Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer
Divergenzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Voraussetzungen für die Senkung der Entschädigungspauschale
Gründe
I
Die Klägerin begehrte ursprünglich eine Geldentschädigung von 5900 Euro für die Dauer des von ihr geführten Verfahrens vor
dem SG für das Saarland (Az S 12 AS 552/12). In diesem Ausgangsverfahren war die einmalige Zahlung von Fahrtkosten in Höhe von 14,30 Euro streitig. Das LSG als Entschädigungsgericht
hat den Beklagten verurteilt, der Klägerin 170 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit
zu zahlen und im Übrigen die Klage abgewiesen. Die Dauer des Ausgangsverfahrens vor dem SG weise eine unangemessene Verfahrensdauer von 41 Monaten auf, von denen lediglich 17 Monate zu entschädigen seien. Die Verzögerungen
im Ausgangsverfahren würden zumindest teilweise durch die zügige Bearbeitung des anschließenden Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens
ausgeglichen. Zudem sei aufgrund der Vielzahl der Verfahren, die die Klägerin führe, der Orientierungswert von 12 Monaten
Vorbereitungs- und Bedenkzeit auf 18 Monate zu erhöhen. Das neben dem Hauptsacheverfahren geführte Prozesskostenhilfeverfahren
führe als dessen Annex nicht zu einem eigenständigen Entschädigungsanspruch. Zwar sei die bloße Feststellung, dass die Verfahrensdauer
unangemessen gewesen sei, im vorliegenden Fall nicht ausreichend. Allerdings sei ein höherer Entschädigungsbetrag als 10 Euro
pro Monat der Verzögerung, also insgesamt 170 Euro, im Hinblick auf den geringen Streitwert im Ausgangsverfahren unbillig
(Urteil vom 8.9.2021).
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat die Klägerin Beschwerde beim BSG eingelegt und in der Hauptsache noch eine Geldentschädigung von 1700 Euro abzüglich gezahlter 173,76 Euro begehrt. Sie macht
eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, Divergenz und Verfahrensmängel geltend.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Die Begründung verfehlt die gesetzlichen Anforderungen, weil die
geltend gemachten Zulassungsgründe nicht ordnungsgemäß dargetan worden sind (vgl §
160a Abs
2 Satz 3
SGG).
1. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung iS von §
160 Abs
2 Nr
1 SGG, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des
Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren
Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch
nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts
erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin,
um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit
(Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog
Breitenwirkung) darlegen (stRspr; zB BSG Beschluss vom 27.8.2020 - B 9 V 5/20 B - juris RdNr 6 mwN). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Die Klägerin hält sinngemäß die Frage für grundsätzlich bedeutsam, ob "die monatliche Entschädigungspauschale von 100,- Euro
aufgrund eines geringen Streitwerts zu kürzen wäre" und "welches der Maßstab für die Kürzung sein soll und wie das begründet
wird".
Es ist schon fraglich, ob die Klägerin damit eine Rechtsfrage iS des §
160 Abs
2 Nr
1 SGG bezeichnet hat. Dies erfordert die Formulierung einer abstrakt-generellen Rechtsfrage zum Inhalt oder Anwendungsbereich einer
revisiblen Norm. Die - vorliegend zumindest zweifelhafte - klare Formulierung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen
Rechtsfrage ist unverzichtbar, damit das BSG als Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann. Es gehört nicht zu den Aufgaben
des BSG, den Vortrag des Beschwerdeführers daraufhin zu analysieren, ob sich ihm eventuell eine entsprechende Rechtsfrage entnehmen
ließe (vgl stRspr; zB BSG Beschluss vom 19.5.2021 - B 10 ÜG 13/20 B - juris RdNr 13 mwN).
Unabhängig davon hat die Klägerin in der Beschwerdebegründung den Klärungsbedarf der von ihr aufgeworfenen Fragestellung nicht
aufgezeigt. Sie beschäftigt sich schon nicht damit, inwieweit sich die Antwort auf die gestellte Frage zur Höhe der Entschädigung
nicht bereits aus dem Gesetz (vgl §
198 Abs
1 Satz 1, Abs
2 Satz 2 bis
4 GVG) und den Entscheidungen des BSG insbesondere zur Senkung der pauschalen Entschädigung entnehmen lässt (BSG Urteil vom 12.2.2015 - B 10 ÜG 11/13 R - BSGE 118, 102 = SozR 4-1720 § 198 Nr 9; BSG Urteil vom 3.9.2014 - B 10 ÜG 2/14 R - SozR 4-1720 § 198 Nr 5; vgl auch BSG Beschluss vom 14.10.2020 - B 10 ÜG 3/20 B - juris RdNr 10). Denn auch dann gilt eine Rechtsfrage als höchstrichterlich geklärt (stRspr; zB BSG Beschluss vom 26.9.2018 - B 10 EG 13/18 B - juris RdNr 7). Allein die Darstellung der eigenen Rechtsansicht reicht insoweit nicht aus. Zwar erwähnt die Klägerin die Entscheidung des
BSG vom 12.2.2015, in der es ausgeführt hat, dass §
198 Abs
2 Satz 4
GVG keine Legitimation für eine grundsätzliche Kappung der Entschädigung auf den Betrag des Streitwerts in Fällen, in denen die
Entschädigungspauschale den Streitwert um ein Vielfaches übersteige, bietet (BSG aaO, RdNr 37). In dieser Entscheidung hat das BSG aber auch darauf hingewiesen, dass §
198 Abs
2 Satz 4
GVG für Ausnahmefälle die Möglichkeit eröffnet, von der jährlichen 1200-Euro-Pauschale nach oben oder nach unten abzuweichen
(so auch bereits BSG Urteil vom 3.9.2014 aaO, RdNr 53 mit Hinweis auf BT-Drucks 17/3802 S 20). Soweit die Klägerin die in diesem Rahmen vom Entschädigungsgericht festgestellte Entschädigung in Höhe von 170 Euro aus
ihrer Sicht als im Widerspruch zur genannten Entscheidung des BSG sieht und so eine fehlerhafte Gewichtung, Abwägung und Würdigung der von ihr benannten (Einzelfall-)Umstände rügt, wendet
sie sich gegen eine fehlerhafte Rechtsanwendung in ihrem Einzelfall. Hierauf kann eine Grundsatzrüge jedoch nicht gestützt
werden (vgl stRspr; zB BSG Beschluss vom 19.5.2021 - B 10 ÜG 13/20 B - juris RdNr 13 mwN).
2. Divergenz iS von §
160 Abs
2 Nr
2 SGG bedeutet Widerspruch im Rechtssatz, nämlich das Nichtübereinstimmen tragender abstrakter Rechtssätze, die zwei Urteilen zugrunde
gelegt sind. Eine Abweichung liegt nicht schon dann vor, wenn das LSG als Entschädigungsgericht eine höchstrichterliche Entscheidung
unrichtig ausgelegt oder das Recht unrichtig angewandt hat, sondern erst, wenn das Entschädigungsgericht Kriterien, die ein
in der Norm genanntes Gericht (BSG, Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, BVerfG) aufgestellt hat, widersprochen, also andere Maßstäbe entwickelt
hat. Das Entschädigungsgericht weicht damit nur dann iS von §
160 Abs
2 Nr
2 SGG von einer Entscheidung des BSG ab, wenn es einen abstrakten Rechtssatz aufstellt, der einer zu demselben Gegenstand gemachten und fortbestehenden aktuellen
abstrakten Aussage des BSG entgegensteht und dem Urteil des Entschädigungsgerichts tragend zugrunde liegt. Die Beschwerdebegründung muss deshalb aufzeigen,
welcher abstrakte Rechtssatz in den genannten höchstrichterlichen Urteilen oder Beschlüssen enthalten ist, und welcher in
der Entscheidung des Entschädigungsgerichts enthaltene Rechtssatz dazu im Widerspruch steht, und darlegen, dass die Entscheidung
hierauf beruhen kann (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 19.5.2021 - B 10 ÜG 13/20 B - juris RdNr 8; BSG Beschluss vom 14.10.2020 - B 10 ÜG 3/20 B - juris RdNr 6). Diese Anforderungen erfüllt der Beschwerdevortrag der Klägerin nicht.
Die Klägerin rügt, das Entschädigungsgericht sei von der Entscheidung des BSG vom 12.2.2015 (B 10 ÜG 11/13 R - BSGE 118, 102 = SozR 4-1720 § 198 Nr 9) abgewichen, weil es einen eigenen, vom BSG abweichenden Rechtssatz formuliert habe, wonach eine Entschädigung in Höhe von 100 Euro pro Monat bzw eine Gesamtentschädigung
von 1700 Euro in keinem Verhältnis zu einem Streitwert von 14,30 Euro stünde. Aus welchem Grund das Entschädigungsgericht
lediglich eine Entschädigungshöhe von 10 Euro pro Monat zugesprochen habe, habe es nicht begründet.
Es kann dahingestellt bleiben, ob das Entschädigungsgericht in der angefochtenen Entscheidung den von der Klägerin behaupteten
Rechtssatz tatsächlich aufgestellt hat, was von dem Beklagten in seiner Beschwerdeerwiderung in Abrede gestellt wird.
Soweit die Klägerin bezogen auf das vorgenannte BSG-Urteil eine Divergenz im Hinblick auf den von ihr behaupteten Rechtssatz des Entschädigungsgerichts rügt, stellt sie in der
Beschwerdebegründung selbst aber nicht in Abrede, dass das Entschädigungsgericht in Übereinstimmung mit dem BSG davon ausgegangen ist, dass §
198 Abs
2 Satz 4
GVG keine Legitimation für eine grundsätzliche Kappung der Entschädigung auf den Betrag des Streitwerts in Fällen bietet, in
denen die Entschädigungspauschale den Streitwert um ein Vielfaches übersteigt.
In dieser Entscheidung hat das BSG bereits verdeutlicht, dass auch bei Gefahr des Missbrauchs der Streitwert des Ausgangsverfahrens nicht unmittelbar auf den
Umfang des Entschädigungsanspruchs übertragbar ist (aaO RdNr 37; vgl auch BSG Beschluss vom 14.10.2020 - B 10 ÜG 3/20 B - juris RdNr 10; BSG Beschluss vom 29.10.2018 - B 10 ÜG 6/18 B - juris RdNr 6). Auf dieser Grundlage kommt das Entschädigungsgericht zu der Feststellung, dass es vorliegend unter Berücksichtigung aller
Umstände des Einzelfalls angemessen sei, von einem Entschädigungsbetrag von 10 Euro pro Monat der Verzögerung auszugehen.
Dass sich das Entschädigungsgericht damit in Divergenz zur vorgenannten Rechtsprechung des BSG gesetzt hat, zeigt die Klägerin nicht auf. Vielmehr hätte sie für die Bezeichnung einer Abweichung iS von §
160 Abs
2 Nr
2 SGG darlegen müssen, dass das Entschädigungsgericht die von ihm ausdrücklich herangezogene Rechtsprechung des BSG im angefochtenen Urteil infrage stellt, was aber nicht schon dann der Fall ist, wenn es einen höchstrichterlichen Rechtssatz
missverstanden und deshalb das Recht fehlerhaft angewendet hat (stRspr; zB BSG Beschluss vom 14.10.2020 - B 10 ÜG 3/20 B - juris RdNr 10; BSG Beschluss vom 27.3.2020 - B 10 ÜG 17/19 B - juris RdNr 15). Deshalb hätte die Klägerin in der Beschwerdebegründung vertieft darauf eingehen müssen, dass das Entschädigungsgericht in
dem angefochtenen Urteil bezogen auf die von ihr behauptete Abweichung nicht lediglich die Tragweite der höchstrichterlichen
Rechtsprechung verkannt, sondern dieser Rechtsprechung zu demselben Gegenstand einen eigenen Rechtssatz entgegengesetzt hat
(vgl stRspr; zB BSG Beschluss vom 14.10.2020 - B 10 ÜG 3/20 B - juris RdNr 10 mwN). Daran fehlt es. Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass das Entschädigungsgericht den vom BSG aufgestellten Kriterien zur Abweichung von der Entschädigungspauschale von 100 Euro monatlich nach §
198 Abs
2 Satz 4
GVG widersprochen, also diesbezüglich eigene - abweichende - rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Hierzu fehlt es der Begründung
an einer geordneten Darstellung des beiden Entscheidungen zugrundeliegenden Sachverhalts, weshalb die Vergleichbarkeit beider
Aussagen nicht ohne weiteres nachvollzogen werden kann. Zum anderen ist der Beschwerdebegründung zu entnehmen, dass sich das
Entschädigungsgericht ausdrücklich auf die vermeintlich widersprechende Entscheidung des BSG bezogen hat. Insoweit hätte die Klägerin unter detaillierter Darstellung und Analyse der relevanten Passagen des angefochtenen
Urteils deutlich machen müssen, dass das Entschädigungsgericht nicht nur in Anwendung des Rechtssatzes des BSG zu einem hiermit vermeintlich unvereinbaren Ergebnis im Einzelfall gelangt ist, sondern den Einzelfall von vornherein nach
abweichenden rechtlichen Maßgaben beurteilt hat. Im Kern kritisiert die Klägerin tatsächlich nur eine - vermeintlich - falsche
Rechtsanwendung des Entschädigungsgerichts in ihrem Einzelfall. Ihr diesbezüglicher Vortrag geht daher letztendlich über eine
im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren unbeachtliche Subsumtionsrüge nicht hinaus (vgl BSG Beschluss vom 8.11.2017 - B 13 R 229/17 B - juris RdNr 8).
3. Ebenso wenig hat die Klägerin einen Verfahrensmangel hinreichend bezeichnet. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf
gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 1
SGG), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§
160a Abs
2 Satz 3
SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist
die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des Entschädigungsgerichts ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht
auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung der angefochtenen Entscheidung besteht. Gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 2
SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel dabei nicht auf eine Verletzung der §§
109 und
128 Abs
1 Satz 1
SGG und auf eine Verletzung des §
103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Entschädigungsgericht ohne hinreichende Begründung
nicht gefolgt ist.
Soweit die Klägerin als Verfahrensmangel rügt, das Entschädigungsgericht habe eine Überraschungsentscheidung getroffen und
dadurch ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (Art
103 Abs
1 GG, §
62 SGG) verletzt, weil es verpflichtet gewesen wäre, vor seiner Entscheidung ihr gegenüber Hinweise zu erteilen, das es die Absicht
habe, von der Rechtsprechung des BSG abzuweichen, um ihr die Möglichkeit einzuräumen, hierzu Stellung zu nehmen, verfehlen ihre Ausführungen die Darlegungsanforderungen.
Der geltend gemachte Verfahrensmangel einer Überraschungsentscheidung ist nicht schlüssig bezeichnet. Es gibt keinen allgemeinen
Verfahrensgrundsatz, der das Gericht verpflichten würde, die Beteiligten vor einer Entscheidung auf eine in Aussicht genommene
Beweiswürdigung hinzuweisen oder die für die richterliche Überzeugungsbildung möglicherweise leitenden Gründe zuvor mit den
Beteiligten zu erörtern. Zudem gewährleistet der Anspruch auf rechtliches Gehör nur, dass ein Beteiligter mit seinem Vortrag
"gehört", nicht jedoch "erhört" wird. Die Gerichte werden durch Art
103 Abs
1 GG nicht dazu verpflichtet, seiner Rechtsansicht zu folgen (stRspr; zB BSG Beschluss vom 19.8.2021 - B 10 ÜG 11/20 B - juris RdNr 7; BSG Beschluss vom 28.9.2018 - B 9 V 21/18 B - juris RdNr 11; BSG Beschluss vom 28.11.2016 - B 10 ÜG 27/16 B - juris RdNr 12).
Um den Anspruch auf rechtliches Gehör und damit zugleich das Gebot fairen Verfahrens (vgl BSG Beschluss vom 21.4.2020 - B 1 KR 73/19 B - juris RdNr 12; BSG Beschluss vom 7.8.2014 - B 13 R 441/13 B - juris RdNr 12) zu wahren, darf das Gericht seine Entscheidung aber nicht auf einen rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt stützen,
mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen
bei Anwendung der von ihm zu verlangenden Sorgfalt nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte (vgl stRspr; zB BSG Beschluss vom 19.8.2021 - B 10 ÜG 11/20 B - juris RdNr 8; BSG Beschluss vom 28.11.2016 - B 10 ÜG 27/16 B - juris RdNr 12).
Die Beschwerdebegründung legt jedoch schon nicht substantiiert dar, wieso eine Abweichung von der Entschädigungspauschale
von 100 Euro auf 10 Euro pro Monat nicht vorhersehbar war, obwohl die Rechtslage dies nach den Entscheidungen des BSG vom 3.9.2014 (B 10 ÜG 2/14 R - SozR 4-1720 § 198 Nr 5 RdNr 53) und vom 12.2.2015 (B 10 ÜG 11/13 R - BSGE 118, 102 = SozR 4-1720 §
198 Nr
9, RdNr
37) für Ausnahmefälle nach §
198 Abs
2 Satz 4
GVG vorsieht.
Schließlich ist auch ein Verstoß des Entschädigungsgerichts gegen Art
101 Abs
1 Satz 2
GG durch den von der Beschwerde behaupteten Entzug des gesetzlichen Richters nicht ausreichend gerügt, weil das Entschädigungsgericht
pflichtwidrig die Revision nicht zugelassen habe. Dem Vorbringen in der Beschwerdebegründung lassen sich keine Tatsachen entnehmen,
aus denen sich eine unvorschriftsmäßige Besetzung des Entschädigungsgerichts ergeben könnte. Die Klägerin behauptet nicht,
ein Ablehnungsgesuch gestellt zu haben. Soweit die Klägerin sinngemäß mit diesem Vorbringen eine Verletzung des effektiven
Rechtsschutzes nach Art
19 Abs
4 GG rügen will, weil das Entschädigungsgericht den Zugang zum Revisionsgericht durch die Nichtzulassung der Revision ohne sachliche
Gründe erschwert habe, hat sie keinen Verfahrensmangel bezeichnet. Insbesondere legt die Klägerin nicht dar, weshalb der effektive
Rechtsschutz nach Art
19 Abs
4 GG durch die gesetzliche Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde anzufechten (§
160a Abs
1 SGG) nicht gewahrt werden sollte (vgl BSG Beschluss vom 14.10.2020 - B 10 ÜG 3/20 B - juris RdNr 13).
4. Der Senat war nicht verpflichtet, die Klägerin entsprechend ihrer mehrfach vorgebrachten vorsorglichen Bitte in der Beschwerdebegründung
um einen rechtlichen Hinweis zu ihrer Rechtsauffassung "für den Fall, dass der Senat dies anders sehen sollte", vorab auf
die Unzulänglichkeit des Beschwerdevortrags aufmerksam zu machen. Das Gesetz unterstellt, dass ein Rechtsanwalt in der Lage
ist, Formerfordernisse einzuhalten; gerade dies ist ein Grund für den Vertretungszwang vor dem BSG gemäß §
73 Abs
4 SGG. §
106 SGG gilt insoweit nicht. Ein Rechtsanwalt muss in der Lage sein, ohne Hilfe durch das Gericht eine Nichtzulassungsbeschwerde
ordnungsgemäß zu begründen (stRspr; zB BSG Beschluss vom 19.5.2021 - B 10 ÜG 13/20 B - juris RdNr 15; BSG Beschluss vom 25.7.2019 - B 9 V 3/19 B - juris RdNr 14; BSG Beschluss vom 21.7.2010 - B 7 AL 60/10 B - juris RdNr 7).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl §
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
5. Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2, §
169 Satz 2 und
3 SGG).
6. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 3
SGG iVm §
154 Abs
2 VwGO.
7. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 1
SGG iVm §
47 Abs
1 Satz 1 und Abs 3, § 52 Abs 3 Satz 1, § 63 Abs 2 Satz 1 GKG. Da die Klägerin mit der Beschwerde lediglich noch einen Anspruch in Höhe von 1700 Euro abzüglich gezahlter 173,76 Euro geltend
macht, war bei der Streitwertfestsetzung nur noch von einem Betrag von 1526,24 Euro auszugehen.