Formularmäßige Vereinbarung einer Verpflichtung zur Vornahme von Schönheitsreparaturen nach Beendigung eines Wohnrum-Mietverhältnisses
Tatbestand:
Die Kläger sind Mieter, der Beklagte ist Vermieter der im Tenor genannten Wohnung in B.. Der Mietvertrag vom 2. Mai 2005 enthält
zu Schönheitsreparaturen nur folgende Regelung (§ 14 Nr. 2):
"Bei Auszug ist die Wohnung fachgerecht renoviert gem. Anlage zurückzugeben."
In der Anlage zum Mietvertrag heißt es unter Nr. 10:
"Zustand der Mieträume: Die Wohnung wird in einem einwandfrei renovierten Zustand übergeben. Bei Auszug ist die Wohnung fachgerecht
renoviert zurückzugeben. Die Wände sind mit Rauhfaser tapeziert und weiß gestrichen. Die Türzargen, Fensterrahmen und Heizkörper
sind weiß lackiert. Teppichboden ist fachmännisch zu reinigen."
Die Kläger haben unter anderem die Feststellung begehrt, dass Nr. 10 der Anlage zum Mietvertrag unwirksam sei mit der Folge,
dass die Kläger zur Vornahme von Schönheitsreparaturen nicht verpflichtet seien. Das Amtsgericht hat die Klage mangels Feststellungsinteresses
als unzulässig abgewiesen. Die Berufung der Kläger ist erfolglos geblieben. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision
verfolgen die Kläger ihr Klagebegehren insoweit weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg. Über das Rechtsmittel ist antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu entscheiden, da der Beklagte in
der mündlichen Verhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht anwaltlich vertreten war. Inhaltlich beruht das Urteil indessen
nicht auf der Säumnis des Beklagten, sondern auf einer Sachprüfung (vgl. BGHZ 37, 79, 82 f.).
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für die Revisionsinstanz noch von Interesse, ausgeführt:
Die Kläger hätten zwar mit der Absicht, die Wohnung aufzugeben, ein Feststellungsinteresse dargetan. Ein Feststellungsanspruch
bestehe jedoch nicht, weil die Klausel wirksam sei. Die formularmäßige Abwälzung der nach §
535 Abs.
1 Satz 2
BGB dem Vermieter obliegenden Schönheitsreparaturen auf den Mieter sei grundsätzlich unbedenklich und benachteilige den Mieter
nicht unangemessen im Sinne des §
307 BGB. Dabei sei auch regelmäßig eine formularmäßige Verpflichtung des Mieters zur Endrenovierung möglich.
Entgegen der Ansicht der Kläger liege keine unwirksame Bedarfsklausel vor. Die Formulierung von § 14 des Mietvertrages und
Nr. 10 der Anlage mache unmissverständlich deutlich, dass der Mieter bei Ende des Mietverhältnisses nicht unbedingt und ohne
Rücksicht auf die seit Mietbeginn oder der letzten Renovierung verstrichenen Fristen eine vollständige Endrenovierung der
Wohnung vorzunehmen habe; eine solche Bestimmung wäre nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wegen der aus dem Summierungseffekt
folgenden unangemessenen Benachteiligung des Mieters unwirksam. Die vorliegende Klausel stelle allein auf den Zustand der
Wohnung bei Rückgabe ab, so dass der Mieter zu Schönheitsreparaturen nur insoweit verpflichtet sei, als nach dem Abnutzungszustand
hierfür ein Bedürfnis bestehe. Eine solche eingeschränkte Renovierungspflicht berücksichtige in angemessener und ausgewogener
Weise sowohl die Belange des Mieters, von einer starren, über den eigenen Abnutzungszeitraum hinausreichenden Renovierungslast
verschont zu bleiben, als auch das Interesse des Vermieters an der Erlangung einer rechtlich und wirtschaftlich als Teil des
Entgelts für die Gebrauchsüberlassung der Wohnung anzusehenden Leistung des Mieters. Gerade wenn wie im vorliegenden Fall
der Mieter nicht zu laufenden Renovierungsleistungen innerhalb bestimmter Fristen verpflichtet sei, sondern nur zur Rückgabe
der Wohnung im renovierten Zustand, sei sichergestellt, dass eine Wohnung, die sich aufgrund der Kürze der Mietzeit oder wegen
einer vor kurzem erfolgten Renovierung noch in entsprechendem Zustand befinde, nicht nochmals renoviert werden müsse.
II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Zwar hat das Berufungsgericht ein Feststellungsinteresse
der Kläger (§
256 Abs.
1 ZPO) zu Recht bejaht. Die Feststellungsklage ist jedoch entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts begründet. Nr. 10 der Anlage
zum Mietvertrag der Parteien benachteiligt die Kläger als Mieter entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und
ist gemäß §
307 Abs.
1 Satz 1, Abs.
2 Nr.
1 BGB unwirksam.
1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist Nr. 10 der Anlage zum Mietvertrag nicht dahin auszulegen, dass der Mieter
zu Schönheitsreparaturen nur insoweit verpflichtet ist, als nach dem Abnutzungszustand der Wohnung hierfür ein Bedürfnis besteht.
Dabei kann dahinstehen, ob der Senat die Auslegung der Klausel durch das Berufungsgericht in vollem Umfang nachprüfen kann.
Die Bestimmung ist Teil eines durch den Haus & Grund Landesverband Bremen e.V. zur Verfügung gestellten Formularvertrages
und findet deshalb möglicherweise nur im Bezirk des Landgerichts bzw. des Oberlandesgerichts Bremen Verwendung.
Die Auslegung durch das Berufungsgericht ist aber jedenfalls rechtsfehlerhaft und hält daher auch einer eingeschränkten revisionsgerichtlichen
Überprüfung nicht stand. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Senatsurteile vom 17. Februar 1993 - VIII ZR 37/92, NJW 1993, 1381, unter I 2, und vom 18. Juli 2007 - VIII ZR 227/06, zur Veröffentlichung bestimmt, unter II 1 b) ist Ansatzpunkt für die bei einem Formularvertrag gebotene objektive, nicht
am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist der Wortlaut
des Formularvertrages nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus der Sicht
der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger
und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Diesen Maßstäben wird die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht gerecht.
Anders als das Berufungsgericht meint, folgt weder aus Nr. 10 der Anlage zum Mietvertrag noch aus § 14 Nr. 2 des Mietvertrags
unmissverständlich, dass der Vertrag dem Mieter Schönheitsreparaturen bei Auszug nur insoweit auferlegt, als nach dem Abnutzungszustand
hierfür ein Bedürfnis besteht, dass er also keine uneingeschränkte Verpflichtung des Mieters zur Vornahme einer Endrenovierung
begründet. Der Wortlaut ist insoweit jedenfalls nicht eindeutig. Ob eine rechtsgeschäftliche Erklärung eindeutig ist, ist
eine Rechtsfrage und deshalb in der Revisionsinstanz nachprüfbar (Senatsurteil vom 8. März 1989 - VIII ZR 73/88, WM 1989, 1033, unter II 1). Mit der Formulierung "Bei Auszug ist die Wohnung fachgerecht renoviert zurückzugeben" kann zwar auch eine länger
zurück liegende fachgerechte Renovierung gemeint sein, aufgrund derer eine umfassende Neurenovierung noch nicht erforderlich
ist. Näher liegt aus der Sicht eines durchschnittlichen Mieters jedoch ein Verständnis dahin, dass die Wohnung bei Auszug
in jedem Fall frisch renoviert sein muss (vgl. Senatsurteile vom 14. Mai 2003 - VIII ZR 308/02, NJW 2003, 2234 = NZM 2003, 594, unter II 1, und vom 25. Juni 2003 - VIII ZR 335/02, NJW 2003, 3192 = NZM 2003, 755, unter III 2) oder jedenfalls seit der letzten Renovierung keine Abnutzungsspuren aufweisen darf. Das gilt umso mehr, als
die Wohnung dem Mieter nach der Klausel in einem "einwandfrei renovierten" Zustand übergeben worden ist und im Weiteren hinsichtlich
des Teppichbodens eine Reinigung vorgeschrieben, also ausdrücklich eine im Zeitpunkt des Auszugs zu erfüllende Vornahmepflicht
begründet wird.
2. In der Auslegung als uneingeschränkte Endrenovierungsverpflichtung hält die Bestimmung einer Inhaltskontrolle nach §
307 BGB nicht stand.
a) Wie der Senat bereits wiederholt entschieden hat (Urteil vom 3. Juni 1998 - VIII ZR 317/97, NJW 1998, 3114 = WM 1998, 2145 = NZM 1998, 710, unter III 2 a; Urteil vom 14. Mai 2003, aaO.; Urteil vom 25. Juni 2003, aaO.; Urteil vom 28. April 2004 - VIII ZR 230/03, NZM 2004, 497 = NJW 2004, 2087, unter III b; Urteile vom 5. April 2006 - VIII ZR 109/05, WuM 2006, 310, unter II 1 a, und VIII ZR 152/05, NJW 2006, 2115, unter II 1 a; ebenso schon OLG Hamm NJW 1981, 1049, und OLG Frankfurt WuM 1981, 272), benachteiligt eine Regelung in einem vom Vermieter verwandten Formularmietvertrag über Wohnraum, nach welcher der Mieter
verpflichtet ist, die Mieträume bei Beendigung des Mietverhältnisses unabhängig vom Zeitpunkt der Vornahme der letzten Schönheitsreparaturen
renoviert zu übergeben, diesen unangemessen und ist gemäß §
307 Abs.
1 Satz 1
BGB unwirksam.
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat sich dieser Auffassung für Formularmietverträge über Geschäftsräume angeschlossen
(Urteil vom 6. April 2005 - XII ZR 308/02, NJW 2005, 2006). Sie hat auch im Schrifttum ganz überwiegend Zustimmung gefunden (Blank/Börstinghaus, Miete, 2. Aufl., §
535 Rdnr. 294; Schmid, Mietrecht, §
535 BGB, Rdnr. 417; Schmidt-Futterer/Langenberg, Mietrecht, 9. Aufl., §
538 Rdnr. 170 f.; Blank in Anpassung der Wohnung an technische Standards - Wirtschaftlichkeitsgebot, 2006, S. 163, 174 ff.; Börstinghaus,
DWW 2005, 92; Fischer, WuM 2004, 56; Lammel, LMK 2003, 163, 164; Heinrichs, WuM 2005, 155, 161; Steenbuck, WuM 2005, 220, 221; vgl. auch MünchKommBGB/Schilling, 4. Aufl., §
535 Rdnr. 122; Staudinger/Emmerich,
BGB (2006), §
535 Rdnr. 109).
b) Dabei ist es nicht von Bedeutung, ob dem Mieter - wie in den bisher vom Senat entschiedenen Fällen (s. unter a) - neben
der Endrenovierungspflicht zugleich (auf der Grundlage eines Fristenplans oder unabhängig davon) eine Verpflichtung zu laufenden
Schönheitsreparaturen während der Dauer des Mietverhältnisses auferlegt ist oder ob - wie hier - es ihm überlassen ist, ob
er auch im Verlauf des Mietverhältnisses (freiwillig) renoviert, und nur die von Gesetzes wegen (§
535 Abs.
1 Satz 2 Halbs. 2
BGB) dem Vermieter obliegende Schönheitsreparaturverpflichtung stillschweigend ausgeschlossen werden soll. Eine Endrenovierungspflicht
des Mieters, die unabhängig ist vom Zeitpunkt der letzten Renovierung und vom Zustand der Wohnung bei seinem Auszug, benachteiligt
ihn auch dann unangemessen, wenn ihn während der Dauer des Mietverhältnisses keine Schönheitsreparaturverpflichtung trifft
(Schmid, aaO., Rdnr. 419). Eine entsprechende Regelung ist bereits isoliert betrachtet unwirksam. Auf einen Summierungseffekt,
der bei der Kombination der Endrenovierungsklausel mit einer - für sich genommen unbedenklichen - Verpflichtung zu laufenden
Schönheitsreparaturen wegen eines Übermaßes an Renovierungspflichten zur Unwirksamkeit auch der letztgenannten führen kann
(Senatsurteile vom 14. Mai 2003, aaO., unter II 2, und vom 25. Juni 2003, aaO., unter III 3), kommt es dafür nicht an.
Die weithin übliche, formularmäßige Abwälzung der turnusmäßigen Schönheitsreparaturen auf den Mieter wird von der Rechtsprechung
rechtlich und wirtschaftlich als Teil der Gegenleistung des Mieters für die Gebrauchsüberlassung der Räume und deshalb grundsätzlich
als wirksam angesehen (grundlegend BGHZ 105, 71, 79 ff.). Die Endrenovierungsklausel geht jedoch darüber hinaus und trägt einseitig den vom gesetzlichen Leitbild (§§
535,
538 BGB) abweichenden Vermieterinteressen Rechnung (OLG Hamm aaO., 1050). Sie verpflichtet den Mieter, bei Beendigung des Mietverhältnisses
auch dann neu zu dekorieren, wenn er nur kurze Zeit in der Wohnung gewohnt oder erst kurz zuvor (freiwillig) Schönheitsreparaturen
vorgenommen hat, so dass bei einer Fortdauer des Mietverhältnisses für eine (erneute) Renovierung noch kein Bedarf bestünde.
Die Endrenovierungspflicht wird in diesen Fällen nicht durch eine entsprechende Abnutzung der Wohnung durch den Mieter selbst
aufgewogen. Sie dient vielmehr allein den Interessen des Vermieters, der in die Lage versetzt wird, bei einer Neuvermietung
jeweils auf Kosten des Vormieters eine frisch renovierte Wohnung zur Miete anzubieten. Diese Möglichkeit stünde dem Vermieter
in den vorgenannten Fällen auch dann nicht zur Verfügung, wenn er seine Schönheitsreparaturpflicht nicht abbedungen, sondern
stattdessen die für deren Erfüllung erforderlichen Aufwendungen - ausgehend von üblichen Renovierungszeiträumen - in die Miete
einkalkuliert hätte.
III. Die Entscheidung des Berufungsgerichts kann daher keinen Bestand haben und ist aufzuheben (§
562 Abs.
1 BGB). Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil es weiterer tatsächlicher Feststellungen nicht bedarf und der Rechtsstreit
zur Endentscheidung reif ist (§
563 Abs.
3 ZPO).
Antragsgemäß ist festzustellen, dass Nr. 10 der Anlage zum Mietvertrag der Parteien unwirksam ist. Da aus den oben (unter
II) ausgeführten Gründen auch §
14 Nr. 2 des Mietvertrages einer Inhaltskontrolle nach §
307 BGB nicht standhält, enthält der Vertrag insgesamt keine wirksame Abwälzung der Schönheitsreparaturverpflichtung auf die Mieter.
Dies hat gemäß §
306 Abs.
2 BGB zur Folge, dass sich der Inhalt des Vertrages bezüglich der Schönheitsreparaturen nach den gesetzlichen Vorschriften richtet.
Danach sind die Kläger zu Schönheitsreparaturen nicht verpflichtet, so dass auch diese Rechtsfolge antragsgemäß auszusprechen
ist.