Tatbestand
Streitig ist die Entrichtung von Nachversicherungsbeiträgen für den Zeitraum vom 01.04.1973 bis 31.10.1982.
Der Kläger ist eine evangelische Freikirche pfingstlicher Prägung mit dem Ziel eines Aufbaus einer weltweiten Gemeinde B..
Er ist als eingetragener Verein organisiert und unterhält mehrere sogenannte Glaubenshäuser, die als Gemeinderäume und der
Lebensgemeinschaft dienen.
Der am 21.08.1949 geborene Beigeladene war ab 1965 Mitglied in der Gemeinschaft und lebte in mehreren Glaubenshäusern, zuletzt
im Haus A. zusammen mit etwa 240 bis 280 anderen Gläubigen. Zuletzt war er bis 1982 in der zugehörigen Autowerkstatt tätig,
ohne dafür bezahlt zu werden. Als Gegenleistung wurden ihm Kost und Logis im Glaubenshaus A. bereitgestellt. Einer anderweitigen
beruflichen Tätigkeit ging er in dieser Zeit nicht nach. Vom 01.01.1972 bis zum 31.03.1973 absolvierte der Beigeladene seinen
Wehrdienst und kehrte anschließend in die Gemeinschaft zurück.
Nach dem Ausscheiden aus der Gemeinschaft ging der Beigeladene ab dem 01.11.1982 einer versicherungspflichtigen Beschäftigung
außerhalb der Gemeinschaft nach. Mit Schreiben vom 15.03.2013 beantragte er bei der Beklagten die Durchführung einer Nachversicherung
gemäß §
8 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VI). Er habe von September 1965 bis Oktober 1982 bei dem Kläger gearbeitet. Er habe deshalb bereits früher bei einer Beratungsstelle
der Beklagten vorgesprochen und einen Antrag auf Kontenklärung gestellt. Dort sei ihm die Auskunft erteilt worden, die Nachversicherung
sei nicht Aufgabe der Rentenversicherung, sondern er müsse sich an den Kläger wenden. Dies sei unzutreffend, da die Nachversicherung
Aufgabe der Beklagten sei.
Mit Schreiben vom 12.06.2013 forderte die Beklagte den Kläger daraufhin zur Durchführung der Nachversicherung auf.
Der Kläger erwiderte darauf, ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zwischen dem Beigeladenen und ihm habe
zu keiner Zeit bestanden. Der Beigeladene habe als Bewohner in verschiedenen Missionshäusern gelebt, und als Bewohner eines
Missionshauses habe ihm die selbstverständliche und freiwillig übernommene Aufgabe oblegen, auch den Haushalt der Glaubensgemeinschaft
in Ordnung zu halten. Die anfallenden Haushaltstätigkeiten seien von allen Bewohnern der Missionshäuser untereinander aufgeteilt
worden, ohne dass eine Kontrolle erfolgt oder Weisungen erteilt worden seien. Ein Entgelt für diese Tätigkeiten habe der Beigeladene
nicht erhalten. Versicherungsfreiheit gemäß §
5 Abs.
1 Nr.
3 SGB VI habe nicht bestanden. Bis zum 31.12.1991 sei eine Versicherungsfreiheit nur auf Antrag der Gemeinschaft gewährt worden, doch
sei ein solcher Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 1231 Abs. 3
Reichsversicherungsordnung (
RVO), § 8 Abs. 3 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) vom Kläger nie gestellt worden. Eine Gewährleistungsentscheidung liege erst für den Zeitraum ab dem 01.01.1992 vor (Bescheid
vom 10.07.1995 des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Sozialordnung Baden-Württemberg). Der Beigeladene habe aber bereits
seit dem 31.10.1982 nicht mehr in einem der Missionshäuser gelebt. Vorsorglich werde die Einrede der Verjährung erhoben.
Mit Bescheid vom 29.10.2013 machte die Beklagte gegenüber dem Kläger zunächst nicht genauer bezifferte Nachversicherungsbeiträge
für den Zeitraum vom 01.09.1965 bis 31.10.1982 geltend mit der Begründung, der Beigeladene sei als ausgeschiedenes Mitglied
einer geistlichen Genossenschaft bzw. einer ähnlichen Gemeinschaft zu qualifizieren, weshalb gemäß §
233 Abs.
1 SGB VI i.V.m. § 9 Abs. 5 AVG ein Nachversicherungsfall eingetreten sei. Die Einrede der Verjährung sei rechtsmissbräuchlich und damit unwirksam nach der
Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), weil der Beitragsschuldner den Beitragsgläubiger durch sein Verhalten von der rechtzeitigen Geltendmachung seiner Beitragsforderung
abgehalten habe. Der Kläger habe den zuständigen Versicherungsträger nicht über das unversorgte Ausscheiden des Versicherten
aus dem Dienstverhältnis informiert.
Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 02.12.2013 Widerspruch ein mit der bereits zuvor abgegebenen Begründung. Ergänzend
führte er aus, der Beigeladene habe niemals in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden, eine versicherungspflichtige Tätigkeit
sei nicht ausgeübt worden. Eine Nachversicherung gemäß §
233 Abs.
1 SGB VI i.V.m. § 9 Abs. 5 AVG setze aber eine Beschäftigung voraus. Selbst wenn eine solche versicherungspflichtige Beschäftigung vorgelegen hätte, wären
dennoch die Voraussetzungen des §
8 Abs.
2 SGB VI nicht erfüllt, da Versicherungsfreiheit gemäß §
5 Abs.
1 Nr.
3 SGB VI nicht bestanden habe und eine Gewährleistungsentscheidung erst für den Zeitraum ab 01.01.1992 vorgelegen habe. Im Übrigen
sei der Beigeladene nicht ohne Anspruch oder Anwartschaft auf eine Versorgung ausgeschieden, da gemäß der Satzung alle Mitglieder,
die ihre gesamte Energie in die Verwirklichung des Satzungszweckes gesteckt hätten, im Alter und bei verminderter Erwerbsfähigkeit
eine in der Glaubensgemeinschaft übliche Versorgung erhielten. Vorsorglich werde erneut die Einrede der Verjährung erhoben,
die keinesfalls rechtsmissbräuchlich sei. Dem Kläger sei kein grob fahrlässiges oder vorsätzliches Verhalten vorzuwerfen.
Jedenfalls sei ihm die Einrede der Verjährung nicht nach Treu und Glauben verwehrt, da andernfalls die gesetzliche Verjährungsfrist
von 30 Jahren gemäß §
25 Abs.
1 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB IV) obsolet wäre.
Nachdem die Beklagte zunächst die Entscheidung des 11. Senats in einem vergleichbaren Fall abgewartet hatte (L 11 R 2289/15), wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 09.05.2017 den Widerspruch zurück mit der Begründung, der Kläger stelle eine ordensähnliche
Gemeinschaft dar, und bei unversorgtem Ausscheiden seien die Gemeinschaftsmitglieder für den Dienst in der Gemeinschaft nachzuversichern
(§
233 Abs.
1 SGB VI i.V.m. § 9 Abs. 5 AVG). Nach der Rechtsprechung des BSG könne sich der Kläger nach dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht auf Verjährung berufen, da er seinerzeit den zuständigen
Rentenversicherungsträger nicht über das unversorgte Ausscheiden des Beigeladenen aus dem Dienstverhältnis informiert habe.
Die Nachversicherungsbeiträge für die Zeit vom 01.09.1970 bis 31.12.1971 und vom 01.04.1973 bis zum 31.10.1982 seien zu Recht
gefordert worden. Bei einer Zahlung bis zum 31.12.2017 betrage die Forderung 25.428,84 €.
Hiergegen hat der Kläger am 18.05.2017 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG) eingereicht unter Wiederholung der bisherigen Begründung. Ergänzend hat er dargelegt, das Leben in den Missionshäusern habe
sich in der Art gestaltet, dass jeder Mitbewohner seinen Teil zum gemeinsamen Leben und zur Verwirklichung der ideellen Ziele
beitrage. Korrekt sei, dass nach §
8 Abs.
2 Satz 1 Nr.
3 SGB VI Personen, die versicherungsfrei beschäftigt worden seien, nachversichert würden, wenn sie ohne Anspruch auf Versorgung aus
der Beschäftigung ausgeschieden seien. Diese Regelungen seien auf den Beigeladenen aber nicht anwendbar. Versicherungsfreiheit
gemäß §
5 Abs.
1 Nr.
3 SGB VI habe vor dem 01.01.1992 nicht bestanden. Eine Gewährleistungsentscheidung liege erst für den Zeitraum ab dem 01.01.1992 vor.
Der Zeitraum bis zum 31.12.1991 könne daher bereits nicht als versicherungsfreie Tätigkeit gewertet werden. In einem Schreiben
der Beklagten vom 15.12.2010 werde ausgeführt, eine Nachversicherung von Ordensmitgliedern der B. komme nur für Zeiten ab
dem 01.01.1992 in Betracht. Es verwundere, dass nunmehr eine andere Ansicht vertreten werde. Es gebe noch ein weiteres Schreiben
der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 19.05.2011, wonach ausscheidende Mitglieder, die vor dem 01.01.1992 aus der Gemeinschaft
ausschieden, stets nach § 9 Abs. 5 AVG nachzuversichern seien. Es müsse davon ausgegangen werden, dass selbst innerhalb der Beklagten keine klare Aussage getroffen
worden sei, ob und für welche Fälle und ab welchem Zeitraum gegebenenfalls Nachversicherungsbeiträge bezahlt werden müssten.
Hinzuzufügen sei, dass teilweise keinerlei Aufzeichnungen über ein Austreten von Personen aus der Glaubensgemeinschaft geführt
worden seien. Der Kläger habe daher nicht ohne Weiteres davon ausgehen können, dass jemand dauerhaft aus der Glaubensgemeinschaft
ausscheiden werde oder nicht nach einiger Zeit sogar wieder zurückkehren würde. Zur Verjährung sei darzulegen, dass die vierjährige
Verjährungsfrist des §
25 Abs.
1 Satz 1
SGB IV zum Tragen komme, da dem Kläger kein vorsätzliches Handeln vorgeworfen werden könne.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat der Beigeladene vorgetragen, im Jahr 2004 bei der Rentenversicherung in Stuttgart
vorgesprochen zu haben. Im Übrigen wird auf das Protokoll verwiesen.
Mit Urteil vom 20.04.2018 hat das SG den angefochtenen Bescheid aufgehoben. Eine Nachversicherungspflicht für die Zeit vom 01.09.1970 bis zum 31.12.1971 habe
nicht bestanden, weil nach § 9 Abs. 5 AVG in der bis zum 31.12.1972 geltenden Fassung nur dann eine Nachversicherung durchzuführen gewesen sei, wenn dies von dem ausscheidenden
Mitglied oder der Gemeinschaft beantragt worden sei. Ein solcher Antrag sei vorliegend nicht gestellt worden. Nach dem zweiten
Ausscheiden hätte dagegen eine Nachversicherung durchgeführt werden müssen, doch seien die Nachversicherungsbeiträge verjährt.
Vorliegend sei die vierjährige Verjährungsfrist anzuwenden, da sich das Gericht vom Vorliegen des für die Anwendung der 30-jährigen
Frist erforderlichen Vorsatzes nicht habe überzeugen können. Es gebe keine Indizien für eine zurechenbare Kenntnis eines Sachwalters
des Klägers von der Nachversicherungspflicht im relevanten Zeitraum. Da die Nachversicherungsbeiträge mit Ablauf des 31.10.1982
fällig geworden seien, hätte eine solche Kenntnis innerhalb der vierjährigen Frist, also bis zum 31.12.1986, vorliegen müssen.
Hierfür ergäben sich keine Anhaltspunkte. Es liege keine der Schwarzarbeit vergleichbare Konstellation vor, da während der
Tätigkeit keine Versicherungspflicht bestanden habe und auch keine monetäre Vergütung gezahlt worden sei. Es liege auch keine
eindeutige und überschaubare Rechtslage vor. Da der Beigeladene für seine Tätigkeit nicht bezahlt worden sei, sei aus laienhafter
Sicht ein Bezug dieser Arbeit zum Sozialversicherungsrecht nicht von vorneherein erkennbar. Des Weiteren sei der Beitragsschuldner
hier keine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Dass die Sachwalter einer solchen Körperschaft sich regelmäßig der grundsätzlich
bestehenden Nachversicherungspflicht für ausgeschiedene Beamte, Soldaten usw. bewusst seien, liege auf der Hand. Bei einem
privaten Verein, welcher meine, einem göttlichen Auftrag zu folgen, könne dagegen nicht ohne Weiteres eine genauere Erkenntnis
der Rechtslage zu Nachversicherungen im Rentenrecht unterstellt werden. Bis zum 31.12.1972 habe zudem ohne entsprechenden
Antrag gar keine Nachversicherungspflicht bestanden. Der Kläger sei auch zur Leistungsverweigerung berechtigt und könne die
Einrede der Verjährung erheben. Der Beklagten sei der Sachverhalt, aus dem sich eine Pflicht zur Nachversicherung ergebe,
mitgeteilt worden. Insofern sei nicht allein das Verhalten (Unterlassen) des Klägers ursächlich dafür, dass eine Nachversicherung
unterblieben sei. Weil die Beklagte im Jahr 2004 es unterlassen habe, auf den ihr im Rahmen des Kontenklärungsverfahrens mitgeteilten
Sachverhalt tätig zu werden, könne sie jetzt dem Kläger nicht entgegenhalten, bei Kenntnis des Sachverhalts hätte sie rechtzeitig
tätig werden können und der Kläger habe allein die Verjährung der Beitragsnachforderung herbeigeführt.
Gegen das ihr am 07.05.2018 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 25.05.2018 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg
(LSG) eingelegt und diese auf den Nachversicherungszeitraum vom 01.04.1973 bis 31.10.1982 begrenzt. Zutreffend sei, dass Nachversicherungsbeiträge
für die Zeit ab dem 01.09.1970 bis zum 31.12.1971 nicht zu zahlen seien, weil es an dem nach § 9 Abs. 5 AVG a.F. erforderlichen Antrag mangele. Hinsichtlich des Zeitraums vom 01.04.1973 bis zum 31.10.1982 bestehe aber eine Nachversicherungsverpflichtung,
die der 30-jährigen Verjährung unterliege. Der Kläger habe die Nachversicherungsbeiträge vorsätzlich vorenthalten, bedingter
Vorsatz sei hier ausreichend. Jede natürliche oder juristische Person unterliege den gesetzlichen Bestimmungen und könne bzw.
müsse sich über ihre Rechte und Pflichten informieren, wenn Unkenntnis bestehe. Nach dem Urteil des BSG vom 17.04.2008 (B 13 R 123/07 R) gelte die 30-jährige Verjährungsfrist, wenn die Unkenntnis von der Zahlungspflicht nicht unverschuldet gewesen sei. Da
die Nachversicherungsbeiträge am 01.11.1982 fällig geworden seien und der Beigeladene mit Schreiben vom 08.12.2012 die Beklagte
zur Nachversicherung aufgefordert und damit das Nachversicherungsverfahren eingeleitet habe, sei die Verjährung bis zur bescheidmäßigen
Forderung am 29.10.2013 nach §
198 Satz 2
SGB VI gehemmt gewesen. Die 30-jährige Verjährung sei zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgelaufen gewesen. Aber selbst wenn der Beitragsanspruch
verjährt sein sollte, könne sich der Kläger nach Treu und Glauben hierauf nicht berufen. Allein die fehlende Information des
Klägers an die Beklagte über das unversorgte Ausscheiden des Beigeladenen sei dafür verantwortlich, dass die Beklagte ihren
Zahlungsanspruch nicht zeitnah geltend gemacht habe. Der Kläger könne sich nicht dadurch exkulpieren, dass die Beklagte nicht
bereits 2004 die Beiträge gefordert habe. Allenfalls könnte der Kläger bei Anwendung der kurzen Verjährungsfrist im Rahmen
eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so gestellt werden, wie er gestanden hätte, wenn die Beklagte die Beiträge im
Jahr 2004 gefordert hätte, es könnten in diesem Falle also für die Berechnung der Beiträge die Rechengrößen des Jahres 2004
Anwendung finden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 20. April 2018 insoweit aufzuheben, als darin der Bescheid vom 29. Oktober 2013
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Mai 2017 für den Nachversicherungszeitraum vom 01.04.1973 bis zum 31. Oktober
1982 aufgehoben worden ist.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hat ausgeführt, das Gericht habe zu Recht die vierjährige Verjährungsfrist angewendet und der Kläger sei auch nicht gehindert,
sich auf die Verjährung zu berufen. Im Wesentlichen hat der Kläger sich den Ausführungen des SG angeschlossen.
Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Im Rahmen eines Erörterungstermins am 28.01.2020, in dem der Beigeladene und ein Vorstandsmitglied des Klägers Ausführungen
zur Sache gemacht haben, haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten und des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten sowie
der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß §
151 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche
Verhandlung entscheiden hat (§§
153 Abs.
1,
124 Abs.
2 SGG), ist gemäß §§
143,
144 SGG zulässig, in der Sache jedoch unbegründet.
Das Urteil des SG ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Dieses hat die angefochtenen Bescheide der Beklagten zu Recht aufgehoben.
Gegenstand des Verfahrens ist - nachdem die Beklagte die Berufung entsprechend eingegrenzt hat - nur noch die Nachversicherung
für die Zeit vom 01.04.1973 bis 31.10.1982. Zwar besteht in Übereinstimmung mit den Ausführungen der Beklagten und des SG grundsätzlich eine Nachversicherungspflicht für diesen Zeitraum, doch sind diese Ansprüche verjährt und kann der Kläger sich
auch auf die Einrede der Verjährung berufen.
Rechtsgrundlage des vorliegenden Verfahrens ist §
233 SGB VI, der zum 01.1.1992 in Kraft getreten ist und seither im Wesentlichen unverändert gilt. Danach werden Personen, die vor dem
01.01.1992 aus einer Beschäftigung ausgeschieden sind, in der sie nach dem jeweils geltenden, dem § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Satz
1 Nr. 2, § 230 Abs. 1 Nr. 1 und 3 oder § 231 Abs. 1 Satz 1 sinngemäß entsprechenden Recht nicht versicherungspflichtig, versicherungsfrei
oder von der Versicherungspflicht befreit waren, weiterhin nach den bisherigen Vorschriften nachversichert, wenn sie ohne
Anspruch oder Anwartschaft auf Versorgung aus der Beschäftigung ausgeschieden sind.
Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen vor.
Die Frage der Nachversicherung richtet sich vorliegend nach § 9 Abs. 5 AVG (in der Fassung des Rentenreformgesetzes vom 16.10.1972, BGBl I Seite 1965 ff., mit Wirkung zum 01.01.1973, im Folgenden a.F.). Hiernach sind satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften,
Diakonissen, Schwestern vom Deutschen Roten Kreuz und Angehörige ähnlicher Gemeinschaften, die aus ihrer Gemeinschaft ausscheiden,
für die Zeit ihrer Mitgliedschaft in der Gemeinschaft, in der sie aus anderen Gründen als wegen einer Schul-, Fachschul- oder
Hochschulausbildung der Versicherungspflicht nicht unterlagen oder nach § 8 Abs. 3 befreit waren, nachzuversichern.
Wie bereits der 11. Senat (Urteil vom 21.06.2016 - L 11 R 2289/15 -, Juris) und auch der 8. Senat des LSG (Urteil vom 25.10.2019 - L 8 1633/18 -, n.v.) hält auch der erkennende Senat den
Kläger für eine geistliche Genossenschaft oder ähnliche Gesellschaft. Der 8. Senat hat hierzu im genannten Urteil Folgendes
ausgeführt:
Der Begriff der geistlichen Genossenschaft oder einer ähnlichen Gemeinschaft ist nicht sehr deutlich definiert. Weder dem
Gesetz, der Rechtsprechung noch der Literatur ist eine abschließende bzw. genauere Definition zu entnehmen. Bei der Definition
ist jedoch nicht vom gesellschaftsrechtlichen oder vereinsrechtlichen Begriff der Genossenschaft oder Gemeinschaft auszugehen.
Vielmehr ist die religiöse Dimension mitzuberücksichtigen. Eine geistliche Genossenschaft oder eine ähnliche Gemeinschaft
ist insoweit ein Zusammenschluss von Personen einer Glaubensrichtung, die ihren Glauben in einer Gemeinschaftsform leben.
Typisch für geistliche Genossenschaften sind insoweit z.B. Ordensgemeinschaften der Katholischen Kirche aber auch im Bereich
evangelischer Kirchen sind derartige Gemeinschaften bekannt (z.B. Bruderschaften und Kommunitäten). Bei den Geistlichen Genossenschaften
handelt es sich um Orden im weiteren Sinne. Dabei kommt es nicht auf einen rechtlichen Status an, sondern auf einen verfestigten
religiösen Zusammenschluss mehrerer Personen zu einer Gemeinschaft, deren Zusammenschluss durch den geistlichen und religiösen
Zusammenschluss geprägt ist.
Der Kläger, der in der Bundesrepublik Deutschland als eingetragener Verein organisiert ist, ist eine solche geistliche Genossenschaft
bzw. eine ähnliche Gemeinschaft. Denn er ist ein Zusammenschluss von christlich geprägten Menschen um tiefere Erfahrungen
mit den Wirkungsweisen des Heiligen Geistes zu machen. In den Glaubenshäusern des Klägers leben Menschen, die ihrer christlichen
Überzeugung und inneren Berufung folgen. Sie bilden eine auf Dauer angelegte ordensähnliche Glaubens- und Lebensgemeinschaft
von Menschen, die ihre zur Verfügung stehende Kraft aktiv für die Verwirklichung des Zwecks des Klägers einsetzen. Dieser
sich aus § 2 Nr. 2 der Satzung des Klägers vom 13.06.2011 ergebende Zweck der Gemeinschaft und der Ordenshäuser ist auch den
früheren Satzungen zu entnehmen. So ist es nach § 2 der Satzung vom 03.07.1970 (ebenso § 2 der Satzungen vom 27.06.1986, 09.06.1995
und 10.06.1999) Ziel des Klägers, Menschen zu veranlassen, die ganze heilige Schrift als Lebensgrundlage anzuerkennen, sich
der Führung des Heiligen Geistes zu unterstellen, einen biblischen Wandel durch die Kraft des Erlösungsblutes Jesu Christi
zu führen und sich bereit machen zu lassen für die Wiederkunft Jesu Christi. Der Zusammenschluss von Menschen zur Umsetzung
dieses Ziels und deren Zusammenwohnen und Zusammenleben stellt eine geistliche Genossenschaft bzw. eine ähnliche Gemeinschaft
dar. Denn diese Menschen haben sich als Mitglieder der Glaubensgemeinschaft des Klägers als organisatorisch verfestigte Einheit
- bei dem Kläger zeigt sich die organisatorische Einheit sogar in einem gemeinsamen Wohnen und Leben - mit religiöser und
wohltätiger Zweckausrichtung zusammengefunden, worauf der Kläger zutreffend hinweist (vgl. Schreiben vom 15.04.2019). Maßgeblich
ist dabei aber nicht das Zusammenleben in einem konkreten Glaubenshaus als solchem, sondern die organisatorische Zusammenfassung
von gläubigen Menschen in Glaubenshäusern unter der Trägerschaft des Klägers insgesamt.
Dieser Rechtsprechung schließt sich der erkennende Senat nach eigener Überprüfung an. Hierüber besteht zwischen den Beteiligten
auch kein Streit.
Der Beigeladene war im hier streitigen Zeitraum auch satzungsmäßiges Mitglied des Klägers, ohne dass es darauf ankäme, ob
er auch Mitglied des Trägervereins geworden ist; entscheidend ist die Mitgliedschaft in der geistlichen Gemeinschaft (vgl.
BSG, Urteil vom 17.12.1996 - 12 RK 2/96 -; LSG Baden-Württemberg, Urteile vom 21.06.2016 und vom 25.10.2019 a.a.O.), also dass der Beigeladene Mitglied der durch
gemeinsame Glaubenspraxis entstandenen organisatorisch verfestigten Einheit mit religiöser und wohltätiger Zweckausrichtung
war (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.06.2016 a.a.O). Diese Voraussetzung erfüllt der Beigeladene, indem er in unterschiedlichen
Glaubenshäusern lebte und sich vollständig in die dort geltende Ordnung einfügte.
Aus dieser Gemeinschaft ist der Kläger zum 31.10.1982 unversorgt ausgeschieden, so dass eine Nachversicherung hätte durchgeführt
werden müssen. Entgegen der Argumentation des Klägerbevollmächtigten ist nicht Voraussetzung für eine Anwendung des § 9 Abs. 5 AVG a.F., dass der Beigeladene eine Beschäftigung für den Kläger ausgeübt hat. § 9 Abs. 5 AVG a.F. verlangt lediglich, dass aus anderen Gründen als wegen einer Schul-, Fachschul- oder Hochschulausbildung keine Versicherungspflicht
bestanden hat. Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 7 AVG a.F werden in der Rentenversicherung der Angestellten versichert satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften (...)
und ähnlicher Gemeinschaften während der Zeit ihrer Ausbildung, die nicht Schul-, Fachschul- oder Hochschulausbildung ist,
oder während ihrer Tätigkeit für die Gemeinschaft, wenn sie persönlich neben dem freien Unterhalt Barbezüge von mehr als einem
Achtel der für Monatsbezüge geltenden Beitragsbemessungsgrenze monatlich erhalten. Dass der Beigeladene für den Kläger tätig
geworden ist, indem er sich in die vorgegebene Ordnung im Glaubenshaus eingefügt und seinen Beitrag zur Aufrechterhaltung
der religiösen Gemeinschaft geleistet hat, liegt auf der Hand und ergibt sich nicht nur aus den Angaben des Beigeladenen,
sondern auch aus denen des Klägers. So hat der Klägerbevollmächtigte selbst vorgetragen, mit dem Eintritt in die Glaubensgemeinschaft
und dem Einzug in ein Glaubenshaus träfen die Mitglieder der Glaubensgemeinschaft eine bewusste Lebensentscheidung, künftig
nicht mehr ausschließlich zu eigenem Nutzen und Gewinn zu leben und zu arbeiten, sondern ihr Leben und Wirken für die Anliegen
Gottes und zum Wohle ihrer Mitmenschen einzusetzen. Der Beigeladene habe Tätigkeiten entsprechend seiner Fähigkeiten und seinen
Kenntnissen im Rahmen des Ideals der Glaubensgemeinschaft ausgeübt. Es ist daher festzustellen, dass der Beigeladene eine
Tätigkeit für die Gemeinschaft ausgeübt hat. Dass die Beteiligten keine Beschäftigung im Rechtssinne begründen wollten, ist
für die Anwendung des § 2 Abs. 1 Nr. 7 AVG a.F. ebenso wenig von Bedeutung wie für die des § 9 Abs. 5 AVG a.F. Versichert ist gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 7 AVG a.F. die bloße Tätigkeit für die Gemeinschaft, wenn Barbezüge in bestimmter Höhe fließen. Da Letzteres unstreitig beim Beigeladenen
nicht der Fall war, dem nur Unterkunft und Essen als Gegenleistung gewährt wurden, bestand keine Versicherung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 7 AVG a.F. Genau für diesen Fall - nämlich fehlende Versicherungspflicht aus "anderen Gründen", hier also aufgrund fehlender Barbezüge
- gibt es die Vorschrift des § 9 Abs. 5 AVG a.F.
Zu Unrecht macht der Kläger geltend, der Beigeladene sei nicht unversichert ausgeschieden, da er jederzeit in die Gemeinschaft
zurückkehren könnte und dann auch versorgt würde. Maßgeblich für die Beurteilung, ob ein unversorgtes Ausscheiden vorliegt,
ist allein die tatsächliche Beendigung der nicht versicherungspflichtigen oder versicherungsfreien Tätigkeit (vgl. LSG Baden-Württemberg,
Urteil vom 21.06.2016 unter Verweis auf BSG, Urteil vom 22.11.1974 - 1 RA 31/74 -, Juris), hier also der 31.10.1982. Zudem reicht ein "Rückkehrangebot" nicht aus, um ein unversorgtes Ausscheiden zu verneinen;
notwendig wären Anwartschaften oder Ansprüche, die dem Beigeladenen auch ohne Rückkehr in die Gemeinschaft zustünden (LSG
Baden-Württemberg, Urteile vom 21.06.2016 und 25.10.2019 a.a.O. m.w.N.).
Der Nachversicherungsfall ist am 01.11.1982 eingetreten, da ein Aufschubtatbestand nicht vorlag. Bei einem Ausscheiden aus
der versicherungspflichtigen Beschäftigung vor dem 01.01.1992 bleiben nach §
233 Abs.
1 SGB VI die Aufschubgründe des seinerzeitigen Rechts (§ 125 AVG) maßgebend (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.06.2016 a.a.O.). Vorliegend lagen weder ein Tatbestand des § 125 AVG vor noch eine Aufschubbescheinigung (§ 125 Abs. 3 AVG a.F.).
Die Nachversicherungsbeiträge sind allerdings verjährt. Wie bereits das SG geht auch der erkennende Senat von einer vierjährigen Verjährungsfrist aus (§
25 SGB IV), auf die sich der Kläger auch berufen kann.
Gemäß §
25 Abs.
1 Satz 1
SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind. Ansprüche
auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge verjähren in dreißig Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden
sind (§
25 Abs.
1 Satz 2
SGB IV). Der Begriff "vorsätzlich" schließt den bedingten Vorsatz ein (s. hierzu und zum Weiteren ausführlich BSG, Urteil vom 16.12.2015 - B 12 R 11/14 R -, Juris m.w.N.). Hierfür ist ausreichend, dass der Beitragsschuldner seine Beitragspflicht nur für möglich gehalten, die
Nichtabführung der Beiträge aber billigend in Kauf genommen hat. Die 30-jährige Verjährungsfrist ist auch anzuwenden, wenn
ein anfänglich gutgläubiger Beitragsschuldner vor Ablauf der kurzen Verjährungsfrist bösgläubig geworden ist (BSG, Urteil vom 16.12.2015 a.a.O.). Der subjektive Tatbestand ist dabei bezogen auf die konkreten Umstände des Einzelfalls und
den betreffenden Beitragsschuldner individuell zu ermitteln; die Feststellungslast für den subjektiven Tatbestand trifft im
Zweifel den Versicherungsträger, der sich auf die für ihn günstige lange Verjährungsfrist beruft. Ist - wie im Idealfall,
von dem §
25 SGB IV ausgeht - eine natürliche Person Beitragsschuldner, wird im Regelfall die Feststellung ihrer Kenntnis von der Beitragspflicht
und der Umstand, dass die Beiträge nicht (rechtzeitig) gezahlt wurden, genügen, um gleichermaßen feststellen zu können, dass
dieser Beitragsschuldner die Beiträge (zumindest bedingt) vorsätzlich vorenthalten hat. Denn die Rechtspflicht zur Beitragszahlung
hat zur Folge, dass das Unterlassen der Zahlung einem aktiven Handeln gleichzustellen ist. Aus einem aktiven Handeln im Bewusstsein,
so vorzugehen, folgt aber in aller Regel auch das entsprechende Wollen (BSG, Urteil vom 16.12.2015 a.a.O unter Verweis auf BSGE 100, 215 = SozR 4-2400 § 25 Nr 2, RdNr 29 ff). "Kenntnis" im vorstehend beschriebenen Sinne ist das sichere Wissen darum, rechtlich
und tatsächlich zur Zahlung der Beiträge verpflichtet zu sein. Solche den Vorsatz indizierende Kenntnis von der Beitragspflicht
kann nach der Rechtsprechung des BSG regelmäßig angenommen werden, wenn für das gesamte typische Arbeitsentgelt (z.B. bei "Schwarzarbeit") überhaupt keine Beiträge
entrichtet werden; sie liegt auch noch nahe, wenn Beiträge für verbreitete "Nebenleistungen" zum Arbeitsentgelt nicht gezahlt
werden und zwischen steuerrechtlicher und beitragsrechtlicher Behandlung eine bekannte oder ohne Weiteres erkennbare Übereinstimmung
besteht. Demgegenüber muss der Vorsatz bei wenig verbreiteten Nebenleistungen, bei denen die Steuer- und die Beitragspflicht
in komplizierten Vorschriften geregelt sind und inhaltlich nicht voll deckungsgleich sind, eingehend geprüft und festgestellt
werden. Fehler bei der Beitragsentrichtung dürften in diesen Fällen nicht selten nur auf fahrlässiger Rechtsunkenntnis beruhen.
Bloße Fahrlässigkeit schließt jedoch die Anwendung der 30-jährigen Verjährungsfrist aus. Dies gilt auch für die Form der "bewussten
Fahrlässigkeit", bei welcher der Handelnde die Möglichkeit der Pflichtverletzung zwar erkennt, jedoch - im Gegensatz zum bedingt
vorsätzlich Handelnden, der den Erfolg billigend in Kauf nimmt - darauf vertraut, die Pflichtverletzung werde nicht eintreten
(vgl BSG, Urteil vom 16.12.2015 a.a.O. unter Verweis auf BSG SozR 3-2400 § 25 Nr. 7 S 33, 35 f. und Urteil vom 18.11.2015 - B 12 R 7/14 R -).
Ist eine juristische Person des Privatrechts - wie der hier klagende "eingetragene Verein" - Beitragsschuldnerin, kommt es
zunächst auf das vorsätzliche Handeln zumindest eines Mitglieds eines Organs (hier: Vorstand, Mitgliederversammlung) von der
Beitragspflicht an. Zur Zurechnung von Wissen und Verschulden hat das BSG entschieden, dass dieses Wissen und Verschulden eines vertretungsberechtigten Organmitglieds als dasjenige des Organs anzusehen
und damit auch der juristischen Person zuzurechnen ist (zur GmbH: BSG, Urteil vom 12.12.2018 - B 12 R 15/18 R -, Juris; BSG, Urteil vom 16.12.2015 a.a.O.). Das gleiche gilt nach dem Rechtsgedanken der §§
166,
278 BGB für andere zum Vertreter der juristischen Person bestellte natürliche Personen, sofern sie eigenverantwortlich mit der sozialversicherungsrechtlichen
Bewertung einer Tätigkeit für die juristische Person und der Erfüllung ihrer Zahlungspflicht betraut sind (BSG, Urteil vom 12.12.2018 a.a.O. unter Verweis auf BGH, Urteil vom 28.2.2012 - VI ZR 9/11 -, Juris). Auch die Kenntnis und das Verschulden weiterer im Rahmen einer betrieblichen Hierarchie verantwortlicher Personen
kann der betroffenen juristischen Person zuzurechnen sein, wenn keine Organisationsstrukturen geschaffen wurden, um entsprechende
Informationen aufzunehmen und intern weiterzugeben (BSG, Urteil vom 12.12.2018 a.a.O. m.w.N.).
Vorliegend ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte für einen Vorsatz der Vorstandsmitglieder des Vereins oder aber derjenigen,
die für den Kläger mit Aufgaben rund um die Betreuung der Hausbewohner betraut waren. Zunächst ist festzustellen, dass kein
vom BSG als typischer Vorsatztatbestand beschriebener Fall vorliegt, wie etwa Schwarzarbeit oder fehlende Beiträge zu Nebenleistungen,
bei dem Vorsatz naheliegt. Die Bewohner der Glaubenshäuser lebten in ihrer eigenen Welt, versorgten sich selbst und dienten
dem Gemeinwohl und Gott. In einem solchen Rahmen, in dem keine Entgelte für geleistete Dienste flossen, Versicherungsfreiheit
in der gesetzlichen Rentenversicherung bestand (vgl. oben zu § 2 Abs. 1 Nr. 7 AVG a.F.) und der auf ein dauerhaftes, enthaltsames Zusammenleben angelegt war, lag - wie auch das SG zutreffend ausgeführt hat - der Gedanke an Nachversicherungsbeiträge fern. Dies gilt umso mehr, als die Verantwortlichen
aus den eigenen Reihen des Klägers kamen und daher nicht notwendigerweise - wie etwa im öffentlichen Dienst - nach einer entsprechenden
Ausbildung oder Schulung ihre Aufgaben zu erfüllen hatten. Dementsprechend hat das Vorstandsmitglied Schmitt im Rahmen des
Erörterungstermins am 28.01.2020 auch angegeben, ihm sei die Notwendigkeit einer Nachversicherung selbst noch 1990, als er
die Hausleitung übernahm, nicht bekannt gewesen. Anhaltspunkte für Vorsatz der Verantwortlichen ergeben sich auch nicht aus
den Akten. Es gibt hier ein Schreiben des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Sozialordnung Baden-Württemberg vom 10.07.1995,
in dem die Versicherungsfreiheit satzungsmäßiger Mitglieder geistlicher Genossenschaften nach §
5 Abs.
1 sStz 1 Nr.
3 SGB VI festgestellt wurde, basierend auf einem Schreiben des Klägers vom 20.10.1993 und mit Wirkung vom 01.01.1992. Hintergrund
dieses Schriftwechsels war die Gesetzesänderung ab 01.01.1992, wonach nunmehr mit Wirkung ab dem 01.01.1992 gemäß §
1 Satz 1 Nr. 4
SGB VI auch Mitglieder geistlicher Genossenschaften, Diakonissen und Angehöriger ähnlicher Gemeinschaften während ihres Dienstes
für die Gemeinschaft versicherungspflichtig waren und hiervon nur befreit werden konnten, wenn deren Versorgung gewährleistet
war (§
5 Abs.
1 Satz 1 Nr.
3 SGB VI). Ab diesem Zeitpunkt war der Kläger gezwungen, sich mit der Frage der Versicherungspflicht zu beschäftigen, und im Rahmen
dieser Prüfung mögen auch Fragen der Nachversicherung erörtert worden sein. Dies war aber rund 10 Jahre nach dem Austritt
des Beigeladenen aus der Gemeinschaft; Rückschlüsse auf den hier streitigen Zeitpunkt lassen sich daher nicht ziehen. Da somit
Hinweise auf vorsätzliches Vorenthalten der Beiträge nicht bestehen, die Beklagte für Vorsatz aber die Beweislast trägt, ist
vorliegend die vierjährige Verjährungsfrist anzuwenden.
Der Kläger kann sich auch auf die Verjährung rechtswirksam berufen; die Erhebung der Verjährungseinrede ist nicht rechtsmissbräuchlich.
Hierzu hat das BSG Folgendes entschieden (BSG, Urteil vom 27.06. 2012 - B 5 R 88/11 R -, Juris):
Trotz Verjährung ist der Kläger hinsichtlich der Nachversicherungsbeiträge nicht zur Leistungsverweigerung berechtigt. Die
Berufung auf diese Einrede stellt sich nach den vom LSG getroffenen tatsächlichen Feststellungen, an die der Senat gebunden
ist (§
163 SGG), als rechtsmissbräuchlich und damit als unzulässige Rechtsausübung dar. Das Rechtsinstitut der unzulässigen Rechtsausübung
wegen Rechtsmissbrauchs ist eine aus dem Grundsatz von Treu und Glauben i.S.d. §
242 BGB abgeleitete, der gesamten Rechtsordnung immanente Schranke, die auch im Bereich des Sozialrechts zu beachten ist. Die Verjährung
hingegen dient dem Rechtsfrieden und der Rechtssicherheit des Rechtsverkehrs. Dieser Zweck gebietet es, strenge Maßstäbe anzulegen
und den Einwand der unzulässigen Rechtausübung nur gegenüber einem wirklich groben Verstoß gegen Treu und Glauben durchgreifen
zu lassen. Die Berufung auf Verjährung wird daher grundsätzlich nur dann als unzulässige Rechtsausübung angesehen, wenn der
Verpflichtete den Berechtigten, wenn auch unabsichtlich, durch sein Verhalten von der rechtzeitigen Geltendmachung des Anspruchs
abgehalten oder ihn auf sonstige Weise nach objektiven Maßstäben zu der Annahme veranlasst hat, es werde auch ohne Rechtsstreit
eine vollständige Befriedigung seines Anspruchs zu erreichen sein. Auch im Sozialrecht und insbesondere im Beitragsrecht steht
der gesetzlich zugelassenen Verjährungseinrede (§
25 SGB IV) der Vorwurf des Rechtsmissbrauchs entgegen, wenn der Gläubiger im Vertrauen auf ein konkretes, ihm gegenüber an den Tag
gelegtes Verhalten des Beitragsschuldners die Ansprüche nicht innerhalb der Verjährungsfrist verfolgt hat. Daraus ergibt sich
als regelmäßige Voraussetzung für den Einwand unzulässiger Rechtsausübung, dass der Schuldner eine Tätigkeit entfaltet und
Maßnahmen trifft, die den Gläubiger veranlassen, verjährungsunterbrechende Schritte zu unterlassen, sei es auch nur, weil
ihm infolge eines solchen Tuns Ansprüche unbekannt geblieben sind. Die Untätigkeit des Gläubigers muss gerade auf das Verhalten
des Schuldners zurückzuführen sein. Nur zu eigenem Tun wird sich der Schuldner grundsätzlich durch Erhebung der Verjährungseinrede
in einen gegen Treu und Glauben verstoßenden Widerspruch setzen können, indem er aus der von ihm selbst veranlassten Untätigkeit
des Gläubigers einen Vorteil für sich ableiten will. Jedoch kann auch ein qualifiziertes, d.h. ein pflichtwidriges Unterlassen
gebotener Maßnahmen durch die zuständige Behörde die spätere Berufung auf die Verjährungseinrede als rechtsmissbräuchlich
erscheinen lassen. Dies gilt insbesondere, wenn allein dieses objektiv pflichtwidrige Unterlassen ursächlich dafür ist, dass
der Gläubiger keine Kenntnis von seinem Anspruch erlangt hat. Auch durch ein solches Unterlassen hat der Schuldner den Gläubiger
von der Geltendmachung seines Anspruchs "abgehalten" mit der Folge, dass die Einrede der Verjährung durch den Schuldner eine
unzulässige Rechtsausübung darstellt. Diese Voraussetzungen für eine unzulässige Rechtsausübung sind im vorliegenden Fall
erfüllt.
Es kann offenbleiben, ob - wie das LSG annimmt - für den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs auf das beamtenrechtliche Fürsorgeverhältnis
zwischen dem Beitragsschuldner und dem ehemaligen Beschäftigten abzustellen ist bzw. ob sich aus diesem Fürsorgeverhältnis
eine Handlungspflicht des Beitragsschuldners gegenüber dem Beitragsgläubiger ergeben kann. Denn auf die Einrede der Verjährung
kann sich der Kläger schon deshalb nicht berufen, weil er nach dem Ausscheiden des Beigeladenen seine rentenrechtliche Pflicht
zur Entrichtung der Nachversicherungsbeiträge verletzt hat. Zu diesem Unterlassen der Durchführung der Nachversicherung -
gleich aus welchem Grunde - setzt sich der Kläger mit dem späteren Einwand der Verjährung in einen gegen Treu und Glauben
verstoßenden Widerspruch. Denn das Nachversicherungsverhältnis ist dadurch gekennzeichnet, dass es grundsätzlich allein der
Nachversicherungsschuldner in der Hand hat, ob der Nachversicherungsgläubiger überhaupt von seinem Anspruch erfährt. Unterrichtet
nicht ausnahmsweise der zuvor versicherungsfrei Beschäftigte den Rentenversicherungsträger - wozu er generell nicht verpflichtet
ist und wofür es vorliegend an Anhaltspunkten fehlt -, ist der Rentenversicherungsträger rechtlich grundsätzlich und faktisch
in aller Regel darauf angewiesen, dass der Nachversicherungsschuldner von sich aus die Nachversicherungsbeiträge ermittelt,
zahlt sowie eine entsprechende Bescheinigung erteilt. Bei Verletzung dieser Pflicht bleibt dem Gläubiger sein Beitragsanspruch
mit der Folge unbekannt, dass er zulasten der Versichertengemeinschaft von der Geltendmachung seines Anspruchs sowie von sonstigen
verjährungshemmenden Handlungen abgehalten wird. Bei der Beurteilung des Verhaltens des Klägers müssen auch Sinn und Zweck
der Nachversicherung sowie der systematische Zusammenhang zwischen der Nachversicherung und den Tatbeständen der Versicherungsfreiheit
bzw der Befreiung von der Versicherungspflicht beachtet werden. Eine Nachversicherung findet statt bei Personen, die in einer
Beschäftigung versicherungsfrei waren oder von der Versicherungspflicht befreit worden sind, wenn sie aus dieser Beschäftigung
unversorgt ausgeschieden sind. Insbesondere für die Personengruppe der versicherungsfreien Beschäftigten (vgl §
8 Abs.
2 Satz 1 Nr.
1 bis
3 SGB VI i.V.m. §
5 Abs.
1 SGB VI) ist zu berücksichtigen, dass die Vorschrift des §
5 Abs.
1 SGB VI die Versicherungsfreiheit als Ausnahme von der grundsätzlichen Versicherungspflicht für die betreffenden, eigentlich die
Versicherungspflicht begründenden Beschäftigungen normiert. Der Eintritt von Versicherungsfreiheit setzt voraus, dass dem
Grunde nach ein Sachverhalt vorliegt, der nach den §§
1 bis
4 SGB VI Versicherungspflicht begründet. Aufgrund ihrer Beschäftigung wäre diese Personengruppe also grundsätzlich versicherungspflichtig;
das Gesetz stellt sie in dieser Beschäftigung jedoch ausnahmsweise von der Versicherungspflicht frei, da bereits eine anderweitige
Absicherung vorliegt, so dass eine Einbeziehung dieser Personen in den Schutzbereich der gesetzlichen Rentenversicherung entbehrlich
ist. Scheidet jedoch der Beschäftigte aus dieser versicherungsfreien Beschäftigung unversorgt aus, so ist der Grund für die
Versicherungsfreiheit, nämlich die fehlende Schutzbedürftigkeit aufgrund einer anderweitigen Absicherung, nachträglich entfallen.
Um diese Versorgungslücke zu schließen, soll mithilfe der Nachversicherung im Nachhinein eine soziale Sicherung dergestalt
hergestellt werden, wie sie bestanden hätte, wenn der Beschäftigte in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert
gewesen wäre. Daher entsteht mit dem unversorgten Ausscheiden des Beschäftigten die Pflicht des Arbeitgebers, die Nachversicherungsbeiträge
sofort abzuführen. Die Pflicht zur Zahlung der Nachversicherungsbeiträge tritt kraft Gesetzes ein, ohne dass es eines Bescheides
des zuständigen Rentenversicherungsträgers bedarf. Erst mit der wirksamen Zahlung der Nachversicherungsbeiträge erwirbt der
zuvor versicherungsfrei Beschäftigte den Versichertenstatus und damit den Versicherungsschutz. Mit der Durchführung der Nachversicherung
kommt aber nicht nur dem Nachversicherten der jedem versicherten Beschäftigten aufgrund seiner Arbeit zustehende Schutz der
Rentenversicherung zugute; die Nachversicherungsbeiträge dienen zudem in dem im Umlageverfahren finanzierten System der gesetzlichen
Rentenversicherung dazu, die Solidarlast zu tragen. Die Pflicht zur rechtzeitigen, also unverzüglichen Zahlung der Nachversicherungsbeiträge
steht demnach nicht nur im Interesse des einzelnen Beschäftigten, sondern auch im Interesse der Solidargemeinschaft der Versicherten.
Verletzt ein - zumal wie hier öffentlich-rechtlicher - Arbeitgeber diese Beitragspflicht, ist ihm grundsätzlich und in aller
Regel allein wegen dieses Unterlassens die Verjährungseinrede verwehrt.
Der Kläger geht schließlich unter Hinweis auf unveröffentlichte Rechtsprechung des LSG Baden-Württemberg irrigerweise davon
aus, die Erhebung der Verjährungseinrede könne sich nur dann als rechtsmissbräuchlich darstellen, wenn der Schuldner im Verhältnis
zum Gläubiger eine aktive Pflichtverletzung begangen habe. Indessen ist bereits durch die Rechtsprechung des Reichsgerichts
und von ihm folgend des BVerwG, des BGH und des BAG geklärt, dass eine Rechtsmissbräuchlichkeit der Verjährungseinrede nicht
nur dann in Betracht kommt, wenn der Berufung des Schuldners auf Verjährung eigenes positives Tun entgegensteht, durch das
er seinen Gläubiger von der rechtzeitigen gerichtlichen Durchsetzung einer diesem bekannten Forderung trotz der drohenden
Verjährung abgehalten hat. Vielmehr liegt ein "Abhalten von der Klageerhebung" auch dann vor, wenn der Gläubiger von der rechtzeitigen
verjährungsunterbrechenden Geltendmachung seines Anspruchs durch das Verhalten des Schuldners abgehalten worden ist, indem
der Schuldner bewirkt hat, dass dem Gläubiger sein Anspruch nicht bekannt geworden ist.
Ein entsprechender Sachverhalt liegt hier vor. Allein der Kläger hat durch sein objektiv gesetzwidriges Verhalten bewirkt,
dass der Beklagten ihre Beitragsansprüche unbekannt geblieben sind und sie infolge dieser Unkenntnis nicht rechtzeitig verjährungsunterbrechende
Maßnahmen eingeleitet hat. Da demnach das eigene pflichtwidrige Verhalten des Klägers dafür ursächlich ist, dass die Verjährungsfrist
für die Ansprüche der Beklagten abgelaufen ist, kann sich der Kläger nach Treu und Glauben auf den Ablauf der Verjährungsfrist
nicht berufen, weil dies mit seinem eigenen Verhalten nicht im Einklang stehen würde. Bei dieser Sach- und Rechtslage kommt
es auf ein Verschulden des Klägers nicht an.
Dieser Rechtsprechung des 5. Senats hat sich nicht nur der 13. Senat angeschlossen (BSG, Urteil vom 02.11.2015 - B 13 R 35/14 R -, in Bezug auf Säumniszuschläge, Juris), sondern - soweit ersichtlich - auch die übrige Rechtsprechung (vgl. nur LSG Baden-Württemberg,
Urteile vom 12.11.2014 - L 2 R 2647/14 - und vom 05.11.2013 - L 11 R 5180/12 -; LSG Thüringen, Urteil vom 17.09.2014 - L 12 R 1907/12 -; LSG Hamburg, Urteil vom 14.05.2013 - L 3 R 29/13 WA -, alle in Juris).
Soweit das BSG in dieser Entscheidung in Bezug auf Nachversicherungsbeiträge eine Berufung auf die eingetretene Verjährung als rechtsmissbräuchlich
ansieht unabhängig davon, wer Schuldner ist, vermag der erkennende Senat dem nicht zu folgen. Jedenfalls in Fällen, in denen
der Nachversicherungsschuldner - wie hier - keine öffentlich-rechtliche Behörde ist, hält der Senat diese Auffassung, die
eine Treuwidrigkeit allein mit Blick auf eine objektive Pflichtwidrigkeit unabhängig von subjektivem Verschulden annimmt,
für zu weitreichend. Zwar greifen die Überlegungen des BSG, grundsätzlich habe es allein der Nachversicherungsschuldner in der Hand, ob der Nachversicherungsgläubiger überhaupt von
seinem Anspruch erfahre, der wiederum darauf angewiesen sei, dass der Schuldner von sich aus tätig werde, auch für den vorliegenden
Fall. Allerdings macht es aus Sicht des Senats einen Unterschied, ob - wie in dem vom BSG entschiedenen Fall und auch in den oben zitierten LSG-Entscheidungen - eine Behörde Schuldnerin ist oder aber eine juristische
Person des Privatrechts, von der, wie oben dargelegt, ihrer Struktur nach und auch in Bezug auf die Qualifikation der Mitarbeiter
nicht dieselben juristischen Kenntnisse erwartet werden können wie von einem öffentlich-rechtlichen Träger. Zudem hat das
BSG in der genannten Entscheidung argumentiert, insbesondere für die Personengruppe der versicherungsfreien Beschäftigten sei
zu berücksichtigen, dass die Vorschrift des §
5 Abs.
1 SGB VI die Versicherungsfreiheit als Ausnahme von der grundsätzlichen Versicherungspflicht für die betreffenden, eigentlich die
Versicherungspflicht begründenden Beschäftigungen anordnet. Auch diese Überlegung passt auf den vorliegenden Fall nicht: Mangels
Barbezügen und mangels Beschäftigung war der Beigeladene gemäß § 2 Nr. 1 Abs. 7 AVG a.F. gerade nicht versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung, so dass sein Fall nicht mit Beamten(anwärtern)
oder ähnlichen Personen (vgl. §
5 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 ff.
SGB VI) verglichen werden kann. Bei letzteren liegt auf der Hand, dass sie, hätten sie die gleiche Tätigkeit woanders ausgeübt,
eigentlich versicherungspflichtig gewesen wären und das Gesetz sie nur ausnahmsweise von der Versicherungspflicht freistellt.
Bei dem Beigeladenen trifft dies nicht zu; erst durch die Gesetzesänderung zum 01.01.1992 unterfällt ein solcher Dienst in
einer religiösen Gemeinschaft der Versicherungspflicht - also bestand im streitgegenständlichen Zeitraum grundsätzlich Versicherungsfreiheit.
Insofern sind die Überlegungen des BSG auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar (a.A.: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.06.2016 a.a.O.). Zu Recht führt das
BSG in dem genannten Urteil an, die Verjährung diene dem Rechtsfrieden und der Rechtssicherheit des Rechtsverkehrs. Dieser Zweck
gebiete es, strenge Maßstäbe anzulegen und den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung nur gegenüber einem wirklich groben
Verstoß gegen Treu und Glauben durchgreifen zu lassen. Gemessen an solch strengen Maßstäben sieht der Senat einen solchen
groben Verstoß gegen Treue und Glauben nicht mit der Folge, dass die Verjährungseinrede vorliegend nicht rechtsmissbräuchlich
erhoben worden ist.
Die Nachversicherungsbeiträge sind daher verjährt.
Die Berufung der Beklagten gegen das angefochtene Urteil des SG war somit zurückzuweisen.
Die Revision war wegen Divergenz zu den Urteilen des BSG vom 27.06.2012 (a.a.O.) und vom 02.11.2015 (a.a.O.) zuzulassen (§
160 Abs.
2 Nr.
2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a SGG in Verbindung mit §
154 Verwaltungsgerichtsordnung (
VwGO) und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache. Der Senat hat davon abgesehen, außergerichtliche Kosten
des Beigeladenen gemäß §
197a SGG in Verbindung mit §
162 Abs.
3 VwGO der unterliegenden Beklagten oder der Staatskasse aufzuerlegen, weil dies mit Blick auf den Ausgang des Verfahrens nicht
der Billigkeit entsprochen hätte. Dieser hat zudem keine Anträge gestellt.
Die Festsetzung des Streitwertes bestimmt sich nach der Höhe der Forderung im streitgegenständlichen Zeitraum (§
197a Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. § 63 Abs. 2, § 52 Abs. 1 und 3, § 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz). Der noch vor dem SG geltende Streitwert war hierbei wegen Beschränkung der Berufung um die Höhe der Beiträge aus der Zeit vor dem 01.04.1973
zu reduzieren.