Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde im sozialgerichtlichen Verfahren
Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache bei Geltendmachung eines Verfassungsverstoßes
Gründe:
I
Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde an das BSG gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Sächsischen LSG vom 10.8.2016. Er macht eine grundsätzliche Bedeutung
der Rechtssache geltend (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) und formuliert als Rechtsfrage: "Verstößt Art.
6, § 4, Abs.
6, Satz 1 c FANG gegen Art.
3 GG und Art.
11 GG?".
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, denn sie ist nicht formgerecht begründet (§
160a Abs
2 S 3
SGG).
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache iS des §
160 Abs
2 Nr
1 SGG nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtssicherheit oder Fortbildung
des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren
Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese
noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts
erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine solche Klärung erwarten lässt.
Eine Rechtsfrage ist dann nicht klärungsbedürftig, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich zB unmittelbar aus
dem Gesetz ergibt oder bereits höchstrichterlich geklärt ist. Als bereits höchstrichterlich geklärt ist eine Rechtsfrage auch
dann anzusehen, wenn das Revisionsgericht bzw das BVerfG diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon
eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von
der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (vgl Senatsbeschluss vom 21.1.1993 - 13 BJ 207/92 - SozR 3-1500 § 160 Nr 8 S 17). Im Hinblick hierauf muss in der Beschwerdebegründung unter Auswertung der Rechtsprechung
des BSG zu dem Problemkreis substantiiert vorgetragen werden, dass zu dem angesprochenen Fragenbereich noch keine Entscheidung vorliege
oder durch die schon vorliegenden Urteile die hier maßgebende Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet sei
(Krasney/Udsching/Groth, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, Kap IX RdNr 183 mwN).
Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Insoweit genügt es nicht nur zu behaupten, höchstrichterliche
Rechtsprechung des BSG zur Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage existiere nicht, was sich schon daraus ergebe, dass das Berufungsgericht keine
zitiere. Ebenfalls nicht ausreichend ist es, wenn sodann doch eine Entscheidung des BSG - ohne Benennung des Aktenzeichens - erwähnt und deren Relevanz für die Beantwortung der Rechtsfrage damit abgetan wird,
es handele sich um ein "Fehlzitat" des LSG. Hier wäre zumindest eine Auseinandersetzung damit erforderlich gewesen, warum
diese Entscheidung ein "Fehlzitat" sein soll, also die Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage nicht beseitigt.
Auch mit dem Hinweis auf einen möglichen Grundrechtsverstoß zeigt die Beschwerdebegründung die grundsätzliche Bedeutung nicht
hinreichend auf. Wer mit der Nichtzulassungsbeschwerde einen Verfassungsverstoß geltend macht, darf sich dabei nicht auf die
bloße Benennung angeblich verletzter Grundrechte beschränken. Vielmehr muss der Beschwerdeführer unter Auswertung der einschlägigen
Rechtsprechung des BVerfG und des BSG zu den gerügten Verfassungsnormen bzw -prinzipien in substantieller Argumentation darlegen, welche gesetzlichen Regelungen
welche Auswirkungen haben und woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll. Hierzu müssen der Bedeutungsgehalt
der in Frage stehenden einfachgesetzlichen Normen aufgezeigt, die Sachgründe der jeweiligen Ausgestaltung erörtert und die
Verletzung der konkreten Regelung des
Grundgesetzes im Einzelnen dargelegt werden. Es ist aufzuzeigen, dass der Gesetzgeber die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit
überschritten und in unzulässiger Weise verletzt hat (vgl BSG Beschluss vom 8.9.2016 - B 9 V 13/16 B - Juris RdNr 7 mwN). Eine solche gründliche Erörterung der höchstrichterlichen und verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung
lässt die Beschwerde vermissen. Sie beschäftigt sich schon nicht mit der vom LSG zitierten Rechtsprechung des BVerfG. Insoweit
genügt es nicht darauf zu verweisen, die Rechtsprechung des BVerfG zu Art
3 GG werde als bekannt vorausgesetzt und bei Art
11 GG gebe es eine unmittelbare und eine mittelbare Betroffenheit.
Unabhängig von den Mängeln bei der Darlegung der Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage, gelingt es dem Kläger
auch nicht deren Klärungsfähigkeit im vorliegenden Verfahren aufzuzeigen. Der Kläger versäumt es bereits, den Sachverhalt
(iS einer Gesamtheit maßgeblicher Umstände) mitzuteilen, der dem Urteil des LSG zugrunde liegt; seinen Schilderungen können
allenfalls Fragmente der entscheidungserheblichen Tatsachen entnommen werden. Eine Sachverhaltsschilderung gehört jedoch zu
den Mindestvoraussetzungen der Darlegung bzw der Bezeichnung des Revisionszulassungsgrundes. Es ist nicht Aufgabe des Revisionsgerichts
sich im Rahmen des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens die maßgeblichen Tatsachen aus dem angegriffenen Urteil selbst herauszusuchen
(s nur Senatsbeschluss vom 23.7.2007 - B 13/4 R 381/06 B - Juris RdNr 8 mwN). Ohne Sachverhaltswiedergabe kann das BSG die Entscheidungserheblichkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage nicht beurteilen.
So liegt der Fall hier. Nach der vom Kläger für verfassungswidrig befundenen Vorschrift des Art 6 § 4 Abs 6 S 1 Buchst c und
S 2, 3 FANG, werden bei Berechtigten nach dem Fremdrentengesetz (FRG), die nach dem 31.12.1991 ihren gewöhnlichen Aufenthalt aus dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet
in das Beitrittsgebiet verlegen und bereits vor Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts einen Anspruch auf Zahlung einer Rente
nach dem FRG haben, für nach dem FRG anrechenbare Zeiten Entgeltpunkte (Ost) ermittelt; im Falle von Buchst c gilt dies nur, sofern am 31.12.1991 Anspruch auf
Zahlung einer Rente nach dem FRG nicht bestand. Dies gilt auch für die Zeiten eines weiteren Rentenbezugs aufgrund neuer Rentenfeststellungen, wenn sich die
Rentenbezugszeiten ununterbrochen aneinander anschließen. Bei Berechtigten nach S 1 Buchst a und c, die ihren gewöhnlichen
Aufenthalt aus dem Beitrittsgebiet in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet verlegen, verbleibt
es für Zeiten nach dem FRG bei den ermittelten Entgeltpunkten (Ost). Dass diese Vorschrift den Fall des Klägers betrifft, vermag der Senat nach den
Darlegungen des Klägers nicht zu beurteilen. Denn der Kläger bringt zum Lebenssachverhalt nicht einmal dar, wann er von wo
nach wo umgezogen ist. Seinen Ausführungen lässt sich nur entnehmen, dass es sich um einen Umzug von Baden-Württemberg nach
Sachsen, also von einem Bundesland der alten Bundesrepublik in ein Bundesland im Beitrittsgebiet handeln könnte. Auch ergibt
sich aus der Beschwerdebegründung nicht, ob seiner Rentenberechnung anrechenbare Zeiten nach dem FRG und ggf welche Entgeltpunkte der Berechnung der Höhe seiner Rentenleistung vor und nach dem Umzug zugrunde lagen/liegen.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl §
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt nach §
160a Abs
4 S 1 Halbs 2 iVm §
169 S 2 und 3
SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.