Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit
hat.
Der 1960 geborene Kläger absolvierte von September 1977 bis Juli 1979 eine Ausbildung zum Meliorationstechniker und schloss
sie mit dem Facharbeiterbrief ab. Danach war er bis Oktober 1991 laut Sozialversicherungsausweis als Maschinist (Planierraupenfahrer)
tätig. Von April 1991 bis Januar 2004 arbeitete er als Laderaupenfahrer bei der O. St. GmbH, ab April 2004 bis Dezember 2004
als Planierraupen- und Baggerfahrer bei der J. Bau GmbH Erd- Tief- und Straßenbau. Die Entlohnung erfolgte laut Arbeitgeberauskunft
vom 18. November 2004 in der Lohngruppe 2 des Bundesrahmentarifvertrags für das Bauhauptgewerbe; es habe sich um eine Facharbeitertätigkeit
gehandelt. Seit dem 25. August 2004 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt und bezog im Anschluss an die Lohnfortzahlung Krankengeld.
Ab Januar 2005 erhielt er Leistungen der Bundesagentur für Arbeit und war von August bis Dezember 2005 als Sortierer bei der
L. Au. K. GmbH & Co KG tätig. Seit April 2006 war er als Helfer im Lagerbereich und seit dem 26. März 2007 erneut als Sortierer
bei der L. A. K. GmbH & Co KG tätig.
Im November 2004 beantragte er die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte holte u.a. ein orthopädisches
Gutachten des Dr. A. vom 17. Januar 2005 (Diagnosen: chronisch-rezidivierendes HWS-Syndrom mit Brachialgie und neurologisch
nachgewiesener Wurzelreizung, chronisch-rezidivierendes Lumbalsyndrom, chronisch-rezidivierendes BWS-Syndrom, Periarthropathiia
simplex der linken Schulter; Leistungsbild: leichte bis mittelschwere Arbeiten mit Einschränkungen vollschichtig) ein und
lehnte mit Bescheid vom 24. Januar 2005 die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab. Der Widerspruch blieb erfolglos
(Widerspruchsbescheid vom 26. Mai 2005). Der Kläger sei der Gruppe der angelernten Arbeiter zuzuordnen und könne auf alle
Tätigkeiten der angelernten Arbeiter und auf solche ungelernte Arbeiten verwiesen werden, welche nicht nur einen sehr geringen
qualitativen Wert hätten. Der Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit bedürfe es nicht.
Im Klageverfahren hat das Sozialgericht diverse Befundberichte sowie ein orthopädisches Gutachten des Dipl.-Med. Sch. vom
2. Juni 2006 eingeholt. Danach liegen bei dem Kläger ein chronisches Cervikobrachialsyndrom links bei Osteochondrose/Spondylose
von C5-C7 mit Einengung der Bandscheibenräume C5/C6 und C6/C7, eine chronische Bandscheibenvorwölbung C5/C6 und C6/C7 und
daraus resultierendes Nervenwurzelreizsyndrom C6/C7 links mit Kraftminderung linke Hand vom Grad Janda III, ein Karpaltunnelsyndrom
linke Hand, eine Rumpfmuskelinsuffizienz mit stato-motorischer Fehlhaltung der gesamten Wirbelsäule, eine Chondropathia retropatellaris
beidseits und ein rezidivierendes Lumbalsyndrom vor. Er sei aus orthopädischer Sicht in der Lage, leichte bis teilweise mittelschwere
Tätigkeiten vollschichtig mit Einschränkungen - keine volle Gebrauchsfähigkeit der linken Hand, keine ständigen Überkopfarbeiten,
keine Arbeiten in körperlicher Zwangshaltung für die Wirbelsäule, keine häufig bückende Tätigkeiten, kein Heben und Tragen
von Lasten über 15 kg, keine ständig knienden Tätigkeiten - in wechselnder Körperhaltung zwischen Sitzen und Stehen auszuüben.
Zusätzliche betriebsunübliche Pausen seien nicht erforderlich. Eine Tätigkeit als Planierraupenfahrer oder Lagerarbeiter sei
nicht mehr möglich.
Mit Urteil vom 27. Juli 2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger genieße aufgrund der zuletzt ausgeübten
Tätigkeit als Planierraupenfahrer keinen Berufsschutz als Facharbeiter. Seine Ausbildung als Meliorationstechniker sei für
die zuletzt ausgeübte Tätigkeit nicht erforderlich gewesen. Voraussetzung für eine derartige Tätigkeit sei ein Maschinistenlehrgang.
Es handele sich um Tätigkeiten im Teilbereich eines anerkannten Ausbildungsberufes. Insoweit sei die Tätigkeit als angelernte
Tätigkeit im unteren Bereich einzustufen. Damit sei der Kläger sozial zumutbar auf alle anderen angelernten und ungelernten
Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar. Leichte Tätigkeiten könne er nach den medizinischen Ermittlungen vollschichtig
ausüben.
Im Berufungsverfahren trägt der Kläger vor, er genieße Berufsschutz als Facharbeiter. Während seiner Ausbildung im Bereich
Melioration habe er die hierfür erforderlichen theoretischen Kenntnisse und Fertigkeiten für seine Arbeit als Baumaschinist
erworben. Es könne ihm nicht zum Nachteil gereichen, dass er auf Grund der katastrophalen Verhältnisse am Arbeitsmarkt für
eine qualifizierte Tätigkeit schlechter bezahlt wurde als es angemessen gewesen wäre. Nach dem Bescheid der Industrie- und
Handelskammer Suhl vom 18. Januar 2011 werde aufgrund von Artikel 37 des Einigungsvertrages vom 31. August 1990 auf Basis
des Einigungsvertragsgesetzes vom 23. September 1990 in der jeweils gültigen Fassung der am 15. Juli 1979 in Buttstädt erworbene
Berufsabschluss als Meliorationstechniker dem bundesdeutschen Berufsabschluss Tiefbaufacharbeiter gleichgestellt. Der Kläger
beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Meiningen vom 27. Juli 2007 teilweise aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 24. Januar
2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. Mai 2005 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 1. Dezember
2004 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils. Der Kläger genieße aufgrund der zuletzt
ausgeübten Tätigkeit als Baggerfahrer und der Entlohnung nach der Lohngruppe 2 des Tarifvertrages für das Bauhauptgewerbe
keinen Facharbeiterschutz. In dieser Lohngruppe würden Fachwerker, Maschinisten und Kraftfahrer entlohnt. Es handele sich
hierbei um fachlich begrenzte Arbeiten (Teilleistungen eines Berufsbildes oder angelernte Spezialtätigkeiten) nach Anweisung.
Folglich sei die zuletzt vor Rentenantragstellung ausgeübte Tätigkeit lediglich als angelernte (unteren Ranges) in das Mehrstufenschema
einzuordnen. Für die vollwertige Ausübung dieser Tätigkeit sei keine mindestens einjährige Einarbeitungs- oder Anlernzeit
erforderlich. Allein aus der Klarstellung des Prüfungszeugnisses durch die Industrie- und Handelskammer Suhl könne kein Berufsschutz
als Facharbeiter abgeleitet werden.
Der Senat hat Befundberichte des Dr. Sch. vom 17. August 2010 und des Facharztes für Allgemeinmedizin K. aus dem Jahr 2010
beigezogen und in der mündlichen Verhandlung den Zeugen T. K. vernommen. Bezüglich der Aussage wird auf die Sitzungsniederschrift
verwiesen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichts- und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug
genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist unbegründet; er hat keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach den §§
43,
240 SGB VI in der Fassung ab 1. Januar 2001 (n.F.) scheidet aus, denn die Leistungsfähigkeit des Klägers ist nicht in dem für eine Rentengewährung
erforderlichen Umfang herabgesunken. Nach §
43 Abs.
1 Satz 1
SGB VI n.F. haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind und
die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllen. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder
Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens
sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2). Nach §
240 Abs.
1 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres,
wenn sie vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind und die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (§
241 SGB VI) erfüllen.
Der Kläger ist nicht berufsunfähig i.S.v. §
240 SGB VI, weil seine Leistungsfähigkeit nicht in erforderlichem Umfang herabgesunken ist. Nach §
240 Abs.
2 S. 1
SGB VI sind Versicherte berufsunfähig, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit
von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten
auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Nach Satz 2 umfasst der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von
Versicherten zu beurteilen ist, alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung
der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes unter den besonderen Anforderungen ihrer bisherigen
Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nach Satz 4 nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs
Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Berufsunfähigkeit liegt nicht
schon dann vor, wenn der Versicherte "seinen Beruf" nicht mehr ausüben kann, sondern erst dann, wenn eine Verweisung auf eine
zumutbare andere Tätigkeit nicht mehr möglich ist.
Die Definition der Berufsunfähigkeit in §
240 Abs.
2 SGB VI entspricht insofern der in §
43 Abs.
2 SGB VI in der Fassung vor dem 1. Januar 2001 mit dem Unterschied, dass nunmehr auf ein Herabsinken auf weniger als sechs Stunden
abgestellt wird. Die bisherige Auslegung und Rechtsprechung zur Berufsunfähigkeit gilt bei der Neuregelung weiter (vgl. u.a.
Senatsurteil vom 26. Juli 2004 - Az.: L 6 RJ 301/03).
Die Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit wird grundsätzlich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufes festgestellt, wozu
die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) das so genannte Mehrstufenschema entwickelt hat. Die verschiedenen Stufen
sind nach dem qualitativen Wert des bisherigen Berufes - dieser wird nach Dauer und Umfang der im Regelfall erforderlichen
Ausbildung, nicht anhand von Prestige oder Entlohnung bestimmt - hierarchisch geordnet (vgl. BSG, Urteile vom 14. Mai 1996
- Az.: 4 RA 60/94 in BSGE 78, 207, 218 und vom 24. März 1998 - Az.: B 4 RA 44/96 R, nach juris). Die Arbeiterberufe werden durch das Mehrstufenschema in Gruppen untergliedert, die durch den Leitberuf des
Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter
Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf
mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert werden (vgl.
BSG, Urteil vom 3. November 1994 - Az.: 13 RJ 77/93 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 49). Im Rahmen der sozialen Zumutbarkeit kann ein Versicherter auf eine Tätigkeit der jeweils nächst
niedrigeren Gruppe verwiesen werden. Für die Verweisbarkeit eines angelernten Arbeiters ist es zudem von Bedeutung, ob er
dem oberen oder dem unteren Bereich dieser Gruppe angehört. Während den Angehörigen des unteren Bereiches grundsätzlich alle
Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts sozial zuzumuten sind, müssen sich Verweisungstätigkeiten für die Angehörigen des
oberen Bereiches durch Qualitätsmerkmale auszeichnen, z.B. das Erfordernis einer Einweisung und Einarbeitung oder die Notwendigkeit
beruflicher oder betrieblicher Vorkenntnisse. Aus der eingeschränkten Verweisbarkeit folgt, dass mindestens eine zumutbare
in Betracht kommende Tätigkeit konkret zu bezeichnen ist (vgl. BSG, Urteil vom 9. April 2003 - Az.: B 5 RJ 38/02 R m.w.N., nach juris).
Die Einordnung eines bestimmten Berufsschemas erfolgt nicht ausschließlich nach der Dauer der förmlichen Berufsausbildung,
sondern auch nach der Qualität der verrichteten Arbeit, das heißt dem aus der Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnden Wert der
Arbeit für den Betrieb (vgl. BSG, Urteil vom 29. März 1994 - Az.: 13 RJ 35/93 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45). Es kommt somit auf das Gesamtbild an, wie es durch die in §
43 Abs.
2 Satz 2
SGB VI genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung sowie des bisherigen Berufes, besondere Anforderungen der bisherigen
Berufstätigkeit) umschrieben wird. Auch wenn in einem Beruf der herkömmliche Ausbildungsweg nicht durchlaufen wurde, besteht
ein entsprechender Berufsschutz, wenn er nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübt wurde, der Versicherte über die für die
Wettbewerbsfähigkeit erforderlichen theoretischen Kenntnisse und praktischen Fertigkeiten verfügt und sich dies auch in einer
entsprechenden Bezahlung bzw. tariflichen oder tarifvertraglichen Einstufung widerspiegelt (vgl. BSG, Urteile vom 9. April
2003 - Az.: B 5 RJ 38/02 R und vom 20. Juli 2005 - Az.: B 13 RJ 29/04 R, nach juris). Die bloße Ausübung von Facharbeitertätigkeiten in einem Teilbereich reicht grundsätzlich nur für eine Einstufung
als angelernter Arbeiter aus, auch wenn die Entlohnung im Einzelfall derjenigen eines Facharbeiters entsprochen haben sollte
(vgl. BSG, Urteil vom 13. Dezember 2000 - Az.: B 5 RJ 28/99 R m.w.N., nach juris). Es kommt auf das Gesamtbild an.
Der Kläger ist angesichts der zuletzt bis 2002 ausgeübten versicherungspflichtigen Tätigkeit bei der Johannes Bau GmbH Erd-
Tief- und Straßenbau als Angelernter oberen Ranges einzustufen; die Voraussetzungen für eine Einstufung als Facharbeiter im
Sinne des oben genannten Mehrstufenschemas liegen nicht vor. Er war dort laut Arbeitgeberauskunft vom 18. November 2004, nach
seinem eigenen Vortrag und nach der Aussage des Zeugen Kirchner als Bagger- und Raupenfahrer eingesetzt. Es handelt sich um
eine Tätigkeit, die im Rahmen der Ausbildung zum Baumaschinenführer oder Baugeräteführers erlernt werden kann. Allerdings
liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger sämtliche theoretischen und praktischen Kenntnisse eines Baumaschinenführers
oder Baugeräteführers erworben hat. Er hat bei der J. Bau GmbH eine Planierraupe und einen Bagger und bei der O. St. GmbH
eine Kettenraupe und einen Kettenbagger gefahren, aber weder eine Weiterbildung zum Baumaschinenführer nach der Verordnung
über die Prüfung zum anerkannten Abschluss Geprüfter Baumaschinenführer vom 12. Dezember 1977 (BGBl. I Seite 2539) noch eine dreijährige Ausbildung zum Baugeräteführer absolviert.
Aus der Entlohnung ergibt sich kein Indiz für eine höhere Einstufung. Für die Ermittlung der Wertigkeit des bisherigen Berufes
haben nach der Rechtsprechung des BSG tarifliche Regelungen unter zwei Gesichtspunkten Bedeutung: Zum einen wird eine - "tarifliche"
- Eingruppierung des Versicherten in eine Tarifgruppe des jeweils geltenden Tarifvertrages durch den Arbeitgeber als Hinweis
dafür gewertet, dass die von Versicherten ausgeübte Tätigkeit in ihrer Wertigkeit der Berufs- und Tarifgruppe entspricht,
nach der er bezahlt wird. Da es sich aber insoweit nur um ein widerlegbares Indiz handelt, bleiben jedenfalls eindeutig unterwertige
Eingruppierungen durch die letzten Arbeitgeber im Rahmen der rentenversicherungsrechtlichen Bewertung des bisherigen Berufes
unberücksichtigt. Zum anderen wird davon ausgegangen, dass die abstrakte - "tarifvertragliche" - Einstufung der einzelnen,
in der Tarifgruppe genannten Tätigkeiten in der Regel auf deren Qualität beruht. Demgemäß lässt die abstrakte (tarifvertragliche)
Einordnung einer bestimmten Berufstätigkeit in eine Tarifgruppe, in der auch Facharbeiter eingeordnet sind, in der Regel den
Schluss zu, dass diese Berufstätigkeit im Geltungsbereich des Tarifvertrags als Facharbeitertätigkeit zu qualifizieren ist.
Ausnahmen von diesem Grundsatz gelten dann, wenn die Einstufung durch qualitätsfremde Merkmale bestimmt ist (vgl. BSG, Urteil
vom 20. Juli 2005 - Az.: B 13 RJ 29/04 R, nach juris).
Der Kläger wurde bei der J. Bau GmbH nicht wie ein Facharbeiter entlohnt. Die Lohngruppe 2 des Bundesrahmentarifvertrages
für das Baugewerbe vom 4. Juli 2002 in der Fassung vom 17. Dezember 2003 ist für fachlich begrenzte Arbeiten (Teilleistungen
eines Berufsbildes oder angelernte Spezialtätigkeiten) nach Anweisung vorgesehen. Als Regelqualifikationen werden u.a baugewerbliche
Stufenausbildung in der ersten Stufe, Baumaschinistenlehrgang oder anderweitig erworbene gleichwertige Fertigkeiten genannt.
Es handelt sich damit nicht um eine Lohngruppe, in der Facharbeiter mit einer dreijährigen Ausbildung (Stufenausbildung in
der zweiten Stufe) genannt werden. Eine eindeutig unterwertige Eingruppierung mit der Konsequenz, dass der Kläger nach der
eigentlichen Facharbeiterlohngruppe (Lohngruppe 4) zu entlohnen gewesen wäre, ist nicht ersichtlich. Nach dem Urteil des BSG
vom 9. September 1986 - Az.: 5b RJ 82/85 handelt es sich bei der tariflich definierten Berufsgruppe IV 4 des Baugewerbes nicht
um Facharbeiter im Sinne des Mehrstufenschemas, weil die zu dieser Gruppe gehörenden Hochbau-, Tiefbau- und Ausbaufacharbeiter
keine längere als zweijährige Ausbildung zurückgelegt haben; eigentliche Facharbeiterlohngruppe sei die Lohngruppe III (Spezialbaufacharbeiter).
Die zum Zeitpunkt dieser Entscheidung in der Lohngruppe IV definierten Tätigkeiten sind heute in der Lohngruppe 3 (Facharbeiter/Baugeräteführer/Berufskraftfahrer)
erfasst. Hiernach werden Arbeitnehmer entlohnt, die die baugewerbliche Stufenausbildung in der ersten Stufe absolviert und
Berufserfahrung gesammelt haben. Eigentliche Facharbeiterlohngruppe ist nach dieser Fassung des Bundesrahmentarifvertrages
und der zitierten Rechtsprechung des BSG die Lohngruppe 4 (Spezialfacharbeiter/Baumaschinenführer). Vorausgesetzt werden danach
eine selbstständige Ausführung der Facharbeiten des jeweiligen Berufsbildes, als mögliche Regelqualifikationen eine baugewerbliche
Stufenausbildung in der zweiten Stufe ab dem zweiten Jahr der Tätigkeit, eine Prüfung als Baumaschinenführer, eine Berufsausbildung
zum Baugeräteführer ab dem dritten Jahr der Tätigkeit oder durch langjährige Berufserfahrung erworbene gleichwertige Fertigkeiten
genannt.
Selbst wenn der Kläger tatsächlich in die Lohngruppe 3 (baugewerbliche Stufenausbildung in der ersten Stufe und Berufserfahrung)
einzugruppieren gewesen wäre, handelt es sich auch insoweit nicht um eine Facharbeiterlohngruppe und nicht um Facharbeiten
im Sinne des oben genannten Stufenschemas.
Eine Facharbeiterqualifikation kann auch nicht aus der absolvierten zweijährigen Ausbildung zum Meliorationstechniker Spezialisierungsrichtungsrichtung
Entwässerung hergeleitet werden, denn die regelmäßige Lehrzeit betrug nicht mehr als zwei Jahre. Auch die vorgetragene Gleichstellung
dieser Ausbildung mit dem Tiefbaufacharbeiter durch den Bescheid der Industrie- und Handelskammer Suhl vom 18. Januar 2011,
an die der Senat gebunden ist (vgl. Senatsurteil vom 27. Oktober 2009 - Az.: L 6 R 1276/07), ergibt kein anderes Ergebnis. Tiefbaufacharbeiter arbeiten auf wechselnden Baustellen, die sie auch selbst einrichten und
sichern, beispielsweise durch Absperrungen. Bevor sich je nach Schwerpunkt spezielle Aufgaben ausführen, nehmen sie Vorbereitungsarbeiten
vor: Tiefbaufacharbeiter/innen lösen Bodenmassen mithilfe von Maschinen und Spezialfahrzeugen wie Baggern. Sie sichern Baugruben
gegen abrutschende Erde, legen Gräben und Flächen trocken und verdichten den Boden am Ende der Arbeiten. So stellen sie Baugruben,
Gräben, Schächte, Böschungen und andere Erdkörper her. Zu den Schwerpunktübergreifenden Aufgaben gehören das Erledigen vorbereitender
Arbeiten wie die Einrichtung der Baustelle und Durchführung verkehrssichernder Maßnahmen (z.B. Absperrungen und Lichtquellen
aufstellen), die Anforderung bzw. der Transport das Lagern oder die Bereitstellung von Geräten, Maschinen und Baumaterialien,
die Ausführung von Erdarbeiten, wie Bodenmassen mithilfe von Maschinen und Spezialfahrzeugen wie Baggern und Großflächenverdichtern
lösen, laden, transportieren, einbauen und verdichten, das Herstellen von Baugruben, Gräben, Schächten, Böschungen und anderer
Erdkörper und die Prüfung der Ausführungsqualität der Arbeiten (vgl. http:www.berufenet.arbeitsamt.de). Tiefbaufacharbeiter
sind allerdings keine Facharbeiter im Sinne des Mehrstufenschemas, denn die Ausbildung ist nur die erste Stufe der insgesamt
36 Monate dauernden Ausbildung in der Bauwirtschaft und dauert nach § 2 Abs. 2 der Verordnung über die Berufsausbildung in
der Bauwirtschaft vom 2. Juni 1999 (BGBl. I Seite 399) 24 Monate.
Der Kläger kann als Angelernter oberen Ranges auf alle angelernten Tätigkeiten und Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes
verwiesen werden, die nicht nur ganz geringwertig sind. Die konkrete Benennung einer Verweisungstätigkeit ist allerdings erforderlich.
Der Senat verweist den Kläger auf die zumutbare und angesichts seiner gesundheitlichen Einschränkungen mögliche ungelernte
Tätigkeit als Pförtner an der Nebenpforte. Der Senat bezieht sich insoweit auf das Gutachten der Sachverständigen Janke vom
22. September 2001 aus einem anderen Verfahren des Senats (Az.: L 6 RJ 765/00) sowie der Stellungnahme des Bundesverbandes der Wach- und Sicherheitsunternehmen vom 20. Dezember 2007. Diese berufskundlichen
Unterlagen sind dem Prozessbevollmächtigten des Klägers und der Beklagten aus anderen Verfahren beim Thüringer Landessozialgericht
(vgl. z.B. Az.: L 3 RJ 705/03 und L 6 R 1121/08) bekannt.
Nach dem Gutachten der berufskundlichen Sachverständigen J. vom 22. September 2001 handelt es sich bei der Tätigkeit als Pförtner
um eine leichte körperliche Arbeit, die überwiegend in geschlossenen Räumen (Pförtnerloge) und überwiegend sitzend ausgeübt
wird. Sie ist für körperlich Behinderte geeignet. Z. T. ist ein Pförtner Zugluft ausgesetzt; in der Regel handelt es sich
um Schicht- und Nachtdienst, vorausgesetzt werden handwerkliche Kenntnisse, technisches Verständnis, zum Teil Flexibilität,
z. T. Kontaktfähigkeit sowie gute Umgangsformen. Der Zugang zur Erwerbstätigkeit als Pförtner ist nicht geregelt. Bei fehlenden
Kenntnissen kann eine Einarbeitung bzw. eine Anlernen praktiziert werden. Nach den Ausführungen des Bundesverbandes Deutscher
Wach- und Sicherheitsunternehmen erlaubt die Tätigkeit ein Arbeiten überwiegend im Sitzen, ein beliebiger Haltungswechsel
sowie ein Hin- und Hergehen in der Pförtnerloge bzw. je nach Örtlichkeit auch davor, ist möglich. Der Pförtner/die Pförtnerin
an der Nebenpforte muss durchschnittlichen Anforderungen an Aufmerksamkeit, Zuverlässigkeit, Verantwortungsbewusstsein und
Übersicht gewachsen sein. Die Tätigkeit des einfachen Pförtners an der Nebenpforte wird nach wie vor von zahlreichen Unternehmen
des Wach- und Sicherheitsgewerbes bedient. Es stehen ca. 800 bis 850 Arbeitsplätze zur Verfügung.
Nach dem orthopädischen Gutachten des Dipl.-Med. Sch. vom 11. Mai 2005 liegen bei dem Kläger ein chronisches Cervikobrachialsyndrom
links bei Osteochondrose/Spondylose von C5-C7 mit Einengung der Bandscheibenräume C5/C6 und C6/C7, eine chronische Bandscheibenvorwölbung
C5/C6 und C6/C7 und daraus resultierendes Nervenwurzelreizsyndrom C6/C7 links mit Kraftminderung linke Hand vom Grad Janda
III, ein Karpaltunnelsyndrom linke Hand, eine Rumpfmuskelinsuffizienz mit stato-motorischer Fehlhaltung der gesamten Wirbelsäule,
eine Chondropathia retropatellaris beidseits und ein rezidivierendes Lumbalsyndrom vor. Der Kläger ist aus orthopädischer
Sicht in der Lage leichte bis teilweise mittelschwere Tätigkeiten vollschichtig mit Einschränkungen - keine volle Gebrauchsfähigkeit
der linken Hand, keine ständigen Überkopfarbeiten, keine Arbeiten in körperlicher Zwangshaltung für die Wirbelsäule, keine
häufig bückende Tätigkeiten, kein Heben und Tragen von Lasten über 15 kg, keine ständig knienden Tätigkeiten - in wechselnder
Körperhaltung zwischen Sitzen und Stehen auszuüben. Einschränkungen der Wegefähigkeit bestehen nicht. Zusätzliche betriebsunübliche
Pausen sind nicht erforderlich.
Eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes ist aus den Befundberichten des Dr. Sch. vom 17. August 2010 und des Facharztes
für Allgemeinmedizin K. aus dem Jahr 2010 nicht ersichtlich und wird von dem Kläger auch nicht geltend gemacht. Zudem ist
er seit März 2007 vollschichtig bei der bei der L. A. K. GmbH & Co KG tätig.
Die in dem Gutachten genannten Einschränkungen werden bei der Pförtnertätigkeit an der Nebenpforte berücksichtigt. Hierbei
handelt sich um Arbeiten, die eine sitzende Körperhaltung, aber auch einen Wechsel der Körperhaltung ermöglichen. Sie beinhalten
keine schwere Hebe- oder Bückarbeiten, keine Arbeiten im Hocken oder Knien und keine ständigen Überkopfarbeiten.
Unwesentlich ist, ob dem Kläger mit dem festgestellten Leistungsvermögen eine entsprechende Tätigkeit als Pförtner an der
Nebenpforte vermittelt werden kann. Das Risiko, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu finden, trägt nicht die Beklagte, sondern
die Arbeitslosenversicherung.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des §
160 Abs.
2 SGG nicht vorliegen.