Verhängung eines Ordnungsgeldes im sozialgerichtlichen Verfahren; hinreichende nachträgliche Entschuldigung für einen ausgebliebenen
Zeugen
Gründe:
I. Streitig ist die Rechtmäßigkeit des Ordnungsgeldbeschlusses vom 20.01.2009.
Im Verfahren zur Feststellung des Grads der Behinderung der Klägerin, einer Patientin des Beschwerdeführers, forderte das
Sozialgericht Nürnberg (SG) den Beschwerdeführer am 03.11.2008 auf, einen Befundbericht zu übersenden. Da der Beschwerdeführer der Aufforderung auch
nach Mahnung am 03.12.2008 nicht nachkam, lud ihn das SG zum Termin zur Beweisaufnahme auf den 20.01.2009. Es wies auf die Folgen des unentschuldigten Fernbleibens, nämlich auf die
Verhängung von Ordnungsgeld bis 1.000,00 EUR hin. Es fügte hinzu, sofern der Befundbericht noch rechtzeitig vor dem Termin
beim SG eingehen sollte, so werde der Termin aufgehoben werden. Die Ladung wurde dem Beschwerdeführer laut Postzustellungsurkunde
vom 18.12.2008 zum Termin am 20.01.2009 um 10.00 Uhr persönlich ausgehändigt.
In der nicht öffentlichen Sitzung zur Beweisaufnahme am 20.01.2009 erschien der Beschwerdeführer bis 10.15 Uhr nicht. Die
Vorsitzende erkundigte sich telefonisch bei der Poststelle im Haus, ob dort Faxe eingegangen seien, was verneint wurde. Mit
Beschluss vom selben Tag legte sie dem Beschwerdeführer Kosten in Höhe von 150,00 EUR sowie ein Ordnungsgeld in Höhe von 500,00
EUR, ersatzweise einen Tag Ordnungshaft, auf. In dieser Höhe, so führte sie aus, sei das Ordnungsgeld angemessen, da der Beschwerdeführer
in einer Vielzahl von beim SG anhängigen Fällen mit Postzustellungsurkunde habe geladen werden müssen, weil er Befundberichte nicht rechtzeitig erstellt
hatte; erst in letzter Minute sei dann von ihm der jeweilige Befundbericht übermittelt worden.
Mit beim SG am 20.01.2009 um 18.00 Uhr eingegangenem Fax übersandte der Beschwerdeführer den erbetenen Befundbericht.
Gegen den Ordnungsgeldbescheid vom 20.01.2009 legte er am 08.02.2009 Beschwerde ein. Er sei am 20.01.2009 bettlägerig erkrankt
gewesen und durch seine Kollegin vertreten worden. Diese habe dann auch den Befundbericht diktiert und an das Gericht gefaxt.
Eine Verzögerung des Verfahrens sei damit nicht eingetreten. Sofern das SG den Beschluss nicht aufhebe, beantrage er eine deutliche Reduzierung des Ordnungsgeldes.
Der Beschwerdeführer beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 20.01.2009 aufzuheben; hilfsweise das Ordnungsgeld von 500,00 EUR deutlich zu
reduzieren.
Der Beschwerdeschrift lag ein Schreiben des Finanzamts A-Stadt vom 22.01.2009 vor, wonach der Beschwerdeführer und seine Ehefrau
keine Vorauszahlungen auf die Einkommensteuer und den Solidaritätszuschuss zu zahlen haben.
Gemäß §
118 Abs.1 Satz 1
SGG in Verbindung mit §
380 Abs.1
Zivilprozessordnung (
ZPO) werden einem ordnungsgemäß geladenen Zeugen, ohne dass es eines Antrags bedarf, die durch sein Ausbleiben verursachten Kosten
auferlegt und zugleich gegen ihn ein Ordnungsgeld verhängt, wenn er nicht erscheint. Nach §
381 Abs.1
ZPO hat die Festsetzung eines Ordnungsmittels zu unterbleiben, wenn der Zeuge glaubhaft macht, dass ihm die Ladung nicht rechtzeitig
zugegangen oder sein Ausbleiben genügend entschuldigt ist bzw. nachträglich entschuldigt wird.
Voraussetzung ist demnach die ordnungsgemäße Ladung des Beschwerdeführers als Zeuge. Diese wird durch die Postzustellungsurkunde
vom 18.12.2008 nachgewiesen. Das Schriftstück, nämlich die Ladung, wurde demnach dem Beschwerdeführer am 18.12.2008 persönlich
ausgehändigt.
Fest steht, dass der Beschwerdeführer bei Aufruf der Sache um 10.00 Uhr im Termin zur Beweisaufnahme am 20.01.2009 nicht erschienen
war. Auch nach Zuwarten bis 10.15 Uhr erschien er nicht. Die Voraussetzungen für das Auferlegen der Kosten sowie für Ordnungsgeld
sind damit erfüllt.
Kann der Zeuge sein Ausbleiben rechtzeitig entschuldigen, so ist von Ordnungsgeld abzusehen. Eine rechtzeitige Entschuldigung
liegt dann vor, wenn im üblichen Büroweg die Beteiligten noch rechtzeitig verständigt werden können, so dass sie nicht umsonst
zum Termin erscheinen müssen. Eine solche rechtzeitige Entschuldigung liegt ohne Zweifel nicht vor; eine solche wird auch
nicht vom Beschwerdeführer behauptet.
Ein Ordnungsgeld kann nachträglich aufgehoben werden, wenn nachträglich eine genügende Entschuldigung gemäß §
381 Abs.1
ZPO vorgebracht und glaubhaft gemacht wird. Dies setzt voraus, dass der Zeuge Tatsachen vorträgt und glaubhaft macht, aus denen
sich ergibt, dass ihn an der Verspätung der Entschuldigung und dem Nichterscheinen kein Verschulden trifft. Der Vortrag des
Beschwerdeführers, er sei am Terminstag bettlägerig erkrankt gewesen, reicht hierfür nicht aus. Abgesehen davon, dass er diese
Bettlägerigkeit und zudem die unerwartete Bettlägerigkeit nicht glaubhaft gemacht hat, ist nicht ersichtlich, aus welchen
Gründen er diese Entschuldigung nicht unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern, dem Gericht mitteilte. Der Beschwerdeführer
trägt selbst vor, er sei an diesem Tag durch seine Kollegin vertreten worden. Diese habe dann am Abend den Befundbericht diktiert
und an das SG gefaxt. Daraus kann nur der Schluss gezogen werden, dass der Beschwerdeführer trotz Bettlägerigkeit in der Lage war, seine
Vertretung in der Praxis zu organisieren und zudem seine Kollegin zu veranlassen, den Befundbericht zu diktieren und per Fax
zu übermitteln. Diese Geschehensabläufe lägen nahe, dass es dem Beschwerdeführer ebenso möglich gewesen wäre, sich noch vor
10.00 Uhr mit dem SG in Verbindung zu setzen und sich zu entschuldigen.
Auch die Höhe des gegen den Beschwerdeführer verhängten Ordnungsgeldes in Höhe von 500,00 EUR begegnet keinen Bedenken. Innerhalb
des Rahmens von 5,00 EUR und 1.000,00 EUR, der von Art.6 Abs.1 EGStGB vorgegeben ist, bestimmt das Gericht die Höhe des Ordnungsgeldes nach pflichtgemäßem Ermessen. Bewegt sich dieses im mittleren
Bereich des Rahmens, ist eine eingehende Begründung der Ermessensentscheidung nicht erforderlich (Meyer-Ladewig, Keller, Leitherer,
SGG, 9. Auflage, §
111 Rdnr.6b). Der Beschwerdeführer hat nicht vorgetragen, dass er durch die Zahlung des Ordnungsgeldes in eine wirtschaftliche
Notlage geraten würde, solche Umstände sind auch in Anbetracht seiner beruflichen Stellung nicht erkennbar. Darüber hinaus
zwingt die nachträgliche Vorlage des Befundberichts für sich allein nicht zur Aufhebung des Ordnungsgeldbeschlusses (Meyer-Ladewig,
aaO., § 118 Rdnr.10i). Zum besseren Verständnis weist der Senat darauf hin, dass die Verhängung von Ordnungsgeld gegen einen
säumigen Zeugen nicht im Ermessen des Gerichts steht. Vielmehr zwingt §
380 Abs.1 Satz 2
ZPO zur Festsetzung eines Ordnungsgeldes, wenn dessen Voraussetzungen erfüllt sind. Lediglich die Höhe des Ordnungsgeldes steht
im Ermessen des Gerichts. Gründe für eine Herabsetzung des Ordnungsgeldes liegen, wie bereits ausgeführt, nicht vor.
Damit kommt der Senat zum Ergebnis, dass der Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 20.01.2009 rechtmäßig ist. Die dagegen
erhobene Beschwerde war zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf analoger Anwendung des §
197a SGG in Verbindung mit §
154 Abs.1 und 2
Verwaltungsgerichtsordnung. Danach sind demjenigen, der unterliegt bzw. der ohne Erfolg ein Rechtsmittel eingelegt hat, die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
§
197a SGG findet hier Anwendung, weil der Beschwerdeführer als Zeuge nicht zu dem kostenprivilegierten Personenkreis des §
183 SGG gehört. Danach sind nur Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen
oder deren Sonderrechtsnachfolger von Gerichtskosten befreit, wenn sie als Kläger oder Beklagte in einem Rechtsstreit vor
den Sozialgerichten beteiligt sind. Dem Beschwerdeführer waren, da er zu diesem Personenkreis nicht zählt, die Kosten aufzuerlegen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§
177 SGG).