Sozialhilfe - Eingliederungshilfe - stationäre Unterbringung - Tod des Leistungsberechtigten - Einrichtungsträger als Rechtsnachfolger
- Höhe des Vergütungsanspruchs - Rahmenvertrag für das Land Sachsen-Anhalt - Zuordnung zu einem bestimmten Leistungstyp
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist ein höherer Vergütungsanspruch für den Zeitraum vom 1. Februar 2011 bis zum 31. Januar 2014 umstritten,
der vom Kläger nach dem Tod des Hilfeempfängers F. (im Weiteren: F.) gemäß § 19 Abs. 6 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe - SGB XII) geltend gemacht wird.
Der 1939 geborene und 2016 gestorbene F. lebte seit dem 1. März 1983 in der Rehabilitations- und Fördereinrichtung „H.haus“
in G., deren Träger der Kläger ist.
F. lebte vor der Aufnahme in das „H.haus“ seit 1963 in einer Wohnung in D.. Er hatte acht Jahre die Volksschule besucht, keine
Ausbildung absolviert und war auch nicht in einer Werkstatt für behinderte Menschen tätig gewesen. Bei ihm war ein Grad der
Behinderung von 100 mit den Merkzeichen „G“ und „H“ festgestellt.
Ausweislich des ältesten aktenkundigen Entwicklungsberichts vom 1. November 1997 bestünden bei F. eine frühkindliche Hirnschädigung
vom Grade einer schweren Debilität mit Verhaltensstörungen. Im Ankreuzbogen ist angegeben, die Belastbarkeit sei eingeschränkt,
der Umgang mit Geld sehr eingeschränkt, das Verhältnis zu anderen Behinderten gehemmt, ängstlich und abweisend, zum Betreuer
zugewandt und gehemmt. Zu Verhaltensauffälligkeiten ist angegeben, er verletze sich gelegentlich selbst, leide häufig unter
Ängsten und starker Unruhe. Es bestehe Pflegebedürftigkeit, die zeitliche und örtliche Orientierung seien jeweils gut, Verkehrssicherheit
und Eigeninitiative seien nicht möglich. Vielseitigkeit, Flexibilität, Freizeitgestaltung hinsichtlich Nachfrage und Selbstgestaltung
seien nicht gegeben, die aktive Teilnahme - insbesondere in der von ihm regelmäßig besuchten Fördergruppe - sei möglich. Wegen
der weiteren Einzelheiten wird auf Blatt 1 ff. der medizinischen Beiakte zur Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.
F. wurden fortlaufend Leistungen der Eingliederungshilfe zunächst gemäß §§ 39 ff. Bundessozialhilfegesetz (BSHG) und ab dem 1. Januar 2005 gemäß §§ 53, 54 SGB XII - jeweils unter Anrechnung der als einziges Einkommen bezogenen Erwerbsunfähigkeitsrente - bewilligt.
Für F. war vom Amtsgericht K. eine Betreuung für die Aufgabenkreise „Vertretung vor Ämtern, Behörden, Kranken- und Pflegekassen,
Sorge für die Gesundheit, Aufenthaltsbestimmung, Vermögenssorge, Vertretung gegenüber der Heimeinrichtung“ (zuletzt vom 6.
Juli 2004 - Aktenzeichen 10 XVII LFN/JJ) angeordnet.
Die damalige gesetzliche Betreuerin schloss unter dem 31. März 2003 mit Wirkung vom 1. April 2003 auf unbestimmte Zeit mit
dem Kläger einen Heimvertrag für F. ab. In § 5 wird zum Heimentgelt in Abs. 1 S. 1 auf die mit dem sachlich zuständigen Sozialhilfeträger
nach § 93 Abs. 2 BSHG i.V.m. §§ 93a ff. BSHG jeweils getroffene Vergütungsvereinbarung verwiesen. Das tägliche/monatliche Entgelt betrage derzeit insgesamt 89,64 €/2.726,85
€ (§ 5 Abs. 2 Heimvertrag). In § 6 „Fälligkeit und Zahlung“ ist in Abs. 1 S. 1 geregelt, dass das Heimentgelt im Sinne von
§ 5 des Heimvertrages am dritten Werktag eines jeden Monats im Voraus zur Zahlung fällig sei. Sofern Entgelte von dem Träger
der Sozialhilfe übernommen würden, könne die Einrichtung diese direkt mit dem Träger der Sozialhilfe abrechnen. Insoweit wird
auf die Anlage 13 des Vertrages verwiesen, die die Vollmacht für Anträge beim zuständigen Leistungsträger zur Deckung des
Heimentgeltes betrifft. In Abs. 2 S. 1 ist die Bankverbindung für die Überweisung angegeben. In Abs. 2 S. 2 ist geregelt,
dass sich, soweit sich aufgrund der Abrechnung eine Differenz gegenüber dem nach Abs. 1 in Rechnung gestellten Leistungsentgelt
ergibt, spätestens mit der nächst fälligen Zahlung ein Ausgleich herbeizuführen ist. Die Aufrechnung anderer Forderungen sei
nur zulässig, wenn diese unbestritten oder rechtskräftig festgestellt seien (§ 6 Abs. 2 S. 3). Gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 des Heimvertrages
ist die Einrichtung berechtigt, das nach § 5 vereinbarte Heimentgelt durch einseitige Erklärung zu erhöhen, wenn sich die
bisherige Berechnungsgrundlage verändert hat und die Erhöhung sowie das erhöhte Entgelt angemessen ist. Die Einrichtung hat
gegenüber der Bewohnerin/dem Bewohner die Erhöhung des Entgelts spätestens vier Wochen vor dem Zeitpunkt, an dem sie wirksam
werden soll, schriftlich geltend zu machen und anhand der Leistungsbeschreibung, unter Angabe des Umlagemaßstabes im Rahmen
einer Gegenüberstellung der bisherigen und neuen Entgeltanteile zu begründen (§ 7 Abs. 2 S. 1 des Heimvertrages). Wegen der
weiteren Einzelheiten des Heimvertrages wird auf Blatt 141 bis 147 der Gerichtsakte Bezug genommen.
Bei der Prüfung der Weiterbewilligung der Eingliederungshilfeleistungen für den Zeitraum vom 2. Februar 2007 bis zum 31. Januar
2011 durch den örtlichen Sozialhilfeträger auf der Grundlage der von der Einrichtung unter dem 22. März 2007 erfolgten Angaben
zu Art und Umfang der erforderlichen Hilfen kam der im Rahmen der Amtshilfe hinzugezogene Amtsarzt und Facharzt f. Allgemeinmedizin
B. unter dem 28. März 2007 zu der Beurteilung - nach Aktenlage -, dass F. rund um die Uhr Pflege und psychosoziale Betreuung
benötige. Außer den vorbestehenden Diagnosen seien Anpassungsstörungen, eine Skoliose, beginnende Demenz, Harninkontinenz
und Schwerhörigkeit zu berücksichtigen. Im geistig-seelischen Bereich bestünden eine völlige Orientierungslosigkeit und ausgeprägte
Angstzustände. Die Angaben der Einrichtung zur Ermittlung des Pflege- und Betreuungsaufwandes seien zu bestätigen. Daraufhin
wurde vom zuständigen Sachbearbeiter am 12. April 2007 vorgeschlagen, in Bewertung der Gesamtumstände des Einzelfalls davon
auszugehen, dass bei F. ein Pflege- und Betreuungsaufwand für schwere/schwerste Pflege - im grenzwertig unteren Bereich -
bestehe. Maßgeblich sei, dass F. im Hinblick auf die Prüfkriterien „vollkommene Orientierungslosigkeit, akute Eigen- und Fremdgefährdung,
Inkontinenz tags und nachtsüber“ ständiger individueller Hilfestellung und Anleitung bedürfe.
Daraufhin hob der örtliche Sozialhilfeträger im Namen des Beklagten seinen - in Bezug auf den Bewilligungszeitraum vom 2.
Februar 2007 bis zum 31. Januar 2011 bereits erlassenen - Bescheid vom 5. März 2007 gemäß § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X) auf und bewilligte F. Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen in Form der Leistungen zur Teilhabe am
Leben in der Gemeinschaft für den Zeitraum vom 2. Februar 2007 bis zum 31. Januar 2011 im „H.haus“. Es sei weiterhin vom Leitsyndrom
der geistigen Behinderung auszugehen. Ab dem 2. Februar 2007 bestehe Anspruch auf den Pflegesatz für die schwere/schwerste
Pflege i.H.v. 110,11 € (Bescheid vom 21. Mai 2007).
Am 27. August 2007 trat der gemäß § 79 SGB XII für das Land Sachsen-Anhalt geschlossene Rahmenvertrag in Kraft. In der Anlage B gemäß § 4 Abs. 2 zu diesem Vertrag werden
die Leistungsbereiche der verschiedenen Leistungstypen beschrieben. In der Anlage H ist unter Punkt 3. „Personalschlüssel
für stationäre Langzeiteinrichtungen für geistig und mehrfach Behinderte“ in Ziff. 2 „Betreuung und Pflege“ u.a. für die mittlere
Pflege der Schlüssel 1:2,0 und für schwere und schwerste Pflege der Schlüssel 1:1,5 festgelegt. Zudem wird darin auf den Beschluss
der Pflegesatzkommission vom 29. April 1994 Bezug genommen. Danach gelte im Bereich Betreuung und Pflege grundsätzlich der
Schlüssel 1:2,0. Nur für Fälle mit einem besonderen Betreuungsbedarf gelte der Schlüssel 1:1,5. Der besondere Betreuungsbedarf
begründe sich insbesondere durch Kriterien wie: Unfähigkeit der selbstständigen Nahrungsaufnahme, Unfähigkeit sich allein
fortzubewegen, vollkommene Orientierungslosigkeit, akute Eigen- und Fremdgefährdung und Inkontinenz tags- und nachtsüber.
Der Bedarf an Betreuung und Pflege müsse so groß sein, dass der Behinderte rund um die Uhr betreut werden müsse. Diese Punkte
stellten Kriterien der Zuordnung zur schweren und schwersten Pflege dar. Sie könnten nicht losgelöst voneinander bewertet
werden. Vielmehr müsse die gesamte Beurteilung des Betreuungsbedarfs den Schlüssel 1:1,5 rechtfertigen. Die Zuordnung geschehe
auf der Grundlage der Beurteilung der Einrichtung, die amtsärztlich bzw. fachärztlich zu bestätigen sei.
Nachdem ein erster Antrag auf Leistungen der Pflegeversicherung von der Pflegekasse (im Weiteren: Pflegekasse) vom 11. Juli
2007 abgelehnt worden war, wurde auf der Grundlage des MDK-Gutachtens vom 4. Dezember 2009 die Pflegestufe I (nach der bis
zum 31. Dezember 2016 geltenden Rechtslage) sowie eine erheblich eingeschränkte Alltagskompetenz festgestellt. Auf den für
F. vom örtlichen Sozialhilfeträger gestellten Antrag auf Leistungen nach §
43a Elftes Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Pflegeversicherung -
SGB XI) vom 26. November 2010 wurde F. am 10. Januar 2011 durch eine Pflegefachkraft begutachtet, die weiterhin die Pflegestufe
I für zutreffend erachtete. Der erforderliche Zeitaufwand für die Grundpflege betrage 56 Minuten pro Tag und für die Hauswirtschaft
(im Wochendurchschnitt) 45 Minuten pro Tag. Mit Bescheid vom 4. März 2011 lehnte die Pflegekasse den Höherstufungsantrag vom
26. November 2010 gegenüber F. ab. Die Voraussetzungen der Pflegestufe II seien nicht erfüllt.
Mit Bescheid vom 24. März 2011 bewilligte der örtliche Sozialhilfeträger im Namen des Beklagten für den (Folge-)Zeitraum vom
1. Februar 2011 bis zum 31. Januar 2014 weiterhin Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach §§ 53, 54 SGB XII im „H.haus“. Es sei weiterhin vom Leitsyndrom der geistigen Behinderung auszugehen. Es werde jedoch nunmehr der Pflegesatz
für die mittlere Pflege gewährt. Insoweit erfolge zurzeit eine Überprüfung des individuellen Hilfebedarfs. Bei einem weiteren
Anspruch auf Gewährung des Pflegesatzes für die schwere/schwerste Pflege erfolge ab Februar 2011 eine Neubescheidung.
Nach Einholung einer Stellungnahme der Einrichtung vom 1. April 2011 zur Intensität der erforderlichen Hilfen wurde im Rahmen
eines Amtshilfeersuchens eine amtsärztliche Stellungnahme der Fachärztin für Innere Medizin Dipl.-Med. P. vom 23. Mai 2011
veranlasst. Darin geht diese von den Diagnosen einer mittelgradigen Intelligenzminderung, eines Morbus Parkinson, einer senilen
Demenz sowie einer Mittelfußfraktur rechts mit Infektionen aus. Im körperlichen Bereich bestünden ein kleinschrittiges Gangbild,
eine Skoliose, Dyspnoe sowie teilweise Inkontinenz. F. stehe nicht allein auf und benötige Anleitung und Unterstützung für
sämtliche Aktivitäten. Im geistig-seelischen Bereich bestünden eine ausgeprägte Affektinkontinenz (Wechsel von Weinen und
Lachen), eine deutlich verminderte Aufmerksamkeit, Merkfähigkeit und Konzentrationsfähigkeit sowie erhebliche Gedächtnisstörungen
und teilweise stupuröses Verhalten. Eine allmähliche Verschlechterung sei erwartbar. Die Angaben der Einrichtung zur Ermittlung
des Pflege- und Betreuungsaufwandes würden bestätigt.
Mit den Bescheiden vom 30. Juni 2011 wurde zum einen der Bescheid vom 24. März 2011 gemäß § 48 Abs. 1 SGB X wegen der Änderung der Regelsätze und der Veränderung des Barbetrages aufgehoben und zum anderen für den Zeitraum vom 1.
Februar 2011 bis zum 31. Januar 2014 eine abschließende Entscheidung getroffen. Danach habe die Prüfung des individuellen
Hilfebedarfs ergeben, dass die Voraussetzungen für die Gewährung des Pflegesatzes für die schwere/schwerste Pflege nicht mehr
vorlägen. Es werde daher Eingliederungshilfe in Höhe von derzeit 2.982,68 € monatlich (98,05 € täglich) bewilligt. Es seien
die Sätze der jeweilig geltenden Entgeltvereinbarung maßgeblich. Von den Einrichtungskosten seien die Leistungen der Pflegekasse
i.H.v. 256,00 € sowie der notwendige Lebensunterhalt in Einrichtungen i.H.v. 610,47 € abzusetzen. Somit werde monatlich Eingliederungshilfe
für behinderte Menschen in Form der Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft in Höhe von 2.116,21 € bewilligt.
Zudem würden Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung in Höhe von monatlich 610,47 €, Hilfe zum Lebensunterhalt
in Einrichtungen in Höhe von insgesamt monatlich 130,45 € (angemessener Barbetrag zur persönlichen Verfügung in Höhe von 98,28
€, Zusatzbarbetrag i.H.v. 10,87 € und Bekleidungshilfe in Höhe von 21,30 €) gewährt. Das einzusetzende Einkommen betrage 284,82
€ in Höhe der bezogenen Erwerbsunfähigkeitsrente.
Am 18. Juli 2011 teilte der Kläger dem Beklagten mit, als Leistungsträger vom 1. Februar bis zum 31. März 2011 weiterhin die
Leistungen für F. entsprechend des Entgeltsatzes „schwere/schwerste Pflege“ erbracht zu haben. Er sei in Vorleistung getreten
und erwarte die Nachzahlung des Differenzbetrages von der mittleren zur schweren/schwersten Pflege für die Monate Februar
und März 2011. Insgesamt habe sich der Hilfebedarf seit 2007 erhöht und sei auch aktuell wiederum mehr geworden.
Am 21. Juli 2011 legte F. durch seine Betreuerin Widerspruch gegen den Bescheid vom 30. Juni 2011 ein, soweit nunmehr nicht
mehr von der schweren/schwersten Pflege ab Februar 2011 auszugehen sei. Sein individueller Hilfebedarf habe sich seit 2007
nicht verringert, sondern erhöht. Als Mensch mit geistigen und mehrfachen Behinderungen benötige er im Alter von 72 Jahren
rund um die Uhr eine Betreuung und sei kontinuierlich auf einen Betreuungsschlüssel von „1:1“ angewiesen. Zudem habe er wieder
eine Pflegestufe erhalten.
Am 4. August 2011 führte die bei der Sozialagentur Sachsen-Anhalt tätige Gutachterin Dipl.-Soz. Arb. (FH) S. eine Vor-Ort-Begutachtung
des F. durch. Dabei habe die Überprüfung der Kriterien der schweren/schwersten Pflege gemäß Anlage H des Rahmentarifvertrages
ergeben, dass F. in der Lage sei, eigenständig mundgerechte Nahrung zu sich zu nehmen, sich innerhalb des Wohnbereichs mit
dem Rollator zu bewegen, allerdings dazu oft Begleitung einfordere, in seinem Wohnbereich orientiert sei, zwar keine eigenen
Aggressionen zeige, aber durch sein teilweise ungeduldiges, einforderndes Verhalten Aggressionen bei anderen Bewohnern hervorrufen
könne, und tagsüber keine Inkontinenz vorliege, wobei die mehrmaligen Toilettengänge am Tage der Aufforderung und Begleitung
bei noch selbstständiger Durchführung bedurft hätten. Während der Inaugenscheinnahme sei F. eine einfache Gesprächsführung
möglich gewesen. Er wisse, wer er sei und wo er sei. Auffälligkeiten hinsichtlich seines Verhaltens oder des Auftretens anderer
Vorkommnisse hätten sich nicht ergeben. Zwar stelle sich im Rahmen des Gesamterscheinungsbildes von F. ein umfangreicher Hilfebedarf
dar, der jedoch die Einstufung in die mittlere Pflege zunächst noch rechtfertige. Da eine allgemeine Verschlechterung des
Allgemeinzustandes bei F. zu erwarten sei, solle nach Ablauf eines Jahres das Vorliegen der Kriterien erneut überprüft werden
(Stellungnahme vom 5. August 2011).
Mit den weiteren Bescheiden vom 11. Juni 2012 wurde der Bescheid vom 30. Juni 2011 dann gemäß § 48 Abs. 1 SGB X mit Ablauf des 31. Dezember 2011 im Hinblick auf die ab 1. Januar 2012 geänderten Regelbedarfsstufen für den Zeitraum vom
1. Januar 2012 bis zum 31. Januar 2014 angepasst, wobei weiterhin von dem Erfordernis mittlerer Pflege ausgegangen wurde.
Es werde Eingliederungshilfe in Höhe von derzeit monatlich 2.982,68 € (täglich 98,05 €) bewilligt. F. habe sich mit der von
ihm - seit dem 1. Juli 2011 i.H.v. 287,65 € - bezogenen Erwerbsunfähigkeitsrente an den Kosten der Leistungen der Grundsicherung
zu beteiligen; über weiteres Einkommen verfüge F. nicht. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Blatt 377 bis 380 der Verwaltungsakte
des Beklagten Bezug genommen.
Nachdem der Kläger am 20. Juli 2012 einen erheblich erhöhten Bedarf in allen Lebensbereichen mitteilte und um Prüfung der
Bewilligung bat, beantragte der örtliche Sozialhilfeträger bei der Pflegekasse die Überprüfung der Pflegestufe. In dem daraufhin
am 1. August 2012 erstatteten Pflegegutachten wird auf einen stationären Krankenhausaufenthalt wegen einer Beckenvenenthrombose
vom 28. April bis zum 4. Mai 2012 verwiesen, aus dem F. in schlechtem Allgemeinzustand und bettlägerig entlassen worden sei.
Inzwischen habe er sich langsam wieder erholt, gehe mit dem Rollator kurze Strecken, könne frei stehen und auch wenige Meter
ohne Gehilfen zurücklegen. Er sei in Bezug auf seine Person, den Aufenthaltsort, Alter und Wochentag sowie den Wohnbereich
zeitlich und örtlich vollständig, situativ begrenzt orientiert gewesen. Einfache Gesprächsführung sei möglich und ausreichender
Wortschatz und Wortverständnis seien vorhanden gewesen. Der Toilettengang sei selbstständig möglich. Fehlhandlungen, Weglauftendenzen,
Aggressionen und inadäquates Verhalten bestünden nicht. Tag-/Nachtrhythmus werde eingehalten. Der Zeitaufwand für die Grundpflege
betrage 68 Minuten pro Tag und für die Hauswirtschaft (im Wochendurchschnitt) 45 Minuten pro Tag. Es liege weiterhin Pflegebedürftigkeit
nach der Pflegestufe I vor.
Aufgrund eines weiteren Amtshilfeersuchens suchte Dipl.-Med. P. den F. erneut im „H.haus“ auf. F. habe sich im Zeitpunkt der
Begutachtung in der Tagesförderung befunden. Den Anlass der Begutachtung habe er nicht einordnen können und sei zu Ort, Zeit
und Person nicht ausreichend orientiert gewesen. F. habe nur mit einiger Mühe aufgefordert werden können, zwecks Begutachtung
in sein Zimmer zu folgen. Er habe zunächst die Toilette aufsuchen müssen und sich in erster Linie dafür interessiert, schnell
wieder zur Tagesförderung zukommen bzw. zum Mittagessen. F. habe sich lediglich mit Unterstützung und Rollator bewegen können,
wobei der Gang gebeugt, kleinschrittig, ataktisch und unsicher gewesen sei. Im Haus werde er immer von einer Pflegeperson
begleitet, außer Haus müsse er im Rollstuhl gefahren werden. Eine gezielte Kommunikation zur Sache sei nicht möglich gewesen.
Orientierung sei lediglich auf Stationsebene vom Zimmer bis zum Wohnzimmer gegeben gewesen. Das Essen könne er sich nicht
selbst zubereiten oder besorgen. Die Nahrung werde ihm mundgerecht vorbereitet. Verbale Anleitungen beim Essen seien erforderlich.
Trinken müsse angeboten werden. Nach Angaben des betreuenden Personals wolle F. schon an den Maßnahmen bzw. Veranstaltungen
der Einrichtung teilnehmen, sei aber wegen diffuser Ängste kaum gruppenfähig, mache ständig mit lauten Fragen auf sich aufmerksam,
sodass er einen permanenten Ansprechpartner für die psychosoziale Begleitung benötige. Zusammenfassend ist in der Stellungnahme
vom 13. August 2012 ausgeführt, es bestehe eine sehr eingeschränkte Mobilität. Bei sämtlichen Aktivitäten sei eine ständige
personelle Begleitung notwendig, die nicht nur der Sturzprophylaxe diene, sondern auch durch die erheblichen psychosozialen
Bedürfnisse erforderlich sei. Der Zustand im Sinne der schweren/schwersten Betreuung sei gegeben. Dem Antrag der Einrichtung
zur Vergütung der schweren/schwersten Pflege könne aus ärztlicher Sicht zugestimmt werden. Die gemachten Angaben seien korrekt.
Einem Umzug in eine Pflegeeinrichtung könne aus ärztlicher Sicht nicht zugestimmt werden, da F. mit einer sehr komplex veränderten
Situation und komplett neuen Bezugspersonen nicht klarkäme. Der Zustand habe sich seit 2011 verschlechtert.
In der im Hinblick auf die vorliegenden diskrepanten Einschätzungen eingeholten Beurteilung von Dipl.-Soz. Päd. (FH) K. vom
18. Februar 2013 sei nach Prüfung unter Berücksichtigung der Kriterien der schweren/schwersten Pflege aus Sicht des rehabilitationspädagogischen
Fachdienstes keine Erhöhung des derzeitigen Hilfebedarfs abzuleiten.
Unter dem 30. Januar 2013 hatte der örtliche Sozialhilfeträger den Kläger darüber informiert, dass sich der Antrag vom 20.
Juli 2012 noch in der Bearbeitung befinde und derzeit dem rehabilitationspädagogischen Fachdienst der Sozialagentur zur fachlichen
Stellungnahme vorgelegt worden sei. Hierdurch entstünden keine Nachteile. Erfolge eine Einstufung in die schwere/schwerste
Betreuung und Pflege, werde die entsprechende Vergütung mit dem Zeitpunkt der Geltendmachung gewährt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 4. Februar 2013 wies der Beklagte sodann den Widerspruch gegen den Bescheid vom 30. Juni 2011
als unbegründet zurück. Im Rahmen der gutachterlichen Überprüfung vor Ort am 4. August 2011 durch den rehabilitationspädagogischen
Fachdienst hätten keine besonders erschwerenden Umstände bzw. außergewöhnlichen Belastungen festgestellt werden können, die
in ihrer Häufigkeit Leistungen der Eingliederungshilfe im Umfang schwere/schwerste Pflege rechtfertigten. Das Erfordernis
eines besonderen Betreuungsbedarfes, der eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung notwendig mache, sei nach Prüfung entsprechend der
Besonderheit des Einzelfalles nicht festzustellen gewesen.
Hiergegen hat F. durch seine Betreuerin am 18. Februar 2013 Klage beim Sozialgericht Dessau-Roßlau erhoben und die Gewährung
von Leistungen der Eingliederungshilfe gemäß Leistungstyp 2a schwere/schwerste Pflege - in anwaltlicher Vertretung - weiterverfolgt.
Mit Bescheid vom 13. Mai 2013 lehnte der örtliche Sozialhilfeträger sodann im Namen des Beklagten den Antrag vom 20. Juli
2012 ab. Keines der für eine Zuordnung zur schweren/schwersten Pflege heranzuziehenden Kriterien liege uneingeschränkt vor.
Eine durch die Pflegekasse eingeleitete Begutachtung am 1. August 2012 habe ebenfalls keine wesentliche Erhöhung des Hilfebedarfs
feststellen können, welche eine Höherstufung in die Pflegestufe II rechtfertigen würde. Hiergegen legte die Betreuerin von
F. am 27. Mai 2013 Widerspruch ein und verwies auf das anhängige Klageverfahren für den zurückliegenden Zeitraum. Aus ihrer
Sicht bleibe die gerichtliche Entscheidung abzuwarten.
Mit Bescheid vom 21. August 2013 wurde zum einen gemäß § 48 Abs. 1 SGB X der Bescheid vom 11. Juni 2012 mit Ablauf des 31. Dezember 2012 sowie mit Bescheid vom 26. November 2013 der Bescheid vom
21. August 2013 mit Ablauf des 31. Dezember 2013 im Hinblick auf die ab dem 1. Januar 2013 bzw. 1. Januar 2014 geänderten
Regelbedarfe aufgehoben und zum anderen wurden für den Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis zum 31. Januar 2015 der Höhe nach geänderte
Leistungen gewährt; dabei wurde jeweils weiterhin von dem Erfordernis mittlerer Pflege ausgegangen. Ab Mai 2013 werde Eingliederungshilfe
in Höhe von monatlich 3.182,84 € (täglich 104,63 €) bewilligt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Blatt 414 bis 418
und Blatt 427 bis 430 der Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen. Die Betreuerin von F. legte gegen die Bescheide vom
21. August und 26. November 2013 Widerspruch ein, soweit nur eine Kostenübernahme der mittleren Pflege erfolgt sei. Das Ergebnis
des bereits anhängigen Klageverfahrens bleibe abzuwarten.
Ausweislich der aktenkundigen Aufstellungen betrugen die von dem Beklagten berücksichtigten Tagessätze bis einschließlich
Januar 2011 115,01 €, von Februar bis Dezember 2011 98,05 €, für Januar 2013 102,74 € und ab Februar 2013 104,63 €. Wegen
der Einzelheiten wird auf Blatt 376 und 426 der Verwaltungsakte Bezug genommen. Für die übrigen Zeiträume sind Aufstellungen
der berücksichtigten Tagessätze nicht aktenkundig.
F. hat mit seiner Klage Leistungen der Eingliederungshilfe gemäß Leistungstyp 2a schwere/schwerste Pflege weiterverfolgt und
insoweit auf die Vereinbarung gemäß § 75 Abs. 3 SGB XII vom 31. Juli 2015 zwischen dem Beklagten und dem Kläger sowie die Leistungsbeschreibung zu diesem Leistungstyp (mit einem
streitigen Beginn 1. Januar oder 24. Oktober 2011) verwiesen und eine - nicht unterschriebene - Stellungnahme vom 22. September
2015 zu seinem Hilfebedarf sowie Entwicklungsberichte - ohne Datum -, Handlungs- und Schwerpunktziele für den Zeitraum vom
1. Dezember 2010 bis zum 30. November 2014 sowie die Anlage L zu § 34 Abs. 4 des Rahmenvertrages mit dem Erfassungsdatum 10.
Oktober 2014 übersandt. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 71 f., 73 bis 80, 84 bis 86, 87 bis 93 und Blatt 94, 95 der
Gerichtsakte Bezug genommen.
Nachdem das Sozialgericht den Kläger mit Beschluss vom 16. März 2016 zum Verfahren beigeladen hatte, hat dieser mit Schriftsatz
vom 29. April 2016 den für den „maßgeblichen Zeitraum gültigen Heimvertrag“ von F. übersandt und die Vergütungsvereinbarungen
gemäß § 75 Abs. 3 SGB XII zwischen dem Beklagten und ihm für das „H.haus“ vom 1. Februar 2010 und 22. April 2013 sowie die Festsetzung der Schiedsstelle
im Verfahren nach § 77 SGB XII für den Zeitraum ab dem 4. Januar 2013 und sodann die Vergütungssätze für die mittlere Pflege und die schwere/schwerste Pflege
gegenübergestellt. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 141 bis 154 der Gerichtsakte Bezug genommen.
Nach dem Tod von F. hat der vormalige Beigeladene und jetzige Kläger (nun vertreten durch den vormaligen Prozessbevollmächtigten
von F.) mitgeteilt, das Verfahren nach § 19 Abs. 6 SGB XII fortzuführen. Er habe für F. vollumfänglich die schwerste Pflege geleistet und seinen Betreuungsumfang nach Erlass des streitgegenständlichen
Bescheides nicht geändert. Er hat sodann die Klageforderung mit 28.675,05 € beziffert und hierzu eine Kostenaufstellung für
den Zeitraum vom 1. Februar 2011 bis zum 31. Januar 2015 vorgelegt. Danach habe der Tagessatz für die mittlere bzw. schwere
Pflege vom 1. Februar 2011 bis zum 3. Januar 2012 90,05 € bzw. 115,01 €, vom 1. April 2012 bis zum 3. Januar 2013 102,74 €
bzw. 120,55 €, vom 4. Januar bis zum 31. Dezember 2013 104,63 € bzw. 122,52 €, vom 1. April bis zum 31. Dezember 2014 106,46
€ bzw. 124,70 € und vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2015 113,29 € bzw. 132,71 € betragen. Unter Zugrundelegung der Tagessätze
für die mittlere Pflege ergäben sich für den vorgenannten Zeitraum Gesamtkosten i.H.v. 148.215,85 € bzw. für die schwere Pflege
i.H.v. 176.890,90 €; damit errechne sich die geltend gemachte Kostendifferenz i.H.v. 28.675,05 €. Wegen der Einzelheiten der
Kostenaufstellung wird auf Blatt 210 f. der Gerichtsakte verwiesen.
Der Kläger hat sodann zunächst mit Schriftsatz vom 8. Mai 2017 (Eingang am 19. Mai 2017) auf die „Information zum Heimvertrag“
vom 14. Mai 2007 verwiesen. Danach sei F. aufgrund der Änderung des Hilfebedarfs „mit Wirkung vom 02.02.2007 (Bescheid vom
08.05.2007, Eingang am 11.05.2007) […] in die Gruppe von Leistungsberechtigten schwere/schwerste Pflege eingestuft.“ Ab dem
2. Februar 2007 betrage das Heimentgelt täglich 110,11 €. Insoweit wird auf Blatt 259 der Gerichtsakte Bezug genommen.
Nachdem der Beklagte hierzu am 15. Juni 2017 Stellung genommen hatte, hat der Kläger sodann unter dem 25. August 2017 Kopien
unter den Datumsangaben „22. April 2013, 31. August 2015, 12. Februar 2010“, jeweils überschrieben mit dem Namen „F., M.“
und „Anlage 6“ bzw. „Anlage 9“ sowie „Einseitige Erklärung über die Erhöhung/Änderung des Entgeltes durch die Einrichtung“
übersandt. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 270 bis 272 der Gerichtsakte Bezug genommen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung beim Sozialgericht am 13. Dezember 2017 hat der Kläger beantragt, den Beklagten unter
Abänderung des Bescheides der Stadt D. vom 30. Juni 2011 in der Fassung der Aufhebungs- und Änderungsbescheide der Stadt D.
vom 11. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Februar 2013 in der Fassung der Aufhebungs- und Änderungsbescheide
der Stadt D. vom 21. August 2013 sowie 26. November 2013 für den Zeitraum 1. Februar 2011 bis 31. Januar 2014 abzuändern und
ihm 28.675,05 € für die erbrachten Eingliederungshilfeleistungen des Leistungstyps 2a zu gewähren.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 13. Dezember 2017 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 4. Juli 2018 die antragsgemäß
angefochtenen Bescheide abgeändert und den Beklagten verurteilt, dem Kläger 4.908,57 € für die erbrachten Eingliederungsleistungen
zu gewähren und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die Klage sei als Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß §
54 Abs.
1, Abs.
4 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) statthaft. Der Kläger sei mit dem Tod des Hilfebedürftigen als Sonderrechtsnachfolger nach § 19 Abs. 6 SGB XII und mittelbar kraft Gesetzes (cessio legis) in das Verfahren eingetreten. Der durch die Sonderrechtsnachfolge kraft Gesetzes
herbeigeführte Beteiligtenwechsel sei keine Klageänderung im Sinne der §§
99,
168 S. 1
SGG, sondern führe lediglich von Amts wegen zu einer Berichtigung des Rubrums (Hinweis auf Bundessozialgericht [BSG], u.a. Urteil
vom 8. März 2017 - B 8 SO 20/15 R -, juris). Die Klage sei teilweise begründet, da dem Hilfebedürftigen zur Überzeugung der
Kammer dem Grunde nach höhere Leistungen der Eingliederungshilfe zugestanden hätten. Aufgrund der nach § 75 SGB XII geschlossenen Rahmenvereinbarungen seien dem Hilfebedürftigen durch den Kläger Leistungen in Höhe einer regelmäßigen Betreuung
erbracht worden. Diese regelmäßige Betreuung durch den Kläger habe auf einer Personalbemessung von 1:1,5 beruht. Der Beklagte
habe lediglich einen Personalschlüssel von 1:2,0 berücksichtigt. Dies habe nicht dem tatsächlichen Bedarf des Hilfebedürftigen
entsprochen. Bei der Gesamtbeurteilung des Betreuungsbedarfs sei ein Betreuungsschlüssel von 1:1,5 gerechtfertigt gewesen.
Dies ergebe sich vor allem aus den Feststellungen von Dipl.-Med. P. vom 23. Mai 2011 und vom 13. August 2012. Dem stünden
die Feststellungen in den Gutachten des MDK vom 10. Januar 2011 und vom 1. August 2012 nicht entgegen. Der Kläger habe in
der mündlichen Verhandlung glaubhaft angegeben, dass der Hilfebedürftige in der Begutachtungssituation bei der weiblichen
Gutachterin einen guten Eindruck habe hinterlassen wollen und sein normales Leistungsbild übersteigende Leistungen gezeigt
habe. Nach der damals geltenden Rechtslage seien bei der Begutachtung durch den MDK zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit
die verrichtungsbezogenen Defizite in den Vordergrund zu stellen gewesen. Die Erforderlichkeit der psychosozialen Betreuung
sei lediglich bei der Feststellung der eingeschränkten Alltagskompetenz berücksichtigt worden. Darüber hinaus seien - anders
als nach der geltenden Rechtslage im
SGB XI - die verbleibenden Fähigkeiten des Hilfebedürftigen im Hinblick auf die Alltagskompetenzen nicht erfasst worden. Anspruchsgrundlage
für die Vergangenheit könne nur ein Kostenerstattungs- bzw. Freistellungsanspruch sein, wenn die Betreuung im Umfang schwere/schwerste
Pflege - wie vorliegend - bereits erfolgt sei. Insoweit komme es insbesondere auf die zivilrechtliche Durchsetzbarkeit der
Ansprüche an. Hier habe der Hilfebedürftige dem Kläger aus dem Heimvertrag das Entgelt für die Leistungen der schweren/schwerste
Pflege geschuldet. Er habe mit dem Kläger einen Heimvertrag abgeschlossen, in dessen § 5 die Höhe der Vergütung geregelt worden
sei. Der Kläger habe den zwischen ihm und dem Hilfebedürftigen geschlossenen Heimvertrag durch einseitige schriftliche Erklärungen
über die Erhöhung/Änderung des Entgeltes vom 12. Februar 2010 und vom 22. April 2013 wirksam in Bezug auf die Höhe des Entgeltes
angepasst. Eine solche Anpassung sei nach § 7 des geschlossenen Heimvertrages einseitig möglich gewesen. Die Erhöhung werde
nur wirksam, wenn sie vom Träger der Bewohnerin/dem Bewohner gegenüber spätestens vier Wochen vor dem Zeitpunkt, an dem sie
wirksam werden solle, schriftlich geltend gemacht worden sei. Der Kläger habe den jeweiligen Entgeltanpassungen die mit dem
Beklagten gemäß § 75 Abs. 3 SGB XII vereinbarten Kosten für die schwere/schwerste Pflege zugrunde gelegt. Die sich aus dem Heimvertrag ergebenden Ansprüche des
Klägers seien auch fällig geworden. Dies ergebe sich aus § 6 des Heimvertrages. Eine zusätzliche Rechnungslegung sei nicht
erforderlich gewesen. Für die Leistungen in dem Zeitraum vom 1. Februar 2011 bis zum 31. Dezember 2012 sei jedoch Verjährung
eingetreten. Die regelmäßige Verjährungsfrist von zivilrechtlichen Ansprüchen bestimme sich nach §
195 Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB) und beginne nach §
199 BGB mit Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden sei. Danach seien die Verjährungsfristen für die aus den Jahren 2011
und 2012 stammenden Ansprüche in den Jahren 2014 und 2015 abgelaufen. Eine Hemmung der Verjährung nach §
203 BGB aufgrund von Verhandlungen über den Zahlungsanspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände seien hier nicht erkennbar.
Nach Auffassung der Kammer komme es nicht darauf an, ob der Einwand der Verjährung durch den Beklagten treuwidrig nach §
242 BGB wäre, da die Einrede nicht erhoben, die Rechtsausübung nicht getätigt worden sei. Die Ansprüche aus den Jahren 2013 und 2014
seien bis zum Tod des Hilfebedürftigen am 23. August 2016 nicht verjährt gewesen. Für den Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis
zum 31. Januar 2014 ergäbe sich nach der unstreitigen Kostenaufstellung des Klägers eine Differenz i.H.v. 4.908,57 €.
Es haben der Kläger gegen das ihm am 24. Januar 2018 zugestellte Urteil am 22. Februar 2018 und der Beklagte gegen das ihm
am 13. März 2018 zugestellte Urteil am 6. April 2018 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt eingelegt.
Der Kläger hat - im Berufungsverfahren zuletzt durch den aus dem Rubrum ersichtlichen Prozessbevollmächtigten vertreten -
sein Begehren vollumfänglich weiterverfolgt. Da der Beklagte mit dem streitigen Bescheid Eingliederungshilfe für „mittlere
Pflege“ bewilligt habe, sei nur insoweit der Anspruch fällig geworden. Die Einstufung in die „schwerste Pflege“ sei noch nicht
„rechtskräftig“ festgestellt worden, sodass dieser Anspruch noch nicht fällig geworden sei. Mangels Fälligkeit habe auch keine
Verjährung eintreten können. Zudem sei die Einrede der Verjährung von F. nicht erhoben worden. Der Beklagte könne die Einrede
der Verjährung für den verstorbenen Bewohner nicht erheben (Hinweis auf Urteil des LSG Niedersachsen vom 20. August 2015 -
L 8 SO 75/11 -, juris). Konkrete Rechnungen seien an das Sozialamt des D. nicht gestellt worden. Es seien jeweils nur die
Abwesenheitstage mitgeteilt worden und es sei dann aufgrund des vorhandenen Datensatzes vom Sozialamt Dessau-Roßlau ausgerechnet
worden, welche Beträge ihm - dem Kläger - monatlich zustünden. Der Betreuerin von F. sei eine Rechnung hinsichtlich der Differenz
zwischen dem nach der Änderung des Heimvertrages aufgrund des Bescheides von Mai 2007 erhöhten Pflegesatzes auf schwere/schwerste
Pflege gegenüber dem Pflegesatz für mittlere Pflege nicht gestellt worden. Die Mitteilungen zur Erhöhung der Pflegesätze seien
der Betreuerin von F. in deren Fach in der Einrichtung gelegt und diese sei dann gebeten worden, das Postfach zu leeren. Soweit
Verfahren bei der Schiedsstelle zu Erhöhungsbegehren anhängig gewesen seien, sei die Betreuerin hierüber informiert worden.
Das Sozialgericht habe den Zustand des verstorbenen F. zutreffend beurteilt. Der Beklagte habe nicht darlegen können, dass
sich dessen Zustand im Vergleich zu den vorherigen bestandskräftigen Einstufungen verbessert habe. Die MDK-Begutachtung stehe
prozessual im Range des Parteivorbringens und stelle keinen Urkundsbeweis dar.
Der Kläger beantragt ausdrücklich,
das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 13. Dezember 2017 wird insoweit aufgehoben, als es der Klage des Klägers nicht
stattgab. Der Beklagte wird verurteilt, unter Abänderung des Bescheides der Stadt Dessau-Roßlau vom 30. Juni 2011 in Fassung
ihrer Aufhebungs- und Änderungsbescheide vom 11. Juni 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 4. Februar
2013 in Fassung der Aufhebungs- und Änderungsbescheide vom 21. August und 26. November 2013 für den Zeitraum 1. Februar 2011
bis 31. Januar 2014 abzuändern und dem Kläger 14.234,66 € zu zahlen und die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Der Beklagte beantragt ausdrücklich,
das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 13. Dezember 2017 aufzuheben, soweit der Klage stattgegeben worden ist, und
die Klage insgesamt abzuweisen sowie die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Der Betreuungsbedarf für eine schwere/schwerste Pflege nach der Anlage H des Rahmenvertrages liege hier nicht vor. Die Urteilsbegründung
des Sozialgerichts überzeuge insoweit nicht, als die Begutachtungsergebnisse der Gutachterin des MDK mit der Begründung nicht
herangezogen worden seien, die psychosoziale Betreuung sei nicht Gegenstand der Begutachtung gewesen. Letztlich seien die
Gesamtumstände zu bewerten. Zudem bestehe kein Grund, die Ergebnisse des MDK nicht heranzuziehen. Weder der Hilfebedürftige
noch der Rechtsnachfolger seien gegen die Begutachtungsergebnisse vorgegangen. Hinsichtlich des Berufungsvorbringens des Klägers
zur Fälligkeit und zum Verjährungseintritt werde auf die Begründung des erstinstanzlichen Urteils verwiesen. Darüber hinaus
werde die Einrede der Verjährung erhoben. Den vom Kläger übersandten Unterlagen könne nicht entnommen werden, wann F. über
die Änderungen der Pflegesätze im streitigen Zeitraum informiert worden sei. Es fehle schon an Unterlagen, die den streitigen
Zeitraum vom 4. Januar 2012 bis zum 3. Januar 2013, vom 4. Januar bis zum 30. April 2013 sowie den Zeitraum vom 1. Januar
bis zum 31. Dezember 2014 beträfen. Ein Nachweis, dass der Kläger F. über die Erhöhung informiert habe, sei damit nicht erbracht
worden. Insoweit fehle es an einer Begründung der Forderung.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte
und der Verwaltungsakten des Beklagten, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht ihn zur Abänderung der antragsgemäß angefochtenen
Bescheide und zur Gewährung von 4.908,57 € verurteilt. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger
nicht in seinen Rechten gemäß §§
153 Abs.
1,
54 Abs.
2 S. 1
SGG. Die zulässige Berufung des Klägers hat sich als unbegründet erwiesen.
Die von der Betreuerin von F. form- und fristgerecht erhobene Klage ist als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zulässig
gewesen. Streitgegenstand sind die angefochtenen Bescheide vom 30. Juni 2011 und vom 11. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 4. Februar 2013 sowie die Bescheide vom 21. August und 26. November 2013. Die beiden letztgenannten Bescheide sind gemäß
§
96 Abs.
1 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden, da sie - ebenso wie der im Verwaltungsverfahren erlassene Bescheid vom 11. Juni
2012 - in Bezug auf die für den Leistungszeitraum vom 1. Februar 2011 bis zum 31. Januar 2014 bewilligten Leistungen jeweils
höhere monatliche Beträge der Eingliederungshilfe in der vom Kläger betriebenen Einrichtung zuerkannt und die umstrittene
Einstufung der erforderlichen Teilhabeleistung als „mittlere Pflege“ fortgeschrieben haben.
Durch den Tod des Hilfeempfängers F. und die Fortführung des Klageverfahrens durch den Kläger ist zulässigerweise auf der
Klägerseite eine subjektive Klageänderung vorgenommen worden (vgl. BSG, Urteil vom 2. Februar 2012 - B 8 SO 15/10 R -, juris, RdNr. 12). Mit dem Tod des F. ist der Kläger als Sonderrechtsnachfolger
nach § 19 Abs. 6 SGB XII unmittelbar kraft Gesetzes (cessio legis) in das Verfahren in Bezug auf die Leistungen für Einrichtungen eingetreten. Danach
steht der Anspruch der Berechtigten auf Leistungen für Einrichtungen oder auf Pflegegeld, soweit die Leistung den Berechtigten
erbracht worden wäre, nach ihrem Tode demjenigen zu, der die Leistung erbracht oder die Pflege geleistet hat, hier also der
Kläger als Träger der Einrichtung, in der F. bis zu seinem Tod gelebt und die die Leistungen an ihn erbracht hat. Dieser durch
die Sonderrechtsnachfolge kraft Gesetzes herbeigeführte Beteiligtenwechsel ist keine Klageänderung i.S. der §§
99,
168 S. 1
SGG, sondern führt lediglich von Amts wegen zu einer Berichtigung des Rubrums (BSG, Urteil vom 8. März 2017 - B 8 SO 20/15 R -, juris, RdNr. 11).
Soweit der Kläger nach dem Tod von F. die Klage als Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage weiterverfolgt hat, ist
auch die Leistungsklage zulässig. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger gemäß § 19 Abs. 6 SGB XII (nur) in die Rechtsposition des Hilfeempfängers F. eingetreten ist und dieser die Auszahlung einer konkreten Geldleistung
an sich nicht hätte verlangen können, sondern lediglich die Übernahme der von ihm geschuldeten Heimkosten in Form eines Schuldbeitritts
durch den für die Leistung zuständigen Sozialhilfeträger im Rahmen des sogenannten Gewährleistungsverantwortungsmodells (vgl.
BSG, Urteil vom vom 2. Februar 2010 - B 8 SO 20/08 R -, juris, RdNr. 12). Denn soweit (erst) der Schuldbeitritt zu einem unmittelbaren
Zahlungsanspruch der Einrichtung gegen den Sozialhilfeträger führt, steht dem Hilfeempfänger dann gegen den Sozialhilfeträger
ein Anspruch auf Zahlung des Sozialhilfeträgers unmittelbar an die Einrichtung zu. Mit dem Tod des Hilfeempfängers F. und
der Fortführung des Verfahrens durch den Kläger als Träger der Einrichtung folgt unmittelbar aus dem Schuldbeitritt dieser
Zahlungsanspruch (BSG, Urteil vom 8. März 2017, a.a.O., juris, RdNr. 13).
Die vom Kläger vorgenommene Klageänderung gemäß §
99 SGG ist gemäß §
99 Abs.
1 SGG zulässig, da das Sozialgericht die Änderung für sachdienlich erachtet hat und eine Einwilligung des Beklagten gemäß §
99 Abs.
2 SGG anzunehmen ist, da dieser sich in der mündlichen Verhandlung beim Sozialgericht auf den auf die Leistungsklage geänderten
Antrag eingelassen und vorbehaltlos die Klageabweisung beantragt hat.
Der Beklagte ist der sachlich und örtlich zuständige Sozialhilfeträger in Bezug auf die streitgegenständlichen Leistungen
der Eingliederungshilfe für F. Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus § 98 Abs. 2 S. 1 SGB XII. Danach ist für die stationären Leistungen der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich die Leistungsberechtigten
ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung haben oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme
zuletzt gehabt hatten. Hier lebte F. vor der Aufnahme in das vom Kläger betriebene Wohnheim „H.haus“ langjährig in D. mit
der Folge der Zuständigkeit der Stadt D. bzw. ab dem 1. Juli 2007 (Kreisreform) der Stadt D. Die sachliche Zuständigkeit bestimmt
sich nach § 97 Abs. 2 SGB XII i.V.m. § 3 Nr. 1 des Gesetzes zur Ausführung des SGB XII (AG SGB XII - vom 11. Januar 2005, GVBl. LSA 2005, S. 8, in der hier noch anwendbaren bis zum 31. Dezember 2019 geltenden Fassung).
F. erfüllte die personenbezogenen Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII, wonach Leistungen der Eingliederungshilfe - als gebundene Leistungen - (nur) an Personen erbracht werden, die durch eine
Behinderung im Sinne des § 2 Abs. 1 S. 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen -[SGB
IX] in der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden hier anwendbaren Fassung) wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft
teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, wenn und solange nach der Besonderheit
des Einzelfalls, insbesondere nach Art und Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe
erfüllt werden kann. F. war insbesondere durch die zumindest mittelgradige Intelligenzminderung nach frühkindlicher Hirnschädigung
mit Anpassungs- und Verhaltensstörungen und einer senilen Demenz wesentlich geistig behindert. Zu einem eigenständigen Leben
war er nicht in der Lage. Nur aufgrund der langjährigen umfassenden Betreuung, der Teilnahme an der Fördergruppe und den übrigen
tagesstrukturierenden Angeboten war es F. möglich, am Leben in der Gemeinschaft teilzuhaben.
Die Voraussetzungen für einen Schuldbeitritt für Leistungen der Eingliederungshilfe der schweren/schwersten Pflege im Leistungstyp
2a waren jedoch hier im umstrittenen Zeitraum nicht nachweislich erfüllt. Insoweit kommt es - anders als der Kläger meint
- nicht auf den Eintritt einer wesentlichen Besserung im Gesundheitszustand von F. an, sondern der Beklagte war berechtigt,
für jeden Bewilligungszeitraum erneut zu prüfen, ob und gegebenenfalls welche Leistungen der Eingliederungshilfe zu gewähren
waren. Nur für den Bewilligungszeitraum bis einschließlich Januar 2011 war der Vergütungssatz der schweren/schwersten Pflege
zuerkannt worden. Ab Februar 2011 erfolgte für den sich anschließenden Bewilligungszeitraum eine gesonderte Prüfung.
Bei der vom Kläger betriebenen Einrichtung „H.haus“ handelt es sich um ein Wohnheim für Erwachsene mit wesentlichen geistigen
und geistigen und mehrfachen Behinderungen entsprechend dem Leistungstyp 2a. Hierzu ist in der Anlage B gemäß § 4 Abs. 2 zum hier maßgeblichen Rahmenvertrag nach § 79 SGB XII zur Zielgruppe angegeben, dass hierzu Menschen gehörten, die je nach ihren individuellen Beeinträchtigungen dauerhaft mindestens
auf Anleitung und teilweise stellvertretende Ausführungen bei der individuellen Basisversorgung einschließlich pflegerischer
Hilfen, bei der Haushaltsführung, individuellen und sozialen Lebensgestaltung, Kommunikation mit der Umwelt, Freizeitgestaltung,
Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft und auf psychosoziale Hilfen angewiesen seien. Es sei von folgendem personengebundenen
durchschnittlichen Betreuungsbedarf auszugehen: In Bezug auf Arbeit und Beschäftigung (Ziff. a) zeigen die Leistungsberechtigten
nur geringe eigene Aktivitäten bzw. sind sehr labil; Unterstützung und Hilfe sind während des gesamten Arbeit- und Beschäftigungsprozesses
erforderlich. Selbstständigkeit in der individuellen Lebensführung ist nicht vorhanden; Anleitung, Assistenz und Beratung
(d.h. lebenspraktische Anleitung [Ziff. b]) werden im Sinne einer Vollversorgung benötigt. Zu den besonderen psychosozialen
Hilfen (Ziff. c) ist angegeben, dass die Leistungsberechtigten weitestgehend nicht in der Lage seien, ihre psychischen Probleme
zu bewältigen, einer intensiven Beratung, Anleitung und Förderung zum Aufbau und zur Stabilisierung ihrer Fähigkeiten benötigten
und dieser Prozess der ständigen Begleitung bedürfe. Hinsichtlich pflegerischer Hilfen (Ziff. d) hätten die Leistungsberechtigten
einen hohen Hilfebedarf, da sie im Bereich der Pflege nur geringe Ansätze von Selbstständigkeit zeigten und pflegerische Maßnahmen
ständig erforderlich seien. Auch in den Bereichen Bildung (Ziff. e) und Freizeit (Ziff. f) wird davon ausgegangen, dass die
Leistungsberechtigten nur geringe Aktivitäten zeigen und deshalb regelmäßiger Begleitung, intensiver Beratungen und Förderung
bedürfen. Dabei wird für die Betreuungsbedarfe der Ziffern a, c bis f jeweils die Stufe 3 und für den Betreuungsbedarf der
Ziff. b die Stufe 4 ausgehend von der Skala Stufe 0 bis Stufe 4 als regelhaft und damit im höchstmöglichen bzw. erheblichen
Umfang angegeben.
In der Anlage H des Rahmenvertrages wird sodann zum Personalschlüssel für stationäre Langzeiteinrichtungen für geistig und
mehrfach Behinderte geregelt, dass im Bereich Betreuung und Pflege grundsätzlich der Schlüssel 1:2,0 gelte. Nur für Fälle
mit einem besonderen Betreuungsbedarf gelte der Schlüssel 1:1,5. Der besondere Betreuungsbedarf begründe sich insbesondere
durch Kriterien wie die Unfähigkeit der selbstständigen Nahrungsaufnahme, die Unfähigkeit sich allein fortzubewegen, eine
vollkommene Orientierungslosigkeit, eine akute Eigen- und Fremdgefährdung sowie eine Inkontinenz tags- und nachtsüber. Der
Bedarf an Betreuung und Pflege müsse so groß sein, dass der Behinderte rund um die Uhr betreut werden müsse. Die Gesamtbeurteilung
des Betreuungsbedarfes müsse den Schlüssel 1:1,5 rechtfertigen. Die Zuordnung geschehe auf der Grundlage der Beurteilung der
Einrichtung, die amtsärztlich bzw. fachärztlich zu bestätigen sei.
Unter Zugrundelegung des Vorstehenden waren die Kriterien für das Erfordernis einer schweren und schwersten Pflege jedenfalls
im hier maßgeblichen Zeitraum vom 1. Februar 2011 bis zum 31. Januar 2014 nicht erfüllt. Der Senat stützt sich insoweit auf
die Feststellungen durch die Amtsärztin P. vom 23. Mai 2011 und 13. August 2012. Danach verfügte F. über ein kleinschrittiges,
ataktisches Gangbild und konnte sich mit einem Rollator innerhalb des Hauses fortbewegen. Er war auf der Stationsebene vom
Zimmer bis zum Wohnzimmer orientiert. Mundgerecht zubereitete Nahrung konnte er zu sich nehmen. Das eigenständige Aufsuchen
der Toilette war ihm möglich. Insoweit haben hier die Feststellungen der Amtsärztin die Angaben der Betreuungspersonen in
der Einrichtung vom 1. April 2011 nicht bestätigt. Denn in dem von den dortigen Mitarbeitern ausgefüllten Erhebungsbogen ist
angekreuzt, dass sowohl bei der Nahrungsaufnahme, beim Gehen mit Hilfsmitteln sowie bei Urin- und Stuhlinkontinenz „volle
Hilfe“ erforderlich sei. Unter Zugrundelegung der Beobachtungen der Amtsärztin wäre im Ankreuzbogen der Einrichtung zutreffend
das Kriterium „Kontrolle erforderlich“ oder allenfalls „Teilhilfe“ in Bezug auf die vorgenannten Kriterien zutreffend gewesen.
Tatsächlich war F weder unfähig, sich allein fortzubewegen noch nicht in der Lage, eigenständig Nahrung zu sich zu nehmen.
Er war auch nicht vollkommen orientierungslos und gefährdete akut weder sich noch andere. Schließlich war er nicht tags- und
nachtsüber inkontinent. Der Senat legt deshalb (nur) die von der Amtsärztin getroffenen Feststellungen hinsichtlich der Feststellung
der einzelnen Kriterien zugrunde, nicht jedoch ihre Gesamtbewertung des Betreuungsbedarfs, mit der sie die Angaben der Einrichtung
zur Ermittlung des Pflege- und Betreuungsaufwandes bestätigt. Die Ausführungen der Amtsärztin, dass einem Umzug in eine Pflegeeinrichtung
aus ärztlicher Sicht nicht zugestimmt werden könne, da F. mit einer sehr komplex veränderten Situation und komplett neuen
Bezugspersonen nicht klarkäme, ist für die hier zu treffende Beurteilung des besonderen Betreuungsbedarfs anhand der aufgeführten
Kriterien der Zuordnung zur schweren und schwersten Pflege und die vorzunehmende Gesamtbeurteilung nicht maßgeblich.
Die Beobachtungen bei der Vorort-Begutachtung am 4. August 2011 durch Dipl.-Soz. Arb (FH) S. haben die amtsärztlichen Feststellungen
zu den tatsächlichen körperlichen und geistigen Einschränkungen bestätigt. Auch dort konnte sich der F. mit Hilfe eines Rollators
innerhalb des Wohnbereichs bewegen, war in diesem Bereich orientiert und wies keine Eigen- oder Fremdgefährdung auf. Er war
auch zu seiner Person sowie zeitlich und örtlich orientiert. Es bestand weder eine Harn- noch Stuhlinkontinenz, die Durchführung
der Toilettengänge erfolgte selbstständig, bedurfte allerdings der Aufforderung und Begleitung. Die Greiffunktion der Hände
war gegeben, Koordinationsstörungen sowie eine Störung der Feinmotorik, ein Tremor oder Lähmungen konnten nicht beobachtet
werden. Die zubereiteten Mahlzeiten konnte er allein einnehmen. Soweit Dipl.-Med. P. anlässlich der Begutachtung am 13. August
2012 angegeben hat, F. habe den Anlass der Begutachtung nicht einordnen können, sei nicht ausreichend zu Ort, Zeit und Person
orientiert gewesen und habe nur mit einiger Mühe aufgefordert werden können, zwecks Begutachtung in sein Zimmer zu folgen,
steht dies nicht entgegen. Denn zum Zeitpunkt der Begutachtung befand sich F. in der Tagesförderung, was die Amtsärztin in
der Problematik besonders hervorgehoben hat. Er habe zunächst die Toilette aufsuchen müssen und sich in erster Linie dafür
interessiert, schnell wieder zur Tagesförderung zu kommen bzw. zum Mittagessen. In sämtlichen Entwicklungsberichten seit 1997
ist darauf hingewiesen worden, dass F. großen Wert auf einen strukturierten Tagesablauf, Pünktlichkeit und Regelmäßigkeit
lege und durch die Nichteinhaltung der Routine mit Nervosität und Unruhe reagiere. Insoweit ist verständlich und nachvollziehbar,
dass F. aufgrund der Herausnahme aus der Tagesförderung an der Begutachtung nicht mitwirken wollte, sondern bestrebt war,
zurück in die Tagesförderung zu gelangen und das anstehende Mittagessen zu sich zu nehmen. Sein Verhalten bestätigt damit
vielmehr, dass er zeitlich und örtlich durchaus orientiert war und gerade keine vollkommene Orientierungslosigkeit bestand.
Auch der Umstand, dass er zunächst die Toilette aufsuchen wollte, bestätigt das Fehlen von Inkontinenz.
Selbst wenn von einem Anspruch auf den Schuldbeitritt zu Leistungen der Eingliederungshilfe der schweren/schwersten Pflege
im Leistungstyp 2a auszugehen wäre - was nach Auffassung des Senats, wie vorstehend ausgeführt, nicht der Fall ist -, stünde
dem geltend gemachten Zahlungsanspruch entgegen, dass der Kläger als Rechtsnachfolger von F. einen Anspruch auf Übernahme
nur solcher Kosten hat, die dieser selbst der Einrichtung schuldete (vgl. Urteil des BSG vom 2. Februar 2010, a.a.O., RdNr. 12). Hier ist nicht ersichtlich, auf welcher Rechtsgrundlage F. zur Zahlung des Entgelts
für schwere/schwerste Betreuung im streitigen Zeitraum vom 1. Februar 2011 bis zum 31. Januar 2014 - zumindest ab dem 1. April
2011 - verpflichtet gewesen wäre.
Die Erhöhung des Entgeltes ab dem 2. Februar 2007 mit der Einstufung in die Gruppe schwere/schwerste Pflege ist - nach Angaben
des Klägers - aufgrund des Bescheides vom 8. Mai 2007 vorgenommen worden. Dieser Bescheid bezog sich ausdrücklich auf den
Leistungszeitraum bis zum 31. Januar 2011, d.h. die Einstufung endete mit Ablauf des Bewilligungszeitraumes. Für den Folgezeitraum
und damit den hier umstrittenen Bewilligungszeitraum hat der örtliche Sozialhilfeträger bereits vor Erlass des Bewilligungsbescheides
auf die von ihm durchgeführte Überprüfung der Einstufung hingewiesen und sowohl den Hilfeempfänger als auch den Kläger regelmäßig
über seine Ermittlungen informiert. Der Kläger hatte nach Erlass des Bescheides vom 30. Juni 2011 am 18. Juli 2011 den örtlichen
Sozialhilfeträger darauf hingewiesen, (nur) vom 1. Februar bis zum 31. März 2011 weiterhin die Leistungen für F. entsprechend
des Entgeltsatzes „schwere/schwerste Pflege“ erbracht zu haben, (nur) insoweit in Vorleistung getreten zu sein und die Nachzahlung
des Differenzbetrages von der mittleren zur schweren/schwersten Pflege (nur) für die Monate Februar und März 2011 zu erwarten.
Schließlich ist auch die Höhe des von F. geschuldeten monatlichen Entgelts für den streitigen Zeitraum vom 1. Februar 2011
bis zum 31. Januar 2014 nicht mehr zu ermitteln. Die nach § 6 Abs. 1 S. 2 des im hier streitigen Zeitraum maßgebenden Heimvertrages
vom 31. März 2003 erforderlichen Abrechnungen der Entgelte wurden nach Angaben der geschäftsführenden Geschäftsführerin der
Einrichtung nicht erstellt. Deshalb kann auch nicht mehr nachvollzogen werden, ob die Abwesenheitstage von F. entsprechend
der Nr. 4 der Anlage F gemäß § 7 Abs. 9 zum Rahmenvertrag nach § 79 SGB XII rechnerisch zutreffend umgesetzt und gegebenenfalls nach § 6 Abs. 2 S. 2 und 3 des Heimvertrages aufgetretene Differenzen zutreffend ausgeglichen wurden.
Wann der Betreuerin von F. die einseitigen Erhöhungserklärungen gemäß § 7 des Heimvertrages vom 31. März 2003 zugegangen sind,
ist ebenfalls nicht mehr festzustellen gewesen. Der Beklagte hat insoweit zutreffend darauf hingewiesen, dass gemäß § 7 Abs.
2 S. 1 des Heimvertrages die Einrichtung, d.h. der Kläger, gegenüber der Bewohnerin/dem Bewohner die Erhöhung des Entgelts
spätestens vier Wochen vor dem Zeitpunkt, an dem sie wirksam werden soll, schriftlich geltend zu machen und zu begründen hat.
Das Erfordernis der einseitigen Anpassungserklärung, das in § 7 des Heimvertrages vom 31. März 2003 vereinbart wurde, entspricht
den Regelungen in § 8 Abs. 2 Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz ([WBVG] in der vom 1. Oktober 2009 bis zum 31. Dezember 2019 geltenden und damit hier anwendbaren Fassung). Für die ab dem
4. Januar 2012 geltend gemachte Entgelterhöhung liegt auch bereits nach Auswertung der vom Kläger vorgelegten Kopien keine
einseitige Erhöhungserklärung vor. Die Erhöhungserklärung vom 22. April 2013 stellt auf die vereinbarte Erhöhung des Leistungsentgeltes
mit dem zuständigen Sozialhilfeträger vom gleichen Tag ab und nimmt Bezug auf einen vormaligen Vergütungssatz i.H.v. 115,01
€. Wann die Erhöhungsmitteilung als Folge der Schiedsstellenentscheidung vom 28. August 2013 auf den Vergütungssatz von 122,52
€ der Betreuerin von F. bekannt gegeben wurde, ist offengeblieben. Für den Zeitraum ab 1. Januar 2014 ist bereits keine Kopie
einer behaupteten Erhöhungserklärung vorgelegt worden.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 Abs.
1 SGG. Das Verfahren ist für den Kläger gerichtskostenfrei; dies ergibt sich aus §
183 S. 1 und 3
SGG. Nach §
183 S. 3
SGG steht den in Satz 1 genannten Personen (hier: Leistungsempfänger) derjenige gleich, der im Falle des Obsiegens zu diesen
Personen gehören würde. Da sich der Kläger eines Rechts als Sonderrechtsnachfolger nach dem verstorbenen Hilfebedürftigen
berühmt, ist er hiernach kostenrechtlich mit diesem gleichzustellen (BSG, Urteil vom 13. Juli 2010 - B 8 SO 13/09 R -, juris, RdNr. 18).
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von §
160 Abs.
2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von
einer Entscheidung der in §
160 Abs.
2 Nr.
2 SGG genannten Gerichte abweicht.