Kassenarztvergütung
Auszahlung einbehaltener Gesamtvergütungsanteile
Vertrag über integrierte Versorgung
Tatbestand
Streitig ist die Auszahlung einbehaltener Gesamtvergütungsanteile für die Quartale 4/2006 bis 1/2008 in Höhe von 92.942,46
EUR.
Die Beklagte hatte Teile der an die Klägerin zu entrichtenden Gesamtvergütung einbehalten, weil sie ab 1.11.2006 einen Vertrag
zur Durchführung Integrierter Versorgung über die ärztliche Versorgung mit Klassischer Homöopathie in Kooperation mit Apotheken
und ab 1.1.2006 einen Rahmenvertrag zur Integrierten Versorgung "Behandlung schizophrener und affektiver Erkrankungen" geschlossen
hatte.
Mit Schreiben vom 2.7.2009 teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie werde aus den einbehaltenden Gesamtvergütungsanteilen
nicht verbrauchte Mittel für das Jahr 2007 in Höhe von 11.661,03 EUR und für das Jahr 2008 in Höhe von 19.323,37 EUR, insgesamt
30.984,40 EUR, an die Klägerin auszahlen. Die Klägerin forderte die Beklagte mit Schreiben vom 16.11.2010 auf, die geschlossenen
Verträge zur integrierten Versorgung bis 30.11.2010 offenzulegen, da erhebliche Zweifel bestünden, ob die Voraussetzungen
für einen Vertrag zur integrierten Versorgung erfüllt seien.
Am 15.12.2010 erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht München (SG) mit dem Antrag, die Beklagte zur Zahlung von 61.598,06 EUR zuzüglich Prozesszinsen zu verurteilen. Die Beklagte habe Gesamtvergütungsanteile
in dieser Höhe einbehalten. Die von der Beklagten geschlossenen und der BQS gemeldeten Verträge erfüllten nicht die Voraussetzungen
integrierter Versorgungsverträge.
Mit Schreiben vom 1.6.2011 erweiterte die Klägerin die Klage dahingehend, dass die Beklagte zur Zahlung von 92.942,46 EUR
zuzüglich Prozesszinsen an die Klägerin zu verurteilen sei. Die von der Beklagten angekündigte Auszahlung der Gesamtvergütungsanteile
für 2007 in Höhe von 11.661,03 EUR und für 2008 in Höhe von 19.323,37 EUR, insgesamt 30.984,40 EUR sei durch die Klägerin
versehentlich zweimal gebucht worden, weshalb zunächst unrichtigerweise nur von einer Forderung von 61.598,06 EUR ausgegangen
worden sei. Zum Nachweis der Forderung von 92.942,46 EUR legte die Klägerin die Mitteilungen der Beklagten über einbehaltene
Gesamtvergütungsanteile sowie die Buchungsbelege der Klägerin zur Auszahlung entsprechend der Konformitätserklärung vor. Nach
den von der Klägerin vorgelegten Mitteilungen der Beklagten wurden Anteile an der Gesamtvergütung wie folgt einbehalten:
Datum Mitteilung; Kassennummer; Quartal; Anteil in %; Betrag in EUR:
30.08.2007; 40401; 4/2006; 0,25; 22.006,89 EUR
19.10.2007; 40401; 4/2006; - 7.335,93 EUR
19.11.2007; 40401; 1/2007; 0,25; 21.031,62 EUR
05.12.2007; 99401; 1/2007; 0,25; 22,88 EUR
14.02.2008; 40401; 2/2007; 0,25; 20.720,79 EUR
07.02.2007; 90401; 2/2007; 0,24; 9,12 EUR
14.04.2008; 40401; 3/2007; 0,25; 20.554,94 EUR
14.04.2008; 90401; 3/2007; 0,25; 31,31 EUR
03.07.2008; 40401; 4/2007; 0,25; 22.667,51 EUR
03.07.2008; 90401; 4/2007; 0,25; 37,69 EUR
03.11.2008; 40401; 1/2008; 0,25; 24.163,21 EUR
Mit Schreiben vom 2.11.2011 trug die Klägerin vor, dass bisher durch die Beklagte nicht nachgewiesen sei, dass mit dem Vertrag
zur ärztlichen Versorgung mit klassischer Homöopathie in Kooperation mit Apotheken eine leistungssektorenübergreifende Versorgung
vorliege. Die Einbindung von Apotheken allein führe nicht dazu, dass von einer leistungssektorenübergreifenden Versorgung
auszugehen sei. Der Aufgabenbereich der Apotheken gehe nicht über den in der Regelversorgung vorgesehenen Aufgabenbereich
hinaus. Auch eine interdisziplinär-fachübergreifende und die Regelversorgung ersetzende Versorgung sei nicht nachgewiesen.
Hinsichtlich des Rahmenvertrages zur Behandlung schizophrener und affektiver Erkrankungen wandte die Klägerin ein, dieser
sei nach der BQS-Meldung nur für vier Versicherte geplant gewesen. Es sei daher nicht von einer Alternative zur Regelversorgung
auszugehen. Nach der Anlage 7 zum Vertrag seien nicht Fallpauschalen, sondern integrierten Versorgung sei nicht auszugehen.
Die Beklagte bestritt mit den Schriftsätzen vom 23.3.2011 und 19.9.2011 die Höhe der Forderungen. Die Klägerin habe ein Telefonat
mit der Beklagten nicht beachtet. Der Einbehalt habe in den Quartalen 4/2006 bis 1/2008 insgesamt nur 88.096,67 EUR betragen.
Die Voraussetzungen des §
140a Abs.
1 SGB V seien erfüllt. Mit Schreiben vom 10.2.2012 legte die Beklagte die vollständigen Verträge vor. Der Rahmenvertrag zur Integrierten
Versorgung "Behandlung schizophrener und affektiver Erkrankungen" wurde am 25.4.2005 durch den BKK Landesverband Bayern, das
Klinikum Rechts der Isar und die Arbeitsgemeinschaft Münchener Nervenärzte und Psychiater e.V. geschlossen. Gemäß § 1 Abs.
1 des Vertrages ist Hauptziel die Vermeidung einer stationären (Wieder)aufnahme eines an der Integrierten Versorgung nach
§ 3 teilnehmenden Versicherten. Zur Erreichung dieses Ziels ist ein Behandlungsablauf nach Anlage 1 zum Vertrag vereinbart
(§ 1 Abs. 3 des Vertrages). Nach § 4 Abs. 2 des Vertrages umfassen die Leistungen spezielle Schulungen der Patienten und ihrer
Angehörigen, eine Verbesserung der sektorenübergreifenden Kommunikation zwischen den Ärzten und die Förderung der Medikamenten-
und Therapiecompliance durch Compliancekontrolle und Remindersysteme. Gemäß § 7 wird die Vergütung der IV-spezifischen Kosten
durch die teilnehmende BKK gesondert gezahlt. Für die gemäß § 4 erbrachten Leistungen wird daher eine Vergütung nach Anlage
7 vereinbart. Die gesetzlichen bzw. sonstige vertragliche Vergütungsansprüche der Leistungserbringer bleiben hiervon unberührt.
Der Vertrag zur Durchführung Integrierter Versorgung über die ärztliche Versorgung mit Klassischer Homöopathie war abgeschlossen
worden zwischen dem Deutschen Zentralverein Homöopathischer Ärzte e.V. (DZVhÄ) und dem Deutschen Apothekerverband e.V., wobei
die gesetzlichen Krankenkassen nach § 16 des Vertrages mit Zustimmung des DZVhÄ und des Deutschen Apothekerverbandes e.V.
beitreten durften. Die Beklagte legte eine Kopie der Beitrittserklärung vor, die nach den Angaben auf der Beitrittserklärung
nicht vor dem 1.9.2006 wirksam werden sollte. Nach § 1 Abs. 1 des Vertrages soll für die Versicherten der beigetretenen Krankenkassen
der Zugang zu adäquater Beratung und Behandlung mit der klassischen Homöopathie im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung
mit Unterstützung durch Apotheken verbessert werden. Nach § 7 Abs. 3 ist eine Abrechnung von Leistungen, die nach dem Vertrag
erbracht und abgerechnet worden sind, zusätzlich über die Kassenärztliche Vereinigung unzulässig. Im Termin zur mündlichen
Verhandlung erhob der Vertreter der Beklagten die Einrede der Verjährung. Die Klageforderung sei erst nach Ablauf der Verjährungsfrist
am 31.12.2010 hinreichend deutlich bezeichnet worden. Hilfsweise machte er Verwirkung geltend. Die Klägerin hätte bereits
seit dem ersten Einbehalt für das Quartal 4/2006 ihre Bedenken hinsichtlich der Voraussetzungen eines integrierten Versorgungsvertrages
äußern und ggf. bereits 2007 bzw. 2008 auf Auszahlung der ungekürzten Gesamtvergütung klagen müssen. Nachdem sie aber die
Einbehaltung von Gesamtvergütungsanteilen nicht beanstandet habe, könne sie nun nicht die Auszahlung aller einbehaltenen Gesamtvergütungsanteile
verlangen. Das SG gab der Klage mit Urteil vom 4.6.2014 statt. Die Forderung der Klägerin gegen die Beklagte sei nicht verjährt. Die im Streit
stehenden Ansprüche auf Zahlung einbehaltener Gesamtvergütungsanteile unterlägen analog §§
45 Abs.
1 SGB I, 113 Abs. 1 SGB X einer vierjährigen Verjährungsfrist, beginnend mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Anspruch entstanden sei. Nachdem die
Gesamtvergütung für das Quartal 4/2006 erst 2007 fällig geworden sei, laufe die vierjährige Verjährungsfrist vom 1.1.2008
bis 31.12.2011. Die Klägerin habe mit dem Schriftsatz vom 1.6.2011 und den beigefügten Anlagen A5-A10a ihre Forderung innerhalb
der bis 31.12.2011 laufenden Verjährungsfrist hinreichend individualisiert. Die Beklagte habe ihr Recht zur Geltendmachung
der Forderung auch nicht verwirkt. Sie sei auf der Grundlage des §
140d Abs.
1 S. 5
SGB V verpflichtet, der Klägerin die einbehaltenen Anteile auszuzahlen. Der Vertrag über die ärztliche Versorgung mit Klassischer
Homöopathie in Kooperation mit Apotheken (nachfolgend "Homöopathie-Vertrag") sei kein Vertrag zur integrierten Versorgung
im Sinne des §
140a Abs.
1 S. 1
SGB V. Eine interdisziplinär-fachübergreifende Versorgung werde nicht begründet. Der Vertrag sehe keine Kooperation von Haus- und
Fachärzten oder von Fachärzten unterschiedlicher Gebiete über die Fachgebietsgrenzen des ärztlichen Weiterbildungsrechts vor.
Vielmehr regele er die Versorgung von Versicherten allein durch den jeweils teilnehmenden Arzt, der über die in § 3 des Vertrages
geregelte Qualifikation verfüge. Eine Zusammenarbeit mit anderen Ärzten sei nicht vorgesehen. Auch eine verschiedene Leistungssektoren
übergreifende Versorgung werde durch den Vertrag nicht begründet. Aus der Definition des Versorgungsauftrages und dem in §
2 Abs. 3 und 4 definierten Leistungsumfang der teilnehmenden Ärzte und Apotheken ergebe sich, dass der Vertrag im Wesentlichen
auf ärztliche Leistungen ausgerichtet sei und der Apotheke lediglich unterstützende Aufgaben zukämen. Ein Großteil der in
§ 2 Abs. 4 vorgesehenen Leistungen der Apotheken wie etwa die Information und Beratung der Versicherten über die homöopathische
Behandlung und Anwendung homöopathischer Arzneimittel oder die Empfehlung der Konsultation des Arztes entspräche den Aufgaben,
die der Apotheke nach § 20 Apothekenbetriebsordnung oblägen, unabhängig davon, ob sie im Rahmen der Regelversorgung oder im
Rahmen integrierter Versorgung tätig würde. Der vorgesehene Informationsaustausch zwischen Arzt und Apotheke über Behandlung
und Anwendung des Arzneimittels diene der Arzneimittelsicherheit und Unterstützung der Therapie des Arztes (§ 2 Abs. 2 Homöopathievertrag).
Die Arzneimittelsicherheit sei aber auch Gegenstand der Informations- und Beratungspflicht nach § 20 Abs. 1 und 2 Apothekenbetriebsordnung.
In einer Gesamtbetrachtung begründe die im Homöopathievertrag vorgesehene Abstimmung zwischen Arzt und Apotheke keine sektorenübergreifende
Versorgung. Darüber hinaus würden die im Homöopathievertrag vorgesehenen Leistungen nicht die Leistungen, die bisher Gegenstand
der vertragsärztlichen Versorgung seien, ersetzen. Dem Vertrag sei nicht zu entnehmen, für welche Krankheitsbilder insgesamt
oder welche einzelnen, nach dem EBM abrechenbaren, Leistungen eine Ersetzung durch die integrierte Versorgung erfolgen solle.
Der Rahmenvertrag zur Integrierten Versorgung "Behandlung schizophrener und affektiver Erkrankungen" sei ebenfalls kein Vertrag
zur integrierten Versorgung im Sinne des §
140a Abs.
1 S. 1
SGB V. Es fehle an einer Ersetzung der von der Klägerin nach §
75 Abs.
1 SGB V sicherzustellenden vertragsärztlichen Versorgung durch die im Vertrag vereinbarte Versorgung. §
7 Rahmenvertrag führe zur Vergütung aus, die Vergütung der IV-spezifischen Kosten werde von den teilnehmenden BKK gesondert
gezahlt. Die gesetzlichen bzw. sonstige vertraglichen Vergütungsansprüche der Leistungserbringer blieben hiervon unberührt.
Es fehle daher an einer Ersetzung der vom Vertragsarzt auf der Grundlage des EBM gegenüber der Klägerin abzurechnenden ambulanten
Behandlung durch ein einheitliches Versorgungsangebot, das insgesamt auf der Grundlage des §
140c Abs.
1 SGB V nach vertraglichen Vereinbarungen vergütet werde.
Die Beklagte habe die von der Klägerin geltend gemachte Forderung nicht substantiiert bestritten. Der Hinweis auf ein angebliches
Telefonat, ohne Angabe von Datum, Uhrzeit, Gesprächspartner und Inhalt des Gesprächs sei nicht geeignet, die durch die Mitteilungen
der Beklagten nachgewiesene Forderungshöhe in Zweifel zu ziehen.
Gegen dieses Urteil legte die Beklagte Berufung ein. Sie machte erneut Verjährung und Verwirkung unter Hinweis auf das Beschleunigungsgebot
geltend. Außerdem seien beide Verträge solche im Sinne des §
140a SGB V. Im Wesentlichen wiederholt und vertieft sie ihr Vorbringen in der ersten Instanz.
Bezüglich der Höhe der streitgegenständlichen Forderung verweist sie auf eine Telefonnotiz vom 28.11.2008, nach der mitgeteilt
worden sei, dass es für das Quartal 1/2008 bei einem Abzug von 19.287,21 EUR bliebe. Dieser Betrag entspreche auch dem Auszug
aus dem Kassenbuch der Beklagten. Demgegenüber führte die Klägerin zur Höhe der streitgegenständlichen Forderung aus, dass
lediglich schriftliche Belege, nicht Telefonnotizen, relevant seien und legte einen Buchungsbeleg vom 9.12.2008 in Höhe von
4876 EUR vor.
Der Vertreter der Beklagten stellt den Antrag aus dem Berufungserhebungsschriftsatz vom 4.8.2014.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung mit der Maßgabe, dass Prozesszinsen nur in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz zu zahlen sind, abzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die Beklagte wird durch das Urteil des Sozialgerichts München vom 4.6.2014 nicht in
ihren Rechten verletzt. Das SG hat zutreffend festgestellt, dass die Klägerin gegen die Beklagte einen Zahlungsanspruch nach §
140 d Abs.
1 Satz 8
SGB V i.d. bis zum 31.12.2011 geltenden F. des GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl. I 378 hat, weil die Beklagte die einbehaltenen Mittel in Höhe von 92.942,46 EUR nicht für Vergütungen
aus Verträgen zu integrierten Versorgung (§
140 c SGB V) verwendete.
1. Weder der Homöopathie-Vertrag noch der Vertrag über die Behandlung schizophrener und affektiver Erkrankungen sind Verträge
im Sinne von §
140 a SGB V.
Nach §
140 a Abs.
1 SGB V können Krankenkassen mit bestimmten, in §
140 b Abs.
1 SGB V abschließend aufgezählten Vertragspartnern IV-Verträge schließen. Dabei liegt die Abschlusskompetenz ausschließlich bei den
Krankenkassen.
Der Homöopathie-Vertrag wurde ausweislich des dem Gericht vorliegenden Vertragstextes zwischen dem Deutschen Zentralverein
homöopathischer Ärzte e.V. und dem deutschen Apothekerverband e.V. abgeschlossen, wobei für die Krankenkassen lediglich ein
Recht zum Vertragsbeitritt vorgesehen ist. § 16 des Homöopathie-Vertrags sieht vor, dass die gesetzlichen Krankenkassen nur
mit Zustimmung des Zentralvereins und des Deutschen Apothekerverbandes beitreten können. Bei dieser Konstruktion haben die
gesetzlichen Krankenkassen als Träger der Krankenversicherung keine eigene Gestaltungsmöglichkeit und keine Möglichkeit, auf
die in § 7 bezüglich der ärztlichen Leistungen und in § 8 bezüglich der Leistungen der Apotheken vereinbarten Vergütungen
Einfluss zu nehmen. Auch die jeweiligen Leistungsinhalte stehen nicht zur Disposition der gesetzlichen Krankenkassen. Diese
Konstruktion ist mit den Regelungen über die integrierte Versorgung, insbesondere mit §
140 a Abs.
1 Satz 1
SGB V und §
140 b Abs.
1 SGB V nicht vereinbar. Bereits deshalb ist der Homöopathie-Vertrag kein Vertrag im Sinne von §
140 a SGB V. Die dafür einbehaltenen Mittel sind gemäß §
140 d Abs.
1 Satz 5
SGB V an die Klägerin auszuzahlen.
Im übrigen ist der Homöopathie-Vertrag auch inhaltlich kein Vertrag über die integrierte Versorgung. Nach der insoweit gefestigten
Rechtsprechung des Bundessozialgerichts müssen Behandlungsleistungen, die im Rahmen der integrierten Versorgung erbracht werden,
solche der Regelversorgung in der vertragsärztlichen oder in der stationären Versorgung zumindest überwiegend ersetzen (BSG Urteil vom 6.2.2008, B 6 KA 27/07 R, [...] Rn. 25; Urteil vom 15.6.2016, B6 KA 22/15 R, [...] Rn. 19; ebenso der erkennende Senat, Urteil vom 15.1.2014, L 12 KA 57/12). Eine entsprechende Regelung findet sich im Homöopathie-Vertrag jedoch nicht. Vielmehr bestimmt § 7 Nummer 3 des Vertrags
lediglich, dass, sobald eine ärztliche Leistung nach diesem Vertrag erbracht und abgerechnet ist, eine zusätzliche Abrechnung
dieser Leistungen über eine kassenärztliche Vereinigung unzulässig ist.
Der Rahmenvertrag zur Behandlung schizophrener und affektiver Erkrankungen (Psychiatrie-Vertrag) erfüllt die gesetzlichen
Voraussetzungen eines Vertrags über die integrierte Versorgung ebenfalls nicht.
Nach dem dem Senat vorliegenden Vertragstext wurde der Vertrag zwischen dem BKK Landesverband Bayern, dem Klinikum rechts
der Isar der Technischen Universität München und der Arbeitsgemeinschaft Münchner Nervenärzte und Psychiater abgeschlossen.
§ 12 des Psychiatrie-Vertrags sah die Möglichkeit des Beitritts der Krankenkassen vor. Anders als bei den Gesamtverträgen
(vergleiche §
83 Satz 1
SGB V) haben die Landesverbände der Krankenkassen (§
207 SGB V) nach §
140 b Abs.
1 SGB V keine Vertragsabschlusskompetenz. Vielmehr ist der Abschluss von Verträgen über die integrierte Versorgung ausschließlich
den Krankenkassen vorbehalten. Damit steht bereits fest, dass der Psychiatrie-Vertrag kein Vertrag nach §
140 a SGB V ist.
Außerdem sieht der Psychiatrie-Vertrag keine die Regelleistungen zumindest teilweise ersetzenden Leistungen vor. Inhalt des
Vertrags sind vielmehr gemäß § 4 Abs. 2 spezielle Schulungen der Patienten und deren Angehörigen, eine Verbesserung der sektorenübergreifenden
Kommunikation zwischen den Ärzten und die Förderung der Medikamenten- und Therapiecompliance. Entsprechende Vergütungen sind
in der Anlage 7 aufgelistet. Diese Leistungen sind bisher nicht im EBM enthalten. § 7 sieht insoweit vor, dass die Vergütung
der I.V.-spezifischen Kosten von den teilnehmenden Betriebskrankenkassen gesondert gezahlt werden müssen. Darüber hinaus ist
explizit vorgesehen, dass die gesetzlichen Vergütungsansprüche der Leistungserbringer hiervon unberührt bleiben. Es handelt
sich also bei den im Psychiatrie-Vertrag vorgesehenen Leistungen nicht um die Regelversorgung ersetzende Leistungen, sondern
um Zusatzleistungen.
Der Psychiatrie-Vertrag ist somit keine Regelung im Sinne von §
140 a SGB V.
Auch insoweit ist der klägerische Anspruch auf Rückerstattung des Einbehalts nach §
140d Abs.
1 Satz 8
SGB V a.F. begründet.
2. Bezüglich der Höhe des Erstattungsanspruchs bestehen gegen den klägerischen Vortrag keine Bedenken. Aufgrund der vorgelegten
Unterlagen ist der geltend gemachte Anspruch in voller Höhe begründet. Die Beklagte wendet insoweit ein, dass aufgrund des
Telefonvermerks feststehen würde, dass ein weiterer Abzug in Höhe von 4876 EUR nicht erfolgt sei. Dies erschließt sich dem
Senat aufgrund der vorliegenden Unterlagen nicht. Mit Schreiben vom 13.11.2014 übersandte die Klägerin vielmehr eine Aufstellung,
in der der streitgegenständliche Betrag von 4876 EUR als "IGV-Abzug 1/2008" ausgewiesen ist. Die Argumentation der Beklagten,
für das Quartal 1/2008 sei nur ein Anteil von 79/91 berechnet worden, ist mathematisch nicht nachvollziehbar. Weiterer schlüssiger
Vortrag erfolgte nicht. In Würdigung der vorgetragenen Gesichtspunkte kann der Senat den Ausführungen der Beklagten nicht
folgen.
3. Eine Verjährung ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts im Urteil vom 15.6.2016, B6 KA 22/15 R, [...] Rn.
36 ff. nicht eingetreten. Die Entscheidung des SG ist insoweit zutreffend.
4. Bezüglich der Verwirkung schließt sich der Senat ebenfalls gem. §
153 Abs.
2 SGG den Ausführungen des Sozialgerichts an. Umstände, die eine Verwirkung auslösen könnten, sind nicht ersichtlich.
5. Bezüglich der Höhe der Zinsen war das Urteil abzuändern. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts steht fest, dass
Prozesszinsen lediglich nach §
288 Abs.
1 Satz 2
BGB zu zahlen sind, also 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. Insoweit war das Urteil durch eine Maßgabe zu ändern.
Die Revision war nicht zuzulassen.