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BAG, Urteil vom 18.09.2019 - 5 AZR 240/18
Annahmeverzug des Arbeitgebers im ungekündigten Arbeitsverhältnis Transparenzgebot und Bestimmtheitsgebot in arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklauseln Wahrung tariflicher Ausschlussfristen durch Klageerhebung auf vertragsgemäße Beschäftigung
Mit einer Klage auf vertragsgemäße Beschäftigung macht der Arbeitnehmer zugleich die für diese Beschäftigung vereinbarten Entgeltansprüche im Sinne der ersten Stufe einer (tarif-)vertraglichen Ausschlussfrist geltend.
Orientierungssätze:
1. Wendet sich ein Arbeitnehmer gerichtlich gegen eine unwirksame Versetzung, liegt in der Klage auf Beschäftigung zugleich eine Geltendmachung der für diese Tätigkeit vereinbarten Entgeltansprüche im Sinne der ersten Stufe einer (tarif-)vertraglichen Ausschlussfrist. Dies gilt jedoch nicht für Ansprüche, die nicht vom Ausgang dieser Klage abhängen, wie Zahlungsansprüche, die nicht aus der vertragsgemäßen Beschäftigung folgen, sondern zusätzlich beispielsweise auf eine unrichtige Eingruppierung gestützt werden (Rn. 43).
2. Mit einer zulässigen Berufung gelangt der gesamte aus den Akten ersichtliche Prozessstoff des ersten Rechtszugs in die Berufungsinstanz. Dies gilt selbst dann, wenn ihn das Arbeitsgericht als nicht erheblich betrachtet und es deshalb keine Feststellungen getroffen hat (Rn. 27).
1. Der Arbeitgeber kommt in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt. Der Arbeitnehmer muss die Leistung grundsätzlich tatsächlich anbieten. Ein wörtliches Angebot des Arbeitnehmers genügt, wenn der Arbeitgeber ihm zuvor erklärt hat, er werde die Leistung nicht annehmen oder er sei nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer zu beschäftigen.
2. Die Bezugnahme auf eine tarifrechtliche Bestimmung im Arbeitsvertrag genügt dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. Eine dynamische Verweisung auf Vorschriften eines anderen Regelwerks führt für sich genommen nicht zur Intransparenz, da die im Zeitpunkt der jeweiligen Anwendung geltenden, Bezug genommenen Regelungen eindeutig und klar bestimmbar sind.
3. Tarifvertragliche Ausschlussfristen, die eine rechtzeitige gerichtliche Geltendmachung vorsehen, sind verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass die vom Erfolg der Bestandsstreitigkeit abhängigen Ansprüche bereits mit der Klage gerichtlich geltend gemacht sind. Dies gilt gleichermaßen, wenn der Arbeitnehmer sich mit einem Leistungsantrag gerichtlich auf vertragsgemäße Beschäftigung gegen eine unwirksame Versetzung wendet. Damit macht er - für den Arbeitgeber erkennbar - jedenfalls zugleich Ansprüche im Sinne der ersten Stufe einer Ausschlussfrist geltend, die aus dieser Beschäftigung folgen.
Fundstellen: AP BGB § 615 Nr. 157, AuR 2020, 142, BAGE 168, 25, BB 2020, 243, EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 221, EzA ZPO 2002 § 529 Nr. 1, EzA-SD 2020, 4, MDR 2020, 294, NJW 2020, 794, NZA 2020, 174
Normenkette:
BGB § 293
,
BGB § 294
,
BGB § 295
,
BGB § 307 Abs. 1 S. 2
,
BGB § 611 Abs. 1
,
BGB § 611a Abs. 2
,
BGB § 615 S. 1
,
GewO § 106 Abs. 1
,
TV-Ärzte § 37 Abs. 1
Vorinstanzen: LAG Düsseldorf 14.03.2018 7 Sa 464/17 , ArbG Essen 24.03.2017 3 Ca 3018/11
1. Auf die Revision der Klägerin wird festgestellt, dass das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 14. März 2018 - 7 Sa 464/17 - insoweit gegenstandslos ist, als es die Berufung der Klägerin wegen Annahmeverzugsansprüchen für den Monat Juni 2010 zurückgewiesen hat.
2. Im Übrigen wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 14. März 2018 - 7 Sa 464/17 - aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen, soweit es die Berufung der Klägerin hinsichtlich der eingeklagten Annahmeverzugsvergütung vom 1. Juli 2010 bis zum 30. April 2011 zurückgewiesen hat.
Von Rechts wegen!

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