Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde im sozialgerichtlichen Verfahren; Bezeichnung des Verfahrensmangels
Gründe:
Mit Urteil vom 27.10.2009 hat das Thüringer Landessozialgericht (LSG) den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Festsetzung
eines höheren Rentenhöchstwerts unter Berücksichtigung (ua) der Beschäftigungszeiten vom 11.12.1972 bis 30.9.1994 als Pflichtbeitragszeiten
und auf Zahlung entsprechend höherer Beträge verneint.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger beim Bundessozialgericht (BSG) Beschwerde eingelegt.
Er beruft sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und den Verfahrensfehler des Fehlens von Entscheidungsgründen.
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig. Seine Begründung vom 16.2.2010 genügt den gesetzlichen Anforderungen
nicht, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht ordnungsgemäß dargetan worden sind (vgl § 160a Abs 2 Satz 3 des Sozialgerichtsgesetzes
[SGG]).
Grundsätzlich bedeutsam iS des §
160 Abs
2 Nr
1 SGG ist eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit
oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss
daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen
sich stellen, dass diese Rechtsfragen noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit
oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine derartige Klärung erwarten
lässt. Um seiner Darlegungspflicht (§
160a Abs
2 Satz 3
SGG) zu genügen, muss ein Beschwerdeführer mithin (1) eine konkrete Rechtsfrage, (2) ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit,
(3) ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) und (4) die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung
der von ihm angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) aufzeigen (vgl zum Ganzen BSG vom 25.9.2002, SozR 3-1500
§ 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Der Kläger hält folgende Frage für grundsätzlich bedeutsam:
"Schließt die Beitragszahlung zum ungarischen Versicherungsträger die Anerkennung deutscher Beitragszeiten bei Beschäftigung
eines ungarischen Staatsangehörigen in der DDR aus, wenn die Beitragszahlung fälschlicherweise zum ungarischen Träger statt
zur Sozialversicherung der DDR erfolgt ist?"
Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger damit eine hinreichend konkrete Rechtsfrage im oben genannten Sinne formuliert
hat. Nicht näher erörtert zu werden braucht auch, ob er die Klärungsfähigkeit der aufgeworfenen Fragestellung hinreichend
dargelegt hat. Jedenfalls hat der Kläger es versäumt, die Klärungsbedürftigkeit der gestellten Frage darzulegen. Denn er zeigt
in seiner Beschwerdebegründung nicht auf, dass sich die Beantwortung der Frage nicht schon aus dem Gesetz oder aus der höchstrichterlichen
Rechtsprechung ergibt.
Der Kläger behauptet nicht, dass im hier streitigen Zeitraum für ihn Beiträge zur Rentenversicherung der DDR gezahlt worden
seien. Vielmehr trägt er selbst vor, dass "unstreitig" Beiträge durch seine ungarischen Arbeitgeber zum ungarischen Rentenversicherungsträger
entrichtet worden seien. Warum die Bestimmung des § 248 Abs 3 Satz 1 Halbsatz 1 des Sechsten Buchs Sozialgesetzbuch, nach
der den Beitragszeiten nach Bundesrecht gleichgestellte Zeiten nur solche Zeiten sind, für die Beiträge zu einem System der
gesetzlichen Rentenversicherung im Beitrittsgebiet gezahlt worden sind, die von ihm als grundsätzlich bedeutsam herausgestellte
Frage und auch die in der weiteren Beschwerdebegründung (S 6 oben) formulierte Frage, "ob allein die Tatsache, dass Beiträge
zur ungarischen Rentenversicherung entrichtet wurden, bedeutet, dass die Zeiten nicht deutsche Versicherungszeiten sein können",
nicht löst, erläutert er nicht. Er behauptet nicht einmal, dass sich die Beantwortung der Fragen nicht aus dem Gesetz ergebe.
Sofern der Kläger auf das Abkommen zwischen der Regierung der DDR und der Regierung der Ungarischen Volksrepublik über die
Zusammenarbeit auf dem Gebiete der Sozialpolitik vom 30.1.1960 (GBl-DDR I, 136) Bezug nimmt, legt er nicht dar, ob dieses
Abkommen überhaupt Bestandteil des vom BSG allein anzuwendenden und zu prüfenden Bundesrechts (§
162 SGG) geworden ist (vgl verneinend die vom Kläger in der Beschwerdebegründung zitierte Entscheidung des BSG vom 27.1.1999 - B
4 RA 44/98 R - BSGE 83, 224 = SozR 3-8100 Art 12 Nr 3; vgl hierzu auch BSG vom 1.2.2000 - BSGE 85, 256 = SozR 3-8100 Art 12 Nr 5).
Der Kläger rügt ferner, dem angefochtenen Urteil fehle es "an den 'Entscheidungsgründen' im Sinne der §§
128 Abs.
1 und
136 Abs.
1 Ziff. 6
SGG", weil das LSG auf seinen Vortrag zu der Familienzusammenführung und Wohnsitznahme nicht eingegangen sei.
Mit seinem Vorbringen hat er jedoch einen Verstoß gegen die aus §
128 Abs
1 Satz 2 iVm §
136 Abs
1 Nr
6 SGG folgende Begründungspflicht nicht ausreichend bezeichnet. Nach §
128 Abs
1 Satz 2
SGG sind in dem Urteil die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. Das bedeutet, aus den
Entscheidungsgründen muss ersichtlich sein, auf welchen Erwägungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht die Entscheidung
beruht. Dafür muss das Gericht aber nicht jeden Gesichtspunkt, der erwähnt werden könnte, abhandeln (vgl Bundesverfassungsgericht
vom 1.8.1984 - SozR 1500 § 62 Nr 16). Auch braucht es nicht zu Fragen Stellung nehmen, auf die es nach seiner Auffassung nicht
ankommt. Dass das angefochtene Urteil zur Entscheidung, dass die Beklagte nicht verpflichtet sei, die geltend gemachten Beschäftigungszeiten
als Pflichtbeitragszeiten bei der Rentenberechnung rentensteigernd zu berücksichtigen, überhaupt keine Begründung enthält,
behauptet der Kläger nicht. Eine Entscheidung ist aber nicht schon dann nicht mit Gründen versehen, wenn das Gericht sich
unter Beschränkung auf den Gegenstand der Entscheidung kurz gefasst und nicht jeden Gesichtspunkt, der möglicherweise hätte
erwähnt werden können, behandelt hat. Die Begründungspflicht wäre selbst dann nicht verletzt, wenn die Ausführungen des Gerichts
zu den rechtlichen Voraussetzungen und tatsächlichen Gegebenheiten falsch, oberflächlich oder wenig überzeugend sein sollten
(Senatsbeschluss vom 22.1.2008 - B 13 R 144/07 B - Juris RdNr 7 mwN). Das LSG hätte daher allenfalls dann, wenn für seine Entscheidung und nach seiner Rechtsauffassung
die Familienzusammenführung und die Wohnsitznahme von Bedeutung gewesen wären, §
128 Abs
1 Satz 2 iVm §
136 Abs
1 Nr
6 SGG verletzen können. Dass dies der Fall war, hat der Kläger aber nicht aufgezeigt. Wenn er meinen sollte, eine sachgerechte
Entscheidung sei ohne Berücksichtigung dieser Umstände nicht möglich, rügt er aber nicht einen Verstoß gegen die Begründungspflicht
nach §
128 Abs
1 Satz 2 iVm §
136 Abs
1 Nr
6 SGG, sondern die Unrichtigkeit der Entscheidung. Das genügt indes für die Zulassung der Revision nicht (BSG vom 26.6.1975 - SozR
1500 § 160a Nr 7).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung
beizutragen (§
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß §
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm §
169 Satz 2 und
3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 Abs
1 SGG.