Festsetzung des Streitwerts im Statusfeststellungsverfahren
Gründe
Der Senat entscheidet über die Beschwerde in der Besetzung von drei Berufsrichtern (vgl. bereits Senat, Beschluss v. 31.8.2009,
L 8 R 11/09 R, [...]). Er entscheidet nicht durch den Berichterstatter als Einzelrichter. Dies gilt auch vor dem Hintergrund der mit
Wirkung v. 1.8.2013 durch Art. 3 Nr. 2 Zweites Kostenrechtsmodernisierungsgesetz v. 29.7.2013 (BGBl. I, S. 2586) eingeführten Regelung des § 1 Abs. 5 Gerichtskostengesetz (GKG). Danach gehen die Vorschriften des GKG über die Erinnerung und Beschwerde (§§ 66 bis 69a GKG) den Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Vorschriften vor. Nach §§ 66 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 2, 68 Abs. 2 Satz 7 GKG entscheidet das Beschwerdegericht durch den Berichterstatter als Einzelrichter, wenn die angefochtene Entscheidung von einem
Einzelrichter erlassen wurde. Die Entscheidung des Sozialgerichts wurde nicht in diesem Sinne von einem "Einzelrichter" erlassen.
Denn nach § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG setzt das Prozessgericht den Streitwert fest. Für das SG als Prozessgericht ist als Prozessordnung das
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) maßgeblich, das den "Einzelrichter" nicht vorsieht. Eine Abweichung hiervon gem. § 1 Abs. 5 GKG ist nicht möglich, da § 63 GKG nicht zu den Vorschriften des GKG über die Erinnerung und Beschwerde gehört. Dies sind vielmehr die §§ 66 bis 69a GKG.
Die zulässige Beschwerde der Beklagten ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen unbegründet.
Wie der Senat bereits mehrfach - auch unter eingehender Auseinandersetzung mit den Argumenten der Beklagten (vgl. z.B. Senat,
Beschluss v. 16.10.2015, L 8 R 521/15 B) - entschieden hat, ist maßgebend für die Festsetzung des Streitwerts im Statusfeststellungsverfahren die mögliche Höhe
des Gesamtsozialversicherungsbeitrages. Dabei ist das gesamte mögliche Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 Viertes Buch Sozialgesetzbuch,
begrenzt auf die Höhe der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze, heranzuziehen. Der maßgebliche Zeitraum richtet sich bei längerfristigen
Vertragsverhältnissen in der Regel nach deren absehbarer Dauer, begrenzt auf einen Zeitraum von drei Jahren (hier: von November
2010 bis Oktober 2013). Die Beitragsbelastung ist auf 20 % bis 40 % des möglichen Arbeitsentgelts zu schätzen, je nachdem,
ob noch die Möglichkeit besteht, den möglichen Arbeitnehmeranteil einzubehalten (Senat, Beschluss v. 14.12.2009, L 8 B 21/09 R; Beschluss v. 14.5.2012, L 8 R 158/12 B; Beschluss v. 10.12.2012, L 8 R 650/12 B; jeweils [...]).
Ausgehend von diesen Kriterien sind die dem Beigeladenen gezahlten Vergütungen - begrenzt auf drei Jahre - für den Zeitraum
von November 2010 bis Oktober 2013 bis zu den in diesen Jahren geltenden Beitragsbemessungsgrenzen in der gesetzlichen Kranken-
und Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung zugrunde zu legen, da die
dem Beigeladenen gezahlten Vergütungen jeweils deutlich über den Beitragsbemessungsgrenzen lagen und die mit dem streitgegenständlichen
Bescheid vom 14.12.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.6.2013 festgestellte Versicherungspflicht des Beigeladenen
in sämtlichen Zweigen der Sozialversicherung im Streit stand. Ihr maßgebliches Interesse an einer Beitragsvermeidung ist für
den Zeitraum von November 2010 bis Februar 2013 mit 40 % der an den Beigeladenen gezahlten Bruttovergütungen bis zu den Beitragsbemessungsgrenzen
anzusetzen; für den Zeitraum von März bis Oktober 2013 mit 20 %, da insoweit ausgehend von dem maßgeblichen Zeitpunkt der
Klageerhebung (§ 40 GKG) am 28.6.2013 noch ein Beitragsabzug gem. §
28g Satz 3 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB IV) möglich war.
Für die einzelnen Sozialversicherungszweige galten folgende Beitragsbemessungsgrenzen:
Rentenversicherung
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2010 =
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66.000,00 EUR
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2011 =
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66.000,00 EUR
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2012 =
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67.200,00 EUR
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2013 =
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69.600,00 EUR
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Arbeitslosenversicherung
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2010 =
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66.000,00 EUR
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2011 =
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66.000,00 EUR
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2012 =
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67.200,00 EUR
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2013 =
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69.600,00 EUR
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Krankenversicherung
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2010 =
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49.950,00 EUR
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2011 =
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49.500,00 EUR
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2012 =
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50.850,00 EUR
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2013 =
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52.200,00 EUR
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Pflegeversicherung
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2010 =
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49.950,00 EUR
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2011 =
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49.500,00 EUR
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2012 =
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50.850,00 EUR
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2013 =
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52.200,00 EUR
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Das Beitragsvermeidungsinteresse der Klägerin ist für den Zeitraum von November 2010 bis Februar 2013 hinsichtlich Renten-
und Arbeitslosenversicherung mit ca. 25 % und hinsichtlich Kranken- und Pflegeversicherung mit ca. 15 % (= 40 %) und für den
Zeitraum von März bis Oktober 2013 mit ca. 12,5 % bzw. 7,5 % (= 20 %) zu bemessen, was folgende Berechnungen ergibt:
I. 2010
Renten-/Arbeitslosenversicherung: 25 % von 11.000,00 Euro (= 2/12 von 66.000,00 Euro für 2 Monate) =
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2.750,00 Euro
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Kranken-/Pflegeversicherung: 15 % von 8.325,00 Euro (= 2/12 von 49.950,00 Euro für 2 Monate) =
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1.248,75 Euro
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Summe:
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3.998,75 EUR
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II. 2011
Renten-/Arbeitslosenversicherung: 25 % von 66.000,00 Euro =
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16.500,00 Euro
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Kranken-/Pflegeversicherung: 15 % von 49.500,00 Euro =
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7.425,00 Euro
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Summe:
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23.925,00 EUR
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III. 2012
Renten-/Arbeitslosenversicherung: 25 % von 67.200,00 Euro =
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16.800,00 Euro
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Kranken-/Pflegeversicherung: 15 % von 50.850,00 Euro =
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7.627,50 Euro
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Summe:
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24.427,50 EUR
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IV. 2013
1) Zeitraum von Januar bis Februar 2013
Renten-/Arbeitslosenversicherung: 25 % von 11.600,00 Euro (= 2/12 von 69.600,00 Euro für 2 Monate) =
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2.900,00 Euro
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Kranken-/Pflegeversicherung: 15 % von 8.700,00 Euro (= 2/12 von 52.200,00 Euro für 2 Monate) =
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1.305,00 Euro
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Summe:
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4.205,00 EUR
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2) Zeitraum von März bis Oktober 2013
Renten-/Arbeitslosenversicherung: 12,5 % von 46.400,00 Euro (= 8/12 von 69.600,00 Euro für 8 Monate) =
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5.800,00 Euro
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Kranken-/Pflegeversicherung: 7,5 % von 34.800,00 Euro (= 8/12 von 52.200,00 Euro für 8 Monate) =
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2.610,00 Euro
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Summe:
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8.410,00 EUR
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V. Höhe des Gesamtsozialversicherungsbeitrages und damit des festzusetzenden Streitwerts:
Summe von I. bis IV.: 64.966,25 Euro
Soweit die Beklagte die Festsetzung eines niedrigeren Streitwertes begehrt, ist ihre Beschwerde somit unbegründet und zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 68 Abs. 3 Gerichtskostengesetz.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden (§
177 Sozialgerichtsgesetz).