Gründe:
I.
Die Klägerin wendet sich gegen einen Bescheid, mit welchem die Beklagte im Statusfeststellungsverfahren festgestellt hat,
dass der Beigeladene zu 1. in seiner Tätigkeit als Arzt für die Zeit ab dem 01. Oktober 2015 bis zum 31. Dezember 2015 im
Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung,
der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt.
Die klägerische GmbH betreibt als Trägerin in B-Hf ein medizinisches Versorgungszentrum (MVZ, "MVZ A H B").
Der Beigeladene zu 1. ist Facharzt für Innere Medizin. Bis zum 31. Dezember 2015 war er im Arztregister der Kassenärztlichen
Vereinigung (KV) Berlin, ab dem 01. Januar 2016 ist er im Arztregister der KV Brandenburg eingetragen. Er übernahm zum 01.
Januar 2016 eine Hausarztpraxis in Hoppegarten.
Die Klägerin schloss mit dem Beigeladenen zu 1. am 11. September 2015 eine Vereinbarung über seinen Einsatz als Facharzt für
Innere Medizin, befristet für die Zeit vom 01. Oktober 2015 bis zum 31. Dezember 2015 folgenden Inhalts:
" § 1 Vertragsgegenstand
(1) Die Aufgabe des Arztes nach diesem Vertrag umfasst den Einsatz als Facharzt für Innere Medizin. Leistungsort ist das H
MVZ B-H. Der Arzt nimmt bei der Erbringung seiner Leistungen die Räume, die Einrichtung und das Personal des MVZ in Anspruch.
Die Leistungen werden durch den Arzt eigenverantwortlich erbracht.
(2) Der Arzt wird bei der Erbringung der Leistungen die Anforderungen und allgemeinen Behandlungsleitlinien des MVZ beachten
und einhalten. Ferner wird der Arzt die geltende Hausordnung und die allgemeinen Dienstzeiten, welche für das MVZ maßgeblich
sind, einhalten. Zwischen den Vertragsparteien wird eine Abstimmung und Koordinierung hinsichtlich des Einsatzes stattfinden."
§ 2 Rechtliche Stellung des Arztes
(1) Der Arzt steht zum MVZ weder in einem Anstellungsverhältnis noch in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis. Es handelt
sich um eine Honorartätigkeit, wobei der Arzt weder gegenüber dem Leiter des MVZ, noch anderen Mitarbeitern des MVZ weisungsgebunden
ist. Er ist in seiner medizinischen Verantwortung unabhängig und trägt die alleinige ärztliche Verantwortung für seine Patienten/-innen.
Gegenüber dem nachgeordneten nichtärztlichen Personal besteht bei der Behandlung der Patienten/-innen ein Weisungsrecht.
(2) Der Arzt verpflichtet sich, jegliche steuerlichen und versicherungspflichtigen Ab-gaben selbstständig zu gewährleisten.
Er stellt das MVZ diesbezüglich von etwaigen Forderungen Dritter frei.
§ 3 Vergütung der ärztlichen Leistungen
(1) Der Arzt erhält für seine Tätigkeit ein Honorar i.H.v. 100,00 EUR pro erbrachter Stunde an Leistung, weitere anfallende
Unkosten werden nicht erstattet.
(2) Der Arzt ist verpflichtet, einen Nachweis über die erbrachten Stunden zu führen.
(3) die Rechnungsstellung erfolgt bis spätestens einen Monat nach Ablauf des Einsatzes. Abgerechnet wird je angefangene Ein-Viertelstunde.
Der Rechnungsbetrag ist 14 Tage nach Empfang der Rechnung ohne Abzüge zur Zahlung fällig und wird auf ein vom Arzt zu benennendes
Konto überwiesen.
§ 4 Zeitpunkt der Leistungserbringung, Verhinderung, Schweigepflicht
(1) Der Arzt legt im Einvernehmen mit dem MVZ fest, zu welchen Zeiten er seine Leistungen erbringt. Er ist bis maximal 32
Stunden monatlich im MVZ tätig.
(2) Er verpflichtet sich, von allen Verhinderungen bei der Leistungserbringung spätestens zwei Wochen vor dem Zeitpunkt der
Verhinderung, bei unvorhersehbarer Verhinderung unverzüglich, dem MVZ Mitteilung zu machen.
(3) Der Auftragnehmer verpflichtet sich, über alle Angelegenheiten, deren Vertraulichkeit ihrer Natur nach erforderlich oder
ausdrücklich vorgeschrieben ist, Verschwiegenheit zu bewahren, und zwar auch nach Beendigung dieses Vertrages.
§ 5 Haftung
Die Tätigkeit des Arztes im MVZ ist vom Versicherungsschutz der Betriebshaftpflichtversicherung des MVZ erfasst. Das MVZ stellt
den Arzt insoweit von allen Schadensersatzansprüchen Dritter aus seiner Tätigkeit aus diesem Vertrag frei.
§ 6 Laufzeit und Verlängerung
§ 7 Schlussbestimmungen "
Das MVZ teilte der KV Berlin die Vertretung durch den Beigeladenen zu 1. für die Ärzte A L und R R mit, als Vertretungsgrund
gab sie "Urlaub" an. In der Zeit vom 1. Oktober 2015 bis zum 31. Dezember 2015 war der Beigeladene zu 1. außerdem im Rahmen
einer Praxisvertretung an einzelnen Tagen tätig, die Einnahmen aus dieser Tätigkeit beliefen sich auf insgesamt 5.350,00 EUR.
Mit insgesamt drei Rechnungen stellte der Beigeladene zu 1. der Klägerin für den Zeitraum vom 7. Oktober bis 14. Oktober,
1. November bis 27. November sowie 2. Dezember bis 16 Dezember 2015 jeweils die Summe von 3.200,00 EUR für jeden Zeit-raum
in Rechnung. Er berechnete dabei insgesamt 32 Stunden zu 100,00 EUR.
Der Beigeladene zu 1. beantragte am 9. Dezember 2015 bei der Beklagten die Durchführung einer Statusfeststellung für seine
bei der Klägerin vom 1. Oktober 2015 bis 31. Dezember 2015 ausgeübte Tätigkeit als Honorararzt. Er begehrte festzustellen,
dass eine Beschäftigung nicht vorliegt.
Nach Anhörung der Klägerin und des Beigeladenen zu 1. stellte die Beklagte mit Bescheid vom 25 Mai 2016 in der Fassung des
Bescheides vom 28. Januar 2020 fest, dass der Beigeladene zu 1. bei der Klägerin in der Zeit vom 1. Oktober 2015 bis zum 31.
Dezember 2015 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses tätig war. In diesem bestehe Versicherungspflicht in
der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung, die Versicherungspflicht beginne am
1. Oktober 2015.
Den dagegen erhobenen Widerspruch Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchs-bescheid vom 24. Januar 2017 zurück.
Die dagegen erhobene kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage der Klägerin vom 16. Februar 2017 hat das Sozialgericht
Berlin nach Beiladung mit Urteil vom 8. Mai 2018 abgewiesen. Dass die Beteiligten keine Regelungen zum Urlaub oder einer Entgeltfortzahlung
im Urlaub oder im Krankheitsfall getroffen hätten, dokumentiere nur ihren Willen, eine abhängige Beschäftigung auszuschließen,
wie er sich auch aus § 2 der Vereinbarung ergebe. Der Beigeladene zu 1. habe nicht über eine eigene Betriebsstätte verfügt
und sei kein generelles Risiko bezüglich der Praxisräume eingegangen. Für seine Beschäftigung spreche vor allem seine Eingliederung
in den Betrieb der Klägerin. So habe sie als Inhaberin des MVZ ihm die Patienten zu-gewiesen, bei denen er dann Echokardiografien
vorzunehmen und zu befunden gehabt habe. Die Termine für die Patienten seien von der Klägerin vorgegeben gewesen. Bereits
diese Zuweisung inklusive der Vorbereitung der Patienten durch das Praxispersonal der Klägerin spreche für eine Eingliederung
in den laufenden Betrieb. Darüber hinaus habe er sich auch bei der Festlegung seiner Dienstzeiten an der Raumbelegung orientieren
müssen, habe seine Tätigkeit nur in den Zeiten vornehmen können, in denen die Räume nicht durch anderes Personal der Klägerin
belegt gewesen seien. Nach dem Eindruck der Kammer sei er auch den Patienten gegen-über als Mitarbeiter der Klägerin aufgetreten.
Zwar habe weder nach den Vereinbarungen noch tatsächlich eine Weisungsbefugnis bestanden, dies spreche jedoch nicht durchgreifend
gegen die Eingliederung, sondern sei der Art der ärztlichen Tätigkeit geschuldet. Eine Eigenverantwortlichkeit sowie inhaltliche
Freiheit, welche er damit eigennützig zur Steigerung seiner Verdienstchancen hätte einsetzen können, sei damit nicht verbunden
gewesen. Er habe seinen Verdienst nur durch Behandlung von mehr Patienten und Abrechnung von Mehrstunden steigern können,
nicht etwa durch die Auswahl der Behandlungsmethoden. Sein Verdienst sei nicht von der Höhe des in Rechnung gestellten Honorars
abhängig gewesen, sondern allein von seiner geleisteten Arbeitszeit. Auch habe er keine eigenen Arbeitsmittel einsetzen müssen.
Vor allem habe ihn kein nennenswertes Unternehmerrisiko getroffen. Er sei für seine gesamte Arbeitsleistung von der Klägerin
vergütet worden, habe weder die Abrechnungen erstellen noch den Eingang der Zahlungen überwachen müssen. Sein Unternehmerrisiko
habe sich damit wesentlich von jenem unterschieden, das etwa die Klägerin als Betreiberin des MVZ getragen habe, die die erforderlichen
Untersuchungsgeräte und damit erhebliche Investitionen getätigt habe. Allein sie habe z.B. auch monatlich feste Aufwendungen
für das das Praxispersonal zu tragen gehabt. Außerdem sei der Beigeladene zu 1. nicht werbend am Markt aufgetreten. Allein
die Tatsache, dass das vereinbarte Stundenentgelt oberhalb des Arbeitsentgelts eines vergleichbar Beschäftigten gelegen habe,
sei nur als ein Umstand unter mehreren im Rahmen der Gesamtabwägung zu berücksichtigen. Aus dem Vorliegen der abhängigen Beschäftigung
folge die Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung. Die Feststellungsklage sei im Hilfsantrag, mit dem
die Klägerin eine Verpflichtung zur Neubescheidung begehre, bereits unzulässig, denn es liege keine Ermessensentscheidung
der Beklagten vor.
Gegen das ihr am 08. Juni 2018 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 29. Juni 2018 Berufung eingelegt. Der Beigeladene zu
1. habe seine Tätigkeit bei der Klägerin aufgrund von vertragsärztlichen Vorschriften weisungsfrei und selbständig sowie höchstpersönlich
erbringen müssen. Nur so sei die Klägerin in der Lage gewesen, ihren vertragsärztlichen Vorschriften aus dem Sozialgesetzbuch/Fünftes
Buch (
SGB V) und der vertragsärztlichen Zulassungsverordnung nachzukommen. Insoweit unterscheide sich der Fall auch von denjenigen, welche
das BSG am 04. Juni 2019 entschieden habe, dort sei es um die Tätigkeit von Honorarärzten im Krankenhaus gegangen. Der Beigeladene
habe eine Tätigkeit i.S. des § 32 Ärzte-ZV erbracht. Es liege kein Unterschied zum Vertretungsarzt in einer Vertragsarztpraxis vor. Vertrags-ärztlich sei inzwischen
anerkannt, dass es unerheblich sei, ob und inwieweit der Vertretungsarzt Arbeitsmittel und Personal des zu vertretenden Arztes
nutze. Es sei im Schrifttum zum vertragsärztlichen Zulassungsrecht anerkannt, dass es sich um einen Dienstvertrag und nicht
um ein Arbeitsverhältnis handele. Es müsse auf das Berufsbild des "Arztes" abgestellt werden. Dieser lasse sich nicht in ein
Beschäftigungsverhältnis "pressen", sondern übe die Tätigkeit freiberuflich aus. Das gelte auch für den Beigeladenen zu 1.
Für die Tätigkeit als Notarzt sei §
23c Sozialgesetzbuch/Viertes Buch (
SGB IV) entsprechend geändert worden. Diese Überlegung habe das LSG Baden-Württemberg z.B. für einen Arzt berücksichtigt, der in
einer Rehabilitationsklinik tätig sei. Es gebe keinen Unterschied zur Situation eines Vertretungsarztes der in einer "privaten"
Vertragsarztpraxis Vertretungen durchführe und dazu auch das Personal und Equipment der dortigen Praxis nutze. Auch sei die
Höhe des Honorars ein gewichtiges Indiz für die selbständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. Auf die Frage, ob er werbend
am Markt aufgetreten sei, könne angesichts der für Ärzte strikten Werbevorschriften des Berufsrechts nicht abgehoben werden.
Zudem sei in Rechnung zu stellen, dass Ärzte - wie auch Rechtsanwälte - der Außenwerbung gar nicht bedürften. Auch unterscheide
sich die Inanspruchnahme von Ressourcen des MVZ durch den Beigeladenen zu 1. nicht von der Inanspruchnahme eines eine Klinik
vertretenden Rechtsanwaltes.
Der neue Bescheid der Beklagten vom 28. Januar 2020 sei auch fehlerhaft, weil die Beklagte nicht feststellen dürfe, dass eine
Versicherungspflicht "aufgrund abhängiger Beschäftigung" bestehe.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Berlin vom 08. Mai 2018 und der Bescheide vom 25. Mai 2016 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 24. Januar 2017 in der Fassung des Bescheids vom 28. Januar 2020 festzustellen, dass der Beigeladene
zu 1. bei seiner Tätigkeit bei der Klägerin nicht abhängig beschäftigt war und auch nicht der Versicherungspflicht in der
Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung fänden auf sämtliche Tätigkeiten,
damit auch auf Ärzte, Anwendung. Es könne daher nicht ausschließlich auf das ärztliche Berufsbild (im Wandel) abgehoben werden,
sondern auf eine Gesamtschau aller Indizien. So bestimme nicht allein der Wille der Vertragsparteien darüber, ob eine Beschäftigung
vorliege oder nicht, sondern die tatsächlichen Umstände der Leistungserbringung.
Die Beigeladenen stellen keine Anträge.
Der Beigeladene zu 1. hat darauf hingewiesen, dass er einen Stundenlohn erhalten habe, der fast das Dreifache des vorher im
Angestelltenverhältnis erhaltenen Lohnes bedeutet habe.
Der Senat hat die KVen Berlin und Brandenburg jeweils zu den vertragsärztlichen Umständen der Dienstleistung des Beigeladenen
zu 1. im MVZ der Klägerin befragt. Die KV Brandenburg hat mitgeteilt, dass der Beigeladene zu 1. im Quartal IV/2015 nicht
in das Arztregister der KV Brandenburg eingetragen gewesen sei, dies sei zum 01. Januar 2016 erfolgt. Ab diesem Zeitpunkt
sei er als hausärztlicher Internist mit vollem Versorgungsauftrag tätig. Die KV Berlin hat mitgeteilt, er sei vom MVZ für
die streitige Zeit als Urlaubsvertretung gemeldet worden.
Der Senat hat mit Beschluss vom 22. März 2019 das Ruhen des Verfahrens im Hin-blick auf mehrere beim Bundessozialgericht (BSG) anhängige Revisionen zur Frage der Versicherungspflicht von Honorarärzten angeordnet.
Der Senat hat den Beteiligten am 22. Oktober 2019 mitgeteilt, im Hinblick auf die BSG-Urteile zu den Honorarärzten (04. Juni 2019) über die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden.
Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des Verwaltungsvorgangs
der Beklagten Bezug genommen, der, soweit wesentlich, Gegenstand der Entscheidungsfindung war.
II.
Der Senat darf über die Berufung nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss entscheiden, weil er sie einstimmig für unbegründet
und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§
153 Abs.
4 Satz 1 und
2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Die Berufung ist zulässig (§§
143,
144,
151 SGG). Sie ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
1. Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist auch der Bescheid der Beklagten vom 28. Januar 2020. Dieser wird nach §
153 Abs.
1 SGG i.V.m. §
96 Abs.
1 SGG Gegenstand des Verfahrens, da er die angefochtene Entscheidung der Beklagten abändert.
2. In der Sache nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen nach eigener Sachprüfung auf die zutreffenden Gründe der
angefochtenen Entscheidung Bezug (§
153 Abs.
2 SGG). Dort wird die Sache vollständig und überzeugend gewürdigt. Zu ergänzen bleibt, insbesondere unter Berücksichtigung der
neun Urteile des BSG vom 04. Juni 2019 (B 12 R 11/18 R, B 12 R 2/18 R, B 12 R 10/18 R, B 12 R 12/18 R, B 12 R 14/18 R, B 12 R 20/18 R, B 12 KR 14/18 R, B 12 R 22/18 R, B 12 R 5/19 R): Das Bundessozialgericht hat in den o.g. Entscheidungen zu honorarärztlichen Tätigkeiten im Krankenhaus ausgeführt, dass
für die Beurteilung im Rahmen des maßgeblichen §
7 SGB IV die für eine Beschäftigung allgemein geltenden Maßstäbe Anwendung finden und keine im Vergleich zu anderen Tätigkeiten abweichenden
Maßstäbe gelten. Die Abgrenzung zwischen Beschäftigung und Selbständigkeit hat nicht abstrakt für bestimmte Berufs- und Tätigkeitsbilder
zu erfolgen, sondern anhand der konkreten Umstände des individuellen Sachverhalts. Auch für die Tätigkeit von Honorarärzten
im Krankenhaus gelten danach keine abweichenden Maßstäbe. Es spielt insbesondere keine Rolle, ob nach der Verkehrsanschauung
anerkannt ist, dass diese selbständig tätig sein können (zu einer Anästhesistin im Krankenhaus ausgeführt mit Urteil vom 4.
Juni 2019, B 12 R 11/18 R, zitiert nach juris, dort Rn. 14 ff.; für den Arzt im Bereitschaftsdienst einer Rehabilitationsklinik ausgeführt in B 12 R 2/18 R Rn. 15 ff. ).
Dieser Rechtsprechung schießt der Senat sich nach eigener Sachprüfung ausdrücklich an. Sie steht auch im Ergebnis widerspruchsfrei
neben seiner eigenen jüngeren Rechtsprechung zur Versicherungspflicht z.B. von stationären Pflegekräften (vgl. Urteil vom
30. Januar 2019, L 9 KR 163/16, zitiert nach juris, dort Leitsatz 1).
3. Maßgeblich ist danach im Rahmen des §
7 SGB IV eine Gesamtabwägung der Merkmale, die für und gegen eine Beschäftigung sprechen.
a) In den Blick zu nehmen ist das Dienstleistungsverhältnis in seiner tatsächlichen Durchführung nach Abschluss der Vereinbarung
zwischen den Vertragsparteien. Ausgangspunkt sind die schriftlichen Vereinbarungen zwischen den Beteiligten, deren Vereinbarkeit
mit zwingendem Recht zu prüfen ist. Daneben ist zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind und schließlich
ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen (BSG, Urteil vom 04. Juni 2019 - B 12 R 2/18 R Rn. 14).
Ausgehend davon hat sich der Beigeladene zu 1. für die Zeit vom 01. Oktober 2015 bis zum 31. Dezember 2015 vertraglich verpflichtet,
in diesem zusammenhängenden Zeitraum monatlich bis zu 32 Stunden ärztliche Dienstleistungen in den Räumlichkeiten der Klägerin
zu erbringen. Dazu hat er vor Beginn des jeweiligen Monats mit der leitenden medizinischen Fachangestellten der Klägerin die
konkreten einzelnen Dienstzeiten abgesprochen und so die Leistungspflicht konkretisiert. Maßgebend ist für die Frage der Versicherungspflicht,
wie die Ausführung der einzelnen Einsatzzeiten ausgestaltet war (BSG, aaO, Rn. 17 m.w.N.).
b) Ausgehend von obigen Grundsätzen haben die Vertragsparteien mit ihrer Vereinbarung einen freien Dienstvertrag begründen
wollen, was u.a. in § 2 explizit zum Ausdruck kommt und sich auch aus den gewählten Begrifflichkeiten ersehen lässt. Innerhalb
der Gesamtabwägung kommt dem Willen aber dann keine überragende Bedeutung zu, wenn die übrigen Indizien für eine abhängige
Beschäftigung streiten. Zu berücksichtigen ist schließlich, ob Divergenzen zwischen der formellen Vereinbarung und der Vertragsdurchführung
bestehen, die gelebte Praxis geht dann der formellen Vereinbarung grundsätzlich vor (BSG, aaO, Rn. 20).
Der Beigeladene zu 1. war während seiner Dienste für die Klägerin weisungsabhängig und in ein fremdes Unternehmen eingegliedert.
Er hatte nur ein untergeordnetes Unternehmerrisiko. Eine Selbständigkeit folgt schließlich nicht aus den regulatorischen Vorgaben
des Vertragsarztrechts für das MVZ oder speziell die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1.
aa) Der Beigeladene zu 1. unterlag trotz der vertraglichen Vereinbarung, wonach er weder gegenüber dem Leiter des MVZ, noch
anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern weisungsgebunden sein sollte (so § 2 Abs. 1 der Vereinbarung) einem Weisungsrecht.
Denn er hat - nach seinem eigenem Bekunden im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht zu den Abläufen der
Vertragsdurchführung - bei dem jeweils verabredeten Dienst die Patienten behandelt, die das MVZ zu diesen Terminen einbestellt
hatte. Zumindest diese wurden ihm (einseitig) von dem MVZ zugewiesen. § 2 Abs. 1 der Vereinbarung steht dem nicht entgegen.
Die Vereinbarung berücksichtigt, dass die ärztliche Tätigkeit an sich, vor allem im Kranken-haus, Besonderheiten aufweist.
Ärzte handeln bei medizinischen Heilbehandlungen und Therapien grundsätzlich frei und eigenverantwortlich. In diesem Sinne
gewähr-leistete § 2 Abs. 1 der Vereinbarung, dass der Beigeladene zu 1. fachlich weisungs-frei seine ärztliche Tätigkeit ausüben
konnte. Diese fachliche Weisungsfreiheit kann von vornherein nicht ohne weiteres als ausschlaggebendes Abgrenzungsmerkmal
herangezogen werden. Zumindest kann aus ihr nicht ohne weiteres auf eine selbständige Tätigkeit geschlossen werden (BSG, aaO, Rn. 21). Darüber hinaus war der Beigeladene zu 1. auch fachlich nicht gänzlich frei, sondern aus § 1 Abs. 2 der Vereinbarung
verpflichtet, die allgemeinen Behandlungsleitlinien des MVZ zu befolgen.
bb) Hinzu kommt, dass der Beigeladene zu 1. mit seiner ärztlichen Tätigkeit jeden-falls in ein fremdes, nicht sein eigenes
Unternehmen eingegliedert war. Weisungsabhängigkeit und Eingliederung stehen weder in einem Rangverhältnis zueinander noch
müssen sie kumulativ vorliegen. Eine Eingliederung geht nicht zwingend mit einem umfassenden Weisungsrecht einher (für die
ärztliche Tätigkeit im Krankenhaus ausgeführt von: BSG, Urteil vom 04. Juni 2019 - B 12 R 2/18 R Rn. 24). Gerade bei Hochqualifizierten oder Spezialisten kann das Weisungsrecht auf das Stärkste eingeschränkt sein, die
Dienstleistung fremdbestimmt sein, wenn sie ihr Gepräge von der Ordnung des Betriebs erhält, in dem der Dienst verrichtet
wird. Das Weisungsrecht ist dann zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert (BSG, aaO, Rn. 24). Es ist daher unschädlich, wenn die umfassende Weisungsabhängigkeit nicht gegeben ist, sofern die Tätigkeit
vollständig fremdbestimmt innerhalb eines vorgegebenen organisatorischen Betriebsablaufs erfolgt. Für die ärztliche Tätigkeit
in einem Krankenhaus hat das BSG eine solche vollständige Einbindung an-genommen. Es begründet sie u.a. damit, dass der Arzt seinen Dienst nicht anders erbrachte
als sonstige Krankenausärzte, sich während des Dienstes in der Klinik auf-halten musste, mit dem übrigen Personal arbeitsteilig
zusammengearbeitet hat und dazu die Infrastruktur der Klinik nutzte. Die Eingliederung und dienende Teilhabe besteht auch
dann, wenn Ärzte im Krankenhaus nur am Wochenende (im Bereitschaftsdienst), also nur zeitweise, tätig und nicht mit der kontinuierlichen
Patientenversorgung im Tagdienst befasst sind. Zusammenfassend stellt das BSG fest: Selbst wenn in diesem Zusammenhang das Letztentscheidungsrecht in medizinischen Fra-gen stets beim Arzt selbst gelegen
hätte, ist er dennoch in die vom Krankenhaus bereitgestellte Infrastruktur organisatorisch, personell und sachlich vollständig
eingebunden (BSG, aaO, Rn. 26).
Übertragen auf die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. im MVZ gilt im Ergebnis nichts anderes. Er war während seiner Dienstzeiten
vollständig in die vom MVZ vorgegebene Organisationsstruktur eingebunden, nutzte sämtliche Infrastruktur und gab dem nichtärztlichen
Personal im Rahmen seiner Tätigkeit Anweisungen. Er konnte die Räumlichkeiten in dem Umfang nutzen, in dem sie nicht von anderen
Ärzten des MVZ belegt waren. Er behandelte die Patienten des MVZ zu den Zeiten, zu denen diese vom MVZ einbestellt waren.
Beides stellt eine Einordnung in vorgegebene Strukturen dar, denn er konnte nicht frei entscheiden, wen er wann und wo behandelte.
Er nutzte ausschließlich die Räumlichkeiten und Gerätschaften des MVZ, damit eine für ihn fremde Infrastruktur, auf deren
Ausgestaltung er keinen Einfluss hatte. An Entscheidungen über die Anschaffung der Geräte und der sonstigen Einrichtungen
war er nicht beteiligt. Er arbeitete mit dem Personal des MVZ zusammen, diese Kräfte haben die Terminvereinbarung und Koordinierung
der Patienten während ihres Besuchs übernommen, diese auch teilweise "verkabelt", also für die Untersuchung durch den Beigeladenen
zu 1. vorbereitet. Dieser konnte dem nichtärztlichen Personal gemäß § 2 Abs. 1 Satz 4 der Vereinbarung Weisungen geben. Speziell
in der Ausübung des Weisungsrechts im Auftrag und anstelle der Klägerin als Trägerin des MVZ zeigte sich seine organisatorisch-funktionelle
Eingliederung überdeutlich. Dass er allein die Befunde erhoben, die Diagnosen gestellt und die Empfehlungen gegeben hat, entspricht
hingegen allein seiner (fach-)ärztlichen Verantwortung und ist für die Frage der Eingliederung als neutral anzusehen. Diese
Stellung kennzeichnet jeden Spezialisten.
Die übrigen Anhaltspunkte sprechen ebenfalls nicht für eine selbständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1., so dass sie die
Weisungsabhängigkeit und Eingliederung überwiegen könnten. cc) Insbesondere war der Beigeladene zu 1. keinem nennenswerten
Unternehmerrisiko ausgesetzt. Er erhielt ein feststehendes Entgelt für die geleisteten Dienste, dies war allein von der Anzahl
der geleisteten Stunden abhängig. Es war hingegen nicht davon abhängig, dass die ärztliche Leistung von Dritten (den Leistungsträgern)
auch vergütet wurde. Er unterlag somit nicht dem die selbständige Tätigkeit prägenden Risiko, für geleistete Arbeit kein (angemessenes)
Entgelt zu erhalten. Er behandelte die vom MVZ einbestellten Patienten, hatte keine Möglichkeit, durch unternehmerisches Geschick
seinen Verdienst zu erhöhen, indem er das Verhältnis von Aufwand und Ertrag zu seinen Gunsten hätte gestalten können. Das
Risiko, keine weiteren Aufträge von der Klägerin zu erhalten, ist im Hinblick darauf, dass es allein auf seine konkret für
die Klägerin ausgeübten Einsätze ankam, nicht von Bedeutung (dazu BSG, aaO, Rn. 27). Auch war er nicht an den Vorhaltekosten der Einrichtung beteiligt, so dass er Kosten unabhängig von der Auslastung
des MVZ zu tragen gehabt hätte. Vielmehr genoss er arbeitnehmertypische Rechte, weil er vom Versicherungsschutz der Betriebshaftpflicht
des klägerischen MVZ erfasst war und sogar von allen Schadensersatzansprüchen Dritter, die aus der Dienstleistung resultieren
könnten, im Innenverhältnis freigestellt war. Diese Regelung stellt ihn noch besser als einen Arbeitnehmer, dessen Freistellungsanspruch
nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Haftungsverteilung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vom Grad des
Verschuldens des Arbeitnehmers abhängig ist, der den Schaden verursacht hat (innerbetrieblicher Schadensausgleich).
Nicht von Bedeutung ist, dass der Beigeladene zu 1. nur zeitlich begrenzte Arbeitseinsätze absolvierte; auf eine verstetigte
Rechtsbeziehung kommt es für die Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung oder Selbständigkeit nicht an.
dd) Der Beigeladene zu 1. war auch nicht deshalb selbständig, weil nur eine solche Tätigkeit insbesondere den vertragsärztlichen
Vorschriften und sonstigen Rahmenregelungen entsprochen hätte. Für die Regelungen über die Erbringung und Vergütung von Krankenhausleistungen,
zur Qualitätssicherung und zum Patientenschutz hat das BSG ausgeführt, diese hätten keine zwingende, übergeordnete und determinierende Wirkung hinsichtlich des sozialversicherungsrechtlichen
Status von Honorarärzten, dies gelte auch für ein Zulassungserfordernis in der ambulanten Versorgung. Regulatorische Vorgaben
seien aber bei der Gewichtung der Indizien zu berücksichtigen (BSG, aaO, Rn. 22; BSG, Urteil vom 04. September 2018 - B 12 KR 11/17 R -, BSGE 126, 235-244, Rn. 20). Dies sieht der Senat ebenso. Die für das MVZ und den Beigeladenen zu 1. maßgeblichen regulatorischen Rahmenbedingungen
des Vertragsarztrechts, speziell des Zulassungsrechts lassen die Beschäftigung des Beigeladenen zu 1. im MVZ der Klägerin
zu. MVZ sind ärztlich geleitete Einrichtungen, in denen Ärzte als Angestellte oder Vertragsärzte tätig sind (§
95 Abs.
1 Satz 2
SGB V). Der Beigeladene zu 1. war nicht als Vertragsarzt im MVZ der Klägerin tätig, denn er war bis 31. Dezember 2015 nur in das
Arztregister der KV Berlin eingetragen, erst ab Januar 2016 hat er einen Vertragsarztsitz in Brandenburg übernommen. Er hat
in der streitigen Zeit gemäß der Meldung bei der KÄV Berlin in (Urlaubs-)Vertretung für Ärzte des MVZ gearbeitet. Der Senat
muss nicht klären, ob die von ihm konkret vertretenen Ärzte solche waren, die als Vertragsärzte im MVZ tätig und nicht ihrerseits
angestellt waren. Eine Vertretung ist für beide vertragsarztrechtlich möglich und prägt den sozialversicherungsrechtlichen
Status nicht. Speziell § 32 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) gebietet nicht, dass eine Vertretung im MVZ zwingend nur selbständig erbracht werden konnte. Diese vertragsärztliche Bestimmung
trifft vielmehr keine Vorgabe zum sozialversicherungsrechtlichen Status. Zwar bestimmt sie, dass ein Vertragsarzt seine Tätigkeit
persönlich und in freier Praxis führt (§ 32 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV). Er darf sich aber durch einen anderen Vertragsarzt oder einen Arzt, der im Arztregister eingetragen ist, bis zu drei Monate
pro Jahr (12 Monate) vertreten lassen und muss dies nur der KV anzeigen (§ 32 Abs. 1 Satz 2, Satz 4 Ärzte-ZV). Spiegelbildlich erlaubt § 32 i.V.m. § 32b Ärzte-ZV, dass ein angestellter Arzt unter denselben Voraussetzungen vertreten werden darf, auch dann, wenn er selbst in einem medizinischen
Versorgungszentrum angestellt ist (§ 1 Absatz 3 Ärzte-ZV, vgl. § 32b Abs. 6 Ärzte-ZV, in der Fassung des GKV-VSG vom 11. Juni 2015, in Kraft seit dem 25. Juli 2015, BGBl. I, 1211, BT-Drs. 18/4095, 154; Scholz
in: BeckOK, Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, § 32 Ärzte-ZV Rn. 15.1, Pawlita in: Schle-gel/Voelzke, jurisPK-
SGB V, §
95 SGB V, Rn. 109). Der Beigeladene zu 1. konnte seine Tätigkeit daher vertragsarztrechtlich sowohl als Vertreter eines einzelnen
Vertragsarztes als auch als Vertreter eines angestellten Arztes ausüben. Allerdings spricht die Tatsache, dass er nach eigener
Aussage an Abrechnungen des MVZ nicht beteiligt war und auch keine Abrechnungsziffern eingegeben hat, dafür, dass er angestellte
Ärzte des MVZ vertreten hat. Dies kann aber offen bleiben. Es kann auch offen bleiben, ob ein Praxisvertreter i.S. des § 32 Abs. 1 Ärzte-ZV, der bei Abwesenheit des Praxisinhabers in einer vertragsärztlichen Praxis weisungsfrei - anstelle und wie der Praxisinhaber
selbst - tätig ist, bereits deshalb selbständig nach dem Maß-stab des Sozialversicherungsrechts wäre. Denn ein solcher Fall
lag nicht vor. Der Beigeladene zu 1. wurde als Arzt vom MVZ, der juristischen Person, nicht von einem Vertragsarzt angestellt.
Er hat allein mit dem MVZ eine Vereinbarung geschlossen, aus der heraus er diesem gegenüber zum Dienst verpflichtet war. Er
hat sich verpflichtet als Facharzt für Innere Medizin "im MVZ als Leistungsort", nicht für einen bestimmten Vertragsarzt tätig
zu werden und hat dazu das nichtärztliche Personal des MVZ in Anspruch genommen.
Die Regelung des §
23c Abs.
2 SGB IV, die zum 11. April 2017 neu eingefügt wurde, nimmt lediglich die Einnahmen von nebenberuflich tätigen Notärzten von der Beitragspflicht
in der Sozialversicherung aus, hindert aber nicht die Versicherungspflicht. Darüber hinaus unterscheiden sich die dort benannten
notärztlichen Tätigkeiten von derjenigen des Klägers, denn die Ausnahme von der Beitragspflicht begründet der Gesetzgeber
damit, dass speziell das zusätzliche Engagement von Notärzten/Notärztinnen im Interesse der Sicherstellung einer flächendeckenden
notärztlichen Versorgung damit gefördert werden sollte (BT-Drs. 18/11205 S. 79). Daraus folgt gerade nicht, dass jede ärztliche
Aushilfs- oder Vertretungstätigkeit von der Versicherungs- oder Beitragspflicht ausgenommen sein sollte. Dies gilt unabhängig
da-von, ob speziell diese Privilegierung unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten ge-rechtfertigt werden kann (kritisch zu Recht
Segebrecht in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGB IV, §
23c SGB IV, Rn. 10.2).
ee) Die Honorarhöhe lag zwar mehr als das dreifache über dem Gehalt, welches der Beigeladene zu 1. zuvor im Angestelltenverhältnis
erzielte. Diese ist jedoch nur eines von vielen Kriterien, die in die Gesamtwürdigung einzustellen sind. Bei Überwiegen der
übrigen Indizien für die abhängige Beschäftigung führt es allein nicht zur Qualifizierung als selbständige Tätigkeit. Gleiches
gilt, soweit die Honorartätigkeit wegen eines Fachkräftemangels gewählt wurde. Die Motivation der von den Beteiligten gewählten
Vertrags- und Vergütungsform ist für die sozialversicherungsrechtliche Einordnung der Tätigkeit ohne Bedeutung. Es ist im
Übrigen für den Senat - wie auch für das BSG für die Krankenhäuser - nicht bekannt, dass allein die selbständige Tätigkeit von Honorarärzten im MVZ zur Urlaubsvertretung
für die Aufrechterhaltung der Gesundheitsversorgung unerlässlich wäre (BSG, Urteil vom 04. Juni 2019 - B 12 R 2/18 R Rn. 30/31).
4. Aus der Beschäftigung des Beigeladenen zu 1. folgt die Versicherungspflicht für die streitbefangene Zeit. Ausnahme- oder
Befreiungsvorschriften greifen nicht ein. Insbesondere lag in der streitigen Tätigkeit oder der Tätigkeit in einer weiteren
Arztpraxis keine hauptberufliche selbständige Tätigkeit vor, die nach §
5 Abs.
5 SGB V die Ausnahme von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und ihr folgend der sozialen Pflegeversicherung rechtfertigt.
Die Beklagte hat - zuletzt mit ihrem Änderungsbescheid vom 28. Januar 2020 - allein die Versicherungspflicht zutreffend festgestellt.
Soweit sie zur Begründung auf das Beschäftigungsverhältnis abhebt, ist das zulässig und stellt nicht bereits eine unzulässige
Elementenfeststellung dar (BSG, Urteil vom 26. Februar 2019 -B R 8/18 R).
Die Streitwertentscheidung beruht auf § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG - Auf-fangstreitwert).
Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nach den klaren Entscheidungen des BSG vom 04. Juni 2019 nicht mehr vor. Die dort für den stationären Bereich aufgestellten Grundsätze für die sozialversicherungsrechtliche
Beurteilung der honorarärztlichen Tätigkeit konnten auf den vorliegenden Fall ohne weiteres übertragen werden. Dies hat der
Senat auch mit seinen zahlreichen Verweisen auf die Entscheidung B 12 R 2/18 R zum Ausdruck gebracht.