollmächtigte ausgeführt, dass die vollständigen Antragsunterlagen eingereicht worden waren
entsprechend der Vorgabe der Landespflegesatzkommission, dass er alle Fragen und Einwände detailliert beantwortet habe und
sich der Kläger einer stichprobenartigen Überprüfung der kalkulierten Personalkosten unterworfen habe. Er habe dargelegt,
dass der große Erhöhungsbedarf nicht auf unwirtschaftlichem Verhalten und nicht nur auf der Tarifentwicklung beruhe, sondern
wesentlich auf der früheren Vergütungsbemessung nach externem Vergleich. Es sei unzutreffend, dass nicht näher erläuterte
Zeitzuschläge aus 2010 eingerechnet worden seien. Die Zuschläge für Schichtdienst seien in der rechten Spalte in Anlage 3
a dargestellt; die Ansätze lägen in unauffälliger Höhe, wie die Kostenträger bestätigt hätten. Diese Ansätze seien in den
Verhandlungen nie streitig gewesen. Hinsichtlich der Tarifsteigerungen ist auf das Gutachten verwiesen worden. Die Einrechnung
der Tarifsteigerung für 2010 sei erfolgt, weil diese mangels Auszahlung 2010 in den Ist-Aufwendungen von 2010 noch nicht enthalten
sein konnte. Der Ansatz der Einmalzahlung von 240,- EUR (einmalig für Januar 2011) mit 0,7 % sei in der Tat eine Durchschnittsbetrachtung.
Angesichts höherer Arbeitgeberaufwendungen für Einmalzahlungen von ca. 20 % seien aber 288 EUR statt 240 EUR anzusetzen und
daher ca. 0,7 % des Jahresaufwandes. Die Antragsgegner hätten dies nie in Frage gestellt. Die Kalkulation sei umfassend untermauert
worden.
Ein Wirtschaftlichkeitsgutachten sei nicht erforderlich erschienen, zumal es erheblichen Zeitverzug und hohe Kosten verursacht
hätte. Die Schiedsstelle hätte es ohne Parteiantrag aus eigener Kompetenz anordnen können angesichts der Untersuchungsmaxime,
zumal sie selbst offenbar erhebliche Zweifel gehabt habe. Die Steigerung der Sachkosten sei immer eine Prognose.
Die Wirtschaftlichkeit könne sich entweder aus dem externen Vergleich oder aus der Ableitung tariflich geschuldeter Personenaufwendungen
ergeben; der Klägerbevollmächtigte hat insbesondere auf ein Urteil des BSG vom 25.11.2010 (B 3 KR 1/10 R) hingewiesen. Die Wahrung der Tarifbindung stehe der Wirtschaftlichkeit der Betriebsführung nicht entgegen. Der Sinn sei,
den in der Pflege tätigen Arbeitnehmern ein angemessenes Arbeitsentgelt zu gewährleisten und ein unvertretbares Absinken des
Lohns und der Qualität der Leistungen durch einen Preiskampf der Einrichtungen zu verhindern. Außerdem sollte der Anreiz verringert
werden, kollektive Tarifverträge zu verlassen (Tarifflucht) und auf Leiharbeit, die Auslagerung von Aufgaben (Outsourcing)
oder ähnliche kostensenkende, aber die Stammbelegschaft benachteiligende Maßnahmen auszuweichen. Dem entspreche das Anliegen
des Klägers, seine gutachterlich nachgewiesenen tariflichen Aufwendungen refinanzieren zu können.
Ein Mediationsverfahren hat nicht zur Erledigung des Rechtsstreits geführt.
Die ARGE hat mit Stellungnahme vom 20.07.2012 Klageabweisung beantragt, da die Entscheidung der Schiedsstelle zutreffend sei,
nicht nur auf die Gestehungskosten der Einrichtung abzustellen. Sie hat unter Verweis auch auf ihre Stellungnahme vom 10.10.2013
im Parallelverfahren mit Schreiben vom 10.10.2013 ausgeführt, dass der Kläger hinsichtlich der voraussichtlichen Gestehungskosten
seiner Darlegungslast nicht genügt habe. Die Beklagte habe auch das vorgelegte Gutachten kritisch durchleuchtet und als nicht
nachvollziehbar bzw. plausibel beurteilt. Es sei nicht zu beanstanden, dass die Schiedsstelle mangels weiterer Ermittlungsmöglichkeiten
auf bereits bekannte Informationen zurückgegriffen habe. Im Parallelverfahren über Pflegevergütungen für 2010 hat sich die
ARGE im Schriftsatz vom 10.10.2013 auf das BSG-Urteil vom 16.05.2013 berufen. Danach seien tarifbedingte Personalaufwendungen zwar "in aller Regel" anerkennenswert; in
Ausnahmefällen sei aber eine Kürzung der nachgewiesenen Personalaufwendungen möglich. Es gebe laut BSG keinen Freibrief zur Vereinbarung von Gehaltserhöhungen auf Kosten der Versicherungsträger und Versicherten in Tarifverträgen
oder Betriebsvereinbarungen. Dem entspreche der Beschluss der Bayerischen Landespflegekommission vom 12.06.2013. Der Kläger
habe die angeblichen Durchschnittspersonalkosten nicht plausibel dargelegt und keine konkreten Umstände für eine notwendige
überproportionale Steigerung genannt bzw. nachgewiesen. Nach BSG sei auch bei plausiblen Gestehungskosten eine Gesamtbetrachtung mit vergleichbaren Einrichtungen - sogenannter externer Vergleich
- durchzuführen und zu prüfen, ob weit überdurchschnittlichen Preise im Verhältnis zur Leistung noch angemessen seien.
Mit Schreiben vom 13.08.2013 hat sich der Kläger nochmals auf die aktuelle BSG-Rechtsprechung berufen. Nach dem Urteil vom 16.05.2013 (Az. B 3 P 2/12 R) seien Vergütungen und Entgelte, die auf unausweichlichen tariflichen Personalaufwendungen beruhen, unabhängig vom externen
Vergleich anzuerkennen. Hier habe eine gutachterliche Überprüfung der tariflichen Personalaufwendungen nur eine minimale Abweichung
von der Kostenkalkulation des Klägers ergeben. Das BSG erlaube gerade ein Abstellen auf plausible Gestehungskosten im vorangegangenen Vergütungszeitraum; dies sei keine Rückkehr
zum Kostendeckungsprinzip. Die monierten unwirtschaftlichen Strukturen seien bei genauem Hinsehen die unausweichlichen arbeitsrechtlichen
Verpflichtungen wegen des Personalstamms mit vergleichsweise hohem Durchschnittsalter. Es sei ungeheuerlich, wenn dem Kläger
die Entlassung des Personals und die Einstellung jüngerer preisgünstigerer Arbeitskräfte angesonnen werde. Auch die Bayerische
Landespflegesatzkommission habe beschlossen, dass tarifliche Arbeitsentgelte über Vergütungsvereinbarungen vollständig zu
refinanzieren seien.
Die Schiedsstelle hat mit Schreiben vom 07.10.2013 im Parallelverfahren (L 2 P 27/10 KL) u.a. darauf hingewiesen, dass Dr. N. im Gutachten vom 15.03.2011 ein durchschnittliches Arbeitnehmer- bzw. Gesamtbrutto
einer Vollzeitkraft des Heims von 35.000 EUR genannt habe. Daher leuchte nicht ein, dass der Kläger für 2010 45.000 EUR als
durchschnittliche Personalkosten ermittelt habe. Der Kläger habe die prospektive Tarifsteigerung nicht zweifelsfrei darstellen
können. Die Feststellung, dass die Durchschnittspersonalkosten weit über dem Niveau vergleichbarer Pflegeinrichtungen lägen,
bestimme nicht Inhalt und Umfang der nach
SGB XI geforderten wirtschaftlichen Betriebsführung der Einrichtung.
Der Bezirk X. hat mit Stellungnahme vom 18.10.2013 der Ansicht widersprochen, dass tarifbedingter Personalkostenaufwand Vorrang
im externen Vergleich habe. Eine Tarifbindung breche weder den externen Vergleich noch müssten Gestehungskosten tarifgebundener
Träger ähnlich dem Selbstkostendeckungsprinzip "eo ipso" Berücksichtigung finden. Nach BSG müssten Pflegesätze im externen Vergleich wirtschaftlicher Betriebsführung entsprechen; dabei dürfe die Einhaltung der Tarifbindung
und die Zahlung ortsüblicher Gehälter nicht als wirtschaftlich unangemessen gewertet werden. Damit sei zwar die bis 2000 geltende
BSG-Rechtsprechung zur Unbeachtlichkeit der geltenden Tarifbindung im Vergleich korrigiert worden. Eine automatische Umsetzung
aller tariflich bedingter Durchschnittspersonalkosten für Pflegesätze und Entgelte sei aber nicht begründbar. Es solle nur
verhindert werden, dass tarifgebundene mit nicht- tarifgebundenen und deshalb eventuell günstigeren Einrichtungen verglichen
würden. Die hier genannten Vergleichseinrichtungen seien aber alle tarifgebunden gewesen und die Einrichtung habe weit oberhalb
jeglichen Vergleichs gelegen. Ferner hat der Bezirk auf den Beschluss der Landespflegesatzkommission Bezug genommen. Die Notwendigkeit
eines externen Vergleichs sei nicht obsolet.
Mit Schreiben vom 29.11.2013 hat der Klägerbevollmächtigte ausgeführt, dass sich das im Gutachten genannte durchschnittliche
Bruttoeinkommen von 35.000,- EUR auf den Arbeitnehmerbruttoverdienst beziehe; die Arbeitgeberkosten lägen aber unter Berücksichtigung
der Zusatzversorgung um rund 25 % höher. Zudem seien alle Arbeitnehmer (z.B. auch niedriger entlohnte Hauswirtschaftskräfte)
einbezogen worden, während bei den Pflegekräften die Durchschnittskosten bei 45.400,- EUR 2010 gelegen hätten. Die Kostenträger
hätten die Personalkosten deswegen als unplausibel dargestellt, weil sie von vereinbarten Werten mit anderen tarifgebundenen
Einrichtungen ausgegangen seien. Die Beklagte habe anerkannt, dass die Personalkosten wegen des hohen Durchschnittsalters
des Personals vergleichsweise hoch seien, so dass auf der Prüfungsebene der Plausibilität wohl gar kein Dissens mehr bestehe.
Allerdings vermische die Beklagte dies sogleich mit der zweiten Prüfungsebene, dem externen Vergleich. Die tariflich vorgegebenen
und plausibel dargelegten Personalkosten seien aber laut BSG als wirtschaftlich anzusehen und "immer angemessen". Die vom BSG im Urteil vom 16.05.2013 genannte Möglichkeit, hinter tarifbedingten Personalkosten angesichts des externen Vergleichs zurückzubleiben,
betreffe besondere Umstände und Haustarife mit Löhnen über dem ortsüblichen Entgelt. Ein solcher tariflicher Ausreißer liege
hier aber nicht vor. Der maßgebliche AVR sei dem Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVöD) nachgebildet. Kein Ausreißer in diesem Sinn seien Personalkosten aufgrund vergleichsweise hohen Durchschnittsalters des
Personals und damit verbundener Einstufungen. Auf das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 24.11.2011 (L 8 SO 223/09
KL) ist Bezug genommen worden.
In der mündlichen Verhandlung vom 10.12.2013 hat der Klägerbevollmächtigte betont, man habe entsprechend der BSG-Rechtsprechung eine Neukalkulation erreichen wollen. Der Kläger hat klargestellt, dass in den voraussichtlichen Gestehungskosten
die Einmalzahlung im April 2011 (Zahlung für 2010) nicht mitkalkuliert war. Der Vertreter der Schiedsstelle hat erklärt, es
habe bei Plausibilitätsprüfung Sachverhaltsdefizite gegeben. Auffallend sei die besondere Steigerung des Personalaufwands
von ca. 9 % gegenüber 3 % landesweit gewesen. Ein Gutachten sei hier nicht eingeholt worden, weil die Beteiligten dies ausdrücklich
nicht beantragt hätten. Anforderungen an die Untersuchungsmaxime dürften nicht überzogen werden. Vertreter von Pflegekassen
und Bezirk haben erklärt, dass vor allem wegen des zu hohen Wertes nach externem Vergleich die Personalkosten unplausibel
gewesen seien. Der Kläger hat versichert, dass die Beteiligung der Heimbewohner über die Interessenvertretung erfolgt sei.
Der Vorsitzende hat darauf hingewiesen, dass dem Senat die Plausibilität im Sinne der ersten Stufe nach BSG-Rechtsprechung gegeben erscheine. Das Gutachten des Dr. N. vom 15.03.2011 sei hierbei zu berücksichtigen. Zur Frage der Wirtschaftlichkeit
habe auch die Schiedsstelle noch Ermittlungsbedarf gesehen, jedoch gemäß dem Parteiwillen von der Einholung eines Gutachtens
abgesehen. Problematisch sei aus Sicht des Senats auch, dass eine zureichende Prüfung der Höhe des Arbeitsentgeltes in der
Einrichtung und im Vergleich zu anderen Einrichtungsträgern nicht durchgeführt wurde. Es könnte insoweit ein ortsunübliches
Arbeitsentgelt vorliegen. Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren nach
§
124 Abs.
2 SGG erklärt. Sie haben Gelegenheit erhalten, zum vom LSG ermittelten Streitwert von 213.962,05 EUR Stellung zu nehmen. Hinsichtlich
weiterer Einzelheiten wird auf die Niederschrift Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 15.01.2014 hat die Beklagte im Parallelverfahren u.a. vorgetragen, dass ein vor 2000 von der Schiedsstelle
eingeholtes Gutachten Kosten in 5-stelliger Höhe verursacht habe. Die Schiedsstelle habe die in der Höhe unbestrittenen Tarifsteigerungen
immer berücksichtigt. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf das Schreiben verwiesen.
Der Klägerbevollmächtigte hat mit Schreiben vom 19.02.2014 entgegnet, soweit die Beklagte weiteren Sachaufklärungsbedarf gesehen
habe, hätte sie keine Beweislast- entscheidung treffen, sondern im Sinne des Untersuchungsgrundsatzes weitere Sachaufklärung,
ggf. durch Auflagenbeschluss gegenüber dem Kläger herbeiführen müssen.
Auf den weiteren Beiladungsbeschluss vom 28.10.2014 und das gerichtliche Schreiben vom 19.01.2015 zur weiterhin beabsichtigten
Entscheidung im schriftlichen Verfahren wird verwiesen.
Mit Schreiben vom 03.02.2015 hat der Senat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass am Schiedsverfahren nicht die Pflegekassen
selbst beteiligt waren und deswegen erhebliche rechtliche Bedenken bestehen. Die Beteiligten haben Gelegenheit zur Stellungnahme
bis 18.02.2015 erhalten. Der Bezirk hat mit Schreiben vom 04.02.2015 mitgeteilt, dass er das Quorum erfülle bei insgesamt
8.280 Belegtagen 2008 und 7.978 Belegtagen 2009. Dass ein örtlicher Sozialhilfeträger Kostenträger sei, könne ausgeschlossen
werden. Die ARGE hat mit Schreiben vom 13.02.2015 mitgeteilt, dass zukünftig aufgrund des richterlichen Hinweises die Verhandlungspraxis
modifiziert werde. Das BSG habe im Urteil vom 12.09.2012 (B 3 P 5/11 R) trotz formeller Probleme zu den materiellen Fragen Stellung genommen. Der Senat werde um Stellungnahme zu den aufgeworfenen
materiell-rechtlichen Fragen gebeten. Für die Zukunft sei die Frage der tariflichen Entlohnung durch die Änderungen in §
84 SGB XI durch das erste Pflegestärkungsgesetz ab 01.01.2015 geklärt. Der Klägerbevollmächtigte hat mit Schreiben vom 18.02.2015 ebenfalls
im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes und zur Vermeidung eines erneuten Verfahrens in derselben Sache dringend angeregt,
auch zur eigentlichen Streitfrage, der notwendigen Berücksichtigung tariflich geschuldeter Personalkosten, Stellung zu nehmen.
Die Beteiligung nicht der Pflegekassen selbst, sondern deren Landesverbände, sei als ständige Praxis der Verfahrensführung
in Bayern zwischen den Beteiligten nicht streitig gewesen. Die schriftlichen Gründe der Rechtsprechung zur Beteiligtenfähigkeit
des vdek in den Urteilen vom 17.12.2009 und vom 16.05.2013 seien zum Zeitpunkt der Antragstellung im ersten Verfahren bei
der Schiedsstelle nicht bekannt gewesen, so dass die Beteiligten in gutem Glauben die geübte Praxis fortgesetzt hätten. Die
Beklagte hat sich nicht geäußert.
Der Kläger beantragt,
den Schiedsspruch der Beklagten vom 13.04.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, über den Schiedsantrag des Klägers
vom 30.12.2010 unter Beachtung der Rechtsaufassung des Senats erneut zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beigeladenen zu 1) bis 7) beantragen,
die Klage abzuweisen.
Die Beigeladenen zu 8) und 9) haben keine Anträge gestellt.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die beigezogene Akte der Schiedsstelle und die gewechselten Schriftsätze im Klageverfahren
Bezug genommen sowie auf die beigezogenen Akten von Schiedsstelle und LSG zum Verfahren L 2 P 27/10 KL.
Entscheidungsgründe
A) Die Klage ist zulässig und beim Bayerischen Landessozialgericht (LSG) als zuständigem Gericht erhoben worden.
Denn angegriffen wird eine Schiedsstellenentscheidung nach §
76 SGB XI im Sinne von §
29 Abs.
2 Nr.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) und der Kläger hat seinen Sitz im Bezirk des Bayerischen Landessozialgerichts (§
57 Abs.
1 S. 1
SGG).
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren gemäß §
124 Abs.
2 SGG zu Protokoll erklärt; die Beigeladene zu 9) zusätzlich mit Schriftsatz vom 13.11.2014. Die Justiziarin der Beigeladenen zu
1) war - durch Vollmacht und teils durch Untervollmacht - Prozessbevollmächtigte der Beigeladenen zu 1) bis 6) und 8) bis
9).
Die statthafte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gemäß §
54 Abs.
1 SGG gegen den Schiedsspruch als Verwaltungsakt im Sinne von § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X - vgl. dazu BSG vom 14.12.2000 - B 3 P 19/00 R - [...] RdNr. 18) ist fristgerecht gemäß §
87 SGG erhoben worden. Denn die Klage gegen den Schiedsspruch vom 13.04.2011, dem Klägerbevollmächtigten zugestellt am 02.05.2011,
ist am 31.05.2011 beim LSG eingegangen und damit innerhalb der Monatsfrist nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts. Ein Vorverfahren
findet nach §
85 Abs.
5 Satz 4
SGB XI i.V.m. §
78 Abs.
1 Satz 2 Nr.
1 SGG nicht statt. Die Schiedsstelle ist nach §
70 Nr. 4
SGG beteiligtenfähig und zudem passiv legitimiert (vgl. BSG vom 14.12.2000 - B 3 19/99 R - [...] RdNr. 16).
B) Die Klage erweist sich auch als begründet. Rechtsgrundlage der angefochtenen Entscheidung in formeller Hinsicht sind §
76 SGB XI i.V.m. §
85 Abs.
5 S. 1 und §
87 S. 3
SGB XI.
1. Danach setzt die Schiedsstelle mit der Mehrheit ihrer Mitglieder (§
76 Abs.
3 S. 4
SGB XI) die Pflegesätze bzw. die Entgelte für Unterkunft und Verpflegung auf Antrag einer Vertragspartei unverzüglich fest, wenn
eine Vereinbarung darüber innerhalb von sechs Wochen nach schriftlicher Aufforderung zur Verhandlung nicht zustande gekommen
ist. Angestrebt wird damit eine zügige Konfliktlösung bei fehlender Verständigung der Vertragsparteien (vgl. BT-Drucks. 12/5262
S. 146 zu § 94 Abs. 5). Verfahrensziel ist ein weitgehender Interessenausgleich zwischen Leistungserbringern, Leistungsverpflichteten
und Pflegeheimbewohnern. Die Schiedsstelle hat einerseits dem Interesse der Leistungserbringer an einer angemessenen Leistungsvergütung
und so mittelbar dem öffentlichen Interesse an einer ausreichenden Versorgung mit Pflegeeinrichtungen Rechnung zu tragen.
Andererseits trägt sie die Verantwortung für eine kostengünstige Leistungserbringung im Interesse der Solidargemeinschaft
aller Beitragszahler und der Heimbewohner, die den von der sozialen Pflegeversicherung mit den Pauschalbeträgen nach §
43 SGB XI nicht abgedeckten Anteil der Pflegevergütung sowie das Entgelt für Unterkunft und Verpflegung selbst tragen müssen (vgl.
BSG vom 16.05.2013 - B 3 P 2/12 R - [...] RdNr. 13). Mittelbar ist ferner das Interesse von Angehörigen und Sozialhilfeträgern betroffen, soweit Heimbewohner
die finanziellen Lasten nicht allein tragen können.
Vor diesem Hintergrund sind die gerichtlichen Kontrollmöglichkeiten des Schiedsspruchs eingeschränkt (vgl. BSG vom 29.01.2009 - B 3 P 7/08 R - [...] RdNr. 41). Denn der Schiedsspruch ist seiner Natur nach ein Interessenausgleich durch ein sachnahes und unabhängiges
Gremium. Insbesondere mit der paritätischen Zusammensetzung, dem Mehrheitsprinzip und der fachlichen Weisungsfreiheit (vgl.
§
76 Abs.
2 und
3 SGB XI) will der Gesetzgeber die Fähigkeit der Schiedsstelle zur vermittelnden Zusammenführung unterschiedlicher Interessen und
zu einer Entscheidungsfindung nutzen, die nicht immer die einzig sachlich vertretbare ist und häufig Kompromisscharakter hat.
Gleichwohl hat die Schiedsstelle eine umfassende Aufklärungspflicht und darf Aufklärungsermittlungen (z.B. durch Auflagen)
auf beiden Seiten durchführen, unter Beachtung des Beschleunigungsgebotes (§
85 Abs.
5 Satz 1
SGB XI). Sogenannte Beweislastentscheidungen sind nach BSG-Rechtsprechung nicht ausgeschlossen, falls eine Partei einer Auflage nicht (rechtzeitig) nachkommt. Allerdings dürfen die
nicht direkt am Verfahren beteiligten Heimbewohner nicht "Opfer" von Beweislastentscheidungen werden (vgl. BSG vom 29.01.2009 - B 3 P 7/08 R - [...] RdNr. 41). Bei fehlender Einigung ergeht ein Schiedsspruch, der mit einer hinreichenden Begründung zu versehen ist
(vgl. BSG ebenda m.w.N.).
Unter Berücksichtigung der vorstehenden Grundsätze und des Entscheidungsspielraums der Schiedsstelle ist nach der BSG-Rechtsprechung gerichtlich ausschließlich zu überprüfen, ob 1. die Ermittlung des Sachverhalts in einem fairen Verfahren
unter Wahrung des rechtlichen Gehörs erfolgt ist, 2. ob zwingendes Gesetzesrecht beachtet und 3. ob der bestehende Beurteilungsspielraum
eingehalten worden ist (vgl. BSG vom 29.01.2009 - B 3 P 7/08 R - [...] RdNr. 42). Die gefundene Abwägung durch die Schiedsstelle muss Eingang in die Begründung des Schiedsspruchs gefunden
haben, wobei die Anforderungen wegen Stellung und Funktion der Schiedsstelle nicht überspannt werden dürfen. Denn die Schiedsstelle
unterhält im Wesentlichen keinen eigenen Verwaltungsunterbau und ist in besonderer Weise auf die Mitwirkung der Beteiligten
angewiesen. Daher ist in der Regel nicht zu beanstanden, wenn sich die Schiedsstellenbegründung auf die vorgebrachten Angaben
der Beteiligten oder eingeführte Hinweise ihrer Mitglieder bezieht, ggf. in knapper, aber für die Beteiligten verständlicher
Form (vgl. BSG ebenda).
2. a) Der Beschluss der Schiedsstelle erweist sich hier als formell rechtswidrig, weil vom Gesetz zu Vertragsparteien bestimmte
Kostenträger nicht am Schiedsstellenverfahren beteiligt wurden.
Materielle Grundlage der angefochtenen Entscheidung ist §
84 Abs.
2 S. 1 und 4
SGB XI i.V.m. §
82 Abs.
1 und
2 sowie §
85 Abs.
3 SGB XI in der Fassung des Pflege-Weiterentwicklungsgesetzes (Gesetz zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung -
PflegeWEG vom 28.05.2008, BGBl. I 874). Nach §
85 Abs.
2 S. 1
SGB XI sind Parteien der Pflegesatzvereinbarung (Vertragsparteien) der Träger des einzelnen zugelassenen Pflegeheimes sowie (Nr.
1) die Pflegekassen oder sonstige Sozialversicherungsträger, (Nr. 2) die für die Bewohner des Pflegeheimes zuständigen Träger
der Sozialhilfe sowie (Nr. 3) die Arbeitsgemeinschaften der unter Nr. 1 und 2 genannten Träger, soweit auf den jeweiligen
Kostenträger oder die Arbeitsgemeinschaft im Jahr vor Beginn der Pflegesatzverhandlungen jeweils mehr als 5 v.H. der Berechnungstage
des Pflegeheimes entfallen. Damit hat der Bundesgesetzgeber die Frage der Vertragspartnerschaft für die Pflegesatzvereinbarungen
abschließend geregelt, wie das BSG im Beschluss vom 14.02.2014 (B 3 P 19/13 B, veröffentlicht in [...]) bekräftigt hat.
Ausweislich der von Klägerseite vorgelegten Aufstellung über die auf die einzelnen Pflegekassen entfallenden Berechnungstage
im Jahr vor Beginn der Pflegesatzverhandlung und der Stellungnahme des Bezirks vom 04.02.2015 sind hier nach §
85 Abs.
2 SGB XI Parteien im Pflegesatzverfahren die Pflegekassen von AOK, DAK und Barmer GEK sowie der Bezirk X. als Sozialhilfeträger, da
diese das 5 %-Quorum erfüllen. Arbeitsgemeinschaften der Pflegekassen bestehen in Bayern nicht.
Im streitgegenständlichen Schiedsstellenverfahren wurden aber - mit Ausnahme der AOK Pflegekasse - nicht die Pflegekassen
selbst, sondern die Landesverbände der Pflegekassen als Vertragsparteien und Antragsgegner beteiligt und der Schiedsspruch
erging gegenüber den Landesverbänden der Pflegekassen sowie der Pflegekasse bei der AOK Bayern, nicht aber gegenüber den übrigen
Pflegekassen. Zwar können sich die Landesverbände der Pflegekassen sowie der Verband der privaten Krankenversicherung e.V.
am Pflegesatzverfahren beteiligen (§
85 Abs.
2 S. 3
SGB XI) und Vertragsparteien können sich bei Pflegesatzverhandlungen durch Dritte vertreten lassen nach §
85 Abs.
4 S. 3
SGB XI, wenn sie vor Verhandlungsbeginn den übrigen Vertragsparteien eine schriftliche Verhandlungs- und Abschlussvollmacht vorlegen.
Daher können sich Pflegekassen grundsätzlich auch von ihren Landesverbänden vertreten lassen. Sie bleiben aber auch in Fällen
einer solchen Vollmachtserteilung selbst Vertragsparteien und Beteiligte im Schiedsverfahren.
Der Schiedsspruch ist daher formell fehlerhaft, weil er nicht gegenüber den betreffenden Pflegekassen der Barmer GEK und DAK
als Beteiligte ergangen ist. Wegen dieser formellen Rechtswidrigkeit ist der Schiedsspruch aufzuheben; es handelt sich nicht
um einen unbeachtlichen Verfahrensfehler und eine Heilung ist nicht eingetreten.
Der Beschluss der Schiedsstelle ist ein (vertragsgestaltender) Verwaltungsakt gemäß § 31 S. 1 SGB X (vgl. BSG vom 14.12.2000 - B 3 P 19/00 R - [...] RdNr. 18); daher finden grundsätzlich auch die §§ 31 ff. SGB X Anwendung (vgl. Leitherer in Kasseler Kommentar (KassKomm) 84. EL zu § 85 RdNr. 28; O'Sullivan in [...] Praxiskommentar (PK)
Stand 08/2013 zu § 85 RdNr. 53). Nach den Rechtsgrundsätzen des SGB X unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Schiedsstellenverfahrens ist die fehlende Beteiligung einer kraft Gesetzes
zu beteiligenden Vertragspartei im Sinne von §
85 Abs.
2 SGB XI ein Verfahrensmangel, der auch im Klageverfahren, z.B. durch Beiladung dieser Vertragspartei, nicht geheilt werden kann,
insbesondere nicht nach § 41 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. § 41 Abs. 2 SGB X.
Das ist den Besonderheiten des Schiedsverfahrens zum Ausgleich widerstreitender Interessen geschuldet. Denn wie bereits dargelegt,
sind die gerichtlichen Kontrollmöglichkeiten des Schiedsspruchs im Klageverfahren begrenzt. Ablauf und Ausgang des Schiedsstellenverfahrens
wiederum sind in besonderer Weise von Art und Umfang der Mitwirkung der verhandelnden Vertragsparteien abhängig, z.B. vom
Vortrag der Vertragsparteien zu Plausibilität und Wirtschaftlichkeit der gemachten Vergütungen (vgl. hierzu BSG vom 29.01.2009 - B 3 P 7/08 R - [...] RdNr. 39 f.). So obliegt es den Kostenträgern, die Plausibilität der prospektiven Gestehungskosten anhand der vorgelegten
Unterlagen des Einrichtungsträgers zu prüfen, unter Umständen im Vergleich mit Werten anderer Einrichtungen, und ggf. substantiiert
auf Unschlüssigkeiten hinzuweisen. Wird die Kostenprognose der Einrichtung durch solch substanziiertes Bestreiten der Kostenträger
erschüttert, muss die Einrichtung wiederum weitere Belege für die Plausibilität ihrer Kalkulation vorlegen (vgl. BSG a.a.O. [...] RdNr. 39). Für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit haben wiederum die Kostenträger alle notwendigen Informationen
über vergleichbare Einrichtungen im räumlichen Markt zur Verfügung zu stellen. Besteht auf Grundlage des externen Vergleichs
Rechtfertigungsbedarf für die geforderte Vergütung, hat die Einrichtung nachvollziehbar Gründe für die Angemessenheit zu nennen
und zu belegen. Dazu haben wiederum die Kostenträger Stellung zu nehmen (vgl. hierzu BSG a.a.O. [...] RdNr. 40). Erst durch diese wechselseitigen Pflichten, Argumentationen und Nachweise erhält die Schiedsstelle
die notwendigen Informationen für eine sachgerechte Beurteilung (vgl. hierzu BSG ebenda). So darf die Schiedsstelle in den Verhandlungen unstreitige Positionen ohne weitergehende Prüfung ihrer Entscheidung
zu Grunde legen. Außerdem ist wie dargelegt in der BSG-Rechtsprechung anerkannt, dass bei der Entscheidung der Schiedsstelle häufig mehrere vertretbare Regelungen existieren und
der Schiedsstelle damit ein entsprechender Gestaltungsspielraum zugestanden wird. Gerade vor diesem Hintergrund ist die Beteiligung
am Schiedsstellenverfahren von erheblicher Bedeutung für den Inhalt des Schiedsspruchs und kann angesichts beschränkter gerichtlicher
Überprüfungsmöglichkeiten im Klageverfahren nicht mehr nachgeholt werden (vgl. Steinwedel in KassKomm zu § 41 SGB X RdNr. 26 zur Verwirklichung des Zwecks der versäumten Handlung durch Nachholung im Klageverfahren).
Es handelt sich bei der fehlenden Beteiligung der Pflegekassen nicht um einen Verfahrensfehler im Sinne von § 42 SGB X. Nach § 42 S. 1 SGB X kann die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 40 SGB X nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form
oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der
Sache nicht beeinflusst hat. Angesichts der eben geschilderten Besonderheiten des Schiedsstellenverfahrens und aufgrund der
Bedeutung der Mitwirkung der Vertragsparteien ist nicht nachgewiesen, dass die fehlende Beteiligung von Vertragsparteien offensichtlich
die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Es kann nicht unterstellt werden, dass die nicht beteiligten Pflegekassen
keine weiteren Gesichtspunkte in das Schiedsstellenverfahren eingebracht hätten.
Die Beteiligten haben auf die langjährig im Einvernehmen der Kosten- und Einrichtungsträger geübte Praxis der Schiedsstelle
hingewiesen und Vertrauensschutzgesichtspunkte geltend gemacht. Der Senat verkennt nicht, dass dieses Vorgehen in der Praxis
durchaus Vorteile bei den Vergütungsverhandlungen sowie im Schiedsstellenverfahren bieten mag, zumal Arbeitsgemeinschaften
der Pflegekassen in Bayern nicht bestehen, sondern nur eine Arbeitsgemeinschaft der Pflegekassenverbände. Im Gegensatz zum
Verfahren der Pflegesatzkommission nach §
86 SGB XI bleibt bei dem praktiziertem Vorgehen allein der Träger der Einrichtung bzw. der von ihm bevollmächtigte Verband Vertragspartner.
Allerdings bleibt festzuhalten, dass die gewählte Praxis nicht im
SGB XI vorgesehen ist.
Soweit in der Rechtsprechung von einer Aufhebung von Schiedssprüchen bei fehlerhaften Beteiligungen am Schiedsverfahren abgesehen
wurde, sind die dort entschiedenen Konstellationen nach Ansicht des Senats nicht mit dem vorliegenden Fall vergleichbar.
Im Urteil vom 29.01.2009 (B 3 P 7/08 R) hat das BSG die fehlerhafte Beteiligung eines überörtlichen Sozialhilfeträgers (SHT) am Schiedsstellenverfahren aus Gründen der Rechtssicherheit
bis zur Verkündung dieses Urteils toleriert. Das BSG hat dargelegt, dass das baden-württembergische Landesrecht den überörtlichen SHT nicht zur Partei, sondern nur zum Vertreter
des zuständigen örtlichen SHT machen konnte, was offenbar den Beteiligten bei Pflegekassen, Sozialhilfeträgern und Leistungserbringern
sowie der Schiedsstelle nicht bewusst gewesen sei. Um zu vermeiden, dass der Bestand einer großen Zahl von Schiedssprüchen
allein aus formellen Gründen angreifbar sein könnte, hat es der BSG-Senat aus Vertrauensschutzgründen für angemessen gehalten, Schiedssprüche unter formeller Beteiligung des überörtlichen SHT
nicht allein wegen dieses Zuständigkeitsfehlers als rechtswidrig einzustufen. Der Senat hatte betont, dass den übrigen Beteiligten
durch die Beteiligung des überörtlichen SHT keine Rechtsnachteile entstehen (BSG ebenda [...] RdNr. 8). Im Urteil vom 16.05.2013 (B 3 P 2/12 R, veröffentlicht in [...]) handelte es sich ebenfalls um eine Konstellation, in der ein im Schiedsstellenverfahren tatsächlich
Beteiligter (vdek) eigentlich keine Vertragspartei war. Es handelte sich um Fallgestaltungen, in denen neben den Vertragsparteien
weitere Beteiligte zu Unrecht als Vertragsparteien am Schiedsverfahren beteiligt waren. In der hier umgekehrten Situation
- nämlich der fehlende Beteiligung von Vertragsparteien am Schiedsstellenverfahren - sind Rechtsnachteile für diese aber nicht
auszuschließen.
Das LSG Mecklenburg-Vorpommern hat im Urteil vom 07.03.2013 (L 6 P 16/11 KL, [...] RdNr. 45) ausgeführt, dass dort die Rechte des richtigen Beteiligten durch seine tatsächliche Mitwirkung am Schiedsstellenverfahren
und die Prozessvertretung in jeder Hinsicht gewahrt waren, so dass es bloße Förmelei wäre, den Schiedsspruch allein aus diesen
Gründen aufzuheben. Das erscheint nachvollziehbar, da sich dann die Vertragspartei - wenn auch nur als Vertreter eines anderen
Beteiligten - in die Verhandlungen und das Schiedsstellenverfahren einbringen kann. Auch das war hier aber nicht der Fall;
denn die Pflegekassen der Barmer GEK und der DAK haben gerade nicht an den Verhandlungen teilgenommen.
Die Situation erscheint auch nicht mit derjenigen vergleichbar, die der Entscheidung des BSG vom 12.08.2008 (B 3 P 2/07 R, [...] RdNr. 17) zu Grunde lag. Streitig war dort die Wirksamkeit einer Kündigung des Versorgungsvertrags. Das BSG hat in dieser Entscheidung dargelegt, dass die Kündigung formell rechtswidrig war, weil u.a. die Pflegekasse bei der AOK
Bayern die Kündigung ausgesprochen hatte, der zuständige Landesverband der Pflegekassen aber die AOK Gesundheitskasse ist.
Eine Aufhebung deswegen hat das BSG aber ausnahmsweise verneint, weil Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes zu beachten seien angesichts der nicht einfachen
und auch nicht ohne Weiteres plausiblen Zuständigkeitsregelung und der Identität der Organe von Kranken- und Pflegekassen.
Das BSG hat es deswegen für angemessen gehalten, dass alle bis zur Verkündung dieses Urteils abgeschlossenen Vorgänge und Handlungen,
bei denen statt der Pflegekasse bei der AOK die AOK Bayern als Landesverband der Pflegekassen (§
52 SGB XI) hätte handeln müssen, nicht allein wegen dieses Zuständigkeitsfehlers als rechtswidrig eingestuft werden dürfen. Im Gegensatz
dazu war hier die gesetzliche Regelung zu den Vertragsparteien keineswegs unübersichtlich. Außerdem fehlt es an einer Identität
der Organe des Landesverbandes mit den zu beteiligenden Pflegekassen und damit an einer faktischen Beteiligung der nicht einbezogenen
Pflegekassen von DAK und Barmer GEK.
Im Urteil vom 12.09.2012 (B 3 P 5/11 R - [...] RdNr. 19 ff.) hat das BSG ausdrücklich offengelassen, welche Konsequenzen aus einer "möglicherweise" formellen Rechtswidrigkeit eines Schiedsspruchs
wegen fehlerhafter Beteiligung der Kostenträger zu ziehen sind bei bestehenden Unklarheiten über die notwendig am Verfahren
zu beteiligenden Kassen und hat den Schiedsspruch wegen materieller Rechtswidrigkeit aufgehoben.
Nach Ansicht des Senats ist die Forderung nach einer Beteiligung der Pflegekassen von DAK und Barmer GEK am Schiedsverfahren
keine bloße Förmelei. Denn es ist nicht ersichtlich, dass diese Gelegenheit hatten, sich in das Schiedsverfahren einzubringen
bzw. ob sie überhaupt Kenntnis von den Verhandlungen und von einer möglichen eigenen Beteiligung hatten. Der Gesetzgeber hat
klare Vorgaben gemacht, welche Kostenträger Vertragsparteien und damit Beteiligte an einem solchen Schiedsverfahren sein sollen.
Gerade weil der Gesetzgeber davon ausgeht, dass die Interessen der nicht das Quorum erfüllenden und daher nicht am Vertrag
zu beteiligenden Kostenträger durch die Vertragspartner und die Schiedsstelle angemessen berücksichtigt werden und auch die
nicht beteiligten Kostenträger nach §
85 Abs.
6 SGB XI an die Ergebnisse der Vergütungsverhandlungen und des Schiedsspruchs als Verwaltungsakt gebunden sind (vgl. hierzu BSG vom 17.12.2009 (B 3 P 3/08 R - [...] RdNr. 36), ist die Beteiligung der das Quorum erfüllenden Pflegekassen von besonderer Bedeutung.
Der Senat hält die Gefahr, dass ohne Einräumung von Vertrauensschutz weitreichende Aufhebungen von Schiedssprüchen allein
aus formellen Gründen erfolgen, für sehr begrenzt. Denn grundsätzlich erwachsen auch Schiedssprüche als Verwaltungsakte in
Bestandskraft, wenn sie nicht rechtzeitig angegriffen werden (vgl. BSG vom 08.10.2014 - B 3 KR 7/14 R - [...] RdNr.
39) und nach §
85 Abs.
6 SGB XI sind auch nicht beteiligte Kostenträger an Ergebnisse der Vergütungsverhandlungen und des Schiedsspruchs als Verwaltungsakt
gebunden.
Der Senat weist ferner darauf hin, dass sich Kostenträger durchaus von Dritten unter Vorlage einer schriftlichen Verhandlungs-
und Abschlussvollmacht vertreten lassen können (§
85 Abs.
4 Satz 3
SGB XI), z.B. von ihren Landesverbänden oder von der ARGE. Trotz Vollmacht bleiben aber die Pflegekassen selbst Vertragsparteien
und Beteiligte. Im erneut durchzuführenden Schiedsstellenverfahren wird neben der Beteiligung der Pflegekassen von DAK und
GEK zu beachten sein, dass der vdek nicht als Beteiligter, sondern nur als Bevollmächtigter auftreten konnte (vgl. BSG vom 16.05.2013 - B 3 P 2/12 R). Ferner kann in diesem Zusammenhang geprüft werden, ob ggf. weitere Kostenträger im Sozialhilfebereich das Quorum erfüllen
und daher zusätzlich zu beteiligen sind.
b) Soweit der Kläger die Verletzung rechtlichen Gehörs gemäß § 24 SGB X geltend gemacht hat, weist der Senat auf Folgendes hin: Soweit der Kläger moniert hat, dass die Beklagte seine Schriftsätze
teilweise missverstanden hat, handelt es sich nicht um fehlendes rechtliches Gehör (vgl. Art.
103 Grundgesetz (
GG), § 24 SGB X), sondern um eine ggf. fehlerhafte Interpretation, die sich auf die materielle Rechtmäßigkeit auswirken kann. Dazu gehört
der Vortrag des Klägers, sein Verweis auf Kosten aufgrund AVR in Oberbayern und Schwaben oder in der Behindertenhilfe habe
die Plausibilität der Personalaufwendungen belegen sollen, während die Beklagte den Vortrag als Argumentation im Rahmen des
externen Vergleichs gewertet hat.
Soweit der Kläger vorträgt, die Beklagte habe seine Argumentation ignoriert, dass er eine Neukalkulation und nicht nur eine
Fortschreibung anhand der Tarifsteigerungen erreichen wollte, ist darauf hinzuweisen, dass im Beschluss der Schiedsstelle
durchaus der Ansatz des Klägers dargestellt wird, aufbauend auf den 2010 entstandenen Aufwendungen die prospektiven Gestehungskosten
zu ermitteln. Dass die Schiedsstelle diesem Ansatz nicht gefolgt ist und bei Festsetzung der Vergütungen wesentlich auf den
externen Vergleich abgestellt hat, ist aber keine Frage des rechtlichen Gehörs, sondern der materiellen Rechtmäßigkeit.
c) Eine Ungleichbehandlung der Parteien im Schiedsverfahren vermag der Senat nicht zu erkennen. Soweit die Beklagte auf die
Schwierigkeit des vorliegenden Falls hingewiesen hat, dem Interesse des Heimträgers an der angemessenen und gerechten Vergütung
seiner Leistungen Rechnung zu tragen und damit den zu achtenden Bedürfnissen der Heimbewohner zu dienen, belegt dies lediglich,
dass sie sich ihrer Stellung und Verantwortung bewusst war. Dass sich die Schiedsstelle der Solidargemeinschaft aller Beitragszahler
und insbesondere der Heimbewohner verpflichtet fühlte, die den nicht von der sozialen Pflegeversicherung abgedeckten Teil
der Pflegesätze und das Entgelt für Unterkunft und Verpflegung selbst oder durch ihre Angehörigen zu tragen haben, entspricht
ihrer Treuhänderstellung nach der BSG-Rechtsprechung (vgl. hierzu z.B. BSG vom 29.01.2009 - B 3 P 7/08 R - [...] RdNr. 39) und ist kein Hinweis auf eine einseitige Auslegung des Gesetzes. Ob der Kläger mit seinen Äußerungen die
gerügten strukturellen Personalprobleme mit seinem Schriftsatz vom 24.03.2011 tatsächlich vollumfänglich widerlegt hatte und
ob das vorgelegte Gutachten als präsentes Beweismittel das Entstehen kalkulierter Personalkosten belegt bzw. eine substantiierte
Einlassung auf die Einwände enthalten hat, ist eine Frage der rechtlichen Würdigung der Schiedsstelle. Aus einer insofern
für den Kläger negativen Gewichtung lässt sich keine gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens verstoßende Ungleichbehandlung
der Parteien ableiten.
3. Da der Beschluss der Schiedsstelle bereits wegen eines wesentlichen Verfahrensmangels aufzuheben ist, sind Ausführungen
zur materiellen Rechtmäßigkeit zwar entbehrlich. Im Interesse eines zügigen Verfahrensfortgangs und der Prozessökonomie sieht
sich der Senat aber zu weiteren Ausführungen zur materiellen Rechtmäßigkeit des Beschlusses und insbesondere zum Prüfungsmaßstab
nach der BSG-Rechtsprechung im Sinne eines Obiter dictum veranlasst.
Das BSG hatte zunächst in seiner Rechtsprechung (vgl. Urteile vom 14.12.2000, z.B. B 3 P 19/00 R, B 3 P 18/00 R, B 3 P 19/99 R, jeweils veröffentlicht in [...]) zur Prüfung der Leistungsgerechtigkeit von Vergütungen im Pflegesatzverfahren in erster
Linie auf einen externen Vergleich mit vergleichbaren Einrichtungen abgestellt. Gegen den Betriebsaufwand als Grundlage zur
Ermittlung einer leistungsgerechten Vergütung wurde eingewandt, dass wegen der gesetzlichen Abkehr vom Kostenerstattungsprinzip
besondere Gestehungskosten - z.B. wegen ungünstiger Altersstruktur des Personals oder Tarifbindungen - nicht berücksichtigt
werden könnten und dass außenstehende Beobachter eine Unwirtschaftlichkeit von Aufwendungen und Rationalisierungspotential
nicht bzw. kaum erkennen könnten (vgl. BSG vom 14.12.2000 - B 3 P 19/00 R - [...] RdNr. 24 und 26).
Wie das BSG erstmals in Urteilen vom 29.01.2009 (z.B. B 3 P 7/08 R, B 3 P 9/07 R , B 3 P 9/08 R, B 3 P 6/08 R, alle veröffentlicht in [...]) und zuletzt im Urteil vom 16.05.2013 (B 3 P 2/12 R - [...]) ausgeführt hat, sind in teilweiser Abkehr von den früheren Urteilen vom 14.12.2000 (a.a.O.) Pflegesatzverhandlungen
und nachfolgende Schiedsstellenverfahren grundsätzlich nach einem zweigliedrigen Prüfschema durchzuführen: 1. Stufe: Grundlage
der Verhandlung über Pflegesätze und Entgelte ist zunächst die Abschätzung der voraussichtlichen Kosten der in der Einrichtung
erbrachten Leistungen nach §
85 Abs.
3 S. 2 Halbsatz 1 und S. 3
SGB XI (Prognose der Gestehungskosten) 2. Stufe: Anschließend folgt in einem zweiten Schritt die Prüfung der Leistungsgerechtigkeit
nach §
84 Abs.
2 S. 1 und 4
SGB XI. Maßgebend hierfür sind die Kostenansätze vergleichbarer Leistungen in anderen Einrichtungen (externer Vergleich).
Zwar hat das BSG daran festgehalten, dass Vergütungsansprüche nicht ausschließlich auf die voraussichtlichen Gestehungskosten gestützt werden
können. Denn maßgeblich ist nach §
84 Abs.
2 S. 1 und 4
SGB XI, welche Leistungen die Einrichtung erbringt und welcher Aufwand "einem" Pflegeheim bei wirtschaftlicher Betriebsführung dafür
"im Allgemeinen" entsteht (vgl. BSG vom 29.01.2009 - B 3 P 7/08 R - [...] RdNr. 18 f.). Der Senat hat aber nicht mehr daran festgehalten, dass die Höhe der Gestehungskosten für die Vergütungsvereinbarung
grundsätzlich bedeutungslos sei und es regelmäßig nur auf die Feststellung von Marktpreisen ankommt (vgl. BSG vom 29.01.2009 - B 3 P 7/08 R - [...] RdNr. 20). Hintergrund war, dass in der Praxis eine vom Gesetzgeber unerwünschte Vereinheitlichung von Pflegesätzen
gefördert worden war mit kostentreibender Wirkung, da zum Teil Einrichtungen trotz unterdurchschnittlicher Gestehungskosten
oder ohne entsprechende Personalausstattung eine durchschnittliche Vergütung beansprucht hatten (vgl. BSG vom 29.01.2009 - B 3 P 7/08 R - [...] RdNr. 20 f.). Nach dieser Rechtsprechung sind Pflegesätze und Entgelte leistungsgerecht im Sinne von §
84 Abs.
2 S. 1
SGB XI, wenn die voraussichtlichen Gestehungskosten der Einrichtung nachvollziehbar und plausibel dargelegt werden (1. Stufe) und
wenn die begehrten Sätze in einer angemessenen und nachprüfbaren Relation zu den Sätzen anderer vergleichbarer Einrichtungen
stehen (2. Stufe). (vgl. BSG-Urteile vom 29.1.2009 a.a.O., BSG vom 16.05.2013 - B 3 P 2/12 R, [...] RdNr. 14).
Zur Plausibilität und Nachvollziehbarkeit hat das BSG Folgendes ausgeführt (vgl. BSG vom 29.01.2009 - B 3 P 7/08 R - [...] RdNr. 24 ff.): Die voraussichtlichen Gestehungskosten müssen plausibel und nachvollziehbar sein, die Kostenstruktur
des Pflegeheims erkennen lassen und eine Beurteilung seiner Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit im Einzelfall zulassen
(§
85 Abs.
3 S. 2 Halbsatz 1 und S. 3
SGB XI). Dafür hat das Pflegeheim geeignete Nachweise beizubringen. Die Kostenkalkulation allein genügt in der Regel nicht; sie
ist hinreichend zu belegen und muss nachvollziehbar sein (vgl. BSG vom 29.01.2009 - B 3 P 7/08 R - [...] RdNr. 25). In der Regel werden auf Basis der nachgewiesenen Kosten unter Prognose der zu erwartenden Veränderungen
die prospektiven Aufwendungen ermittelt. Plausibel sind z.B. Kostensteigerungen um Steigerungen von Energiekosten, Erhöhung
nach normalen Lohnsteigerungsraten bzw. Kostensteigerungen wegen Veränderungen von Personalschlüssel oder Fachkraftquote (vgl.
BSG ebenda). Reichen die Angaben des Pflegeheims nicht für eine abschließende Plausibilitätskontrolle, sind nach §
85 Abs.
3 S. 3 und 4
SGB XI auf Verlangen einer Vertragspartei zusätzliche Unterlagen vorzulegen bzw. Auskünfte zu erteilen, soweit dies zur Beurteilung
der Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit des Pflegeheims erforderlich ist (z.B. weitere Konkretisierung der Kostenlast,
Angabe von Stellenbesetzungen / Eingruppierungen, pflegesatzerhebliche Auskünften zum Jahresabschluss, Nachweis der in der
Vergangenheit angefallenen Kosten). Die Einrichtung kann im Zweifelsfall zu weitgehender Offenlegung der betriebswirtschaftlichen
Berechnungsgrundlagen verpflichtet sein (vgl. BSG vom 29.01.2009 - B 3 P 7/08 R - [...] RdNr. 26).
Nicht von vornherein als unplausibel ausgeschlossen ist nach BSG nun eine Erhöhung von Kostenansätzen, die in den Vorjahren wegen fehlerhafter Kalkulation oder bewusst (z.B. zur Eroberung
von Marktsegmenten) zu niedrig angesetzt worden sind (vgl. BSG vom 29.01.2009 - B 3 P 7/08 R - [...] RdNr. 25). Dann besteht aber eine besonders substantiierte Begründungspflicht. Bei Zweifeln an den voraussichtlichen
Gestehungskosten wegen erheblicher Steigerungen muss die Einrichtung auch im Schiedsverfahren Gelegenheit erhalten, ihre Prognose
näher zu belegen durch Nachweis nach §
85 Abs.
3 S. 3 und 4
SGB XI (vgl. BSG ebenda). Trägt der Einrichtungsträger vor, dass Pflege- sätze in der Vergangenheit nicht kostendeckend gewesen seien und
ihre Fortschreibung einen kostendeckenden Betrieb nicht ermöglicht hat, muss er dies in besonderer Weise durch Vorlage von
Buchführungsunterlagen o.ä. nachvollziehbar machen (BSG ebenda).
Auch plausible prognostische Gestehungskosten rechtfertigen den geltend gemachten Vergütungsanspruch aber nach BSG-Rechtsprechung nur, soweit dieser - im zweiten Prüfungsschritt - dem externen (Vergütungs-) Vergleich mit anderen Einrichtungen
standhält und sich so als leistungsgerecht i.S. von §
84 Abs.
2 S. 1
SGB XI erweist (vgl. zur Prüfung der Angemessenheit bzw. Wirtschaftlichkeit u.a. BSG vom 29.01.2009 - B 3 P 7/08 R - [...] RdNr. 28 ff.). Denn nach §
84 Abs.
2 S. 4 und S. 7
SGB XI in der hier maßgeblichen Fassung des PflegeWEG müssen die Pflegesätze wirtschaftlicher Betriebsführung entsprechen und bei
ihrer Bemessung können Pflegesätze von Einrichtungen angemessen berücksichtigt werden, die nach Art und Größe sowie den in
Absatz 5 genannten Leistungs- und Qualitätsmerkmalen im Wesentlichen gleichartig sind. Einerseits sind Pflegevergütungen an
individuellen Besonderheiten des Pflegeheims in seinem Versorgungsauftrag nach Versorgungsvertrag und weiteren Vereinbarungen
(z.B. Leistungs- und Qualitätsvereinbarung nach §
84 Abs.
5 SGB XI i.d.F. des PflegeWEG) auszurichten. Andererseits ist Maßstab der Wirtschaftlichkeit der Betriebsführung nicht der im Einzelfall,
sondern der allgemein erforderliche Betriebsaufwand; Maßstab ist der generalisierte Vergütungsbedarf eines idealtypischen
und wirtschaftlich operierenden Pflegeheims (vgl. BSG vom 29.01.2009 - B 3 P 7/08 R - [...] RdNr. 29.).
Allerdings hat das BSG den externen Vergleich in der Rechtsprechung seit 2009 modifiziert und unterscheidet drei Fallgruppen (vgl. hierzu BSG vom 29.01.2009 - B 3 P 7/08 R - [...] RdNr. 33 ff.): 1. Stets als leistungsgerecht anzusehen sind Pflegesätze und Entgelte, die über die günstigsten Eckwerte
vergleichbarer Einrichtungen nicht hinausreichen. 2. Regelmäßig ohne weitere Prüfung als leistungsgerecht anzusehen sind Pflegesätze
und Entgelte im unteren Drittel der vergleichsweise ermittelten Pflegesätze/Entgelte, entsprechend dem Rechtsgedanken des
§
35 Abs.
5 S. 4
SGB V i.d.F. des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisie- rungsgesetz) vom 14.11.2003.
Zwar zielt laut BSG das Vergütungsrecht des
SGB XI auf eine möglichst kostengünstige Versorgung ab. Leistungsgerecht ist ein höherer Pflegesatz bei vergleichbarer Pflegeleistung
aber dann, wenn sich der Aufwand der Einrichtung im Rahmen des wirtschaftlich Angemessenen hält (vgl. §
84 Abs.
2 S. 1 und 4
SGB XI i.d.F. d. PflegeWEG). Das BSG hat berücksichtigt, dass Gesetzesänderungen im
SGB XI wie das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz (PflegeWEG), von dem Bestreben getragen waren, eine Vergütungsspirale nach unten
zu Lasten der Pflegequalität und auf Kosten einer unter das ortsübliche Maß abgesunkenen Arbeitsvergütung zu vermeiden (vgl.
§§
72 Abs.
3 S. 1 Nr.
2,
84 Abs.
2 S. 7
SGB XI XI i.d.F. des PflegeWEG und hierzu BT-Drucks. 16/7439 S. 67 zu Nr. 40 Buchst. c aa sowie S. 71 zu Nr. 50 Buchst. a bb). 3.
Oberhalb des unteren Drittels vergleichbarer Pflegevergütungen erweist sich eine Forderung als leistungsgerecht, sofern sie
auf nachvollziehbar höherem Aufwand beruht, der nach Prüfung im Einzelfall wirtschaftlich angemessen ist. Voraussetzung ist,
dass die Einrichtung Gründe für die höhere Vergütung aufzeigt, die den Grundsätzen wirtschaftlicher Betriebsführung entsprechen.
Entscheidend ist in der Gesamtbewertung, ob der geforderte Vergütungssatz im Vergleich mit günstigeren Pflegevergütungen anderer
Einrichtungen im Hinblick auf die Leistungen der Einrichtung und die Gründe für den höheren Kostenaufwand (dennoch) als insgesamt
angemessen und deshalb leistungsgerecht i.S.v. §
84 Abs.
2 S. 1
SGB XI anzusehen ist. In diesem Fall sind Pflegesatz- und Entgeltforderungen auch oberhalb des unteren Vergleichsdrittels wirtschaftlich
angemessen.
Als rechtfertigende Gründe in diesem Sinne nennt das BSG in seinen Urteilen vom 29.01.2009 (vgl. B 3 P 7/08 R - [...] RdNr. 36): - Besonderheiten im Versorgungsauftrag (z.B. besonders personalintensive Betreuungserfordernisse, besondere
Leistungsangebote, höherer Personalschlüssel mit Verbesserung der Pflegequalität; vgl. BT-Drucks 16/7439 S. 71 zu Nr. 50 Buchstabe
a bb). - Lage und Größe einer Einrichtung, wenn sich daraus wirtschaftliche Nachteile ergeben und der Sicherstellungsauftrag
der Pflegekassen ohne die vergleichsweise teure Einrichtung nicht erfüllt werden kann. - Ein höherer Personalkostenaufwand,
der durch Einhaltung einer Tarifbindung oder Zahlung ortsüblicher Löhne bedingt ist. Dieser genügte nach BSG stets den Grundsätzen wirtschaftlicher Betriebsführung, auch schon vor der Neufassung des §
72 Abs.
3 S. 1 Nr.
2 SGB XI ab 01.07.2008 durch das PflegeWEG.
Einzubeziehen sind in diesen externen Vergleich grundsätzlich alle Pflegeeinrichtungen eines bestimmten Bezirks (z.B. Stadt,
Landkreis o.ä)., unabhängig von Größe oder sonstiger Beschaffenheit, wobei das BSG offengelassen hat, ob sich im Einzelfall abweichende Kriterien ergeben können (z.B. Besonderheiten im Versorgungsvertrag,
sehr personalintensive Betreuungserfordernisse, besondere Leistungsangebote); nicht zu solchen abweichenden Kriterien gehören
fehlende oder bestehende Tarifbindungen sowie die religiöse, weltanschauliche und sozialpolitische Ausrichtung (vgl. BSG a.a.O. [...] RdNr. 37).
Im Rahmen der Prüfung treffen Einrichtungs- und Kostenträger abgestufte Darlegungs- und Nachweispflichten (vgl. dazu und zum
Folgenden BSG vom 29.01.2009 - B 3 P 7/08 R - [...] Rdnr. 39 f.). Auf der ersten Prüfungsstufe (Plausibilität der prognostizierten Kostenansätze) hat zunächst die Einrichtung
ihre voraussichtlichen Gestehungskosten zu benennen und zu belegen. Die Pflegekassen haben als Treuhänder für die Versicherten
die vorgelegte Kalkulation in sich und ggf. im Vergleich mit Werten anderer Einrichtungen auf Schlüssigkeit und Plausibilität
in dem Sinne zu überprüfen, ob diese Kostenkalkulation nachvollziehbare Grundlage für die vergleichende Bewertung der zweiten
Prüfungsstufe sein kann. Ist das nicht der Fall, haben die Pflegekassen den Einrichtungsträger substantiiert auf Unschlüssigkeiten
hinzuweisen oder durch geeignete Unterlagen anderer Einrichtungen mit Verweis auf deren Kostenstruktur konkret darzulegen,
weshalb die Kalkulation nicht plausibel erscheint. Wird die Kostenprognose durch solch substantiiertes Bestreiten der Kostenträger
erschüttert, muss die Einrichtung wiederum nach §
85 Abs.
3 S. 3 und 4
SGB XI weitere Belege für die Plausibilität ihrer Kalkulation beibringen.
Für die zweite Prüfungsstufe (externer Vergütungsvergleich) (vgl. dazu BSG vom 29.01.2009 - B 3 P 7/08 R [...] RdNr. 40) haben zunächst die Kostenträger alle Informationen zur Verfügung zu stellen, die einen Vergleich der geforderten
Vergütung mit Pflegesätzen anderer Einrichtungen nach den o.g. Kriterien erlaubt. Denn die notwendige Kenntnis über Pflegevergütungen
vergleichbarer Einrichtungen fällt nur bei den Kostenträgern an. Erforderlich sind Angaben über Pflegesätze und Entgelte aller
Einrichtungen im einschlägigen räumlichen Markt, ohne Unterscheidung nach Tarifbindung. Denn die Tarifbindung hat laut BSG für den Vergleich von Pflegevergütungen als solche keine rechtliche Relevanz; Bedeutung kann ihr nur zukommen, soweit diese
höhere Gestehungskosten bedingt und im Rahmen der Angemessenheitskontrolle einen Pflegesatz auch oberhalb des unteren Preisdrittels
rechtfertigen kann. Besteht auf Grundlage dieses externen Vergleichs Rechtfertigungsbedarf für Pflegevergütungen oberhalb
des unteren Vergleichsdrittels, so hat zunächst die Einrichtung die Gründe anzugeben und nachvollziehbar zu belegen, die -
aus ihrer Sicht - die höhere Forderung angemessen erscheinen lassen. Dann haben die Kostenträger nach Maßgabe ihrer - notfalls
noch zu beschaffenden - Marktkenntnis Stellung zu nehmen, sodass sowohl Einrichtungsträger als auch Schiedsstelle eine sachgerechte
Beurteilung der Pflegesatzforderung möglich ist.
Im Urteil vom 16.05.2013 (B 3 P 2/12 R) hat das BSG nochmals ausdrücklich klargestellt, dass Pflegeeinrichtungen dem nach diesen Grundsätzen durchzuführenden externen Vergleich
auch dann unterworfen sind, wenn sie ihre Beschäftigten nach Tarifvertrag vergüten.
a) Das BSG hat erneut betont, dass die Refinanzierung von Tariflöhnen und ortsüblichen Gehältern nach §
72 Abs.
3 S. 1 Nr.
2 SGB XI (i.d.F. PflegeWEG) wesentlicher Faktor für die Bemessung der Pflegevergütung ist. Daher sind die Einhaltung der Tarifbindung
und die Zahlung ortsüblicher Gehälter immer als wirtschaftlich angemessen im Sinne von §
84 Abs.
2 S. 4
SGB XI zu werten und genügen stets den Grundsätzen wirtschaftlicher Betriebsführung (vgl. so BSG im Urteil vom 16.05.2013 - B 3 P 2/12 R - [...] RdNr. 16 m.w.N.). Dieses Ziel hat der Gesetzgeber bekräftigt durch die Ergänzung von §
84 Abs.
2 S. 4
SGB XI mit Wirkung zum 30.10.2012 (i.d.F. d. Pflegeneuausrichtungsgesetzes - PNG vom 23.10.2012, BGBl. I S. 2246), wonach Pflegesätze es einem Pflegeheim bei wirtschaftlicher Betriebsführung auch ermöglichen müssen, "seine Aufwendungen
zu finanzieren". Diese Neufassung soll nach den Gesetzesmaterialien darauf hinweisen, dass in der BSG-Rechtsprechung (u.a. im Urteil B 3 P 3/08 R und B 3 P 7/08 R) die Zahlung von Tariflöhnen ausdrücklich als wirtschaftliche Betriebsführung bezeichnet wird. Als Klarstellung soll die
Regelung die Kostenträger vor Ort auf die Richtigkeit dieser Vorgehensweise hinweisen, unnötige Sozialgerichtsverfahren vermeiden
(vgl. BT-Drucks. 17/9369 S. 46 zu Nr. 32 (§ 84)) und deutlich machen, dass sich die Kostenträger bei Bemessung künftiger Vergütungen
nicht an den Mindestentgelten der Pflegearbeitsbedingungenverordnung vom 15.07.2010 orientieren müssen (vgl. BT-Drucks 17/9369
S. 46 sowie BT-Drucks 17/10157 S. 22 mit BT-Drucks 17/10170 S. 17). Tarifvertragsfestsetzungen kommt deshalb bei Bemessung
der Pflegevergütung hohes Gewicht zu (vgl. BSG vom 16.05.2013 - [...] RdNr. 16). Den in der Pflege tätigen Arbeitnehmern soll ein ihren Leistungen und ihrem Einsatz für
kranke und behinderte Mitmenschen angemessenes Arbeitsentgelt gewährleistet und verhindert werden, dass der "Preiskampf" verschiedener
Träger letztlich zu unvertretbaren Entgeltabsenkungen von Pflegekräften mit Annäherung an das Mindestlohn-Niveau und zu sinkender
Leistungsqualität führt. Zudem soll der Anreiz verringert werden, kollektive Tarifverträge zu verlassen (Tarifflucht) und
auf Leiharbeit, die Auslagerung von Aufgaben (Outsourcing) oder ähnliche kostensenkende - aber für die Stammbelegschaft nachteilige
- Maßnahmen auszuweichen (vgl. so BSG vom 16.05.2013 a.a.O. [...] RdNr. 17 m.w.N.). Dies müssen Schiedsstellen und Vertragspartner beachten.
b) Andererseits hat das BSG im Urteil vom 16.05.2013 nochmals herausgestellt, dass das Vergütungsrecht für Pflegeeinrichtungen nach grundsätzlich unverändertem
Grundkonzept weiterhin maßgeblich von der Erwartung bestimmt wird, durch Wettbewerbsorientierung Anreize für möglichst kostengünstige
Leistungen zu setzen (vgl. dazu und zu den folgenden Ausführungen insbesondere BSG vom 16.05.2013 - B 3 P 2/12 R - [...] RdNr. 17 ff.).
Die Wettbewerbsorientierung zeigt sich laut BSG an der gesonderten Festlegung der Vergütung für jedes Pflegeheim (§
85 Abs.
2 Satz 2
SGB XI) anstelle einheitlicher Preisgestaltung und an der Zulassung zur stationären Pflegeversorgung gemäß §
72 Abs.
3 Satz 1
SGB XI unabhängig vom Versorgungsbedarf (so zuletzt BSG im Urteil vom 16.05.2013 - B 3 P 2/12 R - [...] RdNr.18 mit Verweis auf BT-Drucks 13/3696 S 16 zu § 85). Außerdem hat sich der Gesetzgeber ausdrücklich für die Vorgabe
einer leistungsgerechten Pflegevergütung bzw. eines angemessenen Verhältnisses des Entgelts für Unterkunft und Verpflegung
ausgesprochen und damit jeder Form der Kostenerstattung eine klare Absage erteilt (vgl. BSG a.a.O. [...] RdNr. 19 mit Verweis auf BT-Drucks 12/5262 S. 144 zu § 93 Abs. 2). Vorbild dafür waren entsprechende Regelungen zur Vergütung von
Krankenhäusern und von Einrichtungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG), weil sich das dort zuvor geltende Kostendeckungsprinzip nicht bewährt hatte und keinen Anreiz zur wirtschaftlichen Betriebsführung
geboten habe; daher sollten nicht die Kosten, sondern die Leistungen maßgeblich sein (vgl. BSG vom 16.05.2013 a.a.O. mit Verweis auf BT-Drucks 12/3608 S 130 ff. zum GSG; ähnlich BT-Drucks. 12/5510 S. 10 ff zu § 93 BSHG).
Das schließt laut BSG aus, Vergütungsforderungen tarifgebundener Einrichtungen von der Prüfung im Rahmen des externen Vergleichs prinzipiell auszunehmen;
eine solche Rückkehr zu früheren Vergütungsprinzipien könnte nur vom Gesetzgeber selbst beschlossen werden (BSG vom 16.05.2013 - B 3 P 2/12 R - [...] RdNr. 19). Die zunächst vom Klägerbevollmächtigten geäußerte Ansicht, tarifliche Vergütungsforderungen stünden außerhalb
des externen Vergleichs, treffen daher für den hier maßgeblichen Zeitraum nicht zu.
Eine darüber hinausgehende Regelung wurde zwischenzeitlich vom Gesetzgeber mit dem Ersten Pflegestärkungsgesetz (Erstes Gesetz
zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften - PSG I vom 17.12.2014, BGBl. I 2222) mit
Wirkung zum 01.01.2015 getroffen. Denn nach dem neuen §
84 Abs.
2 S. 5
SGB XI kann die Bezahlung tarifvertraglich vereinbarter Vergütungen sowie entsprechender Vergütungen nach kirchlichen Arbeitsrechtsregelugen
- wie hier die AVR der Caritas - bei Prüfung wirtschaftlicher Betriebsführung nicht als unwirtschaftlich abgelehnt werden.
Damit hat der Gesetzgeber eine Stellungnahme des Bundesrates aufgegriffen, um die Anerkennung tariflicher und entsprechender
kirchenarbeitsrechtlicher Entlohnung in Pflegeeinrichtungen durch Kostenträger im Rahmen von Vergütungsverhandlungen sicherzustellen
und die Darlegungslast der Leistungserbringer zu vereinfachen (vgl. BT-Drucks. 18/2379 S. 10 zu Nr. 14); Hintergrund war,
dass die bisherige Regelung die Anerkennung von Tarifvertragslöhnen bei Vergütungsverhandlungen nicht sichergestellt habe.
Nach den Gesetzesmaterialien (vgl. BT-Drucks. 18/2909 S. 44 zu Nr. 24a und 26a) folgt die Änderung der ständigen Rechtsprechung
des BSG zuletzt im Urteil vom 16.05.2013 (B 3 P 2/12 R) und geht noch darüber hinaus, indem die Wirtschaftlichkeit der Entlohnung auf Grundlage von wirksamen und vollzogenen Tarifverträgen
sowie entsprechenden kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen für die Pflegesatz- bzw. Pflegevergütungsverhandlungen gesetzlich
festgeschrieben wird. Flankierend wurde eine Nachweispflicht der tariflichen bzw. kirchenarbeitsrechtlichen Entlohnung in
§
87 Abs.
7 SGB XI geschaffen. Soweit die gesetzliche Neuregelung über die vom BSG entwickelten Kriterien hinausgeht, ist sie für den streitgegenständlichen Vergütungszeitraum nicht anwendbar.
Für Vergütungszeiträume vor dem 01.01.2015 verbleibt es bei dem Prüfungsmaßstab, den das BSG im Urteil vom 16.05.2013 aufgezeigt hat. Danach ist auch bei tarifgebundenen Einrichtungen eine Gesamtbewertung nötig, ob
der geforderte Vergütungssatz im Vergleich mit günstigeren Pflegesätzen und Entgelten anderer Einrichtungen im Hinblick auf
die Leistungen der Einrichtung und die Gründe für den höheren Kostenaufwand (dennoch) als insgesamt angemessen und deshalb
leistungsgerecht i.S. von §
84 Abs.
2 S. 1
SGB XI anzusehen ist (vgl. BSG vom 16.05.2013 a.a.O. RdNr. 19 mit Verweis u.a. auf BSG vom 29.01.2009 - B 3 P 7/08 R). Dabei ist der besonderen Bedeutung der Tarifbindung für die Bemessung der Pflegevergütung im Schiedsverfahren Rechnung
zu tragen durch eine auf Ausnahmefälle beschränkte Kürzung von Personalaufwendungen: Zahlt eine Einrichtung Gehälter nach
Tarifvertrag oder ortsübliche Arbeitsvergütungen im Sinne von §
72 Abs.
3 S. 1 Nr.
2 SGB XI i.d.F. des PflegeWEG, kann ihr nicht entgegengehalten werden, dass andere Träger geringere Entgelte zahlen und deshalb der
Aufwand keiner wirtschaftlichen Betriebsführung im Sinne von §
84 Abs.
2 S. 4
SGB XI entspricht. Vielmehr sind die Einhaltung der Tarifbindung und die Zahlung ortsüblicher Gehälter grundsätzlich immer als wirtschaftlich
angemessen im Sinne dieser Vorschrift zu werten und genügen stets den Grundsätzen wirtschaftlicher Betriebsführung (vgl. BSG vom 16.05.2013 a.a.O. RdNr. 21 m.w.N.). Entsprechendes gilt laut BSG sogar für eine angemessene übertarifliche oder das Ortsübliche übersteigende Bezahlung.
c) Eine Grenze hat das BSG aber auch für Tariflöhne im Urteil vom 16.05.2013 dort gezogen, wo die Höhe der vereinbarten Gehaltssteigerungen die von
anderen Einrichtungsträgern gezahlten Arbeitsentgelte deutlich übersteigen, ohne dass es dafür am Markt sachliche Gründe gibt
(dazu BSG vom 16.05.2013 - B 3 P 2/12 R - [...] RdNr. 22). Als sachliche Gründe nennt das BSG, dass - ein bisheriger Rückstand der Arbeitsentgelte bei gleicher Qualifikation der Pflegekräfte und vergleichbarer Leistungsqualität
allmählich ausgeglichen wird, um einer Abwerbung durch Konkurrenzunternehmen vorzubeugen oder - eine besondere Bezahlung wegen
besonders guter Leistungen und/oder besonderen beruflichen Einsatzes erfolgt. Ohne solche Rechtfertigungsgründe sind Kostenträger
und Schiedspersonen nicht verpflichtet, überdurchschnittliche Entgeltzahlungen im externen Vergleich ohne Weiteres in voller
Höhe zu berücksichtigen. Das gilt laut BSG auch für Vereinbarungen in sogenannten "Haustarifverträgen" oder ähnlichen Fallgestaltungen, wenn diese vergleichbare tarifliche
und / oder ortsübliche Entgelte deutlich übersteigen (vgl. BSG vom 16.05.2013 ebenda). Das BSG hat betont, es gebe keinen "Freibrief", auf Kosten der Versicherungsträger und Versicherten jedwede Gehaltserhöhung zu vereinbaren,
auch wenn dies auf Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung beruht (vgl. BSG a.a.O. m w. N.). Liegt ein solcher Ausreißer vor, ist nach BSG eine Angemessenheitsprüfung durchzuführen, bei der sachliche Gründe für die Lohn-/Gehaltshöhe darzulegen und im Streitfall
von der Schiedsstelle zu bewerten sind; von solchen Sondersituationen abgesehen, kommt die Kürzung von plausiblen Personalaufwendungen
im externen Vergleich aber nicht in Betracht (BSG vom 16.05.2013 a.a.O. [...] RdNr. 22).
d) Außerdem hat das BSG im o.g. Urteil im Anschluss an die Prüfung eines "Ausreißers" dargelegt (vgl. hierzu [...] RdNr. 23 unter Punkt 6 a des Urteils),
dass auch nachvollziehbare prognostische Gestehungskosten "jenseits der Personalkosten" den geltend gemachten Vergütungsanspruch
nur rechtfertigen, soweit er dem Vergütungsvergleich mit anderen Einrichtungen - also einem externen Vergleich - standhält
und sich als leistungsgerecht i.S.v. §
84 Abs.
2 S. 1
SGB XI erweist. Materieller Maßstab der auf der Grundlage des externen Vergleichs vorzunehmenden Bewertung ist §
84 Abs.
2 S. 4
SGB XI: Danach ist die Pflegesatzforderung leistungsgerecht im Sinne von §
84 Abs.
2 S. 1
SGB XI, wenn der von der Vergütung abzudeckende - und hinreichend nachvollziehbare - Aufwand der Einrichtung den Grundsätzen wirtschaftlicher
Betriebsführung entspricht. Das ist nicht der Fall, wenn der Aufwand zur Erfüllung des Versorgungsauftrages gerade dieser
Einrichtung nach Maßgabe der Kriterien des §
84 Abs.
2 S. 7
SGB XI im Vergleich zu Pflegesätzen anderer Einrichtungen als unwirtschaftlich anzusehen ist. Wie dargelegt, ist eine weitere Prüfung
von Wirtschaftlichkeit der Betriebsführung und Leistungsgerechtigkeit der Vergütung entbehrlich, soweit Pflegesätze bzw. Entgelte
für Unterkunft und Verpflegung nicht über die günstigsten Eckwerte vergleichbarer Einrichtungen hinausreichen oder sich im
unteren Drittel im Vergleich befinden. Ferner kann eine Forderung oberhalb des unteren Drittels vergleichbarer Pflegevergütungen
leistungsgerecht sein, sofern sie auf einem - nachvollziehbar prognostizierten - höheren Aufwand der Pflegeeinrichtung beruht,
der im Einzelfall wirtschaftlich angemessen ist. Das ist nach BSG-Rechtsprechung der Fall, soweit die von der Einrichtung aufgezeigten Gründe für die höhere Vergütung den Grundsätzen wirtschaftlicher
Betriebsführung entsprechen. Als Gründe werden u.a. Besonderheiten im Versorgungsauftrag mit besonderer Personalintensität,
ein höherer Personalschlüssel sowie Lage und Größe der Einrichtung genannt.
e) Vor diesem Hintergrund hat das BSG in seiner Entscheidung vom 16.05.2013 (B 3 P 2/12 R, [...] RdNr. 24, unter Punkt 6 b des Urteils) die dortige Schiedsstelle verpflichtet, zum einen festzustellen, 1) ob die
nach AVR der Diakonie Baden-Württemberg gezahlten Tarifentgelte die von anderen Einrichtungsträgern gezahlten Arbeitsentgelte
(ohne Gründe am Markt) deutlich übersteigen und zusätzlich 2) ob im Wege des externen Vergleichs die Pflegevergütungen (beruhend
auf den tariflichen Kosten) angemessen sind.
Ferner hat das BSG dargelegt, dass bei plausibel gemachten Gestehungskosten keine pauschalen Abschläge vorzunehmen sind, sondern die wesentlichen
Argumente für die Kürzung nachvollziehbar dazulegen seien (vgl. BSG ebenda). Nicht zu beanstanden wäre eine vergleichsweise Kürzung dann, wenn die Schiedsstelle auf Grundlage eines sachgerecht
ermittelten Sachverhalts vertretbar zu der Einschätzung gelangen würde, dass die zur Überprüfung gestellte Vergütungsforderung
unter Berücksichtigung der Bandbreite der im Vergleichsraum ansonsten entrichteten Pflegeentgelte als nicht mehr leistungsgerecht
im Sinne von §
84 Abs.
2 S. 1
SGB XI anzusehen ist.
Damit unterteilt das BSG die Prüfung der Wirtschaftlichkeit in eine Prüfung der Angemessenheit der Entgelthöhe der Einrichtung und eine Prüfung der
Angemessenheit der Pflegevergütungen im Übrigen. Offensichtlich hat das BSG die Gefahr unverhältnismäßig hoher Entgeltvereinbarungen selbst bei tarifähnlichen kirchenrechtlichen Arbeitsrechtsregelungen
bzw. Tarifverträgen gesehen und ausdrücklich an einer Kontrolle tarifgebundener Einrichtungen anhand des externen Vergleichs
mit anderen (auch nicht tarifgebundenen) Einrichtungen festgehalten. Dem entspricht es, dass auch nach der Neufassung von
§
84 Abs.
2 S. 4
SGB XI die Pflegesätze "einem Pflegeheim" bei wirtschaftlicher Betriebsführung ermöglichen müssen, seine Aufwendungen zu finanzieren
und seinen Versorgungsauftrag zu erfüllen. Die teilweise von Klägerseite geäußerte Ansicht, dass sich Tariflohn auf beiden
Prüfungsstufen des BSG immer durchsetzt bzw. dem externen Vergleich gänzlich entzogen ist, trifft zumindest nach dem hier maßgeblichen Recht in
dieser Allgemeinheit nicht zu.
Der Senat weist darauf hin, dass Personalkosten auch davon beeinflusst werden, ob Personal entsprechend seiner Qualifikation
eingesetzt wird bzw. wie das Vorhalten von Ersatzkräften oder Schichtdienst organisiert wird. In der Regel ist für Kostenträger
wie Schiedsstelle als Außenstehende kaum feststellbar, ob hohe Personalaufwendungen einer Einrichtung auf ihrer Tarifbindung
beruhen oder ob eine unwirtschaftliche Betriebsführung dafür ursächlich ist. Das gilt auch dann, wenn der Einrichtungsträger
die tatsächlichen Personalkosten und die Zusammensetzung des Personals offenlegt. Eine umfassende Prüfung, ob die gezahlten
Löhne den tariflichen Vorgaben entsprechen, ob z.B. Eingruppierungen zutreffen oder gezahlte Zuschläge den tariflichen Vorgaben
entsprechen, ist Kostenträgern und der Schiedsstelle selbst kaum möglich, insbesondere mit Blick auf das Beschleunigungsgebot.
Außenstehenden wie Kostenträgern oder Schiedsstelle sind daher nur schwer in der Lage, geltend gemachte Aufwendungen als unwirtschaftlich
zu belegen oder vorhandenes Rationalisierungspotential zu erkennen (vgl. hierzu auch Udsching in Schnapp, Handbuch des sozialrechtlichen
Schiedsverfahrens, 2004 S. 174 RdNr. 421). Gerade deswegen hatte das BSG den externen Vergleich mit vergleichbaren Einrichtungen zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit herangezogen.
f) Vor diesem Hintergrund sind im Rahmen des erneut durchzuführenden Schiedsverfahrens weitere Aufklärungen auf Basis der
vom BSG entwickelten zweistufigen Prüfung nötig.
Wie dargelegt, müssen die Gestehungskosten plausibel und nachvollziehbar sein, die Kostenstruktur des Pflegeheims erkennen
lassen und eine Beurteilung seiner Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit im Einzelfall zulassen. Deshalb hat das Pflegeheim
zunächst geeignete Nachweise beizubringen; die Vorlage einer reinen Kostenkalkulation ohne weitere Angaben reicht in aller
Regel nicht aus. Die Kostenkalkulation ist vielmehr hinreichend zu belegen und muss tatsächlich nachvollziehbar sein. Nähere
Einzelheiten zu Art und Ausmaß der besonders substantiierten Begründungspflicht im Falle einer Neukalkulation sind den BSG-Urteilen nicht zu entnehmen.
Nach Sinn und Zweck der Ermittlung prospektiver Kosten aus Ist-Kosten erscheint erforderlich, - dass eine nachvollziehbare
Berechnung der Ist-Kosten vorgelegt wird, in der die Kosten nach Art und Höhe plausibel dargestellt sind, - dass plausibel
dargelegt wird, welche Änderungen für den künftigen Vergütungszeitraum in welchen Kostenpunkten zu erwarten sind und warum
(z.B. tarifliche Einmalzahlung, Tariferhöhungen, Änderung der personellen Zusammensetzung, Änderung der Stellenanteile, Änderungen
der Leistungen) und - soweit eine deutliche Erhöhung der Vergütungen im Vergleich zur letzten Vereinbarung beantragt wird,
worauf dies beruht; ggf. muss dargelegt und - auf Verlangen der Kostenträger - belegt werden, dass und weshalb die Vereinbarung
für die Kostendeckung unzureichend war.
Die Beklagte hat im Beschluss dargelegt, dass der Kläger die personelle und sächliche Ausstattung für die vollstationären
Pflegeleistungen und die damit verbundenen Kosten prospektiv für das Jahr 2011 an Hand von Listen und Aufstellungen schlüssig
dargestellt hat. Insbesondere hat die Schiedsstelle keinen Bedarf an weiteren Unterlagen zur Kostenentwicklung im Vergleich
zu den Vorjahren gesehen.
Soweit die Beklagte ausgeführt hat (Ziffer 5.2), die Kostenträger hätten substantiiert strukturelle Personalprobleme gerügt,
handelt es sich nach den vorliegenden Unterlagen darum, dass eine Verwaltungskraft als extrem teuer angesehen wurde, die Eingruppierung
von Hilfskräften moniert wurde und eine zu hohe Anzahl von Küchenfachkräften (2 statt 3 Fachkräfte) bestünde. Die dadurch
entstandenen Mehrkosten sind im Wesentlichen plausibel in dem Gutachten von Dr. N. dargelegt worden. Eine Anpassung der prospektiven
Kostenkalkulation unter Bereinigung dieser Mehrkosten wurde vom Kläger zwar noch nicht vorgenommen; anhand der vorliegenden
Unterlagen und Belege einschließlich des Gutachtens hat der Senat aber keine Bedenken, dass dies ohne Weiteres möglich ist
und die Plausibilität der Gestehungskosten gewahrt ist. Dass weitergehende strukturelle Probleme im Einzelnen benannt und
thematisiert wurden, ist nach Aktenlage derzeit nicht ersichtlich. Der Senat weist bei dieser Gelegenheit darauf hin, dass
die Praxis, Veränderungen der Vergütungssätze an Veränderungen der Durchschnittskosten pro Pflegekraft festzumachen, insbesondere
bei einer grundlegenden Neukalkulation der Vergütungssätze problematisch ist, weil mit den Vergütungssätzen nicht nur Pflegeleistungen,
sondern auch Aufwendungen für weiteres Personal abgegolten werden. Zu berücksichtigen ist, dass das BSG im Urteil vom 16.05.2013 dargelegt hat, dass pauschale Abschläge von plausibel gemachten Gestehungskosten in der Regel nicht
zulässig sind und die Schiedsstelle daher auf plausible Darstellung der Konsequenzen von veränderten Kostenansätzen auf die
Höhe der Vergütungen durch die Vertragsparteien angewiesen ist.
Die Beklagte hat zwar bemängelt, dass - ausgehend von den bisherigen Vergütungssätzen und den geltend gemachten Tarifsteigerungen
- die vom Kläger beantragten neuen Vergütungssätze für 2011 mit Steigerungen um 8 % nicht nachvollziehbar sind. Das beruht
aber, wie der Kläger richtig klargestellt hat, im Wesentlichen darauf, dass der Kläger eben keine Fortschreibung der bisherigen
Vergütungssätze, sondern eine Neukalkulation der Vergütungssätze ausgehend von den Gestehungskosten im Jahr 2010 begehrt hat;
dieser Ansatz ist nach der BSG-Rechtsprechung (vgl. die oben zitierten Urteile vom 29.01.2009 sowie das Urteil vom 16.05.2013) nicht von vornherein als
unplausibel anzusehen, bedarf aber der besonders substantiierten Begründungspflicht.
Ausgehend von den tatsächlichen Kosten für 2010 erscheint es plausibel, - dass die lineare tarifliche Steigerung ab 01.01.2011
um 1,2 % hinzugerechnet wird, obwohl sie bereits für 2010 beschlossen wurde, weil sie mangels Auszahlung in den auf dem Lohnjournal
beruhenden Kosten für 2010 noch nicht enthalten ist, - dass die dauerhafte Lohnerhöhung um 0,6 % ab 01.01.2011 und um 0,5
% ab 01.08.2011 berücksichtigt wird, was insgesamt für das Jahr 2011 eine Erhöhung um 0,8 % bedeutet, da sich die Erhöhung
ab 01.08.2011 nur für 5 von 12 Monaten auswirkt (0,5 % x 5/12 = 0,2 %) und - dass die Einmalzahlung von 240,- EUR pro Vollzeitkraft
für 2011 berücksichtigt wird, soweit es nur um diesen Vergütungszeitraum geht, und dass Arbeitgeberbeiträge hinzuzurechnen
sind. Allerdings erscheint eine Berücksichtigung als Zahlung pro Vollzeitstelle verlässlicher als die Umrechnung in einen
Prozentsatz vom Bruttolohn, zumal der Prozentsatz bei unterschiedlichen Gehaltsstufen unterschiedlich hoch ist, was die Kostenträger
im Schiedsverfahren ausdrücklich beanstandet hatten. Da in diesem Verfahren eine Hochrechnung auf Basis der Lohnkosten 2010
und nicht 2009 erfolgt war, ist entgegen der Ansicht des Bezirks nicht nur der Differenzbetrag zu einer 2009 gezahlten Einmalzahlung
(225,- EUR) zu berücksichtigen.
Nicht plausibel erscheint dem Senat die Berücksichtigung der erhöhten Sozialversicherungsabgaben um 0,4 %, da zugleich eine
Senkung der Insolvenzumlage um 0,4 % gegenüber dem Vorjahr eingetreten war und sich damit diese Erhöhung ausgeglichen hat.
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass auch die Berücksichtigung der im April 2011 erfolgten Einmalzahlung zur Abgeltung
der nicht ausgezahlten Tarifsteigerung für 2010 nicht in Betracht kommt. Denn diese betrifft nur den vorherigen Vergütungszeitraum.
Gemäß §
84 Abs.
2 Sa. 5
SGB XI i.d.F. des PflegeWEG (entspricht §
85 Abs.
2 S. 6
SGB XI n.F.) müssen dem Pflegeheim aber Überschüsse verbleiben; Verluste sind von ihm zu tragen. Nachzahlungen für den vorangegangenen
Vergütungszeitraum sind daher im neuen Vergütungszeitraum nicht als prospektive Kosten zu berücksichtigen; es obliegt dem
Pflegeheim, ggf. Rückstellungen zu bilden, wenn sich Tariferhöhungen über den Vergütungszeitraum verschieben. Allerdings hat
der Einrichtungsträger in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass diese Einmalzahlung auch nicht eingerechnet worden
war, so dass insoweit keine Korrekturen veranlasst erscheinen.
Ferner ist für den Senat nachvollziehbar, dass die Beklagte die Erhöhung um ca. 3% für die Umstellung des AVR entsprechend
dem Gutachten von Dr. N. nicht für schlüssig gehalten hat; denn es fehlt an Anhaltspunkten für die Höhe mit Blick auf die
Mitarbeiterstruktur. Allerdings war diese zu erwartende Erhöhung vom Kläger im Antrag auch nicht geltend gemacht worden.
Soweit die Beklagte moniert hat, dass die Zeitzuschläge vom Kläger nicht näher erläutert worden seien, bemängelt der Kläger
- ausgehend von den vorliegenden schriftlichen Unterlagen - zu Recht, dass dies bislang in den Verhandlungen und im Schiedsstellenverfahren
nicht thematisiert worden war. Die Schiedsstelle ist aber nur zur Entscheidung über Punkte berufen, die in vorangegangenen
Vergütungsverhandlungen zwischen den Vertragsparteien streitig sind (vgl. BayLSG vom 25.01.2012 - L 8 SO 89/09 KL [...] RdNr.
52).
Die im Beschluss der Schiedsstelle enthaltene Schätzung der prospektiven Gestehungskosten für 2011 begegnet nach Ansicht des
Senats folgenden rechtlichen Bedenken: Die Beklagte ist entsprechend ihrem Beschluss vom 08.03.2010 von 43.000 EUR Durchschnittspersonalkosten
pro Vollkraft im Pflegebereich für 2010 ausgegangen; gegenüber den 2009 zu Grunde gelegten Durchschnittspersonalkosten von
41.500 EUR habe dies eine Steigerung um 3,61 % bedeutet, wobei für 2010 eine Tarifsteigerung von 1,2 % berücksichtigt worden
sei. Die Beklagte hat ausgeführt, dass die in den Pflegesätzen für 2010 bereits eingerechneten Tarifsteigerungen für 2010
verbraucht seien. Sie ist dem Vorschlag der Kostenträger gefolgt, eine Erhöhung der Durchschnittspersonalkosten auf 43.200
EUR anzunehmen und die Vergütungssätze dementsprechend um 0,5 % anzuheben. Die laufenden Tarifsteigerungen für 2011 betrugen
aber unstreitig 0,8 %, wobei die tarifliche Einmalzahlung am 01.01.2011 von 240,- EUR noch nicht berücksichtigt ist. Im Ergebnis
wird bei dieser Kalkulation der Einrichtung abverlangt, früher angesetzte Tarifsteigerungen abzuschmelzen. Überschüsse sind
aber gemäß §
84 Abs.
2 S. 5
SGB XI i.d.F. des PflegeWEG bzw. nach §
84 Abs.
2 S. 6
SGB XI dem Pflegeheim zu belassen. Außerdem beruhen die angesetzten Durchschnittspersonalkosten von 43.000 EUR auf einem Schiedsspruch
und decken nach Vortrag des Klägers gerade nicht die tatsächlichen Kosten ab.
Im erneut durchzuführenden Schiedsstellenverfahren hat der Kläger Gelegenheit, die prospektiven Gestehungskosten um die oben
genannten Positionen zu bereinigen (z.B. laut Gutachten überhöhte Personalkosten, Berücksichtigung des Ausgleichs der erhöhten
Sozialversicherungsabgaben durch Senkung der Insolvenzumlage, Berechnung der Einmalzahlung) und die Sachkostenentwicklung
näher aufzuschlüsseln.
Anschließend obliegt den Kostenträgern und der Schiedsstelle die Prüfung, ob sich diese als wirtschaftlich erweisen. Im vorliegenden
Fall erfordert die Prüfung der Wirtschaftlichkeit nach der o.g. BSG-Rechtsprechung angesichts der Vergütungen nach kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen 1. eine Prüfung auf "Ausreißer" in der
Entgelthöhe gegenüber ortsüblichen Entgelten und ggf. sachliche Gründe dafür am Markt und 2. einen externen Vergleich der
geforderten Pflegevergütungen mit allen Einrichtungen einschließlich nicht tarifgebundener Einrichtungen.
Dabei ist zu prüfen, ob im Einzelfall die Höhe der vereinbarten Lohn- und Gehaltssteigerungen die von anderen Einrichtungsträgern
gezahlten Arbeitsentgelte deutlich übersteigt und es hierfür am Markt keine sachlichen Gründe gibt (dazu BSG vom 16.05.2013 - [...] RdNr. 22).
Als Beispiele für einen sachlichen Rechtfertigungsgrund hat das BSG gesehen, dass - ein bisher vorhandener Rückstand der Arbeitsentgelte bei gleicher beruflicher Qualifikation der Pflegekräfte
und vergleichbarer Leistungsqualität allmählich ausgeglichen wird, um einer Abwerbung guter Kräfte durch Konkurrenzunternehmen
vorzubeugen oder - eine besondere Bezahlung in Anbetracht besonders guter Leistungen und/oder eines besonderen beruflichen
Einsatzes erfolgt. Ist ein solcher rechtfertigender Grund für überdurchschnittliche Entgeltzahlungen aber nicht ersichtlich,
so sind die Versicherungsträger - und nachfolgend die Schiedsstelle - nicht verpflichtet, derartige Zahlungen im externen
Vergleich ohne Weiteres in voller Höhe bei der Festsetzung der Vergütungen für die Pflegeleistungen zu berücksichtigen. (vgl.
BSG vom 16.05.2013 - B 3 P 2/12 R - [...] Rdnr. 22). Eine solche Prüfung der Höhe des Arbeitsentgelts, insbesondere ob das in der Einrichtung gezahlte Entgelt
das von anderen Einrichtungsträgern gezahlte Arbeitsentgelt deutlich übersteigt, ist bislang nicht durchgeführt worden. Auch
deswegen wäre der Schiedsspruch aufzuheben und die Schiedsstelle zur erneuten Entscheidung zu verpflichten. Bei Bedarf sind
zunächst die Beteiligten zur Mitteilung ihrer Kenntnisse zur ortsüblichen Arbeitsentgelthöhe anzuhalten.
Wenn die geforderten Pflegevergütungen oberhalb des unteren Vergleichsdrittels liegen und der Einrichtungsträger eine Tarifbindung
als sachlichen Grund dafür geltend macht, erscheint es nach Ansicht des Senats im Interesse des Beschleunigungsgebotes rechtlich
nicht zu beanstanden, wenn Kostenträger bzw. Schiedsstelle in einem ersten Schritt einen modifizierten externen Vergleich
mit tarifgebundenen Einrichtungen im Einzugsbereich vornehmen und Pflegevergütungen im unteren Drittel als leistungsgerecht
ansehen. Sofern geforderte Vergütungen und Entgelte deutlich über denen liegen, die andere tarifgebundene Einrichtungen vereinbart
haben, kann dies grundsätzlich ein Anhaltspunkt dafür sein, dass die Tarifbindung der Einrichtung nicht der wesentliche Grund
für die höheren Gestehungskosten und damit die Höhe der Pflegevergütungen ist.
In diesem Fall obliegt es dem Einrichtungsträger, detailliert sachliche Gründe darzulegen und ggf. zu belegen, welche Besonderheiten
seine Einrichtung gegenüber anderen - auch tarifgebundenen - Einrichtungen aufweist, die diese höheren Kosten rechtfertigen.
Gelingt ihm das nicht, geht das zu seinen Lasten. Denn den sachlichen Grund dafür, dass Vergütungen im oberen Drittel bei
externem Vergleich wirtschaftlich angemessen sind, hat der Einrichtungsträger darzulegen und nachvollziehbar zu belegen. Dazu
haben im Anschluss wiederum die Kostenträger nach Maßgabe ihrer - notfalls noch zu beschaffenden - Marktkenntnis Stellung
zu nehmen, sodass sowohl dem Einrichtungsträger als auch - bei ihrer Anrufung - der Schiedsstelle eine sachgerechte Beurteilung
der Pflegesatzforderung möglich ist. Soweit die Schiedsstelle hierfür weitergehende Kenntnisse benötigt, ist sie gehalten,
die Beteiligten zur Offenlegung und Mitteilung entsprechender Informationen anzuhalten.
Als sachlicher Grund kommt nach Ansicht des Senats durchaus eine nachgewiesene ungünstige Alters- bzw. Dienstaltersstruktur
der Mitarbeiter in Betracht, soweit diese nachvollziehbar die höheren Kosten und daraus folgend die höheren Vergütungen nach
sich ziehen und dafür der sachliche Grund sind. Denn wie das BSG im Urteil vom 16.05.2013 (a.a.O. [...] RdNr. 16 f.) herausgearbeitet hat, wollte der Gesetzgeber mit der Neufassung von §
84 SGB XI Anreizen für eine Auslagerung von Aufgaben oder für ähnliche kostensenkende, die Stammbelegschaft benachteiligende Maßnahmen
entgegenwirken. Daher ist die langjährige Beschäftigung erfahrener Mitarbeiter - statt kurzfristig wechselnder Mitarbeiter
mit weniger Erfahrung - nicht als wirtschaftlich unangemessen zu werten im Rahmen der Prüfung der Leistungsgerechtigkeit von
Pflegesätzen und Entgelt. Im vorgelegten Gutachten wurde das mit Blick auf allgemeine Statistiken nachvollziehbar vorgetragen.
Die Kostenträger haben dies bislang auch nicht bestritten bzw. sind diesem Vortrag nicht substantiiert entgegengetreten. Soweit
erforderlich, obliegt es der Beklagten, sich Kenntnis von der Personalstruktur der von den Kostenträgern benannten vergleichbaren
Einrichtungen vor Ort zu verschaffen, vorrangig durch Aufforderung der Beteiligten (insbesondere der Kostenträger) zur Vorlage
und Offenlegung entsprechender Kenntnisse und Unterlagen, ggf. aber auch durch Einholung eines Gutachtens. Da - wie der Kläger
zutreffend dargelegt hat - die Höhe der Personalkosten auch die Höhe der Entgelte für Unterkunft und Verpflegung beeinflusst,
ist eine Überprüfung nicht nur auf die Pflegesätze beschränkt.
4. Der Beschluss der Schiedsstelle vom 13.04.2011 ist im Übrigen nicht zu beanstanden, soweit als Geltungsbeginn der 01.01.2011
festgesetzt wurde. Die Beklagte hat insoweit von dem ihr zustehenden Ermessen Gebrauch gemacht und berücksichtigt, dass zu
erwartende Lohnsteigerungen am 01.01.2011 eingetreten waren, die am Schiedsstellenbeteiligten übereinstimmend diesen Geltungsbeginn
begrüßt haben und dass auch die Bewohner Gelegenheit hatten, sich auf die Erhöhungen einzustellen.
C) Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a SGG i.V.m. §§
154 ff.
VwGO und richtet sich nach dem Erfolg der Berufung. Gemäß §
154 Abs.
1 VwGO trägt der unterliegende Teil die Kosten des Verfahrens. Da die Beigeladenen zu 1) bis 7) eigene Sachanträge gestellt haben,
sind diese an den Kosten nach §
154 Abs.
3 VwGO beim Unterliegen zu beteiligen, wobei der Bezirk als Sozialhilfeträger keine Gerichtskosten zu tragen hat (§ 64 Abs. 3 SGB X).
D) Gründe gemäß §
160 Abs.
2 SGG, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor; der Senat weicht insbesondere nicht von der Rechtsprechung des BSG ab.
E) Die Streitwertfestsetzung beruht auf §
197a Abs.
1 SGG i.V.m. §§
1 Abs.
2 Nr.
3, 52 Abs. 1 und 63 Abs. 2 und 3 Gerichtkostengesetz (GKG). Sie umfasst die Differenz zwischen den begehrten Vergütungen und Entgelten und den von der Beklagten festgesetzten Vergütungen
für den streitigen Zeitraum vom 01.01.2011 bis 31.12.2011. Angesetzt wurden entsprechend der in den Antragsunterlagen angegebenen
voraussichtlichen Auslastung 355 Pflegetage pro Jahr.
Personen in Pflegestufe 1:
|
35
|
Pflegetage:
|
12.425
|
Schiedsspruch:
|
52,22 EUR
|
Antrag:
|
56,49 EUR
|
Differenz je Pflegetag:
|
4,27 EUR
|
Summe:
|
53.054,75 EUR
|
Personen in Pflegestufe 2:
|
39,
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Pflegetage:
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13.845
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Schiedsspruch:
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65,56 EUR
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Antrag:
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70,78 EUR
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Differenz je Pflegetag:
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5,22 EUR
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Summe:
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72.270,90 EUR
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Personen in Pflegestufe 3:
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17
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Pflegetage:
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6.035
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Schiedsspruch:
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75,57 EUR
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Antrag:
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81,49 EUR
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Differenz je Pflegetag:
|
5,92 EUR
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Summe:
|
35.727,20 EUR
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Unterkunft 91
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Pflegetage:
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32.660
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Schiedsspruch:
|
7,91 EUR
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Antrag:
|
8,79 EUR
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Differenz je Pflegetag:
|
0,88 EUR
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Summe:
|
28.740,80 EUR
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Verpflegung 91
|
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Pflegetage:
|
32.660
|
Schiedsspruch:
|
9,57 EUR
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Antrag:
|
10,31 EUR
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Differenz je Pflegetag:
|
0,74 EUR
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Summe:
|
24.168,40 EUR
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