Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Entziehung ihrer Zulassung wegen Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit.
Die 1952 geborene Klägerin erhielt im Jahr 1979 die Approbation als Ärztin. Seit Oktober 1995 ist sie berechtigt die Bezeichnung
"Praktische Ärztin" zu führen. Am 31.05.1997 erhielt sie die Anerkennung zur Führung der Bezeichnung "Fachärztin für Kinderheilkunde".
Durch Beschluss des Zulassungsausschusses für Ärzte im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung Nord-Württemberg vom 12.08.1998
wurde die Klägerin als Praktische Ärztin für den Vertragsarztsitz in S. (N.) zur Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit
zugelassen. Durch Beschluss des Zulassungsausschusses für Ärzte für den Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg
(Regierungsbezirk S.) vom 20.10.2005 wurde ihrem Antrag auf Erweiterung der Zulassung zur Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin
mit der Zuordnung zur hausärztlichen Versorgung mit Wirkung vom 01.01.2006 stattgegeben, um eine Praxis in C. fortzuführen.
Durch weiteren Beschluss vom 20.10.2005 wurde die Verlegung des Vertragsarztsitzes nach S.1 mit Wirkung zum 01.01.2006 genehmigt.
Mit Schreiben vom 28.08.2012 wies die zu 1) beigeladene Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg die Klägerin darauf
hin, dass sie im Quartal 2/2012 keine Abrechnung eingereicht habe und auch im Quartal 1/2012 nur eine geringe Anzahl an Fällen
abgerechnet worden sei, die auf einen wöchentlichen Arbeitsumfang von nur 2 Stunden hinwiesen. Auch die Fallzahlen im Quartal
4/2011 lägen weit unter dem Prüfgruppendurchschnitt. Im Quartal 1/2012 lägen die Fallzahlen der Klägerin 97 % unter dem Fachgruppendurchschnitt.
Sie werde auf ihre Pflichten nach § 17 Abs. 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) hingewiesen.
Die Klägerin teilte daraufhin mit Schreiben vom 15.09.2012 mit, wegen Sabotage läge eine schwierige Praxissituation vor. Es
handele sich um eine absolute Not- und Ausnahmesituation, die eine normale Praxistätigkeit unmöglich mache. Die Praxis sei
zurzeit vorübergehend bis zur Abklärung geschlossen und sie werde kollegial vertreten, so dass die Patientenversorgung gewährleistet
sei.
Mit Schreiben vom 21.09.2012 stellte die Beigeladene zu 1) daraufhin beim Zulassungsausschuss einen Antrag auf Überprüfung
der Zulassung der Klägerin.
Mit Bescheid vom 11.04.2013 (Beschluss vom 20.11.2012) ordnete der Zulassungsausschuss das Ruhen der Zulassung vom 20.11.2012
bis 31.03.2013 sowie eine Begutachtung der Klägerin im Hinblick auf ihren Gesundheitszustand von Amts wegen an. In seinem
Gutachten vom 22.03.2013 gelangte E. zu der Einschätzung, dass bei der Klägerin ein dringender Verdacht auf eine wahnhafte
Störung vorliege und sie gegenwärtig sicherlich nicht in der Lage sei, ihrer vertragsärztlichen Tätigkeit nachzukommen.
Mit Bescheid vom 11.09.2013 (Beschluss vom 17.04.2013) ordnete der Zulassungsausschuss das weitere Ruhen der Zulassung vom
01.04.2013 bis 17.07.2013 sowie eine erneute Begutachtung von Amts wegen an. E1 gelangte in seinem Gutachten vom 08.07.2013
zu der Einschätzung, dass keine relevanten psychopathologischen Auffälligkeiten vorlägen. Es bestünden keine gesundheitlichen
Einschränkungen, die an der weiteren Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit Zweifel aufkommen lassen müssten.
Mit Bescheid vom 16.12.2013 (Beschluss vom 17.07.2013) ordnete der Zulassungsausschuss das weitere Ruhen der Zulassung vom
18.07.2013 bis 31.08.2013 an.
Nach Aufforderung des Zulassungsausschusses teilte die Beigeladene zu 1) mit Schreiben vom 23.03.2015 mit, die Klägerin habe
für die Quartale 4/2013 bis 4/2014 keine Abrechnungen eingereicht. Dem Schreiben waren Telefaxe der Klägerin vom 02.11.2014
und 07.02.2015 beigefügt, wonach sie wegen technischer Reparaturproblemen/defektem Computersystem keine Abrechnungen habe
einreichen können und die Abrechnungsunterlagen nachreichen werde.
Mit Beschluss vom 15.07.2015 (Bescheid vom 11.08.2015) entzog der Zulassungsausschuss der Klägerin die vertragsärztliche Zulassung
und führte zur Begründung aus, die Zulassung sei zu entziehen, da die Klägerin die vertragsärztliche Tätigkeit nicht mehr
ausübe. Sie habe seit dem Quartal 4/2013 keine Leistungen gegenüber der Beigeladenen zu 1) mehr abgerechnet. Hierin liege
auch eine gröbliche Pflichtverletzung zur peinlich genauen Abrechnung. Die Klägerin habe bereits seit September 2013 keine
Abrechnungen mehr eingereicht. Diese Pflichtverletzung sei bereits Gegenstand der Entscheidungen des Zulassungsausschusses
vom 20.11.2012, 17.04.2013 und 17.07.2013 gewesen. Der Zulassungsausschuss habe der Klägerin jedoch vertraut und eine Chance
gegeben, die Praxis zum 01.09.2013 wieder zu eröffnen. Trotz dessen habe die Klägerin keine Leistungen gegenüber der Beigeladenen
zu 1) abgerechnet. Der Umstand, dass Reparaturen am Computersystem notwendig seien, um entsprechende Abrechnungen einreichen
zu können, sei nicht maßgeblich, da es auf ein Verschulden nicht ankomme. Die Klägerin sei zur Teilnahme an der vertragsärztlichen
Versorgung aufgrund des mangelnden Vertrauens in die ordnungsgemäße Leistungserbringung nicht geeignet. Im Hinblick auf Art.
12 Abs.
1 Grundgesetz (
GG) komme auch ein milderes Mittel nicht in Betracht, da die Aufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit nicht zu erwarten sei.
Die Klägerin habe sich nämlich bereits im November 2014 auf Computerprobleme gestützt, ohne diese bislang zu beheben.
Hiergegen erhob die Klägerin am 11.09.2015 Widerspruch. Zur Begründung führte sie aus, eine gröbliche Pflichtverletzung liege
nicht vor. Durch Sabotage und eine schwere Erkrankung einer ihrer Töchter bestehe eine hohe Belastung für sie. Während des
Widerspruchsverfahrens teilte die Beigeladene zu 1) dem Beklagten auf dessen Nachfrage unter dem 19.05.2016 mit, dass die
Klägerin in den Quartalen 4/2013 bis 1/2015 und 2/2015 bis 1/2016 keine Abrechnungen eingereicht habe. Am 22.06.2016 wurde
die Klägerin vom Beklagten persönlich angehört. Hierbei gab sie unter anderem an, dass sie zurzeit keine Patienten behandle,
da es unter solchen Umständen zu gefährlich sei, in der Praxis zu arbeiten. Seit September 2015 übe sie keine Tätigkeit mehr
aus. Die händischen Abrechnungen habe sie nicht eingereicht. Auf die Niederschrift wird Bezug genommen (Bl. 296-301 der Verwaltungsakte).
Mit Beschluss vom 22.06.2016 (Bescheid vom 15.11.2016, zugestellt am 16.11.2016) wies der Beklagte den Widerspruch zurück
und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, die Zulassung sei zu entziehen, da ein Nichtmehrausüben der vertragsärztlichen
Tätigkeit seit dem 01.10.2013 vorliege. Nach den Mitteilungen der Beigeladenen zu 1) habe die Klägerin in den Quartalen 4/2013
bis 1/2016 weder elektronisch noch auf anderem Weg Abrechnungen eingereicht. Die Klägerin habe im Termin zur mündlichen Verhandlung
beim Beklagten selbst erklärt, dass sie seit September 2015 nicht mehr in der Praxis tätig sei. Nach Überzeugung des Beklagten
lasse die Klägerin nicht den Willen erkennen, kontinuierlich und im erforderlichen Maße an der vertragsärztlichen Versorgung
teilzunehmen. Sie habe vielmehr selbst ausgeführt, dass sie derzeit keine Patienten behandele, da es unter den geschilderten
Umständen ("Sabotage") zu gefährlich sei, in der Praxis zu arbeiten. Die Gründe für das Nichtausüben seien hingegen ohne Belang.
Die Entziehung der Zulassung sei auch im Hinblick auf das zuvor angeordnete Ruhen der Zulassung in der Zeit vom 20.11.2012
bis 31.08.2013 verhältnismäßig. Die Klägerin habe im Termin zur mündlichen Verhandlung auch keine zeitnahe Wiederaufnahme
ihrer vertragsärztlichen Tätigkeit in Aussicht stellen können. Vor diesem Hintergrund komme als einziges Mittel nur die Entziehung
der Zulassung in Betracht.
Am 16.12.2016 hat die Klägerin beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben und vorgetragen, der Beklagte gehe zu Unrecht davon aus, dass sie ihre vertragsärztliche Tätigkeit nicht mehr
ausübe. Sie habe sehr wohl den Willen zur kontinuierlichen Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung. Es sei zwar richtig,
dass sie in den streitgegenständlichen Quartalen keine Abrechnung bei der Beigeladenen zu 1) eingereicht habe. Sie habe aber
eine Abrechnung händisch erstellt, diese allerdings nicht elektronisch eingereicht. Die Beigeladene zu 1) habe händisch erstellte
Abrechnungen abgelehnt. Sie habe in den streitgegenständlichen Quartalen auch Versicherte behandelt. Der Neuaufbau der Praxis
habe sich sehr positiv gestaltet und sie sei von den Patienten gern und schnell angenommen worden. Dass das Patientenaufkommen
kontinuierlich rückläufig gewesen sei, könne ihr nicht angelastet werden. Es liege eine Sabotage der Praxis vor. Zu beachten
sei, dass sie zwischen 200 und 400 Patienten pro Quartal behandelt habe. Es habe sich hierbei um etliche neue und schwierige
Patientenfälle mit sehr komplexen Krankheitsbildern und um deutlich weniger Stammpatienten gehandelt. Dadurch sei der Leistungs-
und Verwaltungsaufwand erheblich erhöht gewesen. Auch die Tatsache, dass sie sich in ihrer Praxis vertreten lasse, führe nicht
dazu, dass sie ihre vertragsärztliche Tätigkeit eingestellt habe. Das Gegenteil sei der Fall. Sie wolle den Praxisbetrieb
aufrechterhalten und sei lediglich teilweise an der Ausübung der vertragsärztlichen Versorgung verhindert, weshalb zulässigerweise
Vertreter bestellt würden. Soweit sie beim Beklagten gesagt habe, dass sie zurzeit keine Patienten behandle, sei dies nur
eine vorübergehende Erscheinung. Schließlich habe sie auch keine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt. Der Beklagte
habe auch keine gröbliche Pflichtverletzung konkret dargelegt. Es finde eine ordnungsgemäße Behandlung der Versicherten statt,
wenn auch teilweise durch Vertreter und in nicht so großer Zahl, wie in anderen Praxen ihres Fachgebiets. Schließlich habe
sie ihre Pflicht zur peinlich genauen Abrechnung nicht verletzt. Bei Beseitigung der Sabotagesituation könne davon ausgegangen
werden, dass sie ihre Abrechnungen wieder normal einreichen könne. Durch die Sabotage der Praxis sowie durch die schwere Erkrankung
einer ihrer Töchter habe sie unter hoher Belastung gestanden. Schließlich habe sie überhöhte und falsche Rechnungen erhalten,
die vollstreckt worden seien oder deren Vollstreckung angedroht worden sei. Es sei Rufmord begangen und auch die Post der
Praxis sei abgefangen worden. Durch Streitigkeiten mit dem geschiedenen Ehemann um Unterhalt und ein Grundstück in Bolivien
sei sie ebenfalls belastet gewesen. Dies alles stelle eine Verkettung unglücklicher und widriger Umstände dar, die es ihr
unmöglich gemacht hätten, ihre Abrechnung per PC an die Beigeladene zu 1) zu senden. Im Zusammenhang mit der Ermittlung des
Streitwerts hat die Klägerin außerdem als Umsatz angegeben: in den Quartalen 4/2015 bis 1/2017 keine Scheine, 48 Scheine im
Quartal 3/2015, 62 Scheine im Quartal 2/2015, 55 Scheine im Quartal 1/2015, 68 Scheine im Quartal 4/2014, 74 Scheine im Quartal
3/2014, 64 Scheine im Quartal 2/2014, 65 Scheine im Quartal 1/2014, 41 Scheine im Quartal 4/2013 und "faktisch" 0 Scheine
im Quartal 3/2013. Diesen Umsatz hätte sie erwirtschaften können, wenn Computerprobleme die Abrechnung nicht verhindert hätten.
Als Praxiskosten seien ca. 600,00 € monatlich für Strom, Wasser etc. entstanden.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Er hat ergänzend ausgeführt, die Zulassung sei zu entziehen gewesen, zumal ein
Ermessensspielraum nicht bestanden habe. Die Klägerin sei seit mindestens zwei Jahren überhaupt nicht mehr vertragsärztlich
tätig und rechne seit vier Jahren keinerlei Rechnungen mehr ab. Zu beachten sei, dass die Klägerin bereits im Sommer 2012
eine Sabotage für die deutlich zu niedrigen Fallzahlen angeführt habe. Seitdem seien mehr als fünf Jahre vergangen und die
Klägerin begründe ihr Nichtmehrausüben der vertragsärztlichen Tätigkeit heute immer noch mit Sabotage. Dies sei für das System
der vertragsärztlichen Versorgung nicht mehr hinnehmbar. Zudem habe die Klägerin bislang nicht erläutert, welche Quartale
und wie viele Fälle sie händisch abgerechnet habe.
Mit Beschluss vom 31.07.2017 hat das SG die Beigeladenen zu 1) - 7) zum Verfahren beigeladen.
Mit Urteil vom 24.10.2018 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Bescheid des Beklagten vom 15.11.2016 (Beschluss vom 22.06.2016)
sei rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Beklagte habe zu Recht die Zulassung zur vertragsärztlichen
Versorgung entzogen. Rechtsgrundlage für die Entziehung der Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit sei §
95 Abs.
6 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V). Zur Beurteilung der Frage, ob die vertragsärztliche Tätigkeit noch ausgeübt werde, sei auf die Sach- und Rechtslage im
Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (hier also auf den 22.06.2016) abzustellen. Dabei habe die zuständige Behörde,
von diesem Zeitpunkt ausgehend, eine Prognoseentscheidung dahingehend zu treffen, ob aufgrund aller bekannten tatsächlichen
Umstände auch in Zukunft von einer Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit auszugehen sei. Dass der Beklagte dies in
Bezug auf die Klägerin im Rahmen seiner - rechtlich voll überprüfbaren - Prognose bejaht habe, sei nicht zu beanstanden. Das
Gericht gehe mit dem Beklagten davon aus, dass die Klägerin seit dem 01.10.2013 keine vertragsärztliche Tätigkeit mehr ausübe.
Dies ergebe sich daraus, dass die Klägerin zumindest ab dem Quartal 4/2013 keinerlei Abrechnungen bei der Beigeladenen zu
1) eingereicht habe. Das Gericht stütze sich hierbei auf die Auskünfte der Beigeladenen zu 1) vom 23.03.2015 und 19.05.2016,
die im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden konnten. Danach habe die Klägerin in den Quartalen 4/2013 bis 1/2015 und
2/2015 bis 1/2016 keinerlei Abrechnungen eingereicht. In der mündlichen Verhandlung am 24.10.2018 habe die Beigeladene zu
1) angegeben, dass die Klägerin auch bis dato keine Abrechnungen eingereicht habe. Soweit die Klägerin sowohl im Verwaltungs-
als auch im Klageverfahren geltend gemacht habe, sie habe händische Abrechnungen erstellt und die Beigeladene zu 1) habe eine
Annahme verweigert, führe dies zu keinem anderen Ergebnis. Denn das Gericht halte die Behauptung der Klägerin schon nicht
für schlüssig. Dies ergebe sich aus ihren Angaben gegenüber dem Beklagten in der Sitzung vom 22.06.2016. Aus der Niederschrift
folge, dass die Klägerin auf die Frage eines Ausschussmitgliedes im Hinblick auf die Anzahl der händischen Fälle angegeben
habe, dass sie diese überhaupt nicht eingereicht habe. Darüber hinaus sei die Klägerin als Vertragsärztin verpflichtet, ihre
Abrechnung vertragsärztlicher Leistungen gegenüber der Beigeladenen zu 1) mittels EDV durchzuführen. Nur für Leistungen im
organisierten Notfalldienst sei ausschließlich für sonstige Leistungserbringer eine manuell erstellte Abrechnung möglich.
Weitergehende Ausnahmen müssten gesondert beantragt und von der Beigeladenen zu 1) genehmigt werden. Eine solche Sondergenehmigung
sei von der Beigeladenen zu 1) nicht erteilt worden. Unbedenklich sei, dass der Beklagte für die Bewertung des Umfangs der
vertragsärztlichen Tätigkeit der Klägerin ausschließlich auf die von dieser gegenüber der Beigeladenen zu 1) (nicht) abgerechneten
Fälle abgestellt habe. Denn erst durch die Abrechnung erbrachter Leistungen sei die Leistungserbringung quantitativ und qualitativ
für Dritte überprüfbar und nachvollziehbar. Es gehöre zudem gerade zu den Pflichten eines Vertragsarztes, seine Leistungen
auch abzurechnen. In der Rechtsprechung und Literatur sei im Übrigen anerkannt, dass ab einer Fallmenge pro Quartal, die unter
10 % des Fachgruppendurchschnitts liegt, von einer Nichtausübung der Vertragsarzttätigkeit auszugehen sei. Selbst diese Grenze
habe die Klägerin jedoch seit dem 01.10.2013 bei Weitem nicht erreicht, da sie seither - wie bereits dargelegt - gar keine
Fälle abgerechnet habe. Soweit sie im Rahmen der Streitwertanhörung während des Klageverfahrens mit Schriftsatz vom 24.03.2017
behauptet habe, sie habe in den Quartalen 2/2014 bis 3/2015 zwischen 48 und 74 Scheine pro Quartal abgerechnet, führe dies
im Übrigen zu keinem anderen Ergebnis. Denn der Fachgruppendurchschnitt liege zwischen 1100-1200 Scheinen pro Quartal. Das
Gericht stütze sich hierbei auf die Auskunft des Beklagten im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 24.10.2018. Daraus folge,
dass auch die von der Klägerin behaupteten Fallmenge weit unter 10 % des Fachgruppendurchschnitts liege. Vor diesem Hintergrund
gehe der Beklagte zu Recht davon aus, dass die Klägerin die vertragsärztliche Tätigkeit nach wie vor nicht mehr in ausreichendem
Umfang ausübe. Die Gründe hierfür seien rechtlich nicht von Belang. Daher könne auch nicht im Hinblick auf die von der Klägerin
behauptete Sabotage oder wegen der ebenfalls geltend gemachten Erkrankung einer ihrer Töchter von der Zulassungsentziehung
abgesehen werden. Ob in der Nichtabrechnung zugleich eine gröbliche Pflichtverletzung gesehen werden kann, könne vor diesem
Hintergrund offenbleiben. Der Entzug der Zulassung verstoße im vorliegenden Fall auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
Es diene der Sicherung des gewichtigen Gemeinwohlbelangs der Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung, ausschließlich
geeignete Ärzte zur vertragsärztlichen Versorgung zuzulassen. Hierbei sei auch zu berücksichtigen, dass Art.
12 Abs.
1 GG keine Bestandsgarantie für einen einmal gewählten Arbeitsplatz beinhalte. Im Übrigen sei auch nicht das mildere Mittel des
Ruhens der Zulassung in Betracht gekommen. Denn im vorliegenden Fall sei zu beachten, dass der Zulassungsausschuss (zuletzt
mit Bescheid vom 26.07.2013; Beschluss vom 17.07.2013) bereits für den Zeitraum vom 20.11.2012 bis 31.08.2013 ein vollständiges
Ruhen der Zulassung angeordnet habe und die Klägerin mithin genügend Zeit gehabt habe, ihr (fehlendes Abrechnungs-)Verhalten
zu ändern bzw. die von ihr behaupteten (negativen) Umstände (z.B. defekte Computeranlage) zu beheben. Auch nach dem Ruhen
der Zulassung habe die Klägerin aber keinerlei Abrechnungen bei der Beigeladenen zu 1) eingereicht und dem Beklagten im Rahmen
der Anhörung am 22.06.2016 zudem mitgeteilt, ihre Tätigkeit seit September 2015 nicht mehr auszuüben. Dies habe sie in der
mündlichen Verhandlung am 24.10.2018 bestätigt. Danach hindere sie die von ihr wahrgenommene Sabotage auch weiterhin daran,
Patienten zu behandeln.
Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigen am 30.10.2018 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 30.11.2018 Berufung beim Landessozialgericht
(LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Sie macht geltend, sie habe das Recht auf freie und gewaltfreie Ausübung ihres Berufs.
Ihre Patienten und ihre Begleiter hätten ein Anrecht darauf, in einer Situation ohne Gewalt und Sabotage untersucht und behandelt
zu werden. Sie und ihre ältere Tochter seien Sabotage und Terror in Form von Elektrosmogterror einschließlich Anwendung von
militärischen Frequenzwaffen, Wirtschaftsboykott, Rufmord, Einbrüchen in die Praxis, Sachbeschädigung, Angriffen auf digitalen
Medien und Abfangen von Patienten an ihrer Eingangstür ausgesetzt. Bei diesem lebensgefährlichen Ausmaß an Sabotage könne
kein Mensch ernsthaft eine Kinder- und Jugendarztpraxis führen. Sie übe Praxistätigkeit aus. Die Praxistätigkeit bestehe im
Wesentlichen darin, so gut wie möglich die Sabotage und deren Folgen in den Griff zu bekommen. In Ausnahmefällen habe sie
auch Patienten untersucht und behandelt. Die Patienten leite sie im Allgemeinen aus Schutzmaßnahmen zu kollegialen Vertretern
und Notdiensten um. Sobald die Sabotage gestoppt sei, könne sie die normale Praxistätigkeit wieder aufnehmen. Was die Abrechnung
anbelange, habe sie die Beigeladene zu 1) nochmals mit einem Widerspruch gebeten, auf das Angebot der Beigeladenen zu 1) vom
Februar 2018 zurückzugreifen und ihr eine außerordentliche, verspätete handschriftliche Abrechnung zu genehmigen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24.10.2018 und den Bescheid des Beklagten vom 15.11.2016 (Beschluss vom 22.06.2016)
aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil und seinen Bescheid für zutreffend. Ergänzend führt er aus, die Klägerin übe seinen Erkenntnissen
nach spätestens seit dem 01.10.2013 keine vertragsärztliche Tätigkeit mehr aus. Eine andere Beurteilung ergebe sich auch nicht
aus der Berufungsbegrünung der Klägerin.
Die Beigeladene zu 1) beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladenen zu 2) bis 7) haben sich im Berufungsverfahren nicht zur Sache geäußert und keine Anträge gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die
Akten des Beklagten, des SG und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
1. Dem Verlegungsantrag der Klägerin vom 27.04.2021 war nicht stattzugeben, weil es die Klägerin versäumt hat, den Bevollmächtigten
rechtzeitig zu bestellen (BSG, Urteil vom 27.10.1955 - 4 RJ 6/54 -; Sächsisches LSG, Urteil vom 04.11.2014 - L 4 R 233/12 - beide in juris). Darüber hinaus hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht zu erkennen gegeben,
dass sie an dem Verlegungsantrag festhält.
2. Der Senat entscheidet, da der Rechtsstreit um eine Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung geführt wird, mit je einem
ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Krankenkassen und der Vertragsärzte, da es sich um eine Angelegenheit des Vertragsarztrechts
handelt (§
12 Abs.
3 Satz 1
Sozialgerichtsgesetz <SGG>).
3. Die form- und fristgerecht (§
151 Abs.
2 SGG) eingelegte Berufung der Klägerin ist nach §
143 Abs.
1 SGG statthaft und auch im Übrigen zulässig.
4. Streitgegenständlich ist vorliegend der Bescheid des Beklagten vom 15.11.2016. In vertragsärztlichen Zulassungssachen wird
der beklagte Berufungsausschuss mit seiner Anrufung gemäß §
96 Abs.
4 SGB V funktionell ausschließlich zuständig. §
95 SGG findet in diesem Verfahren keine Anwendung (ständige Rechtsprechung des BSG, z.B. Urteil vom 16.05.2018 - B 6 KA 1/17 R -, in juris). Der Bescheid des beklagten Berufungsausschusses tritt als Regelung der Zulassungssache an die Stelle des vorangegangenen
Bescheides des Zulassungsausschusses und bildet den alleinigen Gegenstand des weiteren - gerichtlichen - Verfahrens.
5. Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid des Beklagten vom 15.11.2016 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht
in ihren Rechten.
a) Rechtsgrundlage der Zulassungsentziehung ist §
95 Abs.
6 Satz 1
SGB V, wonach die Zulassung zu entziehen ist, wenn ihre Voraussetzungen nicht oder nicht mehr vorliegen, der Vertragsarzt die vertragsärztliche
Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht mehr ausübt oder seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt. Die §§ 45, 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) sind nicht anwendbar; sie werden durch den speziellen §
95 Abs.
6 SGB V verdrängt. Hinsichtlich des Tatbestands der Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit ist zu prüfen, ob der Vertragsarzt
die Gesamtheit seiner Pflichten noch im Wesentlichen erfüllt; von Ausübung der kassenärztlichen Tätigkeit kann dann nicht
mehr gesprochen werden, wenn der Arzt nicht mehr den Willen zur kontinuierlichen Teilnahme an der kassenärztlichen Versorgung
hat (BSG, Urteil vom 19.12.1984 - 6 RKa 34/83 -, in juris, Rn. 10). Behandlungsfallzahlen im Umfang von weniger als 1?% des Durchschnitts der Fachgruppe belegen ohne Zweifel
keine Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit in einem nennenswerten und für die Versorgung der Versicherten relevanten
Umfang (BSG, Beschluss vom 10.05.2017 - B 6 KA 8/17 B -, in juris, Rn. 8). Nach Wortlaut und systematischer Stellung des §
95 Abs.
6 Satz 1
SGB V greift der Tatbestand der Entziehung der Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung unabhängig davon ein, ob der Vertragsarztsitz
in einem Gebiet gelegen ist, für den der Landesausschuss Über- oder Unterversorgung festgestellt hat (BSG, Beschluss vom 10.05.2017 - B 6 KA 8/17 B -, in juris). Zur Beurteilung der Frage, ob die vertragsärztliche Tätigkeit noch ausgeübt wird, ist auf die Sach- und Rechtslage
im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung abzustellen (stRspr, z.B. BSG, Urteil vom 17.10.2012 - B 6 KA 49/11 R -, in juris, Rn. 19 ff.; Beschluss vom 28.10.2015 - B 6 KA 36/15 B -, in juris, Rn. 16f.; Beschluss vom 22.03.2016 - B 6 KA 69/15 B -, in juris, Rn. 13; BVerfG, Beschluss vom 26.09.2016 - 1 BvR 1326/15 - in juris, Rn. 45, zur verfassungsrechtlich zulässigen Aufgabe der Wohlverhaltensrechtsprechung durch das BSG). Dabei hat die zuständige Behörde, von diesem Zeitpunkt ausgehend, eine Prognoseentscheidung dahingehend zu treffen, ob
aufgrund aller bekannten tatsächlichen Umstände auch in Zukunft von einer Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit auszugehen
ist (Hessisches LSG, Urteil vom 30.11.2016 - L 4 KA 29/16 -, in juris).
b) Hiervon ausgehend ist die angefochtene Entscheidung des Beklagten nicht zu bestanden.
(1) Der Beklagte ist im Zeitpunkt seiner Entscheidung am 22.06. bzw. 15.11.2016 zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin
ihre vertragsärztliche Tätigkeit nicht mehr ausübt. Denn die Klägerin hat ihre in der Vergangenheit (unstreitig) aufgenommene
vertragsärztliche Tätigkeit seit dem 01.10.2013 eingestellt.
Die Klägerin hat in den Quartalen 4/2013 bis 1/2016 keine Abrechnung vertragsärztlicher Leistungen bei der Beigeladenen zu
1) eingereicht. Dies ergibt sich aus den unbestrittenen Mitteilungen der Beigeladenen zu 1) gegenüber dem Beklagten. Die Klägerin
bestätigte dies zudem im Verfahren beim SG. Auch in den folgenden Quartalen 2/2016 bis 1/2017 hat die Klägerin keine vertragsärztlichen Leistungen mehr abgerechnet.
Dies ergibt sich aus ihren eigenen Ausführungen gegenüber dem SG im Zusammenhang mit der Ermittlung des Streitwerts. Insgesamt hat die Klägerin somit seit dem Quartal 4/2013 keine Abrechnung
vertragsärztlicher Leistungen mehr bei der Beigeladenen zu 1) eingereicht und keine Vergütung für vertragsärztliche Tätigkeit
erhalten.
Auf Grundlage dieser Tatsache durfte der Beklagte annehmen, dass die Klägerin nicht mehr den Willen zur kontinuierlichen Teilnahme
an der kassenärztlichen Versorgung hat. Die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung bewirkt gemäß §
95 Abs.
3 Satz 1
SGB V, dass der Vertragsarzt nicht nur zur vertragsärztlichen Versorgung berechtigt, sondern auch verpflichtet ist. Zur Ausübung
der vertragsärztlichen Tätigkeit gehört es, die an gesetzlich Versicherten erbrachten Leistungen gegenüber der Kassenärztlichen
Vereinigung abzurechnen. Erst durch die Abrechnung wird die Leistungserbringung quantitativ und qualitativ für Dritte überprüfbar
und nachvollziehbar (so auch Hessisches LSG, Urteil vom 30.11.2016 - L 4 KA 29/16 -, in juris). Ohne Einreichung einer Abrechnung nimmt der Arzt nicht an der vertragsärztlichen Vergütung teil. Damit fehlt
ein zentrales Element der vertragsärztlichen Tätigkeit, so dass ohne Weiteres, d.h. unabhängig davon, in welchem Umfang (nicht
abgerechnete) Leistungen erbracht wurden, von einer Nichtausübung ausgegangen werden kann. Auch im vorliegenden Fall ist der
Beklagte damit zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin ihre vertragsärztliche Tätigkeit nicht (mehr) ausübt.
Soweit die Klägerin vorträgt, sie habe eine händische Abrechnung erstellt und die Beigeladene zu 1) habe die Annahme einer
händisch erstellten Abrechnung abgelehnt, ergibt sich daraus nichts Anderes. Die Klägerin war nach § 1 Abs. 2 der Abrechnungsrichtlinie
der Beigeladenen zu 1) (in der damals geltenden Fassung vom 06.02.2013) verpflichtet, mittels EDV abzurechnen. Die Übermittelung
der Abrechnungsdaten hatte seit dem Quartal 1/2013 auf elektronischem Weg zu erfolgen. Nur für Leistungen im organisierten
Notfalldienst war hiervon abweichend ausschließlich für sonstige Leistungserbringer eine manuelle Abrechnung zulässig (§ 1
Abs. 5 der Abrechnungsrichtlinie). Weitergehende Ausnahmen mussten gesondert beantragt und von der Beigeladenen zu 1) genehmigt
werden (§ 1 Abs. 6 der Abrechnungsrichtlinie). Über eine solche Ausnahmegenehmigung verfügte die Klägerin nicht. Die Beigeladene
zu 1) hat deshalb eine händische Abrechnung der Klägerin zu Recht abgelehnt.
Aber selbst unter Berücksichtigung der erbrachten Leistungen auf Grundlage ihrer händischen Aufstellungen, ergäben sich lediglich
Fallzahlen zwischen 0 (Quartal 3/2013 und ab 4/2015) und maximal 74 (Quartal 3/2014) Scheinen pro Quartal. Nach den auf der
Homepage der Beigeladenen zu 1) veröffentlichten Zahlen bewegten sich die durchschnittlichen Fallzahlen der Fachgruppe der
Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin im maßgeblichen Zeitraum zwischen 1.100 und 1.200 Scheinen pro Quartal. Die Klägerin
behandelte somit maximal 6,7 % des Fachgruppendurchschnitts an Patienten. Ein derart geringer Leistungsumfang entspricht einer
Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit. Denn eine Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit liegt nicht nur vor,
wenn ein Vertragsarzt in zahlreichen Quartalen überhaupt keine Behandlungsfälle abrechnet, sondern auch dann, wenn die Anzahl
der abgerechneten Behandlungsfälle - so wie hier - unter 10% des Fachgruppendurchschnitts liegt (so auch Hessisches LSG, Urteil
vom 30.11.2016 - L 4 KA 29/16 -, in juris; Bayerisches LSG, Urteil vom 22.01.2020 - L 12 KA 6/19 -, in juris).
Abgesehen davon behandelt die Klägerin jedenfalls seit September 2015 keinerlei Patienten mehr. Sie gab selbst gegenüber dem
Beklagten an, seit diesem Zeitpunkt nicht mehr in der Praxis tätig zu sein. Auch hieraus ist zu schließen, dass die Klägerin
nicht mehr den Willen zur kontinuierlichen Teilnahme an der kassenärztlichen Versorgung hat. Dass es sich dabei um eine vorübergehende
Erscheinung handeln würde, musste der Beklagte im Rahmen seiner Prognoseentscheidung nicht annehmen. Die Klägerin brachte
gegenüber dem Beklagten (wie bis zuletzt im Gerichtsverfahren) vor, sie würde keine Patienten behandeln, weil dies aufgrund
der von ihr angenommenen Sabotage zu gefährlich sei. Dieselben Gründe gab sie bereits im Schreiben vom 15.09.2012 gegenüber
der Beigeladenen zu 1) an und waren schließlich auch die Grundlage für das Ruhen der Zulassung vom 20.11.2012 bis 31.08.2013.
Dass sich hieran in absehbarer Zeit etwas ändern würde, musste der Beklagte nicht annehmen. Tatsächlich hat sich hieran auch
bis zuletzt nichts geändert, wie der Vertreter des Beklagten und der Beigeladenen zu 1) in der mündlichen Verhandlung vor
dem Senat bestätigt haben.
(2) Der Zulassungsentzug setzt kein Verschulden des Zulassungsinhabers voraus (BSG, Urteil vom 20.10.2004 - B 6 KA 67/03 R -, in juris). Es kommt deshalb nicht darauf an, ob der Klägerin die Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit im Sinne
eines Verschuldens vorzuwerfen ist. Der Beklagte hatte auch kein Ermessen auszuüben. Gem. §
95 Abs.
6 Satz 1
SGB V ("... ist zu entziehen ...") handelt es sich um eine gebundene Entscheidung (stRspr., z.B. BSG, Urteil vom 17.10.2012 - B 6 KA 49/11 R -, in juris).
(3) Die Zulassungsentziehung ist auch verhältnismäßig.
Die Zulassungsentziehung wegen Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Vertragsarztsitze, auf denen tatsächlich keine Versorgung der Patienten stattfindet, die aber in ihrem jeweiligen Planungsbereich
störende Auswirkungen auf die Beurteilung der Zulassungsaussichten eines anderen Arztes haben, sind in diesem Sinne unerwünscht
und möglichst zu vermeiden. Dem dient die Regelung des §
95 Abs.
6 Satz 1
SGB V auch, und diese Zwecke haben hinreichendes Gewicht, um als verfassungskonforme Berufsausübungsregelung im Sinne des Art.
12 Abs.
1 Satz 2
GG beurteilt zu werden (BSG, Beschluss vom 10.05.2017 - B 6 KA 8/17 B -, in juris, Rn. 10). Da die Zulassungsentziehung aber in das Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art.
12 Abs.
1 GG eingreift, darf sie unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur ausgesprochen werden, wenn die Entziehung
das einzige Mittel zur Sicherung und zum Schutz der vertragsärztlichen Versorgung darstellt, ein milderes Mittel mithin nicht
zur Verfügung steht (BVerfG, Beschluss vom 28.03.1985 - 1 BvR 1245/84 -, in juris).
Eine nur hälftige Entziehung der Zulassung als milderes Mittel kam vorliegend nicht in Betracht. Die Klägerin hat über Jahre
hinweg die vertragsärztliche Tätigkeit gar nicht oder in wenigen Quartalen nur in einem Umfang von weit unter 10% des Durchschnitts
ihrer Fachgruppe erbracht und es bestehen keinerlei belastbare Anhaltspunkte, dass sie ihre vertragsärztliche Tätigkeit auch
nur im Umfang eines hälftigen Versorgungsauftrages wieder aufnehmen wird. Auch ein weiteres Ruhen der Zulassung kommt vor
diesem Hintergrund nicht in Betracht, wenn - wie hier - nicht absehbar ist, wann sie wieder in ausreichendem Umfang an der
vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen wird. Zumal die von der Klägerin behaupteten Gründe für die Nichtausübung seit 2012
in offenbar unverändertem Ausmaß bestehen. Die Klägerin hat auch keine rationalen Gründe für die Nichtausübung ihrer vertragsärztlichen
Tätigkeit angegeben, die die Annahme zugelassen hätten, sie werde in Zukunft wieder in erheblich höherem Ausmaß vertragsärztlich
tätig werden.
Auch eine Disziplinarmaßnahme kam als milderes Mittel nicht in Betracht, zumal schon das Hinweisschreiben der Beigeladenen
zu 1) vom 28.08.2012 und das Ruhen der Zulassung ohne Wirkung geblieben waren. Ein Grundsatz, dass vor jeder Zulassungsentziehung
eine Disziplinarmaßnahme durchzuführen wäre, besteht ohnehin nicht (BSG, Urteil vom 03.04.2019 - B 6 KA 4/18 R -, in juris, Rn. 37).
6. Die Kostenentscheidung beruht auf §
197 a SGG i. V. m. §
154 Abs.
2 Verwaltungsgerichtsordnung (
VwGO). Die Kostenentscheidung betreffend die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen beruht auf §
162 Abs.
3 VwGO. Hinsichtlich der den Beigeladenen entstandenen außergerichtlichen Kosten ist für die gerichtliche Billigkeitsentscheidung
maßgeblich, dass sie sich nicht zur Sache geäußert bzw. Anträge gestellt und damit kein Prozessrisiko übernommen haben (vgl.
§
154 Abs.
3 VwGO), weswegen die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2) bis 7) nicht von der Klägerin zu übernehmen sind. Die Klägerin
hat demgegenüber die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1) zu tragen, da diese einen Antrag gestellt hat.
7. Gründe für die Zulassung der Revision (§
160 Abs.
2 SGG) liegen nicht vor.
8. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz und berücksichtigt in Ansehung des Charakters des Verfahrens einer Zulassungsstreitigkeit und des Fehlens konkreter Zahlen
eines Umsatzes den Regelstreitwert von 5.000,- € über einen Zeitraum von 12 Quartalen, sodass ein Streitwert von 60.000,00
€ festzusetzen ist.