Tatbestand
Der Kläger begehrt die Erstattung der Kosten für eine Kopforthese in Höhe von 1.819,00 Euro.
Mit am 22.11.2011 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben vom 15.11.2011 beantragte die Praxisklinik für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie
Dr. Dr. S und Dr. Dr. N die Übernahme der Kosten für eine Kopforthesenbehandlung des am 00.00.2011 geborenen Klägers, der
bei der Beklagten familienversichert ist. Aufgrund einer allgemeinen Einschränkung der Kopfbeweglichkeit habe sich eine Vorzugshaltung
und in der Folge eine starke Abflachung des rechten Hinterkopfes mit Beteiligung der rechten Stirn entwickelt. Es sei nach
klinischer Befunderhebung und Scan des Köpfchens die Diagnose eines Plagiocephalus gestellt worden. Eine operative Korrektur
sei nicht indiziert, da es sich um eine lagerungsbedingte Kopfverformung handele. Allerdings sei eine Indikation für eine
Helmbehandlung gegeben. Die Gesamtkosten der Behandlung bezifferte die Praxisklinik mit einem Betrag von 2.475,01 Euro, wobei
die Kosten für den Helm mit 1.819,00 Euro und die ärztliche Leistung mit 656,01 Euro angegeben wurden. Als Nachweis der Kosten
für den Helm war dem Schreiben ein Kostenvoranschlag der Firma C GmbH vom 14.11.2011 beigefügt.
Nach Einholung eines sozialmedizinischen Gutachtens vom 01.12.2011, in dem die medizinische Notwendigkeit für die Kostenübernahme
der Kopforthesentherapie zu Lasten der GKV verneint wurde, lehnte die Beklagte nach vorangegangener telefonischer Mitteilung
am 07.12.2011 mit schriftlichem Bescheid vom 26.01.2012 die Kostenübernahme für eine Kopforthese ab. Es handele sich bei dieser
Therapie um eine außervertragliche Behandlungsmethode, die grundsätzlich nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung
durchgeführt werden könne. Nach dem Grundsatzgutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom 29.10.2010
liege bei nicht-synostotischer Schädelasymmetrie keine Krankheit im krankenversicherungsrechtlichen Sinne vor. Es gebe auch
keine wissenschaftlich gesicherten Belege, dass eine solche Schädelasymmetrie im frühen Kindesalter im späteren Leben zu strukturellen
oder funktionellen Schädigungen oder gar lebenslangen Behinderungen führe. Primäres Behandlungsziel sei nicht die Korrektur
der Schädelasymmetrie, sondern die Behandlung der zugrunde liegenden Störungen, wie z.B. Muskelverkürzungen im Bereich des
Halses und Koordinationsstörungen. Richtige Lagerung und krankengymnastische Behandlung seien geeignete Behandlungsmaßnahmen.
Zuvor war die Beklagte unter dem 13.01.2012 um eine schriftliche Kostenzusage zur Übernahme der Kosten für die Kopforthesenbehandlung
des Klägers gebeten worden. In diesem Zusammenhang wurde eine Rechnung der C GmbH vom 11.01.2012 bezüglich der Kopforthese
in Höhe von 1.819,00 Euro eingereicht; ausweislich der Rechnung erfolgte die Auslieferung der individuell für den Kläger angefertigten
Kopforthese aus Kunststoff am 28.11.2011.
Der gegen den Bescheid vom 26.01.2012 eingelegte Widerspruch wurde damit begründet, dass es sich um eine Krankheit im krankenversicherungsrechtlichen
Sinne handele. Alternative Behandlungsmethoden würden krankenversicherungsrechtlich anerkannt.
Nach Einholung eines weiteren sozialmedizinischen Gutachtens vom 04.04.2012, nach dem sozialmedizinisch keine Empfehlung in
den engen Grenzen der sozialrechtlichen Rechtsprechung für eine Behandlung mit einer Kopforthese erfolgen könne, wies die
Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 09.05.2012 zurück. Gemessen an den Bewertungskriterien der
Verfahrensordnung des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) erscheine der Nutzen und die Notwendigkeit einer konservativen Behandlung
von nicht-synostotischen Schädelasymmetrien mit Kopforthesen noch immer nicht ausreichend belegt. Der Nachweis, dass der Einsatz
von Kopforthesen zur Behandlung der Schädeldeformität der Lagerungstherapie gleichwertig oder überlegen sei, habe in gut geplanten
und einwandfrei durchgeführten Studien immer noch nicht geführt werden können. Es werde insoweit auf die Ausführungen in dem
Urteil des Landessozialgerichts Hessen vom 15.09.2011 (L 1 KR 178/10) verwiesen.
Gegen diese Entscheidung hat die Mutter des Klägers am 11.06.2012 (Montag) Klage beim Sozialgericht (SG) Münster erhoben. Sämtliche Versuche der Umlagerung seien fehlgeschlagen. Es habe sich um eine außergewöhnlich starke Schädelverformung,
die innerhalb von nur vier Monaten entstanden sei, gehandelt. Um Gesundheitsschäden abzuwenden, habe schnell etwas passieren
müssen. Der behandelnde Arzt habe zur Kopforthese geraten. Seit dem 18.05.2012 sei ein Helm nicht mehr erforderlich und die
Schädelsymmetrie normal. Zahlreiche andere Krankenversicherer übernähmen die Kosten für die Helmtherapie anstandslos. Es könne
nicht sein, dass jede Krankenkasse nach eigenem Ermessen oder Budget entscheide, ob sie die Therapie bezahle oder nicht.
Der Kläger hat sinngemäß beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 26.01.2012 in der Fassung des Widerspruchbescheides vom 09.05.2012 zu verurteilen,
die Kosten für die Kopforthese zu erstatten.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält an der von ihr im Vorverfahren vertretenen Auffassung fest. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass der GBA
die Helmtherapie demnächst anerkennen werde. Nach dem Beschluss des LSG NRW vom 09.05.2012 (L 11 KR 14/12 B ER) seien keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen
Voraussetzungen eine solche nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt worden sei.
Das SG hat von der Praxisklinik für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie einen Befundbericht vom 10.09.2012 eingeholt.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 04.01.2013 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte
habe zu Recht die Erstattung der Kosten für die Kopforthese abgelehnt. Als Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Erstattungsanspruch
komme nur §
13 Abs.
3 SGB V (
SGB V) in Betracht. Danach habe die Krankenkasse, wenn sie eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen könne oder
eine Leistung zu Unrecht abgelehnt habe, dem Versicherten die für die selbstbeschaffte Leistung aufgewendeten Kosten zu erstatten,
soweit die Leistung notwendig gewesen sei. Die Beklagte habe die beantragte Leistung nicht zu Unrecht abgelehnt. Bei der Kopforthesenbehandlung
handele es sich nicht um eine Therapie, die im Wege des Sachleistungsanspruchs gegenüber der Beklagten geltend gemacht werden
könne.
Die Kopforthesenbehandlung stelle eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode gemäß §
135 Abs.
1 SGB V dar. Derartige Behandlungsmethoden, die nicht Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung seien, dürften zu Lasten der Krankenkassen
in der vertragsärztlichen Versorgung nur erbracht werden, wenn der GBA eine Empfehlung abgegeben habe. Eine solche Empfehlung
des GBA zur Kopforthesen-Therapie liege nicht vor. Die Erbringung dieser Therapie zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung
sei damit grundsätzlich ausgeschlossen.
Ein Ausnahmefall, in dem trotz fehlender Empfehlung des GBA eine neue Therapie beansprucht werden könne, sei nicht gegeben.
Die Voraussetzungen des sogenannten Systemversagens seien nicht erfüllt (Hinweis auf LSG NRW, Beschluss vom 09.05.2012, L 11 KR 14/12 B ER). Anhaltspunkte dafür, dass die fehlende Anerkennung der Helmtherapie darauf zurückzuführen sei, dass das Verfahren
vor dem GBA trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht
zeitgerecht durchgeführt worden sei, seien im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.
Anhaltspunkte für eine gebotene grundrechtsorientierte Auslegung (Hinweis auf Bundesverfassungsgericht -BVerfG-, Beschlüsse
vom 06.12.2005, 1 BvR 347/98 und vom 06.02.2007, 1 BvR 3101/06) lägen nicht vor. Bei dem Kläger bestehe keine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung, für die
eine allgemein anerkannte, medizinischen Standard entsprechende medizinische Behandlung nicht zur Verfügung stehe.
Da ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Kopforthesenhandlung aus den oben aufgeführten Gründen nicht bestehe, könne
dahingestellt bleiben, ob die von §
13 Abs.
3 Satz 1
SGB V geforderte Kausalität zwischen der ablehnenden Entscheidung der Beklagten und den aufgewandten Kosten vorliege.
Gegen den der Mutter des Klägers am 08.01.2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat diese für den Kläger am 04.02.2013 Berufung
eingelegt. Zur Begründung trägt die Klägerseite vor, das SG habe die Krankheit des Klägers überhaupt nicht berücksichtigt. Es habe auf die angeblich fehlende Empfehlung des GBA hingewiesen.
Im Oktober hätten sie den Hinweis auf Abflachung des Hinterkopfes bekommen. Am 09.11. seien sie dann zum ersten Mal in C bei
Dr. Dr. N gewesen. Dieser habe ausgeführt, dass aufgrund der hohen Abflachung des Hinterkopfes eine Helm-Therapie am besten
anschlagen würde. Der Arzt habe ihnen bezüglich der Helmtherapie einen Kostenvoranschlag mitgegeben, der am 22.11. an die
AOK geschickt worden sei. Am 28.11. hätten sie den ersten Helm in C abgeholt. Schon bei der ersten Vorstellung sei ein 3D-Scan
gefertigt und daraufhin ein Helm angefertigt worden, auch auf die Gefahr hin, dass die Kasse dies nicht bezahlen würde. Ihnen
sei vom Arzt dringend geraten worden, mit der Therapie sofort zu beginnen, weil die Knochen des Klägers immer härter würden
und es dann umso schwerer werde, die Verformung zu behandeln. Die Verformung des Kopfes sei besonders gravierend gewesen.
Ohne Behandlung hätte der Kläger z.B. später im Falle einer Brille einen um 2 1/2 Zentimeter längeren Bügel haben müssen.
Mit dem Ergebnis der Therapie seien sie sehr zufrieden. Der Kopf des Klägers sei wieder rund.
Die Notwendigkeit der Behandlung habe die Klinik von Dr. Dr. S und Dr. Dr. N dem SG erklärt. Es habe keine andere Behandlungsmöglichkeit für den Kläger bestanden. Die unzulängliche Behandlung der Krankheit
könne zu Gesundheitsschäden und Spätfolgen führen, die aus ihrer Sicht nicht einfach hingenommen werden könnten, weil die
Behandlung nicht im "Katalog" stehe. Die Klägerseite könne nicht wissen, ob die empfohlene Behandlung nötig oder unnötig sei.
Es sei immer darauf hingewiesen worden, dass es bei dem Kläger um eine besonders schwere Krankheit gehe, die nicht ohne weiteres
mit anderen Fällen vergleichbar sei; zahlreiche Krankenversicherer hätten die Kosten einer solchen Behandlung übernommen.
Auch die AOK habe in anderen Fällen die Kosten übernommen. Aus diesen Gründen seien die Kosten der Kopforthese zu übernehmen.
Auch wenn die Helmtherapie derzeit die Kriterien für die Kostenübernahme nicht erfüllten sollte, habe die Krankenkasse jedenfalls
die Kosten für Krankengymnastik oder Physiotherapie gespart. Eine Gleichbehandlung müsse nicht Unrecht sein, wenn zumindest
der Teil der Kosten der Helmtherapie übernommen werde, den die Kasse an anderer Stelle eingespart habe.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 04.01.2013 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides
vom 26.01.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.05.2012 zu verurteilen, die Kosten für die Kopforthese in
Höhe von 1.819,00 Euro zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Es sei zwar richtig, dass die AOK in Neumünster die Kosten für
die dort begehrte Kopforthese übernommen habe. Diese Entscheidung sei aber rechtsfehlerhaft; ein Anspruch auf Gleichbehandlung
im Unrecht bestehe nicht. Sie haben diesen Vorgang aber schon vor geraumer Zeit zum Anlass genommen, den Mitarbeitern die
bestehende Rechtslage hinsichtlich der Helmtherapie zu erläutern und dafür Sorge zu tragen, dass sie stringent umgesetzt werde.
Die Eltern des Klägers haben im Erörterungstermin vom 20.03.2013 eine Reihe von Bewilligungen anderer Krankenkassen zu den
Akten gereicht, die nach ihrer Angabe die Bewilligung einer Kopforthese betreffen. Der Vater des Klägers (ebenfalls gesetzlicher
Vertreter des Klägers) hat auf Nachfrage des Senats mit Schreiben vom 11.03.2014 sein Einverständnis mit der Durchführung
des Streitverfahrens erklärt.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakte und der Verwaltungsakte der
Beklagten, der Gegenstand der Beratung gewesen ist, Bezug genommen.
Die Berufung des Klägers ist zulässig. Der nicht selbst prozessfähige Kläger wird im anhängigen Streitverfahren durch seine
Eltern gesetzlich vertreten. Dementsprechend war das Rubrum zu korrigieren.
Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Zu Recht hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 04.01.2013 die Klage abgewiesen. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, dem Kläger die Kosten für
eine Kopforthese zu erstatten.
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Zwar hat die Beklagte mit Bescheid vom 26.01.2012 die Kostenübernahme für eine Kopforthese
abgelehnt. Es fehlt jedoch an der Kausalität zwischen der ablehnenden Entscheidung der Beklagten und dem Kostenaufwand des
Klägers. Die Aufwendungen des Klägers sind nicht ursächlich auf eine Leistungsablehnung der Beklagten zurückzuführen. Die
ärztliche Therapie des Klägers wurde bereits vor Antragstellung, jedenfalls vor Erlass des ablehnenden Bescheides vom 26.01.2012
begonnen. Nach der eingereichten Rechnung vom 11.01.2012 war als Leistungsdatum der 28.11.2011 angegeben. An diesem Tag wurde
nach Angaben der Eltern des Klägers auch der Helm ausgeliefert. Nach den Ausführungen der Eltern des Klägers sind diese am
09.11. zum ersten Mal in C bei Dr. Dr. N gewesen. Bereits bei der ersten Vorstellung sei ein 3D-Scan gefertigt und daraufhin
ein Helm angefertigt worden. Dies sei auch auf die Gefahr hin erfolgt, dass die Kasse die Kosten nicht übernimmt.
Dass die Beklagte in der Vergangenheit verschiedentlich Kosten von Helmtherapien getragen hat, rechtfertigt keine andere Beurteilung.
Es handelt sich nach den Ausführungen der Beklagten im Schreiben vom 24.04.2013 um eine rechtsfehlerhafte Entscheidung, die
vorliegend keine andere Entscheidung rechtfertigt. Es besteht kein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht.
Schließlich kann der Kläger auch keinen Ersatz der Kosten verlangen, die die Krankenkasse für Krankengymnastik oder Physiotherapie
eingespart hat. Insoweit fehlt es an einer Anspruchsgrundlage.
Ein Anlass zur Zulassung der Revision hat nicht bestanden.