Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung
Landwirtschaftliches Unternehmen
Verfahrensrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Gründe
I
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit wendet sich der Kläger gegen die Forderung von Beiträgen
zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung, Säumniszuschlägen und Mahngebühren.
Der Kläger betrieb zusammen mit seiner Ehefrau vom 1.1.1992 bis zum 19.11.2006 ein landwirtschaftliches Unternehmen. Die Landwirtschaftliche
Krankenkasse Berlin und die Landwirtschaftliche Pflegekasse Berlin erließen bestandskräftige Beitragsbescheide für diesen
Zeitraum. Die beklagte Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau forderte Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung
für die Zeit vom 1.12.1993 bis zum 19.11.2006, Säumniszuschläge und Mahngebühren in Höhe von zuletzt 17.555,44 Euro (Bescheid vom 20.10.2014, Änderungsbescheid vom 26.6.2015, Widerspruchsbescheid vom 11.5.2016, Änderungsbescheid vom 30.5.2018,
Teilerlass der Säumniszuschläge vom 19.11.2019, Bereinigung des Beitragskontos vom 4.3.2021).
Klage und Berufung sind erfolglos geblieben (SG Gotha Gerichtsbescheid vom 5.7.2018, Thüringer LSG Urteil vom 11.11.2021). Das LSG hat auf die Entscheidungsgründe des SG Bezug genommen. Es bestünden keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der noch geltend gemachten Forderung. Der Einwand des Klägers
in der mündlichen Verhandlung, er habe keine Akteneinsicht nehmen können, hindere nicht an der Entscheidung. Dem Kläger sei
im Laufe des mehr als sechsjährigen Verfahrens mehrfach die Möglichkeit zur Einsicht in die Akten eingeräumt worden, ohne
dass er sie wahrgenommen habe.
Gegen die Nichtzulassung der Revision wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde.
II
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen
(§
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm §
169 Satz 2 und
3 SGG). Der Kläger hat den geltend gemachten Zulassungsgrund eines Verfahrensmangels (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG) nicht hinreichend bezeichnet.
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung
beruhen könne (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG), müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§
160a Abs
2 Satz 3
SGG) die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung
erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen
kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht.
Eine Verletzung des Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art
103 Abs
1 GG, §
128 Abs 2, §
62 SGG) liegt insbesondere dann vor, wenn das Gericht seiner Pflicht, das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in
seine Erwägungen einzubeziehen, nicht nachgekommen ist (vgl BVerfG <Kammer> Beschluss vom 8.4.2014 - 1 BvR 2933/13 - NZS 2014, 539 RdNr 13 mwN) oder sein Urteil auf Tatsachen und Beweisergebnisse stützt, zu denen sich die Beteiligten nicht haben äußern können (vgl BSG Urteil vom 16.3.2016 - B 9 V 6/15 R - SozR 4-3100 § 60 Nr 7 RdNr 26; BVerfG Beschluss vom 29.5.1991 - 1 BvR 1383/90 - BVerfGE 84, 188, 190). Das Recht auf rechtliches Gehör verpflichtet nicht, der Rechtsansicht eines Beteiligten zu folgen, ihn also zu "erhören"
(BVerfG <Kammer> Beschluss vom 8.4.2014, aaO). Die Beschwerdebegründung muss "besondere Umstände" aufzeigen, aus denen sich klar ergibt, dass das Gericht seinen Pflichten
nicht nachgekommen ist (vgl BVerfG <Kammer> Beschluss vom 25.3.2010 - 1 BvR 2446/09 - juris RdNr 11 mwN; BVerfG Urteil vom 8.7.1997 - 1 BvR 1621/94 - BVerfGE 96, 205, 216 = juris RdNr 44).
Daran fehlt es hier. Der Kläger rügt, das LSG habe seinen Vortrag, er habe zu keinem Zeitpunkt hauptberuflich ein landwirtschaftliches
Gewerbe geführt, sich an einem Nebengewerbe nur bis Oktober 2002 versucht, die festgesetzten Gesamtbeträge von 21.061,62 Euro
sowie 21.487,46 Euro als Fantasiezahlen bezeichnet und die teilweise Verjährung geltend gemacht, nur "ansatzweise beleuchtet".
Er legt aber nicht dar, inwiefern dieses Vorbringen entscheidungserheblich sein und die Entscheidung des LSG darauf beruhen
soll. Das wäre schon deshalb angezeigt gewesen, weil das SG, auf dessen Begründung vom LSG nach §
153 Abs
2 SGG Bezug genommen worden ist, auf die Bestandskraft der Beitragsbescheide hingewiesen und damit zu erkennen gegeben hat, dass
die Versicherungspflicht und die Beitragshöhe nach seiner Rechtsauffassung nicht zur Prüfung durch das Gericht gestanden haben
und für die geltend gemachte Verjährung eine Frist von 30 Jahren gelte.
Auch mit seiner Rüge, das LSG habe ihm keine Einsicht in die Akten gewährt, legt er einen Verstoß gegen seinen Anspruch auf
rechtliches Gehör nicht hinreichend dar. Er zeigt nicht auf, welche entscheidungserheblichen Äußerungen ihm dadurch abgeschnitten
worden sein sollen (vgl BSG Beschluss vom 28.12.2005 - B 12 KR 42/05 B - juris RdNr 6) oder zu welchen Tatsachen und Beweisergebnissen, auf die sich das Urteil des LSG stützt, er sich nicht habe äußern können.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung
beizutragen (§
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.