Zulässigkeit einer Entscheidung des Landessozialgerichts über erstmals im Beschwerdeverfahren gestellte weitere Anträge
Gründe:
Die am 23. November 2011 bei dem Thüringer Landessozialgericht eingelegte Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss
des Sozialgerichts Gotha vom 7. November 2011 mit dem verbliebenen sinngemäßen Antrag,
den Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 7. November 2011 abzuändern und den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung
zu verpflichten, darlehensweise die Maklercourtage in Höhe von 559,30 Euro für die Beschaffung der ab 1. September 2011 angemieteten
Wohnung zu übernehmen, sowie
den weiteren erstmals in der Beschwerde gestellten sinngemäßen Anträgen,
die aufschiebende Wirkung der Klagen a) gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 3. Januar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 3. Februar 2012 festzustellen, bzw. hilfsweise anzuordnen sowie b) gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 29. November
2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Dezember 2011 und in der Fassung des Überprüfungsbescheids vom 2. Januar
2012 anzuordnen, soweit die Übernahme der Heizkosten und dezentralen Wasserversorgung ab 1. Januar 2012 entzogen ist, und
aufgrund der vorbenannten Bescheide ab dem 1. Januar 2012 einbehaltene Leistungen auszuzahlen,
hat keinen Erfolg.
Bei verständiger Auslegung ist das Begehren des Antragstellers in der Beschwerde so zu verstehen, dass es sich zunächst gegen
den Beschluss des SG wendet, soweit er eine einstweilige Anordnung zum anhängigen Klageverfahren mit dem Az.: S 22 AS 4905/11 wegen der darlehensweisen Übernahme der Maklerprovision abgelehnt hat, während die zunächst gleichzeitig begehrte darlehensweise
Übernahme der Mietkaution in Höhe von 470 Euro nicht mehr gegenständlich erfasst ist, weil der Antragsgegner insoweit dem
Begehren des Antragstellers mit Bescheid vom 3. Januar 2012 entsprochen hat.
Erstmalig in der Beschwerde begehrt der Antragsteller darüber hinaus einstweiligen Rechtsschutz, weil der Antragsgegner mit
Bescheid vom 3. Januar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. Februar 2012 den Darlehensrückzahlungsanspruch
ab dem 1. Februar 2012 gegen das laufend gewährte Arbeitslosengeld II in Höhe von 37,40 Euro monatlich aufrechnet, und mangels
behaupteter Mitwirkung des Antragstellers die Übernahme der Kosten für Heizung und dezentrale Warmwasserbereitung ab dem 1.
Januar 2012 entgegen dem Bewilligungsbescheid vom 25. Oktober 2010 für den Zeitraum vom 1. November 2011 bis 30. April 2012
entzogen hat.
Der einstweilige Rechtsschutz richtet sich insoweit nach §
86b Abs.
1 SGG - Feststellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung -, weil der Antragsteller in der Hauptsache allein durch Anfechtung
der vorbenannten Bescheide sein Rechtsschutzziel erreichen kann. Würden Aufrechnungs- und Entziehungsbescheid aufgehoben,
lebte der Bewilligungsbescheid vom 25. Oktober 2010 für den Zeitraum vom 1. Januar 2012 bis 30. April 2012 in voller Höhe
wieder auf. Die Auszahlungsbefugnis für bereits einbehaltene Leistungen ergäbe sich aus §
86b Abs.
1 S. 2
SGG.
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere statthaft, weil der Antragsteller sich zunächst mit der Beschwerde gegen den Beschluss
des SG gewendet hat, soweit einstweiliger Rechtsschutz hinsichtlich Mietkaution und Maklerprovision abgelehnt ist. Die erforderliche
Beschwer nach §§
172 Abs.
3 Nr.
1,
144 Abs.
1 S. 1 Nr.
1 SGG ist damit erreicht, weil Leistungen für mehr als 750 Euro ursprünglich erfasst gewesen sind. Soweit der Antragsteller später
wegen der Übernahme der Mietkaution durch den Antragsgegner die Beschwerde beschränkt hat, ist das für ihre Statthaftigkeit
unschädlich, weil auf den Zeitpunkt abzustellen ist, zu dem der Antragsteller die Beschwerde eingelegt hat.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des SG hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß §
142 Abs.
2 S. 3
SGG auf die zutreffenden Gründe des SG verwiesen, nach denen zusammengefasst selbst bei einem offenen Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache, ein Anordnungsgrund
für eine vorläufige Entscheidung zu Gunsten des Antragstellers nicht zu erkennen ist, weil der Vermieter die Maklerprovision
für den Antragsteller verauslagt hat, ohne dass deshalb derzeit unzumutbare Nachteile des Antragstellers für das Mietverhältnis
dargelegt oder sonst erkennbar sind.
Die erstmals in der Beschwerde gestellten Anträge sind hingegen bereits als unzulässig abzulehnen. Gemäß §
29 Abs.
1 SGG entscheidet das Landessozialgericht nur über Berufungen gegen Urteile und Beschwerden gegen andere Entscheidungen der Sozialgerichte,
soweit nicht ausnahmsweise eine erstinstanzliche Zuständigkeit nach §
29 Abs.
2 SGG begründet ist, die vorliegend nicht in Betracht kommt.
Die instanzielle Zuständigkeit ist danach nicht gewahrt, weil in der ersten Instanz die Anträge nicht anhängig gewesen sind
und das SG daher nicht über sie entschieden hat.
Eine Einbeziehung weiterer einstweiliger Rechtsschutzbegehren für andere Hauptsacheverfahren ist auch nicht entsprechend §§
153 Abs.
1,
99 SGG zuzulassen, falls der Antrag, über den in der ersten Instanz entschieden ist, danach prozessual zulässig erweitert werden
kann. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die unmittelbar nur für Klage und Berufung geltenden Regelungen für eine zulässige
Antragserweiterung überhaupt auf das einstweilige Rechtsschutzverfahren zu übertragen sind. Denn selbst wenn eine Antragserweiterung
prozessual zulässig ist, entbindet das nicht davon, auch die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen zu prüfen, zu denen auch
die instanzielle Zuständigkeit nach §
29 SGG gehört (BSG, 31.7.2002 - B 4 RA 3/01, juris).
Eine Einbeziehung kommt auch nicht über §
153 Abs.
1,
96 Abs.
1 SGG in Betracht, weil in den zugrundeliegenden Hauptsachesacheverfahren der Aufrechnungs- und Versagungsbescheid des Antragsgegners
seinen Ablehnungsbescheid hinsichtlich der darlehensweisen Übernahme der Mietkaution weder ändert oder ersetzt und damit nicht
Gegenstand der letztgenannten Klage werden kann, selbst wenn alle Klagen in einem Rechtsstreit im Wege der objektiven Klagehäufung
erhoben sein sollten.
Der Antragsteller ist insoweit gehalten, einstweiligen Rechtsschutz bei dem instanziell zuständigen SG zu beantragen.
Die Kostenentscheidung beruht auf dem Ausgang der Beschwerde entsprechend §
193 Abs.
1 S. 1
SGG. Berücksichtigt ist dabei, dass der Antragsgegner nach Einlegung der Beschwerde dem Begehren des Antragstellers hinsichtlich
der Mietkaution in der Hauptsache entsprochen hat.
Der Senat hat davon abgesehen, dem Antragsgegner die Schreiben des Antragstellers vom 6. Januar 2012 und 8. Februar 2012 vorab
zur Kenntnis zu übersenden, weil er durch die Entscheidung insoweit nicht beschwert wird.
Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§
177 SGG).