Rückgriffs der Staatskasse gegen den Betroffenen wegen Betreuungskosten
Gründe
I.
Das Vormundschaftsgericht bewilligte am 28.9.2000 dem Betreuer der Betroffenen aus der Staatskasse eine Entschädigung in Höhe
von 5615,96 DM. Zugleich lehnte es ab, Zahlungen festzusetzen, die die Betreute an die Staatskasse zu leisten hat. Hiergegen
legte die Staatskasse sofortige Beschwerde ein mit dem Antrag, die Betreute zu verpflichten, im Wege des Rückgriffs monatliche
Raten von 400 DM an die Staatskasse zu zahlen.
Das Landgericht hat das Rechtsmittel am 7.6.2001 zurückgewiesen. Mit der zugelassenen sofortigen weiteren Beschwerde verfolgt
die Staatskasse das Ziel, die Betroffene zu monatlichen Ratenzahlungen in Höhe von 200 DM zu verpflichten.
II.
Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Das Landgericht hat ausgeführt, eine monatliche Zahlungsverpflichtung der Betroffenen an die Staatskasse komme nicht in
Betracht. Die Betroffene habe ein monatliches Einkommen in Höhe von 2162,94 DM, sofern man Leistungen der Pflegeversicherung
(monatlich 750 DM) außer Betracht lasse, andernfalls in Höhe von 2912,94 DM. Die maßgebende Einkommensgrenze der Betroffenen
liege in Anbetracht ihrer Pflegebedürftigkeit und der Kosten der Unterkunft bei 2080,50 DM. Das tatsächliche Einkommen übersteige
die Einkommensgrenze daher um 82,44 DM bzw. bei Berücksichtigung der Pflegeversicherung als Einkommen um 832,44 DM. Die besonderen
Belastungen der Betroffenen lägen jedoch höher. Die Kosten der ambulanten Pflege machten 1590 DM aus. Selbst wenn man hierbei
den Unterschiedsbetrag zwischen dem erhöhten Freibetrag gemäß § 81 Abs. 1
BSHG und dem Freibetrag nach § 79 Abs. 1 Nr. 1
BSHG abziehe, da der erhöhte Freibetrag bereits einen Mehrbedarf für die Pflege berücksichtige, überstiegen die besonderen Belastungen
den Überschuss des tatsächlichen Einkommens über die Einkommensgrenze. Der pflegebedingte Mehrbedarf mache 1064 DM bzw. bei
einem Abzug der Leistungen der Pflegeversicherung 314 DM aus. Auf die Frage, ob Leistungen der Pflegeversicherung als Einkommen
zu berücksichtigen seien, komme es daher nicht an.
2. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1
FGG, §
550
ZPO) stand.
a) Das Gericht bestimmt Höhe und Zeitpunkt der Zahlungen, die der Betreute gemäß § 1908i Abs. 1 Satz 1 i.V.m. §§ 1836c, 1836e
BGB an die Staatskasse zu leisten hat (§ 69e Satz 1 i.V.m. § 56g Abs. 1 Satz 2 FGG). Ein solcher Regress setzt die Leistungsfähigkeit des Betreuten voraus, der nach §
1836c Nr. 1
BGB auch sein Einkommen, soweit es die nach den Vorschriften des BSHG maßgebende Einkommensgrenze für Hilfe in besonderen Lebenslagen übersteigt, nach Maßgabe des § 84
BSHG für die Kosten der Betreuung einzusetzen hat. Das Gericht muss demzufolge feststellen, über welches Einkommen der Betreute
verfügt, ob dieses die maßgebende Einkommensgrenze übersteigt und gegebenenfalls inwieweit es dem Betroffenen zuzumuten ist,
den die Einkommensgrenze übersteigenden Anteil seines Einkommens für die Kosten der Betreuung einzusetzen (vgl. BayObLGZ 1999,
362/363 f. m.w.N.). Bei dem letzten Schritt der Prüfung sind auch besondere Belastungen des Betroffenen (vgl. § 84 Abs. 1 Satz 2 BSHG) zu berücksichtigen.
b) Diese Grundsätze hat das Landgericht beachtet.
Das monatliche Einkommen der Betroffenen und die maßgebliche Einkommensgrenze hat es zutreffend festgestellt.
Auch die Prüfung, in welchem Umfang besondere Belastungen nach § 84 Abs. 1 Satz 2 BSHG zu berücksichtigen sind, weist keinen Rechtsfehler auf. Notwendige Aufwendungen für eine Krankheit oder Behinderung stellen
besondere Belastungen dar (vgl. Knittel Betreuungsgesetz §
1836c
BGB Rn. 8; Oestreicher/Schelter/Kunz BSHG § 84 Rn. 8; Schellhorn/Jirasek/Seipp BSHG 15. Aufl. § 84 Rn. 14).
Das Beschwerdegericht hat auch zutreffend aufgezeigt, dass es im Ergebnis nicht auf die Frage ankommt, ob Leistungen der Pflegeversicherung
Einkommen im Sinne des §
1836c Nr. 1
BGB sind (so BayObLGZ'1999, 362/364; a.A. LG Koblenz FamRZ 2001, 308/309; Jürgens BtPrax 2000, 71; Jürgens/Winterstein BtR 2. Aufl. §
1836c
BGB Rn. 4 unter Hinweis auf §
13 Abs.
5 Satz 1 SGB XI). Setzt man nämlich einerseits die Leistungen der Pflegeversicherung als Einkommen an, so erhöhen sich zwangsläufig
in gleicher Höhe auch die besonderen Belastungen, da diese dann in Höhe der Leistung der Pflegeversicherung als aus dem Einkommen
bestritten anzusehen sind.
Die sofortige weitere Beschwerde kann sich schließlich nicht darauf berufen, dass Pflegekosten nur insoweit als besondere
Belastungen anzusehen sind, als sie über die Einkommensgrenze hinausgehen. Soweit der Senat bezüglich Heimkosten eine entsprechende
Überlegung angestellt hat (vgl. BayObLGZ 1999, 362/366), ist dies auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Der damalige
Beschluss betraf eine Beschwerdeentscheidung, in welcher die gesamten Heimkosten pauschal als besondere Belastungen angesehen
worden waren, obwohl damit praktisch sämtliche Bedürfnisse des Betroffenen abgegolten worden waren, auch solche, die ein Sozialhilfeempfänger
aus dem Grundbetrag gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 1, § 81 Abs. 1
BSHG zu bestreiten hätte. Dagegen betreffen die im vorliegenden Fall geltend gemachten besonderen Belastungen nur einzelne Bedürfnisse.
Die insoweit auch durch den Grundbetrag abgedeckten Ausgaben hat das Landgericht berücksichtigt. Denn es hat die ersparten
Aufwendungen für Essen abgezogen und in Rechnung gestellt, dass mit der Erhöhung des Grundbetrages (§ 81 Abs. 1
BSHG) auch Aufwendungen für die Pflege abgegolten werden sollen.