Tatbestand
Streitig sind Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung nach der Pflegestufe III ab Februar 2009.
1. Die 1961 geborene, bei der Beklagten gesetzlich pflegeversicherte Klägerin leidet an einer hochgradigen psychogenen Gangstörung
im Rahmen eines Konversionssyndroms und den Folgen eines Bandscheibenvorfalles. Die medizinische Dokumentation belegt für
das Jahr 2002 längerer Arbeitsunfähigkeitszeiten sowie eine stationäre psychosomatischer Behandlung mit Angstzuständen und
Bewegungsstörungen entwickelt. Im November 2002 wurde eine psychogene Gangstörung im Rahmen eines Konversionssyndroms, eine
somatische Depression mit ausgeprägter psychovegetativer Erschöpfung und ein Halswirbelsäulen-(HWS-)Syndrom diagnostiziert.
Ab Januar 2004 erhielt die Klägerin von der Beklagten gemäß Gerichtsbescheid des Sozialgerichtes Bayreuth vom 7. September
2006 (Az.: S 1 P 22/05) sowie Urteil des Bayerischen Landessozialgerichtes vom 13. August 2008 (Az.: L 2 P 41/06) Leistungen nach der Pflegestufe I.
Mit Antrag vom 27. Februar 2009 (Eingang: 3. März 2009) begehrte sie die Höherstufung der Leistungen. Die Rechtsvorgängerin
holte ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in Bayern (MDK), welcher nach Hausbesuch am 24. Juni
2009 den Hilfebedarf in der Grundpflege auf täglich 138 Minuten (Körperpflege 76 Minuten, Ernährung 8 Minuten, Mobilität 54
Minuten) und im Bereich der Hauswirtschaft auf 60 Minuten mit Pflegebedürftigkeit in Pflegestufe II bestimmte. Die Alltagskompetenz
der Klägerin sei seit März 2009 erheblich eingeschränkt, der Hilfebedarf sei deutlich erhöht. Pflegeperson sei Herr B. - der
Verfahrensbevollmächtigte der Klägerin. Beide wohnten in einem Mehrfamilienhaus im zweiten Obergeschoss ohne Aufzug. Die Rechtsvorgängerin
der Beklagten bewilligte daraufhin mit Bescheid vom 29. Juni 2009 Leistungen der Pflegestufe II ab März 2009.
Im anschließenden Widerspruchsverfahren begehrte die Klägerin Leistungen nach der Pflegestufe III im Wesentlichen mit der
Begründung, ihre erforderliche Grundpflege betrage 5,795 h/Tag, die hauswirtschaftliche Versorgung 3,597 h/Tag, in Summe 9,39
h/Tag. Ihr Leistungsanspruch bestehe ab Antragstellung 27.Februar 2009.
Nach Erläuterungsschreiben der Beklagten vom 28.07.2009 stellte die Klägerin einen weiteren Höherstufungsantrag (Eingang:
18.08.2009). Auf erneut durchgeführtem Hausbesuch - gelangte der MDK im Gutachten vom 2. Oktober 2009 zur Pflegestufe II wegen
Hilfebedarf in der Grundpflege 155 Minuten/Tag (Körperpflege 72 Minuten, Ernährung 18 Minuten, Mobilität 65 Minuten) und in
der Hauswirtschaft 60 Minuten/Tag. Mit Schreiben vom 9. Oktober 2009 hielt die Beklagte an ihrer Entscheidung vom 28. Juli
2009 fest und fragte, ob der Widerspruch aufrechterhalten werde. Dies ließ die Klägerin unbeantwortet.
Am 31. Mai und 2. Juli 2010 stellte die Klägerin weitere Höherstufungsanträge. Auf dritte Begutachtung nach Hausbesuch vom
23. Juni 2010 hin bezifferte der MDK mit Gutachten vom 29. Juni 2010 den Hilfebedarf in der Grundpflege auf 167 Minuten/Tag
(Körperpflege 57 Minuten, Ernährung 14 Minuten, Mobilität 96 Minuten) sowie in der hauswirtschaftlichen Versorgung auf 60
Minuten/Tag. Dem folgend lehnte die Beklagte unter dem 5. Juli 2010 den Höherstufungsantrag ab. Im darauf folgenden Widerspruchsverfahren
rügte die Klägerin, die bisherigen Widersprüche und Begehren seien nicht verbeschieden, tatsächlich stünde ihr ab Februar
2009 die Pflegestufe III zu. Dies ergebe u.a. ein Pflegetagebuch (Zeit vom 16. bis 22. März 2009) vorgelegt. Mit Widerspruchsbescheid
vom 22. Dezember 2010 entschied die Beklagte abschlägig bei namentlicher Bezeichnung der Höherstufungsanträge und Schreiben
der Klägerin und inhaltlichem Bezug die Einschätzungen des MDK.
2. Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht Bayreuth (SG) hat die Klägerin unter Abänderung des Bescheides vom 29. Juni 2009 und unter Aufhebung der Bescheide vom 28. Juli 2009,
9. Oktober 2009 und 5. Juli 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Dezember 2010 begehrt, ihr ab Februar 2009
Pflegegeld nach der Pflegestufe III nebst Verzugszinsen zu zahlen, hilfsweise jeweils seit April 2009, Mai 2009, Juni 2009,
Juli 2009, August 2009, September 2009, Mai 2010 bzw. Juni 2010.
Das SG hat die Schwerbehindertenakten beigezogen (Bescheid vom 14. September 2009: GdB 100 mit Merkzeichen G, aG, B H, RF), die
einschlägigen aktuellen Befundberichte eingeholt und den Arzt für öffentliches Gesundheitswesen, Sozialmedizin und Umweltmedizin
Dr. L. H. mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Dieser hat im Gutachten vom 14. Juli 2011 (Hausbesuch
vom 2. Juli 2011) in Übereinstimmung mit den MDK-Einschätzungen als pflegerelevant diagnostiziert: Hochgradige psychogene
Gangstörung und Bewegungsstörung im Rahmen eines Konversionssyndroms sowie ein Bandscheibenvorfall HWK 5/6 mit inkompletter
Tetraparese, Harninkontinenz, Migräne, chronifiziertes Schmerzsyndrom, Sehminderung beidseits, Tinnitus beidseits, Panikattacken
und HWS-/BWS-/LWS-Syndrom sowie vollständigen Rückzug mit depressiver Komponente, Angstzuständen, Panikattacken und partieller
psychomotorischer Starre. Eine relevante Behandlung finde nicht statt. Den Hilfebedarf in der Grundpflege belaufe sich auf
150 Minuten/Tag (Körperpflege 60 Minuten, Ernährung 17 Minuten, Mobilität 73 Minuten), in der Hauswirtschaft auf 60 Minuten/Tag,
so dass ab Februar 2009 bis zum Begutachtungszeitpunkt die Pflegestufe II bestehe. Von einer körperlichen Untersuchung der
Klägerin hat der Sachverständige auf eindringliches Bitten des Bevollmächtigten der Klägerin vom 28. Juni 2011 sowie beim
Hausbesuches Abstand genommen. Eine beim Hausbesuch ausgehändigte Pflegedokumentation für die Zeit vom 21. bis 27. Juni 2010
hat Dr. H. ausdrücklich einbezogen. Dazu hat der Bevollmächtigte der Klägerin unter anderem ausgeführt, der Sachverständige
habe "dankenswerterweise" auf eine körperliche Untersuchung verzichtet.
Die Klägerin hat das Ruhen des Verfahrens beantragt bis in Deutschland das EU-Recht zur Vereinbarkeit des Pflegerechts mit
der Menschenrechtskonvention umgesetzt sei sowie einen Antrag gemäß §
109 SGG vorbehalten. Das SG hat dazu eine Antragsfrist nach §
109 SGG gesetzt. Darauf hat die Klägerin mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 25. Oktober 2011 umfangreiche Einwendungen gegen
das Gutachten des Dr. H. geltend gemacht. Dieser hat mit ergänzender Stellungnahme vom 14. November 2011 zusammenfassend einen
zusätzlichen Hilfebedarf von fünf Minuten/Tag angenommen (2 Minuten für Kämmen, 2 Minuten für nächtliches Aufstehen und 1
Minute für Badewannentransfer). Mit Grundpflegebedarf von 155 Minuten/Tag liege gleichwohl Pflegestufe II vor. Hieran hat
Dr. H. in weiterer ergänzender Stellungnahme vom 12. Dezember 2011 festgehalten. Es ergäben sich aus den erneuten Vorbringen
keine neuen Gesichtspunkte. Zeiten der allgemeinen Aufsicht seien nicht berücksichtigungsfähig. Bei der Ermittlung des zeitlichen
Hilfebedarfs handele es sich um Durchschnittswerte, die infolge des Krankheitsbildes gewissen Schwankungen unterworfen seien.
Ein beträchtlicher zeitlicher Aufwand, den der Klägerbevollmächtigte selbst erbringe, sei ebenso wenig berücksichtigungsfähig.
Problematisch sei die Verweigerung einer körperlichen Untersuchung.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 17. Februar 2012 abgewiesen im Wesentlichen mit der Begründung, der Schwerpunkt der
pflegerelevanten Erkrankungen betreffe den psychischen Sektor. Dem überzeugenden Gutachten des Dr. H. sowie den MDK-Einschätzungen
sei zu folgen, so dass ein Grundpflegebedarf von 155 Minuten/Tag bestehe. Die durch das Unterbleiben einer körperlichen Untersuchung
bewirkte Einschränkung der Aufklärungsmöglichkeiten sei im Hinblick auf das Begehren der Klägerin hinzunehmen. Das SG hat bei seiner Beurteilung insbesondere auch Dr. H. folgend 17 Minuten/Tag berücksichtigt für das Verlassen und Wiederaufsuchen
der Wohnung im Rahmen von Arztbesuchen. Ob einerseits die rechtlichen Voraussetzungen für die Berücksichtigung von Wegezeiten
vorliegend überhaupt gegeben sind oder andererseits weitere 15 Minuten in Ansatz zu bringen wären, könne mangels Auswirkung
auf die Pflegestufe dahinstehen.
Dagegen hat die Klägerin Berufung zur Weiterverfolgung ihres Begehrens eingelegt und gerügt, das SG habe Dr. H. nicht mündlich angehört, ohne mündliche Verhandlung entschieden sowie den Zeugen B.- den Klägerbevollmächtigten
- nicht als Zeugen einvernommen. Unstrittig sei Pflegestufe II auch für den Monat Februar 2009 zu gewähren sowie nach Auffassung
der Klägerin seitdem die Pflegestufe III insbesondere nach den vorgelegten Pflegetagebüchern. Die Betreuungszeiten müssten
Berücksichtigung finden, so dass die erforderliche Pflege einer medizinisch notwendigen 24-Stunde-Pflege gleichkomme. Die
Rund-um-die Uhr-Beobachtung sei wegen Selbstmordgefährdung medizinisch notwendig. Zu niedrig seien die angesetzten Zeiten
vor allem bei Körperpflege wegen Teilwäsche Hände bei 14 Toilettengängen, Baden inkl. Haarwäsche und Trocknen der langen Haare,
Zahnpflege (9 statt 6 Minuten bei dreimaligem Zähneputzen), Kämmen (Mithilfe der Klägerin nicht möglich) sowie bei Ernährung.
In Bezug auf die Mobilität seien für nächtliches Aufstehen und Zubettgehen 4 Minuten zu wenig ebenso wie für An- und Auskleiden
inkl. Mittagschlaf, An- und Auskleiden bei Teilwäsche des Unterkörpers in der Badewanne sei mit 2mal/Tag, also insgesamt 12
statt nur 8 Minuten anzusetzen, für Toilettengänge sowie Treppensteigen über eine Wendeltreppe bestehe mehr Zeitbedarf, in
die Badewanne und zurück sei mit einmal/Tag zu wenig angesetzt, Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung für Arztbesuch:
erfordere mehr als 120 Minuten, für Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung zur Krankengymnastik sei - auch wenn nun zuhause
durchgeführt, seien die früheren Zeiten zu berücksichtigen (nach MDK: 15 Minuten). Zudem hat die Klägerin ihr erstinstanzliches
Vorbringen wiederholt und zitiert.
Auf Anforderung des Senates hat das Physiotherapiezentrum R. angegeben, dass die Klägerin in der krankengymnastischen Behandlung
seit 2009 keine Fortschritte erzielt habe, es sei der Eindruck einer großen Abhängigkeit von Herrn B. - dem Klägerbevollmächtigten
- als auffallend zu beschreiben.
Eine vom Senat in Auftrag gegebene Begutachtung nach Hausbesuch durch die Pflegesachverständige C. gemäß gerichtlicher Beweisanordnung
vom 24. April 2012 hat letztlich eine Strafanzeige gegen die Sachverständige (Urkundenfälschung, Unterschlagung, Körperverletzung,
Amtsanmaßung, Diskriminierung von Schwerbehinderten) und zu einem Befangenheitsantrag ergeben. Mit Beschluss vom 14. August
2012 hat der Senat den Befangenheitsantrag abgelehnt. Im Weiteren hat die Klägerin verschiedene Befangenheitsanträge (sowie
Anhörungsrügen und Gegenvorstellungen) gegen den Vorsitzenden als Berichterstatter und gegen die weiteren Richter des 2. und
des 3.Senats bzw. Richter als Vertreter gestellt, welche jeweils ohne Erfolg geblieben sind. Mit Schreiben vom 8. November
2013 hat die Sachverständige den Gutachtensauftrag zurückgegeben.
Auf klägerischen Antrag auf Akteneinsicht hat der Senat die Akten dem Amtsgericht A-Stadt und der Stadt A. übersandt, Einsicht
hat die Klägerin aber jeweils nicht genommen. Auch von der angebotenen Möglichkeit der Akteneinsicht am Gerichtsort in München
oder in der Zweigstelle in Schweinfurt hat die Klägerin keinen Gebrauch gemacht. Die Klägerin hat den Hinweis erhalten, dass
die von ihr gewollte Übermittlung der vollständigen Unterlagen auf elektronischem Wege nicht möglich ist.
Die Beklagte hat am 13. Februar 2014 ein Teilanerkenntnis abgegeben, Leistungen nach der Pflegestufe II bereits für den Monat
Februar 2009 zu gewähren. Die Klägerin hat das Anerkenntnis nicht angenommen.
Am 20. Oktober 2015 hat der Senat darauf hingewiesen, weiterhin sei ein Gutachten einzuholen, an der Sachverständigen Dr.
C. werde nicht festgehalten, es stünden der Klägerin drei verschiedene Ärzte als Gutachter zur Auswahl oder es könnte eine
Begutachtung nach Aktenlage durchgeführt werden. Die Klägerin solle mitteilen, ob sie bei einer Begutachtung im Weges des
Hausbesuchs mitwirkt und die Gutachtensperson auswählen. An die Antwort wurde die Klägerin am 14. Januar 2016 unter Fristsetzung
bis 15. Februar 2016 erinnert bei Hinweis auf §
103 S. 1 HS 2
SGG. Gemäß Zustellungsurkunden hat die Klägerin das Schreiben am 20. Januar 2016 erhalten, ihr Bevollmächtigter am. 21. Januar
2016.
Die Klägerin hat am 21. Januar 2016 an ihren Antrag auf Verweisung an das SG erinnert und auf §
105 SGG verwiesen. Der Klägerin wurde zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht im Sinne des §
105 Abs.
2 S. 3
SGG erläutert, dies sei vorliegend nicht statthaft. Ein weiterer (der vierte) Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden vom
11. Februar 2016 ist erfolglos geblieben.
Die Beklagte hat mitgeteilt, dass ihr keine neuen Erkenntnisse vorliegen.
Mit Schriftsatz der vom 10. Februar 2016 hat die Klägerin primär Zurückverweisung an das SG beantragt, alternativ den Sachverständigen Dr. H. zu hören, welcher sich mit dem beweiskräftigen Tagebuch nicht richtig auseinandergesetzt
habe. Eine Teilunterstützung bedeute mehr Zeitaufwand; eine aktivierende Pflege sei gar nicht berücksichtigt. Zudem hat die
Klägerin ihr Vorbringen Einwendungen gegen das Gutachten des Dr. H. wiederholt. Einem erneuten Hausbesuch stimme sie grundsätzlich
nicht mehr zu, für eine Begutachtung - auch nach Aktenlage - hat die Klägerin die ihr vorgeschlagenen drei Sachverständigen
abgelehnt. Zuletzt hat die Klägerin vorgetragen, ein "Reset seit Prozessbeginn" mit allen unbearbeiteten Anträgen sei erforderlich.
In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte ihr Teilanerkenntnis vom 13.02.2014 wiederholt.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 17. Februar 2012 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides
vom 29. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Dezember 2010 zu verurteilen, ab Februar 2009 Pflegegeld
der Pflegestufe III nebst Verzugszinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Antragstellung zu
zahlen, jeweils hilfsweise seit April 2009, Mai 2009, Juni 2009, Juli 2009, August 2009, September 2009, Mai 2010 bzw. Juni
2010, weiter hilfsweise bereits ab Februar 2009 Pflegegeld der Pflegestufe II nebst entsprechender Verzugszinsen zu zahlen,
weiter hilfsweise das Verfahren an das Sozialgericht Bayreuth zurück zu verweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 17.02.2012 insoweit zurückzuweisen, als
dort Leistungen über das Teilanerkenntnis vom 13.02.2014 hinaus geltend gemacht werden.
Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Verwaltungsakten der Beklagten. Darauf sowie auf die Gerichtsakten
beider Rechtszüge wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Klägerin ist zulässig (§§
143,
151 SGG), jedoch sowohl im Hauptantrag als auch im Hilfsantrag unbegründet, soweit sie über das Teilanerkenntnis der Beklagten hinausgeht.
1. Der Senat kann trotz Nichterscheinens der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung aufgrund einseitiger mündlicher
Verhandlung entscheiden. Denn die Klägerin ist mit ordnungsgemäß erfolgter Ladung §
63 Abs.
1 und
2 SGG, §
175 ZPO auf diese Möglichkeit hingewiesen worden, §
62 SGG.
2. Die Beklagte hat mit in der mündlichen Verhandlung wiederholtem Teilanerkenntnis Leistungen nach der Pflegestufe II statt
I bereits ab 1. Februar 2009 anerkannt. Dazu hat die Klägerin nicht erklärt, sie nehme dieses an. Mangels Erfüllung der Voraussetzungen
des §
101 Abs.
2 SGG ist insoweit ein Teilanerkenntisurteil auszusprechen, BSG, 24. Juli 2003 - B 4 RA 62/02 R, Rn. 18 - zitiert nach [...].
3. Streitgegenstand ist der Bescheid der Beklagten vom 29. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Dezember
2010. Soweit dieser Widerspruchsbescheid als Bescheiddatum den 29. Juni 2009 nennt, betrifft dies den ersten Höherstufungsantrag
vom 27. Februar 2009, gegen den die Klägerin wie gegen den Bescheid vom 5. Juli 2010 Widerspruch eingelegt hatte. Es sind
in der Folgezeit bezüglich der weiteren Höherstufungsanträge der Klägerin auch jeweils Verwaltungsverfahren durchgeführt worden
und mit Schreiben der Beklagten abgeschlossen worden - zuletzt mit dem Bescheid vom 5. Juli 2010. Der Widerspruchsbescheid
erfasst in der Begründung ausdrücklich auch diese weiteren Schreiben bzw. Bescheide. Auch wenn diese nicht den Bescheid vom
29. Juni 2009 abändern, gelangt §
86 SGG analog zur Anwendung. Diese Analogie ist - anders als bei §
96 SGG - möglich (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer-Leitherer,
SGG, 11. Aufl., §
86 Rn. 3 mwN). Alle Bescheide sind zur Regelung desselben Rechtsverhältnisses ergangen und beinhalten dasselbe Begehren, nämlich
Gewährung von Pflegegeld ab Februar 2009 nach der Pflegestufe III. Auch hat die Klägerin im laufenden Widerspruchsverfahren
immer wieder zeitnah Höherstufungsanträge gestellt, um den Bescheid vom 29. Juni 2009 zu ändern. Damit ist auch der Bescheid
vom 5. Juli 2010 von dem Widerspruchsbescheid erfasst. Das Schreiben vom 28. Juli 2009 steht noch im Zusammenhang mit dem
Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 29. Juni 2009 und ist kein gesonderter Bescheid. Das Schreiben vom 9.Oktober
2009 betrifft hingegen den Höherstufungsantrag vom 18. August 2009 und das dadurch eingeleitete Verwaltungsverfahren mit erneuter
Begutachtung durch den MDK und ist als Bescheid zu werten. Denn es entschiedet, dass die Beklagte an ihrer Entscheidung vom
28. Juli 2009 (zutreffend: am Bescheid vom 29. Juni 2009) festhält - auch wenn sie zugleich anfragt, ob der Widerspruch aufrecht
erhalten werde. Auch dieses Schreiben wird in dem Widerspruchsbescheid in der Begründung aufgeführt. Damit liegt ein umfassender
Streitgegenstand vor. Im Übrigen hat sich die Beklagte auf das die erstinstanzlichen Begehren wiederholende auf die genannten
Bescheide bezogene Berufungsbegehren der Klägerin rügelos eingelassen.
4. Die Berufung ist im Hauptantrag unbegründet, als die Klägerin Pflegegeld nach der Pflegestufe III ab Februar 2009 begehrt.
Für die Gewährung von Leistungen des
SGB XI sind gemäß §
15 Abs.
1 Satz 1
SGB XI pflegebedürftige Personen, die nach §
14 Abs.
1 SGB XI wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden
Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem
Maße der Hilfe bedürfen, einer von drei Pflegestufen zuzuordnen.
Gewöhnliche und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen im Sinne des §
14 Abs.
1 SGB XI sind nach §
14 Abs.
4 SGB XI:
1. im Bereich der Körperpflege das Waschen, Duschen, Baden, die Zahnpflege, das Kämmen, Rasieren, die Darm- oder Blasenentleerung,
2. im Bereich der Ernährung das mundgerechte Zubereiten oder die Aufnahme der Nahrung, 3. im Bereich der Mobilität das selbstständige
Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, An- und Auskleiden, Stehen, Treppensteigen oder das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung).
4. im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung das Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung, Spülen, Wechseln und Waschen
der Wäsche und Kleidung oder das Beheizen.
Pflegebedürftige der Stufe I (erheblich Pflegebedürftige) sind Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der
Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedürfen
und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen (§
15 Abs.
1 Satz 1 Nr.
SGB XI). Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegepersonen für die erforderlichen
Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss wöchentlich im Tagesdurchschnitt mindestens
90 Minuten betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen (§
15 Abs.
3 Nr.
1 SGB XI).
In der Pflegestufe II sind es mindestens drei Stunden, wobei auf die Grundpflege mindestens zwei Stunden (= 120 Minuten) entfallen
müssen (§
15 Abs.
3 Nr.
2 SGB XI).
Leistungen nach der Pflegestufe III erhalten Personen, welche die pflegerischen und zeitlichen Voraussetzungen des §
15 Abs.
1 Satz 1 Nr.
3 sowie Abs.
3 Nr.
3 SGB XI erfüllen (§§
36 Abs.
3 Nr.
3,
37 Abs.
1 Satz 3 Nr.
3 SGB XI). Schwerstpflegebedürftige sind demnach Personen, die Hilfe bei der Körperpflege, der Ernährung und/oder der Mobilität (§
14 Abs
4 Nrn. 1 bis 3
SGB XI - sog Grundpflege) täglich rund um die Uhr, auch nachts, und zusätzlich mehrfach in der Woche bei der hauswirtschaftlichen
Versorgung (§
14 Abs.
4 Nr.
4 SGB XI) benötigen; der gesamte Pflegebedarf muss mindestens fünf Stunden (= 300 Minuten), die Grundpflege davon mindestens vier
Stunden (= 240 Minuten) betragen.
Der zeitliche Umfang der notwendigen Hilfe ist, weil naturwissenschaftliche Erkenntnismöglichkeiten, die eine exakte Bemessung
des Zeitbedarfes für einzelne Verrichtungen ermöglichen könnten, in der Regel nicht existieren und standardisierte Zeiten
oder Erfahrungswerte im Hinblick auf die jeweiligen individuellen Verhältnisse allenfalls einen Anhaltspunkt zur Ermittlung
des Zeitaufwandes geben können, durch Schätzung entsprechend §
287 ZPO an Hand der zur Verfügung stehenden medizinischen Feststellungen (z.B. Begutachtungsergebnisse medizinisch-pflegerischer
Sachverständiger) zu bestimmen (vgl. BSG SozR 3 - 2500 § 53 Nr. 7). Dabei orientiert sich das Gericht an den Zeitvorgaben der Richtlinien der Spitzenverbände der Pflegekassen zur Begutachtung
von Pflegebedürftigkeit nach dem XI. Buch des Sozialgesetzbuches - BRi (Begutachtungsrichtlinien - BRi) vom 21. März 1997
in der Fassung der Ergänzung vom 11. Mai 2006 sowie der BRi vom 8. Juni 2009, hier jeweils Abschnitt F "Orientierungswerte
zur Pflegezeitbemessung für die in § 14 SGB X genannten Verrichtungen der Grundpflege", ohne letztlich daran gebunden zu sein (vgl. BSG Breithaupt 2001, S. 120 ff.).
Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen
haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist, der Verwaltungsakt aufzuheben.
5. In Anwendung dieser Grundsätze ist festzustellen, dass im Vergleich zu der Pflegesituation, wie sie noch zum Zeitpunkt
der Gewährung der Pflegestufe I aufgrund der gerichtlichen Entscheidung im August 2008 bzw. im Januar 2004 (Pflegestufe I)
bestand, ist wie von der Beklagten anerkannt eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes, vor allem auch auf
psychiatrischem Fachgebiet, eingetreten. Dies rechtfertigt die Gewährung der Pflegestufe II ab Februar 2009, nicht der Pflegestufe
III.
Insgesamt ist der Pflegebedarf der Klägerin nach den überzeugenden Gutachten des MDK und des Dr. H. verursacht durch die hochgradige
psychogene Gangstörung, die Bewegungsstörung im Rahmen eines Konversionssyndroms, den Bandscheibenvorfalls HWK 5/6 mit inkompletter
Tetraparese und durch Panikattacken, die Harninkontinenz, das chronifizierte Schmerzsyndrom, die Sehminderung beidseits, den
Tinnitus beidseits, des WS-Syndroms und der Migräne der Klägerin. Insoweit folgt der Senat den überzeugenden, auf Grund von
Hausbesuchen vor Ort erstellten Gutachten, welche den Sachverhalt vollständig erfassen und eine schlüssige, in sich widerspruchsfreie
Wertung enthalten. Danach sind Hilfen in Form von Unterstützung oder teilweiser Übernahme erforderlich wie folgt:
Körperpflege: 62
Ganzkörperwäsche
Teilwäsche Oberkörper 3
Teilwäsche Unterkörper 8
Teilwäsche Hände/Gesicht 5
Duschen Baden 25
Zahnpflege 6
Kämmen 4
Rasieren
Wasserlassen
Stuhlgang
Richten der Bekleidung 5
Inkontinenzprodukte-Wechsel 6
Wechseln v. Windeln/Wasserlassen
Wechsel v. Windeln/Stuhlgang
Wechseln kleiner Vorlagen
Wechseln/Entleeren Urinbeutel
Wechseln/Entleeren Stomabeutel
Ernährung: 17
Mundgerechte Zubereitung 11
Nahrungsaufnahme oral 6
Nahrungsaufnahme Sonde
Mobilität: 76
Aufstehen/Zu-Bett-Gehen 4
Umlagern Ankleiden gesamt 8
Ankleiden Ober-/Unterkörper 4
Entkleiden gesamt 4
Entkleiden Ober-/Unterkörper 1
Stehen 5
Gehen 20
Badewannentransfer 1
Treppensteigen 12
Verl./Wiederaufsuchen Wohnung 17
Gesamt Grundpflege: 155
Hauswirtschaftl. Versorgung: 60
Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson - hier der Bevollmächtigte
der Klägerin - für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss nach §
15 Abs.
3 Nr.
3 SGB XI wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe III mindestens fünf Stunden betragen, hierbei müssen auf die Grundpflege
mindestens vier Stunden entfallen. Dies ist zwar nach subjektiver Auffassung der Klägerin und ihrem Bevollmächtigte, welche
in den Pflegetagebüchern dokumentiert ist, der Fall. Diese subjektive an subjektiven Maßstäben ausgerichtete Sicht ist jedoch
widerlegt durch die nach Hausbesuchen erstellten Gutachten des MDK und des gerichtlich bestellten Sachverständigen Dr. H.,
welche nicht subjektive Maßstäbe anwenden, sondern sich an die Begutachtungsrichtlinien halten. Aus diesen ergeben sich verlässliche
Größen für den Zeitbedarf in der Pflege. Danach ergibt sich ein täglicher Hilfebedarf der Klägerin in der Grundpflege von
155 Minuten laut dem überzeugenden erstinstanzlichen Gutachten des Dr. H. einschließlich ergänzender Stellungnahme. Selbst
wenn bei der ein oder anderen Verrichtung noch ein gewisser Zeitbedarf hinzuaddiert werden würde, ergibt sich ein überzeugender
nachweisbarer Hilfebedarf von deutlich unter 240 Minuten. In diesen Feststellungen ist eine weitere Änderung oder Verschlechterung
nicht erkennbar. Dazu fehlt es an Hinweisen in der medizinischen Dokumentation, in den Erkenntnisquellen der Beklagten und
auch im eigenen Vorbringen der Klägerin. Diese stützt sich in der Berufung im Wesentlichen auf bereits Vorgetragenes und verlangt
zuletzt ein Reset, dh ein Zurückgehen auf den Ausgangspunkt des Rechtsstreites und damit nicht die Berücksichtigung von neuen
Entwicklungen. In Würdigung des Standes der Erkenntnisse sowie des Beteiligtenvorbringens ist daher zu weiterer Sachaufklärung
von Amtes wegen nichts Veranlassendes erkennbar.
Aufgrund der erklärten Weigerung der Klägerin und ihres Bevollmächtigten, sie duldeten keine weitere Begutachtung durch Hausbesuch,
sind weitere Ermittlungen von Amts wegen zudem verunmöglicht. Auf die Mitwirkungspflicht sowie -last einschließlich eventueller
Folgen im Falle weiterer Nichtmitwirkung nach §
103 S. 1 HS 2
SGG war die Klägerin mit nachweislich zugestelltem Gerichtsschreiben vom 14. Januar 2016 ausdrücklich hingewiesen worden. Die
Folgen mangelnder Mitwirkung hat in der Folge die Klägerin selbst zu tragen. Diese ergeben sich daraus, dass eine (weitere)
Begutachtung vor Ort nicht möglich ist, so dass den von der Klägerin vorgebrachten Einwendungen nicht durch die Einholung
eines weiteren Gutachtens nachgegangen werden konnte.
Die Einholung eines Gutachtens nach Aktenlage ist weder zielführend noch anderweitig sachlich veranlasst. Denn die eingeholten
Gutachten beweisen auf der auch für ein Aktenlagegutachten relevanten Tatsachengrundlage durchgehend die Voraussetzungen der
Pflegestufe II und nicht der Pflegestufe III. Ein abweichendes Ergebnis wäre allenfalls nach einer neuen Begutachtung der
Klägerin im konkreten Wohnumfeld abstrakt als Möglichkeit vorstellbar; dieses aber hat die Klägerin trotz Folgenhinweises
verunmöglicht. Darüber hinaus sind aber auch keine konkreten Anhaltspunkte erkennbar, dass eine Zunahme des Pflegebedarfs
vorliegen könnte, weil weder die medizinische Dokumentation, noch die Erkenntnisquellen der Beklagten noch das eigene Vorbringen
der Klägerin von einer wesentlichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes zeugen. Darüber hinaus hat die Klägerin sämtliche
vom Senat als mögliche Gutachter benannte Personen ohne sachlichen Grund ausdrücklich abgelehnt und zwar auch für die Erstellung
eines Gutachtens nach Aktenlage.
Eine persönliche Anhörung des Dr. H. in der mündlichen Verhandlung ist nicht geboten, weil dieser zu den Einwendungen der
Klägerin bereits mehrfach überzeugend Stellung bezogen hat. Konkrete neue Gesichtspunkte, die eine Anhörung des Dr. H. erfordern
würden, sind weder von der Klägerin vorgebracht noch sonst ersichtlich ...
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag, es bestehe besonderer Aufsichtsbedarf durch die Pflegeperson wegen Suizidgefahr.
Der insoweit geltend gemachte Bedarf ist jedoch nicht überzeugend oder nachvollziehbar, weil dieser auch den zeitlichen Bedarf
der allgemeinen Aufsicht umfasst. Eine allgemeine Aufsicht, also zu überwachen, ob die erforderlichen Verrichtungen des täglichen
Lebens ordnungsgemäß ausgeführt werden, und die zu Pflegenden - auch wiederholt - zu bestimmten Handlungen aufzufordern ist
nicht mit einer nennenswerten Beanspruchung der Pflegeperson verbunden BSG, Beschluss vom 8. Mai 2001, Az.: B 3 P 4/01 B). Ein Beaufsichtigungsbedarf wäre nur zu berücksichtigen, wenn die Pflegeperson dabei nicht nur verfügbar und einsatzbereit,
sondern durch die notwendigen Aufsichtsmaßnahmen - wie bei der Übernahme von Verrichtungen - auch zeitlich und örtlich in
der Weise gebunden ist, dass sie vorübergehend an der Erledigung anderer Dinge gehindert ist, denen sie sich widmen würde
bzw. könnte (z.B. Arbeiten aller Art im Haushalt oder Freizeitgestaltung), wenn die Notwendigkeit der Hilfeleistung nicht
bestünde (BSG SozR 3-3300 § 14 Nr. 5 und SozR 3-3300 § 14 Nr. 6). Dementsprechend wäre eine Beaufsichtigung und Kontrolle bei der Nahrungsaufnahme nur insoweit relevant, als sie von
einer solchen Intensität wäre, dass die Pflegeperson praktisch an der Erledigung anderer Aufgaben gehindert ist bzw. diese,
wenn auch möglicherweise nur kurzzeitig, unterbrechen muss, die Hilfe also über das - gewissermaßen "nebenbei" erfolgende
- bloße "Im-Auge-Behalten" des Pflegebedürftigen und das nur vereinzelte, gelegentliche Auffordern bzw. Ermahnen hinausgeht
(BSG SozR 3-3300 § 14 Nr. 7). Dafür fehlt es vorliegend an Anhaltspunkten. Pflegebedarf von Menschen mit psychischen Erkrankungen, der nicht konkret
im Zusammenhang mit einer der im Katalog des §
14 Abs.
4 SGB XI abschließend aufgeführten Verrichtungen anfällt, ist zudem im Rahmen der §§
14,
15 SGB XI nicht zu berücksichtigen (BSG SozR 3-3300 § 14 Nrn. 5, 6, 8 und 10; BSG SozR 3-3300 § 15 Nrn. 1 und 8; BSG SozR 3-3300 § 43 a Nr. 5). Zudem hat Dr. H. hat in seiner zweiten Stellungnahme darauf hingewiesen, dass er davon ausgegangen ist, dass die
Pflege so durchgeführt wird, dass die Ressourcen der zu Pflegenden berücksichtigt werden und dass sie unter Beaufsichtigung
bzw. Anleitung soweit wie möglich selbst aktiv sein kann, wie dies dem Bild einer aktivierenden Pflege entspricht. Nur Zeiten
der allgemeinen Beaufsichtigung hat er, wie oben dargelegt zutreffend, nicht angerechnet. Dem schließt sich der Senat an.
Dabei verkennt auch der Senat nicht, dass es bei dem Krankheitsbild der Klägerin, die gerade auch psychisch labil ist, zu
Schwankungen kommt. Ein Zeitansatz für das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung wegen der Krankengymnastik war ab dem
Zeitpunkt, als die Krankengymnastik nicht mehr außer Haus durchgeführt wurde, nicht mehr anzusetzen. Dr. H. setzte deshalb
nur 17 Minuten für Arztbesuche außer Haus an. Der MDK berücksichtigte weitere 13 Minuten bzgl. der Krankengymnastik. Addiert
man diese zu den festgestellten 155 Minuten, ergeben sich 168 Minuten. Selbst bei Berücksichtigung von einem Durchschnittswert
der besonderen Beaufsichtigung der Klägerin infolge der psychischen Erkrankung sowie von Zeiten der Krankengymnastik, welche
denen der externen Krankengymnastik entsprechen, führen bei Weitem nicht zur Erfüllung der Pflegestufe III.
Auch im Übrigen sind die Voraussetzungen der Pflegestufe III nicht erkennbar. Insoweit folgt der Senat auch den überzeugenden,
auf Grund von Hausbesuchen vor Ort erstellten Gutachten des MDK sowie des Dr. H., welche den Sachverhalt vollständig erfassen
und eine schlüssige, in sich widerspruchsfreie Wertung enthalten. Dazu schließt sich der Senat den zutreffenden Feststellungen
und überzeugenden Wertungen des Erstgerichts und weist die Berufung gem. §
153 Abs.
2 SGG aus den zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts zurück. Der Weg nach §
153 Abs.
2 SGG ist dabei möglich, weil entgegen der Rügen der Klägerin kein Verstoß gegen das Gebot des rechtlichen Gehörs durch das Sozialgericht
zu erkennen ist. Insbesondere war gemäß §
105 SGG war wegen der unzweifelhaften Gutachtenslage eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid eröffnet. Gründe für eine Zurückverweisung
an das Sozialgericht bestehen nicht.
Die Berufung der Klägerin bleibt damit vollumfänglich ohne Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG. Eine Kostenquotelung ist im Hinblick auf den geringen Erfolg der Klage im Zusammenhang mit dem Teilanerkenntnis nicht vorzunehmen.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß §
160 Abs.
2 Nrn. 1 und 2
SGG liegen nicht vor.