Abschluss eines Vermittlungsvertrages; Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein; keine Kostenprivilegierung eines privaten
Arbeitsvermittlers im Sinne von § 183 SGG; Schriftform; sozialrechtlicher Herstellungsanspruch; Vergütungsanspruch eines privaten Arbeitsvermittlers
Gründe:
I.
Die Klägerin wendet sich gegen ein Urteil des Sozialgerichtes, mit dem ihre Klage auf Zahlung einer Vermittlungsvergütung
abgelehnt worden ist.
Die Klägerin, ein privates Arbeitsvermittlungsunternehmen, beantragte am 28. Januar 2013 bei der Agentur für Arbeit S... die
Zahlung einer Vermittlungsvergütung in Höhe von zunächst 1.000,00 EUR. Dem Antrag war der dem Beigeladenen ausgestellt Aktivierungs-
und Vermittlungsgutschein vom 15. Oktober 2012, eine Vermittlungs- und Beschäftigungsbestätigung der E... Personaldienstleistungen
GmbH, der Arbeitgeberin des beigeladenen Arbeitsuchenden, und eine Gewerbeummeldung der Klägerin beigefügt.
Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 13. Februar 2013 ab, weil nach den vorliegenden Unterlagen das Beschäftigungsverhältnis
nicht durch die Tätigkeit der Klägerin zustande gekommen sei, sondern der Beigeladene bereits im Vorfeld selbst den Kontakt
zum potentiellen Arbeitgeber hergestellt habe.
Hiergegen legte die Klägerin am 15. März 2013 Widerspruch ein. Am 13. Februar 2013 wurde der Computervermerk einer Mitarbeiterin
der Beklagten vom 22. November 2012 ausgedruckt und zu einem nicht bekannten Zeitpunkt zur Verwaltungsakte genommen. In den
Text dieses Vermerkes war eine E-Mail des Beigeladenen an die Agentur für Arbeit S... vom 18. November 2012 eingefügt, mit
der sich der Beigeladene wegen Ärger mit der Klägerin "wg. Vermittlungsgutschein" an die Agentur für Arbeit gewandt hatte.
Er gab unter anderem an, dass er davon ausgegangen sei, wegen seiner Bewerbung und nicht auf Vermittlung der Klägerin bei
der Arbeitgeberin eingestellt worden zu sein. Außerdem habe er mit der Klägerin keinen Vermittlungsvertrag geschlossen.
Mit Schreiben vom 15. April 2013 forderte die Beklagte die Klägerin zur Vorlage des Vermittlungsvertrages mit dem Beigeladenen
auf.
In ihrer Stellungnahme vom 31. Januar 2013 gab die Klägerin an, dass kein Vermittlungsvertrag vorliege. Im Hinweisblatt zum
Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein sei vermerkt, dass der Kunde der Agentur für Arbeit keinen Vermittlungsvertrag mit
dem Träger/privaten Arbeitsvermittler schließen müsse. Hiervon habe der Beigeladene Gebrauch gemacht.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14. Juni 2013 zurück. Zum einen habe sich der Beigeladene die
Arbeitsstelle selbst gesucht. Zum anderen habe er keinen privaten Arbeitsvermittler beauftragt.
Die nunmehr anwaltlich vertretene Klägerin hat am 10. Juli 2013 Klage erhoben und im Wesentlichen ihren bisherigen Sach- und
Rechtsvortrag wiederholt.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 26. Juni 2014 abgewiesen. Weder sei der Arbeitsvertrag des Beigeladenen auf
Vermittlung der Klägerin zustande gekommen, noch habe die Klägerin im Auftrag des Beigeladenen gehandelt.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 26. Juli 2014 zugestellte Urteil am 21. August 2014 Berufung eingelegt. Ergänzend trägt
sie unter anderem vor, dass der fehlerhafte Hinweis zum Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein sie und den Beigeladenen davon
abgehalten habe, einen Vermittlungsvertrag schriftlich abzuschließen. Aus diesem Grund sei der Vertrag formunwirksam. Deshalb
stehe ihr der Vergütungsanspruch nach den Grundsätzen über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch zu.
Die Klägerin beantragt:
I. Das Urteil des Sozialgerichtes Chemnitz vom 26. Juni 2014 wird aufgehoben. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides
vom 13. Februar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Juni 2013 verurteilt, an die Klägerin die Vergütung für
die Vermittlung des Beigeladenen in Höhe von 1.000,00 EUR zu zahlen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass im Berufungsverfahren nichts Neues vorgetragen worden sei.
Der Beigeladene hat auf gerichtliche Anfrage in dem am 30. April 2015 eingegangenen Schreiben unter anderem mitgeteilt, dass
er sich am 24. Oktober 2012 bei der Klägerin und der Fa. E... als Kfz-Mechaniker beworben habe. Am 30. Oktober 2012 sei er
von einem Mitarbeiter der Klägerin angerufen worden. Er habe erklärt, dass er noch auf Jobsuche sei, jedoch nicht an einer
Vermittlung an Zeitarbeitsfirmen interessiert sei. Am gleichen Tag sei ihm von der Klägerin ein Vertrag zugesandt worden,
den er nach Durchsicht nicht unterschrieben habe. Danach sei für ihn die Angelegenheit mit der Klägerin erledigt gewesen.
Die Beteiligten sind mit richterlichen Schreiben vom 30. April 2016 zur beabsichtigten Zurückweisung der Berufung durch Beschluss
angehört worden.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten aus beiden Verfahrenszügen sowie die beigezogene
Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
II.
1. Das Gericht konnte gemäß §
154 Abs.
4 Satz 1 des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) die Berufung durch Beschluss zurückweisen, weil es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für
erforderlich hält, und nachdem die Beteiligten hierzu vorher gehört wurden (vgl. §
154 Abs.
4 Satz 2
SGG). Tatsachenfragen müssen in einer mündlichen Verhandlung nicht mehr geklärt werden. Auch hat die Klägerin im Berufungsverfahren
ihren bisherigen Sachvortrag wiederholt und ihren bisherigen Rechtsvortrag lediglich vertieft dargestellt.
2. Die zulässige Berufung ist unbegründet, weil das Sozialgericht zu Recht die Klage abgewiesen hat. Der Bescheid der Beklagten
vom 13. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Juni 2013 ist rechtmäßig, weil die Klägerin wegen des
fehlenden Vermittlungsvertrages keinen Anspruch auf die geltend gemachte Vermittlungsvergütung hat.
a) Richtige Klageart ist die Anfechtungsklage (vgl. §
54 Abs.
1 Satz 1 Alt. 1
SGG). Denn bei der Ablehnung seines Vergütungsantrages eines privaten Arbeitsvermittlers handelt es sich um einen Verwaltungsakt
im Sinne von § 31 Satz 1 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) (vgl. Sächs. LSG, Urteil vom 19. November 2015 - L 3 AL 192/13 - juris Rdnr. 17 ff.).
b) Anspruchsgrundlage für den von der Klägerin geltend gemachten Vergütungsanspruch ist nicht der dem Beigeladenen erteilte
Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein. Vielmehr finden sich die Anspruchsgrundlagen in §
45 Abs.
6 Satz 3 bis
6 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch - Arbeitsförderung - (
SGB III). Denn nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes zum Vermittlungsgutschein nach § 421g
SGB III (in der bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung) stand einem Vermittlungsmakler ein unmittelbarer gesetzlicher Leistungsanspruch
gegen die Bundesagentur für Arbeit zu (vgl. BSG, Urteil vom 6. April 2006 - B 7a AL 56/05 R - BSGE 96, 190 ff. = SozR 4-4300 § 421g Nr. 1= juris Rdnr. 16). Entsprechendes gilt für den Vergütungsanspruch des Vermittlers nach den
hier maßgebenden Regelungen in §
45 Abs.
6 SGB III (vgl. Sächs. LSG, Urteil vom 19. November 2015, a. a. O., juris Rdnr. 30, m. w. N.; ebenso LSG Berlin-Brandenburg, Urteil
vom 12. Juni 2015 - L 25 AS 1835/14 - juris Rdnr. 33, m. w. N.; SG Magdeburg, Urteil vom 10. September 2015 - S 44 AS 4109/13 - juris Rdnr. 26; Hassel, in: Brand,
SGB III [7. Aufl., 2015], §
45 Rdnr. 25; Herbst, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGB III [2014], §
45 Rdnr. 382; Rademacker, in: Hauck/Noftz,
SGB III [Stand: Erg.-Lfg. Stand 4/15, Mai 2015], §
45 Rdnr. 136; a. A. SG Magdeburg, Urteil vom 30. Juli 2014 - S 18 AL 190/13 - juris Rdnr. 24).
Nach dem hier maßgebenden §
45 Abs.
6 Satz 3
SGB III beträgt bei einer erfolgreichen Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige Beschäftigung durch einen Träger, der eine
ausschließlich erfolgsbezogen vergütete Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige Beschäftigung anbietet, die Vergütung
2.000,00 EUR. Die Vergütung wird in Höhe von 1.000,00 EUR nach einer sechswöchigen und der Restbetrag nach einer sechsmonatigen
Dauer des Beschäftigungsverhältnisses gezahlt (vgl. §
45 Abs.
6 Satz 5
SGB III). Die Regelungen in §
45 Abs.
6 Satz 6
SGB III über die Fälle, in denen eine erfolgsbezogene Vergütung für die Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige Beschäftigung
ausgeschlossen ist, ist vorliegend nicht entscheidungserheblich.
Der Zahlungsanspruch des Vermittlers gegen die Beklagte hat nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes im Wesentlichen
folgende Voraussetzungen: Erstens die Ausstellung eines Vermittlungsgutscheins; zweitens ein wirksamer, vor Beginn der Vermittlungstätigkeit
abgeschlossener schriftlicher Vermittlungsvertrag mit daraus resultierendem Zahlungsanspruch des Vermittlers gegen den Arbeitnehmer;
drittens innerhalb der Geltungsdauer des Vermittlungsgutscheins die erfolgreiche Vermittlung in eine sozialversicherungspflichtige
Beschäftigung mit mindestens 15 Wochenstunden; viertens für die Auszahlung der ersten Rate eine sechswöchige Dauer des Beschäftigungsverhältnisses
(vgl. BSG, Urteil vom 11. März 2014 - B 11 AL 19/12 R - BSGE 115, 185 ff. = SozR 4-4300 § 421g Nr. 5 = juris, jeweils Rdnr. 14, m. w. N.).
Das Erfordernis, dass es für die Vermittlungstätigkeit eines privaten Arbeitsvermittlers eines Vermittlungsvertrages mit dem
Arbeitsuchenden bedarf, ergibt sich aus §
296 SGB III. Denn dort sind formelle und inhaltliche Anforderung an einen Vermittlungsvertrag geregelt, was die (ungeschriebene) Notwendigkeit
eines Vermittlungsvertrages voraussetzt. Unter anderem bedarf nach §
296 Abs.
1 Satz 1
SGB III ein Vertrag, nach dem sich ein Vermittler verpflichtet, einer oder einem Arbeitsuchenden eine Arbeitsstelle zu vermitteln,
der schriftlichen Form. Die Anforderungen an ein Schriftformerfordernis sind in §
126 des
Bürgerlichen Gesetzbuches (
BGB) geregelt. Nach §
126 Abs.
1 BGB muss, wenn durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben ist, die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift
oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden. Bei einem Vertrag muss die Unterzeichnung der Parteien
auf derselben Urkunde erfolgen (vgl. §
126 Abs.
2 Satz 1
BGB). Wenn über den Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen werden, genügt es, wenn jede Partei die für die andere
Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet (vgl. §
126 Abs.
2 Satz 2
BGB).
Es wird noch nicht einmal von der Klägerin bestritten, dass jedenfalls das Schriftformerfordernis aus §
296 Abs.
1 Satz 1
SGB III nicht eingehalten wurde. Die Nichteinhaltung des Schriftformerfordernisses hat aber nach §
297 Nr. 1 Alt. 3
SGB III die Unwirksamkeit des Vermittlungsvertrages zur Folge (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 12. Juni 2007 - L 7 AL 391/04 - juris Rdnr. 18; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 30. April 2009 - L 9 AL 42/07 - juris Rdnr. 23; Brand, in: Brand,
SGB III [7. Aufl., 2015], §
297 Rdnr. 2; Neunaber, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGB III [2014], §
297 Rdnr. 16; Rademacker, in: Hauck/Noftz,
SGB III [Stand: Erg.-Lfg. Stand 4/15, Mai 2015], §
297 Rdnr. 7).
Da es jedenfalls an der Schriftform eines etwaigen Vermittlungsvertrages mangelt, bedarf es keiner Prüfung, ob überhaupt ein
Vermittlungsvertrag zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zustande kam, was von der Klägerin behauptet, vom Beigeladenen
hingegen zweimal, nämlich in seiner E-Mail an die Agentur für Arbeit S... vom 18. November 2012 und im dem am 30. April 2015
bei Gericht eingegangenen Schreiben, bestritten wurde. Lediglich ergänzend wird angemerkt, dass der Vortrag der Klägerseite
zur Frage, ob ein Vermittlungsvertrag abgeschlossen wurde, nicht stringent ist. Während die Klägerin selbst noch in der Stellungnahme
vom 31. Januar 2013 mitteilte, dass der Beigeladene "keinen Vermittlungsvertrag mit uns geschlossen" habe, trug der Klägerbevollmächtigte
im Schriftsatz vom 9. Oktober 2014 vor, dass die Klägerin und der Beigeladene wegen des fehlerhaften Hinweises davon abgehalten
worden seien, "einen solchen in Schriftform abzuschließen." Wenn es aber einem Vertrag nur an der Schriftform mangelt, bedeutet
dies, dass er jedenfalls auf andere Weise, zum Beispiel mündlich oder konkludent, abgeschlossen wurde.
Ferner ist es wegen des jedenfalls nicht in Schriftform abgeschlossenen Vermittlungsvertrages nicht entscheidungserheblich,
ob der Beigeladene durch eigene Bemühungen oder auf Vermittlung durch die Klägerin die Beschäftigungsstelle bei der E... Personaldienstleistungen
GmbH fand. Auch zur Tatbestandsvoraussetzung der Vermittlungstätigkeit des Arbeitsvermittlers widersprechen sich die Angaben
der Klägerin und des Beigeladenen.
b) Der von der Klägerin geltend gemachte Vergütungsanspruch kann auch nicht aus dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch
hergeleitet werden.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (vgl. hierzu auch Sächs. LSG, Urteil vom 11. September 2014 -
L 3 AS 799/12 - juris Rdnr. 42, m. w. N., Hassel, in: Brand,
SGB III [7. Aufl., 2015], §
323 Anh Rdnr. 28 ff.) setzt der sozialrechtliche Herstellungsanspruch voraus, dass der Sozialleistungsträger eine ihm aufgrund
Gesetzes oder Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht, insbesondere zur Beratung (vgl. § 14 des Sozialgesetzbuches Erstes
Buch - Allgemeiner Teil - [SGB I]) und Auskunft (vgl. §
15 SGB I), verletzt hat. Weiter ist erforderlich, dass zwischen der Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem Nachteil
des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Schließlich muss der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene
Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können (vgl. BSG, Urteil vom 20. Oktober 2010 - B 13 R 15/10 R - SozR 4-1500 § 193 Nr. 6 = juris, jeweils Rdnr. 39; m. w. N.; BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 - B 4 AS 29/10 R - SozR 4-1200 § 14 Nr. 15 = juris, jeweils Rdnr. 12; m. w. N.). Die Korrektur durch den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch
darf dem jeweiligen Gesetzeszweck nicht widersprechen (vgl. BSG, Urteil vom 16. Mai 2012 - B 4 AS 166/11R - SozR 4-4200 § 7 Nr. 31 - juris Rdnr. 27, m. w. N.).
(1) Vorliegend ist bereits die Behauptung des Klägerbevollmächtigten in der Berufungsbegründung, der dem Aktivierungs- und
Vermittlungsgutschein beigefügte formularmäßige Hinweis sei fehlerhaft, nicht zutreffend. Diese Textpassage lautet: "Für diese
Förderleistung (Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein) müssen sie keinen Vermittlungsvertrag mit dem Träger abschließen."
Dieser Hinweis, der sich an den Arbeitsuchenden richtet, ist aus rechtlicher Sicht korrekt. Denn weder aus dem Aktivierungs-
und Vermittlungsgutschein selbst noch aus einer gesetzlichen Regelung folgt die Verpflichtung eines Arbeitsuchenden, einen
Arbeitsvermittler zu beauftragen und mit ihm einen Vermittlungsvertrag abzuschließen. Vielmehr ergibt sich bereits aus dem
Gesetzeswortlaut der Einleitung von §
45 Abs.
4 Satz 2
SGB III, wonach der Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein zur Auswahl eines Trägers oder Arbeitgebers im Sinne dieser Regelung
"berechtigt", dass damit dem Inhaber des Gutscheines, im Fall einer Beschäftigungssuche dem Arbeitsuchenden, eine Handlungsoption
eröffnet, nicht jedoch eine Handlungspflicht auferlegt wird.
Entsprechend ist im ersten Absatz des Hinweisblattes zum Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein unter der Überschrift "Auswahl
eines zugelassenen Trägers" formuliert: mit dem Gutschein "können Sie einen Träger (private Arbeitsvermittlung) Ihrer Wahl
mit der Arbeitsvermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung beauftragen."
Soweit der Klägerbevollmächtigte weiter vorträgt, dass die Klägerin durch den aus seiner Sicht fehlerhaften Hinweis davon
abgehalten worden sei, einen Vermittlungsvertrag mit dem Beigeladenen "in Schriftform abzuschließen", erschließt sich nicht,
woraus die Klägerseite aus der zitierten Textpassage eine Aussage dazu, dass bei einem Vermittlungsvertrag keine Schriftform
einzuhalten sei, entnehmen will. Die Textpassage im Hinweisblatt, das wie der eigentliche Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein
an den Arbeitsuchenden gerichtet ist, betrifft erkennbar die Frage, ob eine Pflicht zum Vertragsabschluss besteht ("müssen
sie keinen Vermittlungsvertrag mit dem Träger abschließen"), und nicht die Frage nach einem Formerfordernis oder einer Formfreiheit
eines Vermittlungsvertrages. Die Auslegung der zitierten Textpassage durch die Klägerseite überzeugt zudem nicht, weil selektiv
ein Satz aus einem größeren Abschnitt unter der Überschrift "Vermittlungsvertrag" herausgegriffen und der weitere Textzusammenhang
ausgeklammert wird. So lautet der nächste Satz: "Sollten sie dennoch einen Vermittlungsvertrag schließen, handelt es sich
um einen privatrechtlichen Vertrag zwischen ihnen und dem Träger, mit dem Sie sich im Erfolgsfall zur Zahlung der Vermittlungsvergütung
verpflichten!" Danach folgen Hinweise dazu, welche Kosten des Trägers im Zusammenhang mit der Vermittlung abgedeckt sind,
sowie dass und welche Textpassagen im Vertrag unwirksam sein können. Der dritte Abschnitt betrifft die Vermittlungsvergütung.
Sämtliche Hinweise sind mithin darauf gerichtet, den Arbeitssuchenden über die Bedeutung und über rechtliche Aspekte des Aktivierungs-
und Vermittlungsgutschein sowie des Vermittlungsvertrages zu informieren. An keiner Stelle findet sich auch nur ansatz- oder
andeutungsweise eine Bemerkung zum Schriftformerfordernis beim Abschluss eines Vermittlungsvertrages.
(2) Einem Vergütungsanspruch aus dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch steht ferner entgegen, dass Begebenheiten tatsächlicher
Art, hier der Abschluss eines Vermittlungsvertrages, nicht im Rahmen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches ersetzt
werden können (vgl. z. B. Sächs. LSG, Urteil vom 18. Dezember 2014 - L 3 AL 120/12 - juris Rdnr. 44; vgl. auch die Beispielsfälle bei Hassel, in: Brand,
SGB III [7. Aufl., 2015], §
323 Anh Rdnr. 37 f.).
(3) Schließlich wäre im vorliegenden Fall die Zahlung einer Vermittlungsvergütung durch die Beklagte an die Klägerin keine
zulässige Amtshandlung. Denn der Verstoß gegen das Schriftformerfordernis ist vom Gesetzgeber in §
297 Nr. 1 Alt. 3
SGB III mit der zwingenden Folge der Unwirksamkeit des Vermittlungsvertrages sanktioniert. Wäre die Beklagte gleichwohl verpflichtet,
im Rahmen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches die Vermittlungsvergütung zu zahlen, würde damit das gesetzliche Schriftformerfordernis
umgangen.
Sofern die Klägerin weiterhin die Auffassung vertreten sollte, der dem Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein beigefügte
Hinweise sei fehlerhaft und deshalb sei kein formwirksamer Vermittlungsvertrag zwischen ihr und dem Beigeladenen zustande
gekommen, steht ihr der Weg zum zuständigen Landgericht offen, wo ein etwaiger Schadenersatzanspruch aus Amtshaftung gegen
die Beklagte geltend gemacht werden kann (vgl. Artikel
34 Satz 3 des
Grundgesetzes [GG] i. V. m. §
839 BGB und §
71 Abs.
2 des
Gerichtsverfassungsgesetzes [GVG]).
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes zu dem bis zum 31. März 2012 geltenden § 421g
SGB III war der Vermittler kein Leistungsempfänger im Sinne von §
183 SGG. Denn bei seiner Vergütung aus dem Vermittlungsgutschein handelte es sich um eine Vergütung aus wirtschaftlicher Betätigung.
Eines besonderen sozialen Schutzes des Vermittlers im Rahmen des sozialgerichtlichen Kostenrechts bedurfte es nicht (vgl.
BSG, Urteil vom 6. April 2006 - B 7a AL 56/05 R - BSGE 96, 190 [196] = SozR 4-4200 § 421g Nr. 1 = juris Rdnr. 21; BSG, Urteil vom 16. Februar 2012 - B 4 AS 77/11 R - SozR 4-4200 § 16 Nr. 10 - juris, jeweils Rdnr. 30, m. w. N.). Im Hinblick darauf, dass ein Arbeitsvermittler, wie oben
ausgeführt wurde, auch nach der seit 1. April 2012 geltenden Rechtslage einen gesetzlichen Vergütungsanspruch gegen die Beklagte
hat, und es sich wie nach der früheren Rechtslage bei der Vergütung weiter um eine solche aus wirtschaftlicher Betätigung
und nicht um eine Sozialleistung im Sinne von §
11 SGB I handelt (so aber SG Magdeburg, Urteil vom 30. Juli 2014, a. a. O.), ist ein Arbeitsvermittler weiterhin nicht kostenprivilegiert
im Sinne von §
183 SGG (ebenso SG Magdeburg, Urteil vom 10. September 2015, a. a. O., Rdnr. 30; a. A. wohl SG Magdeburg, Urteil 30. Juli 2014, a.
a. O. [Tenor], das ohne nähere Begründung die Kostenentscheidung wie in einem Fall von §
183 SGG tenoriert hat, dann allerdings einen Streitwert festgesetzt hat).
Es entspricht nicht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären (vgl.
§ 163 Abs. 3
VwGO). Denn er hat keinen Antrag gestellt hat und ist damit für den Fall seines Unterliegens kein Kostenrisiko eingegangen (vgl.
§
154 Abs.
3 Halbsatz 1
VwGO).
4. Gründe für die Zulassung der Revision nach §
160 Abs.
2 SGG liegen nicht vor.
5. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus §§ 47, 52 Abs. 3, des Gerichtskostengesetz (GKG) und ist gemäß § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.