Erstattung der Aufwendungen für die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten in einem isolierten Widerspruchsverfahren gegen eine
Mahngebühr; Höhe der Geschäftsgebühr
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der von der Beklagten zu erstattenden Aufwendungen für die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten
in einem isolierten Widerspruchsverfahren.
Das zuständige Jobcenter hatte gegenüber der Klägerin einen Bescheid vom 06.11.2009 über eine Darlehensgewährung sowie vier
Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 26.11.2009, 01.03.2010, 19.04.2010 und 01.09.2010 erlassen. Daraus ergaben sich insgesamt
1.512,78 EUR, die die Klägerin zurückzuzahlen hatte. Widersprüche gegen diese Bescheide sind nicht ersichtlich. Laut einem
Telefonvermerk beantragte die Klägerin bereits am 13.09.2010 telefonisch Ratenzahlungen auf diese Forderungen von monatlich
100,- EUR. Sie verfüge lediglich über nichtselbständiges Einkommen von monatlich 1.100,- EUR.
Mit Schreiben vom 23.10.2011 mahnte die Beklagte die Forderung in Höhe von 1.512,78 EUR an und setzte eine Mahngebühr in Höhe
von 7,85 EUR fest. Auf Seite 2 der Mahnung befand sich eine Aufstellung der vorgenannten Bescheide. Die Klägerin wurde aufgefordert,
den Betrag in Höhe von insgesamt 1.520,63 EUR innerhalb einer Woche zu überweisen. Laut Rechtsbehelfsbelehrung sei die Festsetzung
der Mahngebühr durch Widerspruch anfechtbar.
Hiergegen legte der Bevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 27.10.2011 Widerspruch ein. Es wurde vorgetragen, dass die
auf Seite 2 des Mahnschreibens aufgeführten Bescheide nicht bekannt seien. Es werde daher davon ausgegangen, dass die Erhebung
von Mahngebühren mangels Fälligkeit nicht statthaft sei und es werde insoweit gegen die Mahnung Widerspruch eingelegt.
Dem Widerspruch wurde durch Aufhebung der Mahngebühren abgeholfen, sowie im Hinblick auf die anwaltliche Vertretung entschieden,
dass die im Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen erstattet würden (Abhilfebescheid vom 27.07.2012).
Mit Kostennote vom 09.08.2012 wurden vom Prozessbevollmächtigten Kosten für das Widerspruchsverfahren in Höhe von 309,40 EUR
geltend gemacht, aufgegliedert in eine Geschäftsgebühr nach § 3 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) i.V.m. Nr. 2400 Vergütungsverzeichnis (VV RVG) in Höhe von 240,- EUR sowie die Post- und Telekommunikationspauschale nach Nr. 7002 VV RVG in Höhe von 20,- EUR zuzüglich 19 % Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG in Höhe von 49,40 EUR.
Mit Kostenfestsetzungsbescheid vom 13.11.2012 setzte die Beklagte die zu erstattenden Aufwendungen auf 57,12 EUR fest. Der
Ansatz der Geschäftsgebühr von 240,- EUR sei unbillig und daher für die Beklagte nicht verbindlich. Angemessen sei lediglich
die Mindestgebühr in Höhe von 40,- EUR. Streitig sei lediglich eine Mahngebühr von 7,85 EUR gewesen, so dass die rechtliche
Schwierigkeit und der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit weit unterdurchschnittlich gewesen seien im Vergleich zu üblichen
sozialrechtlichen Verfahren. Auch die Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger sei weit unterdurchschnittlich gewesen, da
die Festsetzung einer Mahngebühr in o.a. Höhe nicht vergleichbar sei mit der Ablehnung von Leistungen nach dem SGB II oder dem Streit um die Höhe solcher laufender Leistungen. Bei einem Ansatz einer Geschäftsgebühr in Höhe des Mindestbetrages
von 40,- EUR zuzüglich der Pauschale nach Nr. 7002 VV RVG (8,- EUR) und der Umsatzsteuer (9,12 EUR aus 48,- EUR) ergebe sich ein zu erstattender Gesamtbetrag in Höhe von 57,12 EUR.
Den dagegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 03.12.2012 zurück. Die Mahngebühren seien
storniert worden, da im Widerspruchsverfahren vorgetragen wurde, dass die der Mahnung zugrunde liegenden Bescheide nicht bekannt
seien. Den Zugang der Bescheide habe das Jobcenter nicht nachweisen können. Ein erfolgreiches Vorgehen gegen die Mahngebühr
habe daher nicht die Kenntnis obergerichtlicher Rechtsprechung vorausgesetzt. Hinsichtlich der Bedeutung der Angelegenheit
sei lediglich auf die geringe Mahngebühr abzustellen, da diese allein Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gewesen sei.
Mit der am 02.01.2013 erhobenen Klage machte der Kläger eine Verfahrensgebühr in Höhe von 240,- EUR geltend. Es bestehe eine
überdurchschnittliche Schwierigkeit der Angelegenheit, da zum Zeitpunkt der Einlegung des Widerspruchs die Rechtsfrage, ob
die Festsetzung von Mahngebühren einen Verwaltungsakt darstelle, noch nicht geklärt gewesen sei. Dies habe das BSG erst am 02.11.2012 entschieden. Aus Sicht der Mandantschaft sei von einer überdurchschnittlichen Bedeutung der Angelegenheit
auszugehen, da die Mahnung bei der Klägerin Panikattacken und Schlafstörungen ausgelöst habe.
Die Beklagte erwiderte, dass sich auf der Mahnung die Rechtsbehelfsbelehrung befunden habe, dass gegen die Festsetzung der
Mahngebühren der Widerspruch zulässig sei. Die Kenntnis der obergerichtlich geklärten Frage, ob die Festsetzung der Mahngebühr
Verwaltungsaktqualität besitze, sei daher für die Einlegung des Widerspruchs nicht erforderlich gewesen.
Mit Urteil vom 17.03.2014 verurteilte das Sozialgericht den Beklagten, der Klägerin weitere 109,48 EUR zu gewähren und wies
die Klage im Übrigen ab. Der Beklagten wurden zwei Fünftel der außergerichtlichen Kosten auferlegt. Angemessen sei eine Geschäftsgebühr
in Höhe der Hälfte der Schwellengebühr von 240,- EUR, mithin 120,- EUR. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit und die Schwierigkeit
der anwaltlichen Tätigkeit seien jeweils unterdurchschnittlich gewesen. Allerdings sei die Bedeutung der Angelegenheit für
die Klägerin überdurchschnittlich gewesen. Es komme dabei auf eine unmittelbare tatsächliche, ideelle, gesellschaftliche,
wirtschaftliche oder rechtliche Bedeutung an. Die Klägerin sei aufgefordert worden, innerhalb einer Woche 1512,78 EUR zu überweisen,
ansonsten werde die zwangsweise Einziehung der Forderung veranlasst werden. Zuzüglich der Post- und Telekommunikationspauschale
in Höhe von 20,- EUR und der Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG hieraus (26,60 EUR) ergebe sich ein zu erstattender Gesamtbetrag in Höhe von 166,60 EUR. Davon habe die Beklagte bereits
57,12 EUR anerkannt, so dass die Differenz in Höhe von 109,48 EUR noch an die Klägerin zu erstatten sei.
Auf die am 16.04.2014 eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hat das Berufungsgericht die Berufung zugelassen. Die Beklagte
hat vorgetragen, dass die Bedeutung der Angelegenheit bei einer einstelligen Mahngebühr weit unterdurchschnittlich sei. Nur
diese Mahngebühr sei Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gewesen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 17.03.2014 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 13.11.2012 in Gestalt
des Widerspruchsbescheids vom 03.12.2012 abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin macht geltend, dass eine individuelle Gebührenbestimmung vorzunehmen sei. Der psychische Effekt unberechtigter
Mahnungen werde übersehen. Die Wochenfrist und die angekündigte Zwangsvollstreckung begründe die überdurchschnittliche Bedeutung.
Auch das Haftungsrisiko für den Rechtsanwalt sei beträchtlich, wenn er nichts gegen eine unberechtigte Mahnung unternehme.
Außerdem sei auf einen durchschnittlichen Rechtsanwalt abzustellen, nicht auf einen spezialisierten Anwalt.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig und teilweise begründet. Die Klägerin hat Anspruch auf Erstattung von höheren Aufwendungen nach
§ 63 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) als die Beklagte bewilligte, aber nicht auf den vom Sozialgericht zugesprochenen Betrag. Bei der Bemessung der Geschäftsgebühr
nach § 14 RVG ist für die Bedeutung der Angelegenheit auf die Mahngebühr - nicht auf die dahinter stehende Hauptforderung - abzustellen,
wenn nur die Mahngebühr Gegenstand des Widerspruchs sein kann. Auszugehen ist hier von einer Geschäftsgebühr in Höhe von 80,-
EUR, dem Doppelten der Mindestgebühr.
1. Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben (§
173 Sozialgerichtsgesetz -
SGG). Der Berufungsgrenzwert nach §
144 Abs.
1 SGG ist nicht überschritten, jedoch wurde die Berufung vom Berufungsgericht zugelassen.
2. Streitgegenstand ist der Bescheid vom 13.11.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.12.2012 und damit die Entscheidung
darüber, in welcher Höhe die zu erstattenden Aufwendungen des Widerspruchsverfahrens festzusetzen sind. Statthafte Klageart
ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach §
54 Abs.
4 SGG.
3. a) Nach § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X hat bei einem erfolgreichen Vorverfahren der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat,
dem Widerspruchsführer die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Ausgaben zu erstatten. Daher ist die Beklagte
für die strittige Kostenfestsetzung zuständig. Nach § 63 Abs. 2 SGB X sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwaltes oder sonstigen Bevollmächtigten erstattungsfähig, wenn die Zuziehung
eines Rechtsanwaltes notwendig war. Die Beklagte hat in der Abhilfeentscheidung vom 27.07.2012 die Zuziehung eines Bevollmächtigten
für notwendig anerkannt.
b) Der Erstattungsanspruch beurteilt sich nach den gesetzlichen Bestimmungen über die Vergütung der Rechtsanwälte (RVG), wobei sich die Höhe der Vergütung nach § 2 Abs. 2 RVG nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zum RVG bestimmt.
c) Die Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV RVG in der von 01.07.2006 bis 31.07.2013 gültigen Fassung (a.F.) fällt in sozialrechtlichen Angelegenheiten an, in denen im gerichtlichen
Verfahren Betragsrahmengebühren entstehen (§ 3 RVG). Betragsrahmengebühren sind in sozialgerichtlichen Verfahren vorgesehen, in denen das Gerichtskostengesetz nicht anzuwenden ist. Dies gilt entsprechend für eine Tätigkeit außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens (§ 3 Abs. 2 RVG). Die Klägerin wandte sich in ihrer Eigenschaft als SGB II- Leistungsempfängerin gegen die Festsetzung einer Mahngebühr und ist damit Leistungsempfängerin im Sinne des §
183 Satz 1
SGG.
Die Geschäftsgebühr entsteht insbesondere für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information. Gemäß Nr. 2400 VV
RVG a.F. umfasst die Geschäftsgebühr einen Betragsrahmen von 40,- EUR bis 520,- EUR.
Eine Gebühr von mehr als 240,- EUR kann dabei nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war (sogenannte
Schwellengebühr). Innerhalb dieses Gebührenrahmens bestimmt der Rechtsanwalt nach § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfanges und Schwierigkeit der anwaltlichen
Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem
Ermessen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich,
wenn sie unbillig ist (§ 14 Abs. 1 Satz 4 RVG). Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sind objektive Kriterien. Zu diesen treten die Bedeutung der Angelegenheit
für den Aufraggeber sowie dessen Einkommens- und Vermögensverhältnisse als subjektive Kriterien hinzu. Darüber hinaus ist
nach § 14 Abs. 1 Satz 3 RVG bei Verfahren, auf die Betragsrahmengebühren anzuwenden sind, ein besonderes Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Das besondere
Haftungsrisiko ist lediglich ein weiteres Kriterium für die Bemessung der Betragsrahmengebühren, begründet aber keinen eigenen
Gebührentatbestand (vgl. BSG, Urteil vom 01.07.2009, B 4 AS 21/09 R, Rn. 19, 20).
d) Angemessen ist eine Geschäftsgebühr in Höhe von 80,-EUR.
Die Kostennote vom 09.08.2012 war bezüglich der anwaltlichen Gebührenbestimmung für die Geschäftsgebühr in Höhe von 240,-
EUR unbillig und daher gemäß § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG nicht verbindlich. Auch die Toleranzgrenze von 20 % für die eigenverantwortliche Festsetzung durch den Rechtsanwalt (vgl.
BSG, a.a.O., Rn. 19) ist weit überschritten.
Die Geschäftsgebühr von 80,- Euro (doppelte Mindestgebühr) ergibt sich aus den Kriterien nach § 14 Abs. 1 Satz 1 und 2 RVG, wobei deren Aufzählung nicht abschließend ist.
aa) Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit war unterdurchschnittlich. Dabei ist der zeitliche Aufwand zu berücksichtigen, den
der Rechtsanwalt tatsächlich in der Sache betrieben hat und den er davon objektiv auch auf die Sache verwenden musste (BSG, a.a.O., Rn. 28). Hier ist von einem unterdurchschnittlichen Umfang der anwaltlichen Tätigkeit auszugehen. Das Widerspruchsschreiben
ist sehr kurz. Danach erfolgte nur noch die Kostennote. Hinweise auf ein Aktenstudium oder das Anfordern von Unterlagen bei
der Klägerin liegen nicht vor. Es wurde nur mitgeteilt, dass die den Forderungen zugrunde liegenden Bescheide "unsererseits
nicht bekannt" seien.
bb) Auch die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit ist vorliegend als unterdurchschnittlich zu bewerten. Gemeint ist damit
die Intensität der Arbeit (BSG, a.a.O., Rn. 32). Die Kenntnis der Rechtsprechung zur Verwaltungsaktqualität der Festsetzung der Mahngebühr des BSG (z.B. Urteil vom 26.05.2011, B 14 AS 54/10 R) war für die Einlegung des Widerspruchs aufgrund der Rechtsbehelfsbelehrung ("Gegen die Festsetzung der Mahngebühren ist
der Widerspruch zulässig") nicht notwendig. Es handelte sich zumindest um einen formellen Verwaltungsakt. Im Übrigen wurde
im Rahmen des Widerspruchsverfahrens lediglich geltend gemacht, dass die Bescheide, die der Mahnung zugrunde lagen, nicht
bekannt seien.
cc) Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Klägerin, die nur über ein Erwerbseinkommen an der Grenze zur Hilfebedürftigkeit
nach § 9 SGB II verfügte, sind gemessen an den Durchschnittsverhältnissen der Gesamtbevölkerung als unterdurchschnittlich anzusehen.
dd) Ein besonderes Haftungsrisiko, ist trotz der Ausführungen des Bevollmächtigten bzgl. der Mahngebühr nicht erkennbar. Soweit
die Hauptsacheforderungen ein Haftungsrisiko begründen können, wäre dieses bei Unkenntnis der zugrunde liegenden Bescheide
einem Überprüfungsverfahren ohne die Kostenfolge des § 63 SGB X zuzuordnen.
ee) Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist auch Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerin unterdurchschnittlich.
Hier kommt es auf eine unmittelbare tatsächliche, ideelle, gesellschaftliche, wirtschaftliche oder rechtliche Bedeutung für
den Auftraggeber, nicht aber für die Allgemeinheit an (vgl. BSG, Urteil vom 01.07.2009, B 4 AS 21/09 R, Rn. 37). Es geht um das Begehren, das mit dem Widerspruch verfolgt wird, hier also die Abwehr von Mahngebühren von unter
10,- EUR.
Eine Mahnung ist eine Erinnerung an eine bereits bestehende Zahlungspflicht. Sie hat keine Verwaltungsaktqualität (BSG, Urteil vom 02.11.2012, B 4 AS 97/11 R, Rn. 17 unter Hinweis auf Entscheidungen des BSG von 1997 und 1999) und kann daher nicht Gegenstand eines Widerspruchverfahrens sein. Verwaltungsakt ist hier allein die Festsetzung
der Mahngebühr (vorgenanntes Urteil des BSG vom 02.11.2012 und BSG, Urteil vom 26.05.2011, B 14 AS 54/10 R). Nur diese kann Gegenstand des Widerspruchsverfahrens sein.
Es ist deshalb auf die unmittelbare tatsächliche, ideelle, gesellschaftliche, wirtschaftliche oder rechtliche Bedeutung der
Festsetzung der Mahngebühr von 7,85 EUR für die Klägerin abzustellen (ebenso LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 10.04.2014,
L 7 AL 94/13 B, Rn. 14; LSG NRW, 15.05.2014, L 19 AS 1995/13 B; SG Augsburg, Urteil vom 16.06.2014, S 11 AS 346/14). Soweit laut der Literatur (Hartmann, Kostengesetze, 44. Auflage 2014, § 14 RVG Rn. 5) auch mittelbare Auswirkungen mitbeachtlich sein sollen, sind derartige mittelbare Auswirkungen der Mahngebühr nicht
ersichtlich. Eventuelle psychologische Auswirkungen der Hauptforderungen auf die Klägerin sind nicht Gegenstand des Widerspruchverfahrens.
Lediglich ergänzend wird angemerkt, dass wohl nicht anzunehmen ist, dass die Klägerin erstmalig mit den Hauptforderungen konfrontiert
wurde. Die Unkenntnis von fünf Bescheiden liegt fern, wenn kein Bescheid als unzustellbar an die absendende Behörde zurückkommt,
und der telefonische Ratenzahlungsantrag der Klägerin bestätigt das.
ff) Im Rahmen der Gesamtabwägung hält das Berufungsgericht eine Geschäftsgebühr in Höhe der doppelten Mindestgebühr für angemessen.
Der enge Zeitrahmen von einer Woche für die Zahlung auf die Hauptforderungen führt zu einem kurzfristigen Beratungsbedarf
und verkürzt faktisch auch die Monatsfrist für die Erstellung des Widerspruchs auf wenige Tage. Dieser Zeitdruck und eine
mit 7,85 EUR nicht ganz unerhebliche Mahngebühr (beim vorgenannten Beschluss des LSG Niedersachsen-Bremen ging es um Mahngebühren
von nur 0,80 EUR), rechtfertigen eine Verdoppelung der Mindestgebühr. Sonstige gebührenerhebliche Umstände sind nicht ersichtlich.
Zur Mindestgebühr kommt die Post- und Telekommunikationspauschale nach Nr. 7002 VV RVG in Höhe von 20,- EUR und die Umsatzsteuer von 19 % nach Nr. 7008 VV RVG hieraus (19,- EUR). Das ergibt insgesamt 119,- EUR. Davon hat die Beklagte bereits 57,12 EUR anerkannt, so dass die Differenz
in Höhe von 61,88 EUR noch an die Klägerin zu erstatten ist.
4. Im Klageverfahren wurden 309,40 EUR begehrt statt der bewilligten 57,12 EUR, mithin ein Mehrbetrag von 252,28 EUR. Davon
hat die Klägerin im Endergebnis 61,88 EUR erhalten. Dies ergibt eine Quote von einem Viertel für das Klageverfahren.
Im Berufungsverfahren hat die Klägerin keinen Antrag auf höhere Kostenerstattung gestellt. Lediglich die Beklagte wollte die
Verpflichtung zur Zahlung von weiteren 109,48 EUR aufgehoben wissen. Die Klägerin war in der Berufung zu 56,5 % erfolgreich.
Dies ergibt für das Berufungsverfahren eine Quote von vier Siebtel.
5. Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Die strittige Konstellation stellt sich in der Verwaltungspraxis
häufiger.