Anerkennung eines Arbeitsunfalls in der gesetzlichen Unfallversicherung; Meniskusverletzung bei vorgeschädigtem Knie
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung einer Meniskusverletzung als Unfallfolge und Bewilligung entsprechender Leistungen
aus der gesetzlichen Unfallversicherung streitig.
Der 1960 geborene Kläger stand zum Unfallzeitpunkt als Rangierleiter/Kf-Bediener bei der DB Regio, Regionalbereich Nordbayern,
RNZ A-Stadt, in einem Beschäftigungsverhältnis. Nach den Angaben des Klägers in der Unfallanzeige vom 13.10.1998 war er am
10.10.1998 gegen 10.15 Uhr mit dem Kuppeln von Dampfschläuchen einer Zuggarnitur beschäftigt. Nach Abschluss der Tätigkeit
trat er unter den Wagenpuffern aus Gleis 152 heraus auf den Fußweg zwischen den Gleisen. Dabei rutschte er mit dem rechten
Bein auf nassem Unkraut aus und verdrehte sich das rechte Knie. Nach dem Unfall arbeitete der Kläger in der Folgezeit weiter.
Am Unfalltag bemerkte der Kläger lediglich ein leichtes Ziehen, welches ihn nicht beim Laufen behinderte. Das Knie sei erst
am Folgetag angeschwollen. Im Durchgangsarztbericht vom 13.10.1998 befundete Prof. Dr. Dr. V., Klinikum A-Stadt, am 12.10.1998
eine Kniegelenksdistorsion rechts mit Ergussbildung. Ab diesem Zeitpunkt war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Eine am 23.11.1998
durchgeführte Kernspintomographie ergab eine Innenmeniskus-Korbhenkelzerreissung, weshalb im Klinikum A-Stadt am 27.11.1998
eine arthroskopische Teilmeniskusentfernung des rechten Innenmeniskus vorgenommen wurde.
Nach Beiziehung ärztlicher Unterlagen erstattete im Auftrag der Beklagten Prof. Dr.N. am 05.01.2000 nach ambulanter Untersuchung
des Klägers ein Gutachten, in dem er das Ereignis vom 10.10.1998 als wesentliche Teilursache im Sinne einer dauernden Verschlimmerung
eines bereits bestehenden Vorschadens am rechten Knie bewertete. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sei ab dem 24.03.1999
(Ende der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit) mit 20 v.H. zu bewerten. Nach Einholung einer Stellungnahme des Beratungsarztes
Dr. S. vom 07.02.2000 erstattete im Auftrag der Beklagten der Chirurg Dipl.med. W. am 19.04.2000 nach ambulanter Untersuchung
des Klägers ein Zusammenhangsgutachten und vertrat darin die Auffassung, dass es durch das Unfallereignis nur zu einer Prellung
des rechten Kniegelenks gekommen und diese Prellung folgenlos ausgeheilt sei. Mit Bescheid vom 07.08.2000 lehnte die Beklagte
die Bewilligung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab. Das geschilderte Unfallereignis habe eine folgenlos
ausgeheilte Prellung des rechten Kniegelenks zur Folge gehabt. Das geschilderte Ereignis sei von seinem Mechanismus her nicht
geeignet gewesen, den Innenmeniskus und gleichzeitig das Außenmeniskusvorderhorn ohne Vorliegen einer Kapsel - Bandverletzung
ursächlich zu verletzen. Nachdem der Kläger hiergegen am 04.09.2000 Widerspruch eingelegt hatte, erstattete im Auftrag der
Beklagten anschließend Prof. Dr. Dr. V. nach Aktenlage am 30.07.2001 ein Zusammenhangsgutachten und gelangte darin zu dem
Ergebnis, dass das Unfallgeschehen vom Mechanismus her geeignet gewesen sei, zu einer Meniskuszerreißung zu führen. Da beim
Kläger aufgrund histologischer Untersuchungen ein Innenmeniskusvorschaden anzunehmen sei, müsse von einer richtunggebenden
Verschlimmerung ausgegangen werden. Nach Einholung einer erneuten Stellungnahme des Beratungsarztes Dr. S. vom 17.09.2001
wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 29.10.2001 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 28.11.2002 Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhoben. Im Auftrag des SG hat der Chirurg Dr. K. nach ambulanter Untersuchung des Klägers am 11.10.2002 gemäß §
106 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) ein Gutachten erstattet, in dem er einen Zusammenhang zwischen dem Unfall und dem Meniskusschaden verneint hat. Gerade der
hier vorliegende Innenmeniskus-Korbhenkelriss sei ein typisch degenerativer Riss. Auf Antrag des Klägers hat das SG anschließend gemäß §
109 SGG ein Gutachten von Prof. Dr. Dr. V. eingeholt, der einen Zusammenhang im Sinne einer Verschlimmerung bejaht hat (Gutachten
vom 17.11.2003). Die MdE sei ab dem 24.03.1999 bis zum 28.04.2000 mit 20 v.H. zu bewerten. Danach betrage die MdE weniger
als 20 v.H. Auf Veranlassung des SG hat Dr. K. am 19.12.2003 ergänzend Stellung genommen. Nach weiteren Unfallschilderungen des Klägers unter Beifügung von Bildmaterial
mit Schriftsätzen vom 01.03.2004 und 15.04.2004 hat das SG den Unfallchirurgen Dr. L. gemäß §
106 SGG mit der Zusammenhangsbeurteilung beauftragt. Dieser ist in seinem Gutachten vom 04.08.2004 nach ambulanter Untersuchung des
Klägers zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger am 10.10.1998 unfallbedingt eine Zerrung/Verstauchung des rechten Kniegelenks
ohne fassbare strukturelle Verletzung und insbesondere ohne einen strukturellen Kniebinnen-Gesundheitsschaden erlitten habe.
Hierzu hat sich der Kläger mit Schriftsatz vom 04.10.2004 insbesondere dahingehend geäußert, dass Dr.L. in unzutreffender
Weise davon ausgegangen sei, dass er keinen Drehsturz erlitten habe. Entgegen der Meinung des Sachverständigen sei sein Unterschenkel
fixiert gewesen, da das rechte Bein nach dem Rutschen nach außen durch den angrenzenden, an der Vorfallstelle leicht erhöhten
Rangierweg abgestoppt und arretiert gewesen sei. Auf Veranlassung des SG hat Dr. L. am 14.10.2004 ergänzend Stellung genommen.
Mit Gerichtsbescheid vom 12.12.2005 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger habe durch den Sturz vom 10.10.1998 lediglich eine Zerrung/Verstauchung des rechten Kniegelenks
erlitten. Die Meniskusverletzung sei keine Unfallfolge, sodass der Kläger keinen Anspruch auf deren Feststellung als unfallabhängig
und auf Gewährung einer Verletztenrente habe. Der Sturz sei nicht im Sinne der Kausalitätsbeurteilung ursächlich für die Meniskusverletzung,
sondern habe lediglich den Gelegenheitsanlass gebildet, weil bei bewertender Abwägung der einzelnen Verursachungsfaktoren
mehr gegen als für eine Ursächlichkeit spreche. Beim Kläger habe eine isolierte Meniskusverletzung vorgelegen. Es fehle ein
geeigneter Unfallmechanismus, der eine isolierte Meniskusverletzung überhaupt habe auslösen können. Er habe keine knöchernen
Verletzungen, keine Band- und keine Kapselverletzung erlitten. Eine direkte Einwirkung auf das Kniegelenk, wie z. ein Sturz
auf das Kniegelenk, verursache regelmäßig keine Meniskusverletzung, weil die Menisken aufgrund ihrer Bauweise und ihrer physiologischen
Funktion erst deutlich nachrangig nach anderen Kniegelenksstrukturen gefährdet seien. Das intraoperative Fehlen von Einblutungen
und blutigen Imbibierungen im Kapsel-Band-Apparat sei ein gewichtiges Indiz gegen eine traumatische Genese. Ebenso spreche
die bei der Arthroskopie vorgefundene Hypertrophie des Hoffa`schen Fettkörpers für frühere traumatische Schädigungen. Eine
Hypertrophie könne angesichts des nur kurze Zeit zurückliegenden angeschuldigten Sturzes keinesfalls bereits zu der Veränderung
geführt haben. Auch der seröse Erguss sei kein Indiz für ein traumatisches Geschehen. Eine indirekte Gewaltanwendung, bei
der der Ort der Gewalteinwirkung und der Ort der Schädigung nicht übereinstimmten, scheide im Falle des Klägers gleichfalls
aus. Auch hierzu fehle ein geeigneter Unfallmechanismus, der die Menisken unter Belastung setzen könne. Als Ursache einer
isolierten Meniskusverletzung komme ein sog. Drehsturz in Betracht. Seinen eigenen Angaben zu Folge habe sich der Kläger nach
Abschluss des Kupplungsvorgangs unter dem Puffer hindurch nach rechts hinaus geschwungen. Dabei sei das rechte Bein beim Aufsetzen
auf der Holzschwelle gerade nach außen abgerutscht und durch den angrenzenden an der Vorfallstelle leicht erhöhten Rangierweg
abgestoppt worden. Dies entspreche jedoch nicht der Fixierung bei einem Drehsturz. Der Fuß habe den Bewegungen des Körpers
folgen können. Es komme nicht darauf an, dass Unterschenkel und Oberschenkel eine Gegenbewegung machten mit Schnittpunkt des
Kniegelenks, wie dies der Kläger in seinem Schriftsatz vom 04.10.2004 geschildert habe. Für diese Beurteilung spreche auch
der anschließende Behandlungsverlauf. Der Kläger habe am Unfalltag seine Schicht zu Ende gearbeitet und erst am übernächsten
Tag, den 12.10.1998, die Chirurgische Klinik A-Stadt aufgesucht. Das weitere Vorbringen des Klägers, nämlich die Schmerzfreiheit
vor dem Unfall, führe gleichfalls zu keiner anderen Beurteilung. Meniskusverletzungen ohne klinische Symptome seien nämlich
weit verbreitet. Dem Ergebnis des Gutachtens von Prof. Dr. Dr.V. sei nicht zu folgen. Dieser gehe davon aus, dass wegen des
Umstands, dass das rechte Bein nach dem Wegrutschen wieder festen Boden bekommen habe, eine für den ursächlichen Zusammenhang
geforderte Fixierung bejaht werde könne, was aber gerade nicht dem streitgegenständlichen Unfall entspreche. Selbst wenn,
was nicht mehr überprüft werden könne, der damalige Rangierweg leicht erhöht gelegen hätte, sei der Fuß des Klägers dadurch
nicht in der erforderlichen Weise fixiert worden.
Hiergegen richtet sich die beim Bayer. Landessozialgericht am 20.01.2006 eingegangene Berufung des Klägers. Im Hinblick auf
die Unfallschilderung im Einzelnen werde Bezug genommen auf die Ausführungen im Schriftsatz vom 15.04.2004 in der ersten Instanz.
Er habe zuvor keinerlei Erkrankungen, Unfälle oder Beschwerden im Verletzungsbereich, d.h. im Bereich des rechten Kniegelenks
gehabt. Dass bei ihm degenerative Erscheinungen im Bereich des rechten Knies bereits zum Unfallzeitpunkt vorgelegen hätten
und eine knöcherne Verletzung nicht gegeben gewesen sei, lasse nicht zwingend den Schluss zu, dass die erforderliche rechtlich
wesentliche Kausalität der versicherten Tätigkeit bzw. des Vorfalls, der sich aus deren Anlass ereignet habe, nicht gegeben
sei. Eine Auseinandersetzung mit den vorhandenen Gutachten, insbesondere den Gutachten der ersten Instanz und dessen Ergebnissen,
sei nicht erfolgt. Aus den gutachterlichen Feststellungen des Prof. Dr. Dr. V. vom 17.11.2003, der den Vorfall vom 10.10.1998
detailliertest im Hinblick auf den zugrunde zu legenden Bewegungsablauf analysiert habe, ergebe sich die zutreffende Feststellung,
dass die vorhandenen Krafteinwirkungen auf den Meniskus geeignet gewesen seien, auch einen gesunden Meniskus zu schädigen.
Die Feststellungen des SG zum Unfallhergang seien nicht zutreffend. Wie wiederholt und insbesondere auf gerichtliche Auflage im Schriftsatz vom 15.04.2004
zum Unfallhergang dargelegt, sei das rechte Bein zunächst zwar gerade nach außen gerutscht, es sei jedoch abgestoppt worden
durch den angrenzenden, an der Vorfallstelle leicht erhöhten Rangierweg und der Fuß dort arretiert. Der Fuß habe sich gerade
nicht mehr bewegen können. Das SG führe in diesem Zusammenhang aus, dass nicht mehr habe überprüft werden können, ob der damalige Rangierweg leicht erhöht
gelegen hätte. Sofern das SG diesen Punkt als wesentlich problematisch angesehen habe, hätte eine entsprechende ergänzende Beweiserhebung z. durch Befragung
anderer Mitarbeiter oder Vorlage von Unterlagen erfolgen müssen. Dass das SG ein Problem in der Frage der Richtigkeit des Sachvortrags bzw. dessen Überprüfbarkeit gesehen habe, sei erstmals mit den
Urteilsfeststellungen bekannt geworden. Dies sei jedoch zu spät, um ihm das erforderliche rechtliche Gehör insoweit gewähren
zu können. Auch sei aufgrund der ergänzend durchgeführten histologischen Untersuchungen ein nicht mehr ganz frischer Riss,
d.h. ein solcher von einem Alter bis zu 12 Tagen konstatiert worden, sodass auch die zeitliche Einordnung bestätigt werde.
Auch die Tatsache, dass er seine Arbeit nicht unmittelbar nach dem Vorfall niedergelegt habe, sondern er erst zwei Tage nach
dem Vorfall, nachdem sich verstärkende Schmerzen und Schwellungen aufgetreten seien, ärztliche Hilfe in Anspruch genommen
habe, stehe nicht entgegen, da ein frischer Riss zunächst, wie Prof. Dr. Dr. V. gutachterlich festgestellt habe, nicht so
erhebliche Beschwerden bereitet hätte, dass dies erforderlich gewesen wäre. Auf den Grad der vorhandenen Degeneration komme
es nicht an. Ein rechtlich wesentliches Mitwirken einer versicherten Tätigkeit an der Verschlimmerung eines Vorschadens könne
nicht nur bei einem solchen angenommen werden, der bereits bekannt sei, wie dies das SG offenbar tue. Ein solches sei auch zu bejahen in einem Fall, wie dem vorliegenden, in dem ein Vorschaden zwar vorhanden,
jedoch noch nicht erkennbar zu Tage getreten sei.
Anschließend hat im Auftrag des Senats Prof. Dr. F., Chefarzt der Orthopädischen Klinik mit Poliklinik der F.Universität F-Stadt
- N., W.Krankenhaus St. M., nach ambulanter Untersuchung des Klägers am 14.07.2006 gemäß §
106 SGG ein Gutachten erstattet und zusammenfassend darin die Auffassung vertreten, dass angesichts der histopathologisch eindeutig
gesicherten, das Altersmaß überschreitenden degenerativen Veränderungen des Innenmeniskus der geschilderte Bewegungsablauf
für das rechte Kniegelenk weder als alleinige noch als wesentliche Teilursache für die im Verlauf diagnostizierte Innenmeniskus
- Hinterhornläsion oder auch die Läsion des Außenmeniskusvorderhorns gesehen werden könne.
Mit Schriftsatz vom 19.04.2007, in der nichtöffentlichen Sitzung vom 15.10.2009 und in der mündlichen Verhandlung vom 24.02.2010
hat sich der Kläger hierzu geäußert und insbesondere zum Unfallhergang Stellung genommen. Auf Veranlassung des Senats hat
Prof. Dr. F. am 27.11.2008 ergänzend Stellung genommen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 12.12.2005 sowie den Bescheid vom 07.08.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 29.10.2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Meniskusverletzung am rechten Knie als Folge des Unfalls vom
10.10.1998 anzuerkennen und nach den Bestimmungen der gesetzlichen Unfallversicherung zu entschädigen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat 2 Band Akten der Beklagten, 1 Band Akten des ZBFS - Region Oberfranken -, 1 CD der Krankenhauses Barmherzige
Brüder E-Stadt und 2 Band Akten des SG (S 2 U 271/01) beigezogen. Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Gerichtsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist auch im Übrigen zulässig (143, 144, 151
SGG).
Die Berufung ist jedoch nicht begründet.
Zu Recht hat das SG die Klage gegen den Bescheid vom 07.08.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.10.2001 abgewiesen. Die Beklagte
ist nicht verpflichtet, eine Meniskusverletzung als Arbeitsunfallfolge anzuerkennen und entsprechende Leistungen aus der gesetzlichen
Unfallversicherung, insbesondere Verletztenrente, zu gewähren.
Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalles über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus
um mindestens 20 v.H. gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente, §
56 Abs.1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VII). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§
2,
3 oder 6
SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse,
die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen, §
8 Abs.1
SGB VII.
Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der
versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten
von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis
einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen
von länger dauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung
für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls, sondern für die Gewährung einer Verletztenrente (BSG v. 12.04.2005, BSGE 94, 262 = SozR 4 -2700 § 8 Nr 14 jeweils RdNr 5 und BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr 15 jeweils RdNr 5). Die zur Feststellung eines Arbeitsunfalls führenden anspruchsbegründenden Tatsachen
(versicherte Tätigkeit, Unfallereignis und [Erst-]Körperschaden) müssen mit Vollbeweis nachgewiesen werden (BSG v.30.04.1985
- 2 RU 43/84). Hierfür ist ein der Gewissheit nahe kommender Grad der Wahrscheinlichkeit notwendig (BSG v. 02.02.1978 - 8 RU 66/77 = SozR 2200 § 548 Nr 38). Eine Tatsache ist in diesem Sinne als bewiesen anzusehen, wenn alle Umstände des Verfahrens nach
der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die richterliche Überzeugung vom Vorliegen der Tatsache zu verschaffen. Die
für das Vorliegen einer Tatsache sprechenden Umstände müssen demnach auf Grund aller in Betracht kommenden Möglichkeiten und
Beweistatsachen so stark überwiegen, dass kein vernünftiger, die Lebensverhältnisse klar überschauender Mensch noch zweifeln
könnte.
Zur Feststellung einer gesundheitlichen Beeinträchtigung in Folge eines Versicherungsfalls muss zwischen dem Unfallereignis
und den geltend gemachten Unfallfolgen entweder mittels eines Gesundheitserstschadens oder direkt ein Ursachenzusammenhang
nach der im Sozialrecht geltenden Theorie der wesentlichen Bedingung bestehen (vgl. BSG v. 09.05.2006, B 2 U 1/05 R, in: Die Sozialgerichtsbarkeit 2007, 242ff, 244). Für diesen Zusammenhang gelten (im Verhältnis zum Vollbeweis mit der hierfür
zu fordernden an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit) herabgesetzte Wahrscheinlichkeitsanforderungen.
Der Begriff der rechtlich wesentlichen Bedingung ist ein Wertbegriff. Die Frage, ob eine Bedingung für den Erfolg wesentlich
ist, beurteilt sich nach dem Wert, den ihr die Auffassung des täglichen Lebens gibt (BSGE 12, 242, 245). Für den ursächlichen Zusammenhang zwischen schädigender Einwirkung und Erkrankung ist eine hinreichende Wahrscheinlichkeit
ausreichend. Hierunter ist eine Wahrscheinlichkeit zu verstehen, nach der bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für
den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Gewicht zukommt, sodass hierauf die richterliche Überzeugung gegründet
werden kann (BSGE 45, 285, 286). Gibt es neben der versicherten Ursache noch konkurrierende Ursachen, z. Krankheitsanlagen, so ist die versicherte
Ursache wesentlich, solange die unversicherte Ursache nicht von überragender Bedeutung ist (BSG SozR Nr 6 zu § 589
RVO, SozR Nr 69 zu § 542
RVO aF). Eine Krankheitsanlage ist von überragender Bedeutung, wenn sie so stark oder so leicht ansprechbar ist, dass die (naturwissenschaftliche)
Verursachung akuter Erscheinungen nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern jedes
alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinungen verursacht hätte (BSGE 62, 220, 222f = SozR 2200 § 589 Nr 10 S 30).
Ausgehend von diesen rechtlichen Grundsätzen war das Ereignis vom 10.10.1998 nicht im Sinne der Theorie der wesentlichen Bedingung
ursächlich für die Meniskusverletzung, sondern bildete - worauf das SG zu Recht hinweist - lediglich einen Gelegenheitsanlass.
Dies steht zur Überzeugung des Senats fest aufgrund einer Gesamtwürdigung der in den Akten enthaltenen Befunde und ärztlichen
Stellungnahmen, insbesondere aufgrund der schlüssigen und überzeugenden Ausführungen des vom Senat gemäß §
106 SGG gehörten ärztlichen Sachverständigen Prof. Dr. F. in seinem Gutachten vom 14.07.2006, der - in Übereinstimmung mit den vom
SG gemäß §
106 SGG gehörten Chirurgen Dr. K. und Dr.L. sowie dem von der Beklagten gehörten Chirurgen Dipl.med. W., dessen Gutachten im Wege
des Urkundsbeweises verwertbar ist, - zu Recht die Auffassung vertritt, dass die Meniskusverletzung keine Unfallfolge ist
und das Ereignis vom 10.10.1998 nicht im Sinne der im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Theorie der rechtlich
wesentlichen Bedingung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit für die Meniskusverletzung ursächlich war.
Gegen eine rechtlich wesentliche Ursächlichkeit im dargestellten Sinn sprechen die mangelnde Eignung des Unfallmechanismus
sowie der beim Kläger zur Zeit des Ereignisses bestehende Vorschaden am rechten Knie.
Zutreffend weist Prof. Dr. F. in seinem Gutachten vom 14.07.2006 in diesem Zusammenhang darauf hin, dass sich für die individuelle
Situation des Klägers keinerlei Hinweise darauf ergeben, dass es bei dem geschilderten Ereignis am 10.10.1998 zu einer unphysiologischen
Belastung des rechten Kniegelenks gekommen ist, die über die Belastungen des Alltags hinausgeht. Beim Verletzungsmechanismus
ist es zu einer Beugebewegung des rechten Kniegelenks bis 90 Grad unter einem Valgusstress und einer Außenrotation des Unterschenkels
gekommen. Rein das geschilderte Bewegungsausmaß mit einer Beugung von 90 Grad kann nicht als unphysiologisch angesehen werden.
Für diese Auffassung spricht auch, dass die mechanische Beanspruchung des Kniegelenks bei dem Ereignis zu keinerlei nachweisbaren
sonstigen Verletzungen geführt hat. Im Durchgangsarztbericht vom 13.10.1998 wurde zwar ein deutlicher Erguss beschrieben,
jedoch keine Hinweise auf eine Bandinstabilität oder Ödeme am Knochen oder in den Weichteilen gefunden. Die Kernspintomographie
vom 23.11.1998 hat - mit Ausnahme der Meniskusverletzung - keine Hinweise auf strukturelle Verletzungen am rechten Kniegelenk
und somit keine Hinweise auf eine unphysiologische Krafteinwirkung auf das rechte Knie ergeben.
Ein sog. Drehsturz, der als einzige Ausnahme von dem Grundsatz anerkannt ist, dass es bei einer indirekten Gewalteinwirkung
zu keiner Verletzung der Menisken kommt, liegt hier schon aufgrund der eigenen Schilderung des Unfallereignisses durch den
Kläger entgegen dessen Auffassung nicht vor. Der Kläger hat den Unfallhergang im Verwaltungs-, Klage- und Berufungsverfahren
mehrfach und in sich widerspruchsfrei geschildert. Insbesondere stimmt die Unfallschilderung des Klägers in der mündlichen
Verhandlung vom 24.02.2010 mit der Schilderung des Klägers bei der Untersuchung durch Prof. Dr.F. überein. Danach stellt sich
der Unfallhergang zur vollen Überzeugung des Senats wie folgt dar: Der Kläger rutschte am 10.10.1998 gegen 10.15 Uhr beim
Heraustreten unter den Wagenpuffern aus einem Gleis auf dem Fußweg zwischen den Gleisen aus. Das Gewicht war dabei nach seinen
glaubhaften Schilderungen auf dem rechten Bein, sein Fuß hat dann am erhöhten, festen Rangierweg abgestoppt.
Voraussetzung für einen Drehsturz ist aber, dass das gebeugte und rotierte Kniegelenk plötzlich passiv in die Streckung gezwungen
wird bei fixiertem Fuß bzw. Unterschenkel, sodass die physiologische Schlussrotation des Kniegelenks nicht ablaufen kann.
Zu Unrecht geht Prof. Dr.Dr.V. abweichend von dem oben geschilderten Unfallhergang von einer für den ursächlichen Zusammenhang
geforderten Fixierung aus. Dass das SG insoweit ausgeführt hat, es könne nicht mehr überprüft werden, ob der damalige Rangierweg leicht erhöht gelegen hat, begründet
entgegen der Auffassung des Klägers nicht den Vorwurf mangelnder Aufklärung und Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes
gemäß §
106 SGG wegen fehlender Einvernahme anderer Mitarbeiter als Zeugen oder mangelnder Beiziehung von Unterlagen. Denn das SG hat in den Entscheidungsgründen des Gerichtsbescheids vom 12.12.2005 (Seite 17) zugunsten des Klägers unterstellt, dass der
damalige Rangierweg leicht erhöht gelegen hat und ist dennoch zu Recht davon ausgegangen, dass der Fuß durchaus noch den Bewegungen
des Körpers folgen konnte und nicht in der erforderlichen Weise fixiert war. Zutreffend hat das SG in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass es nicht darauf ankommt, dass Unterschenkel und Oberschenkel eine Gegenbewegung machen
mit Schnittpunkt Kniegelenk. Eine solche Bewegung würde durch den Kapsel - Band - Apparat begrenzt. Bei einer derartig traumatischen
Gewalteinwirkung würde dieser Kapsel - Band - Apparat verletzt. Beim Kläger findet sich jedoch eine isolierte Meniskusverletzung,
die durch eine derartige Bewegung nicht entstanden sein kann.
Ebenso wenig kann sich der Kläger auf die Verletzung rechtlichen Gehörs gemäß §
62 SGG berufen, weil ihm - wie er vorträgt - erstmals mit den Feststellungen des Urteils bekannt geworden sei, dass das SG insoweit ein Problem mit der Richtigkeit des Sachvortrags bzw. dessen Überprüfbarkeit gesehen habe. Denn das SG hat die Schilderung des Klägers zugrunde gelegt und ist von einem leicht erhöhten Rangierweg bei der Beurteilung ausgegangen.
Damit hat das SG gerade nicht Tatsachen der Entscheidung zugrunde gelegt, zu denen sich der Kläger nicht äußern konnte und damit nicht gegen
den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs gemäß §
62 SGG verstoßen.
Wie bereits ausgeführt, steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die degenerativen Veränderungen des Innenmeniskus die
rechtlich wesentliche Ursache für die Verletzung des Klägers waren. Dass zum Unfallzeitpunkt bereits degenerative Veränderungen
des Innenmeniskus vorgelegen haben, ist aufgrund der histopathologischen Untersuchung vom 28.11.1998 (s. Arztbrief der Pathologen
Dres. S./L. vom 01.12.1998) nachgewiesen. Dabei wird von einer "das altersgerechte Maß der Abnutzung überschreitenden degenerativen
Meniscopathie" ausgegangen. Somit sind erhebliche degenerative Vorschäden histologisch nachgewiesen, sodass - in Verbindung
mit dem geschilderten Bewegungsablauf - davon auszugehen ist, dass das Ereignis vom 10.10.1998 keine wesentliche Teilursächlichkeit
für die im weiteren Verlauf nachgewiesene Innenmeniskus- und Außenmeniskusläsion am rechten Kniegelenk begründen kann. Es
ergeben sich auch keine Hinweise darauf, dass das Ereignis vom 10.10.1998 zu einer dauernden Verschlimmerung eines bereits
bestehenden Vorschadens, nämlich eines histopathologisch vorbestehenden degenerativen Meniskusleidens geführt hat. Denn die
geschilderten Belastungen in Bezug auf Krafteinwirkungen auf den Meniskus sind - wie bereits dargelegt - nicht als über alltägliche
Belastungen hinausgehend anzusehen. Somit ist davon auszugehen, dass die Krankheitsanlage von überragender Bedeutung für die
Meniskusverletzung war.
Hingegen findet in den Gutachten von Prof. Dr. N. und Prof. Dr.Dr.V. nur unzureichend Berücksichtigung - worauf Prof. Dr.
F. zu Recht hinweist -, dass der für das rechte Kniegelenk geschilderte Bewegungsablauf ohne Nachweis sonstiger struktureller
Verletzungszeichen - wie bereits dargelegt - nicht als Bewegungsablauf bewertet werden kann, der über alltägliche Belastungen
hinausgeht.
Vielmehr ist im vorliegenden Fall lediglich eine leichtgradíge Distorsionsverletzung des rechten Kniegelenks ohne Nachweis
struktureller Veränderungen auf das Ereignis vom 10.10.1998 rechtlich wesentlich zurückzuführen, für die geltend gemachte
Knieverletzung stellt es lediglich eine Gelegenheitsursache dar. In Übereinstimmung mit dem gerichtlichen Sachverständigen
Prof. Dr. F. geht der Senat daher davon aus, dass die unfallbedingte MdE bereits vor dem 24.03.1999 endet.
Die Einwendungen des Klägers, bisher habe noch keiner der begutachtenden Mediziner feststellen können, dass der Meniskus des
rechten Knies in absehbarer Zeit gerissen wäre, er sei vorab vollständig frei von jeglichen Beschwerden im Bereich des rechten
Knies gewesen, diese seien erst nach dem Vorfall vom 10.10.1998 aufgetreten, sind unbegründet. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang,
ob der Vorschaden klinisch stumm war und die Beschwerden - den Vortrag des Klägers zugrunde gelegt - erst nach dem Ereignis
aufgetreten sind. Zwar sind - worauf der Kläger zu Recht hinweist - die Ausführungen des SG insoweit nicht schlüssig, als es danach bei einer klinisch stummen Veränderung am Vorschaden fehle (Seite 18 des Gerichtsbescheids).
Die Argumentation des Klägers ist jedoch rechtlich ohne Relevanz, denn für die Frage, ob das Ereignis vom 10.10.1998 eine
Gelegenheitsursache darstellt, ist es unerheblich, ob die bereits vorhandene Krankheitsanlage bislang stumm oder als Vorschaden
manifest war (s. auch Landessozialgericht Baden - Württemberg, Urteil vom 12.11.2009 - L 10 U 3951/08).
Der Senat vermag auch nicht der Argumentation des Klägers zu folgen, wonach die zeitliche Einordnung der traumatischen Genese
der Meniskusverletzung dadurch bestätigt werde, dass aufgrund der ergänzend durchgeführten histologischen Untersuchungen ein
nicht mehr ganz frischer Riss, d.h. ein solcher von einem Alter bis zu 12 Tagen, konstatiert wurde. Denn dies sagt nichts
darüber aus, ob die geltend gemachte Meniskusverletzung unfallbedingt ist bzw. das Ereignis vom 10.10.1998 lediglich eine
Gelegenheitsursache darstellt. Ebenso wenig steht der Annahme einer Gelegenheitsursache der Vortrag des Klägers entgegen,
dass nach der Auffassung von Prof. Dr.Dr.V. nicht gegen einen frischen Riss spreche, dass erst zwei Tage nach dem Vorfall
sich verstärkende Schmerzen und Schwellungen aufgetreten seien.
Nach alledem ist die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 12.12.2005 zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§
183,
193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich, §
160 Abs.
2 Nrn 1 und 2
SGG.