Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die gerichtliche Geltendmachung der von einem Sozialhilfeträger rückübertragenen Unterhaltsansprüche
Gründe:
I. Die Parteien sind getrennt lebende Eheleute. Die Klägerin begehrt Prozesskostenhilfe für ihre - bisher nicht zugestellte
- Klage auf rückständigen Trennungsunterhalt für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Mai 2001. Sie bezog in diesem Zeitraum Sozialhilfe
in Höhe eines die Klageforderung übersteigenden Betrages. Durch Vertrag zwischen dem Sozialamt und der Klägerin vom 10. April
2001 sind die nach § 91 Abs. 1 Satz 1 BSHG a.F. übergegangenen Unterhaltsansprüche an die Klägerin zur gerichtlichen Geltendmachung rückabgetreten worden.
Das Amtsgericht - Familiengericht - hat der Klägerin die nachgesuchte Prozesskostenhilfe mit der Begründung versagt, sie sei
wegen ihres gegen den Sozialhilfeträger nach § 91 Abs. 4 Satz 2 BSHG a.F. bestehenden Kostenerstattungsanspruchs nicht bedürftig. Die sofortige Beschwerde der Klägerin blieb erfolglos. Mit der
vom Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt sie ihr Begehren weiter.
II. 1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, weil das Beschwerdegericht sie gemäß §
574 Abs.
1 Nr.
2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen hat. Daran ist der Senat gebunden (§
574 Abs.
3 Satz 2
ZPO).
Zwar kommt eine Zulassung der Rechtsbeschwerde bei der Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter dem Gesichtspunkt der grundsätzlichen
Bedeutung der Rechtssache (§
574 Abs.
2 Nr.
1 ZPO), der Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§
574 Abs.
2 Nr.
2 ZPO) nur in Betracht, wenn es um Fragen des Verfahrens der Prozesskostenhilfe oder der persönlichen Voraussetzungen ihrer Bewilligung
geht (Senatsbeschlüsse vom 22. Juni 2005 - XII ZB 247/03 - FamRZ 2005, 1477 und vom 4. August 2004 - XII ZA 6/04 - FamRZ 2004, 1633, 1634). Das ist hier indessen der Fall, da die Antragstellerin geltend macht, entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts
bedürftig im Sinne des §
114 ZPO zu sein.
2. Die Rechtsbeschwerde hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
a) Das Oberlandesgericht hat seine Entscheidung damit begründet, die nachgesuchte Prozesskostenhilfe sei zu verweigern, da
die Rückübertragung der kraft Gesetzes übergegangenen Unterhaltssprüche vom Träger der Sozialhilfe auf die Klägerin nur den
Zweck verfolge, die Kosten der Rechtsverfolgung einer anderen öffentlichen Kasse zu überbürden. Dies sei rechtsmissbräuchlich
und von § 91 Abs. 4 BSHG a.F. nicht gedeckt. Zwar eröffne § 91 Abs. 4 Satz 2 BSHG a.F. dem Sozialhilfeträger die erweiterte Möglichkeit, dem Hilfebedürftigen die Prozessführung zu übertragen, wobei dieser
dann Prozesskostenhilfe in Anspruch nehmen könne. Dem Sinn dieser Vorschrift entspreche es aber nicht, wenn der Sozialhilfeträger
sich des Hilfebedürftigen nur deshalb bediene, um seine Kosten auf andere öffentliche Kassen zu verlagern.
Dies hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
b) Ob einem unterhaltsberechtigten Sozialhilfeempfänger Prozesskostenhilfe für die Geltendmachung zunächst kraft Gesetzes
auf den Sozialhilfeträger übergegangener, anschließend aber nach § 91 Abs. 4 Satz 1 BSHG a.F. (seit 1. Januar 2005 wortgleich in § 94 Abs. 5 Satz 2 SGB XII übernommen; vgl. auch § 7 Abs. 4 Satz 3 UVG) rückübertragener Unterhaltsansprüche bewilligt werden darf, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten.
aa) Zum Teil wird davon ausgegangen, der Sozialhilfeempfänger könne für die Geltendmachung rückübertragener Unterhaltsansprüche
grundsätzlich Prozesskostenhilfe beanspruchen, wobei für die Feststellung der Bedürftigkeit ausschließlich auf seine persönlichen
und wirtschaftlichen Verhältnisse abzustellen sei. § 91 Abs. 4 Satz 2 BSHG a.F. (94 Abs. 5 Satz 2 SGB XII) beinhalte lediglich einen am Ende eines (teilweise) verlorenen Prozesses fällig werdenden Freistellungsanspruch
bei Erstattungsansprüchen des Gegners (vgl. OLG Hamm OLGR 2003, 118; OLG Köln FamRZ 2003, 100, 101; 1998, 175, 177; 1997, 297, 298; OLG Zweibrücken FamRZ 2002, 105; 2001, 629; OLG Düsseldorf FamRZ 1999, 1147, 1148; OLG Nürnberg FamRZ 1999, 1284, 1285; OLG Celle OLGR 1999, 11; Heiß/Hußmann Unterhaltsrecht Kap. 16 Rdn. 45; Kalthoener/Büttner/Niepmann Die Rechtsprechung
zur Höhe des Unterhalts 10. Aufl. Rdn. 650; Schellhorn/H.Schellhorn SGB XII - Sozialhilfe 17. Aufl. § 94 Rdn. 145; Mergler/Zink/Zeitler BSHG 4. Aufl. § 91 Rdn. 108.5; Nickel ProzRB 2004, 106, 108; Scholz/Stein Praxishandbuch Familienrecht Kap. L Rdn. 102; Weinreich FuR 2004,
393, 395; Wendl/Scholz Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 6 Rdn. 558). Dies folge bereits aus
dem Wortlaut der Vorschrift, der von Kosten spreche, mit denen der Hilfeempfänger "belastet" werde. Ob und in welchem Umfang
dies der Fall sei, könne aber erst nach Abschluss des Verfahrens beurteilt werden (vgl. OLG Köln FamRZ 2003, 100, 101; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe 4. Aufl. Rdn. 38; Weinreich FuR 2004, 393, 395). Zudem lasse der Freistellungsanspruch wegen der Subsidiarität der Sozialhilfe die vorrangigen Regelungen der §§
114 ff.
ZPO unberührt. Durch § 91 Abs. 4 Satz 2 BSHG a.F. (§ 94 Abs. 5 Satz 2 SGB XII) solle der Leistungsberechtigte nur vor Kosten bewahrt werden, die nicht durch Beratungs- oder Prozesskostenhilfe
abgedeckt seien (vgl. OLG Köln FamRZ 2003, 100, 101; OLG Zweibrücken FamRZ 2002, 105; 2001, 629; OLG Nürnberg FamRZ 1999, 1284, 1285; Weinreich FuR 2004, 393, 396). Entsprechend habe auch der Gesetzgeber in seiner Begründung zu § 7 Abs. 4 Satz 3 UVG, der mit § 91 Abs. 4 Satz 2 BSHG a.F. (§ 94 Abs. 5 Satz 2 SGB XII) identisch sei, zum Ausdruck gebracht, der Leistungsberechtigte könne im Rahmen der Prozesskostenhilfe nicht
auf die Kostenübernahmepflicht des Leistungsträgers verwiesen werden (OLG Zweibrücken FamRZ 2001, 629; OLG Celle OLGR 1999, 11).
Vereinzelt gehen die Vertreter dieser Ansicht mit dem Oberlandesgericht einschränkend davon aus, Prozesskostenhilfe sei wegen
Mutwilligkeit dennoch zu versagen, wenn der Unterhaltsgläubiger ausschließlich oder im Wesentlichen nach § 91 Abs. 4 Satz 2 BSHG a.F. (§ 94 Abs. 5 Satz 2 SGB XII) rückübertragene Unterhaltsansprüche geltend mache. In diesem Fall habe er kein eigenes schutzwürdiges Interesse
an der Prozessführung (vgl. OLG Köln FamRZ 2003, 100, 101; Scholz/Stein aaO. Kap. L Rdn. 102; Wendl/Scholz aaO. § 6 Rdn. 558).
bb) Demgegenüber wird die Auffassung vertreten, die leistungsberechtigte Person könne vom Sozialhilfeträger aus § 91 Abs.
4 Satz 2 BSGH a.F. (§ 94 Abs. 5 Satz 2 SGB XII), zumindest aber aus dem durch die Rückabtretung der Unterhaltsansprüche begründeten
Auftragsverhältnis, einen Prozesskostenvorschuss beanspruchen. Ihr sei deshalb mangels Bedürftigkeit keine Prozesskostenhilfe
zu bewilligen. Der Vorschussanspruch gegen die öffentliche Hand gehöre zum Vermögen der Partei und müsse nach §
115 Abs.
2 ZPO grundsätzlich zur Deckung der Prozesskosten eingesetzt werden (i.d.S. OLG Oldenburg FamRZ 2003, 1761, 1762; 1998, 435; KG FamRZ 2003, 99, 100; OLG Schleswig OLGR 2000, 163; OLG Frankfurt FamRZ 1999, 1283, 1284; OLG Celle FamRZ 1999, 1284; OLG Karlsruhe FamRZ 1999, 1508, 1509 f.; OLG Koblenz FamRZ 1997, 1086; FA-FamR/Geißler 6. Aufl. Kap. 16 Rdn. 70; Schoreit/Groß Prozesskostenhilfe Beratungshilfe 9. Aufl. §
114 Rdn. 100; Hk-ZPO/Rathmann/Pukall 2. Aufl. §
114 Rdn. 21; Thomas/Putzo/Reichold
ZPO 28. Aufl. §
114 Rdn. 7a; Johannsen/Henrich/Thalmann Eherecht 4. Aufl. §
114 ZPO Rdn. 4a; Wax FPR 2002, 471, 475; Zimmermann
ZPO 8. Aufl. §
114 Rdn. 12 b; ders. Prozesskostenhilfe in Familiensachen 3. Aufl. Rdn. 159; Zöller/Philippi
ZPO 26. Aufl. §
114 Rdn. 10; Göppinger/Wax/Vogel Unterhaltsrecht 8. Aufl. Rdn. 2658). Auch die grundsätzliche Subsidiarität der Sozialhilfe stehe
der Annahme einer Vorschusspflicht nicht entgegen. Die Übernahme der Prozesskosten sei keine Leistung der Sozialhilfe, sie
sei vielmehr in der treuhänderischen Rückabtretung an den Leistungsberechtigten begründet (Johannsen/Henrich/Thalmann aaO.
§
114 ZPO Rdn. 4a; Wax FPR 2002, 471, 475). Nehme dieser das Rückabtretungsangebot an, entstehe zwischen dem Unterhaltsgläubiger und der Sozialbehörde ein privatrechtliches
Auftragsverhältnis nach §
662 BGB (OLG Oldenburg FamRZ 2003, 1761, 1762). Der Unterhaltsgläubiger werde deshalb mit der Geltendmachung rückübertragener Unterhaltsansprüche im Interesse des
Sozialhilfeträgers als des materiell berechtigten Anspruchsinhabers tätig (OLG Celle FamRZ 1999, 1284; OLG Frankfurt FamRZ 1999, 1283, 1284). Es könne aber nicht Aufgabe der Prozesskostenhilfe sein, die vorrangig den Sozialämtern obliegende Durchsetzung eigener
Aufwendungen zu finanzieren (OLG Karlsruhe FamRZ 1999, 1508, 1509; OLG Koblenz FamRZ 1997, 1086).
Gleichwohl wird aus prozessökonomischen Gründen und zum Zwecke der Gewährleistung eines einheitlichen Verfahrens zum Teil
befürwortet, dem Unterhaltsgläubiger insgesamt Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wenn er mit der beabsichtigten Klage neben
den vom Sozialhilfeträger rückübertragenen Unterhaltsrückständen auch laufenden Unterhalt geltend macht und der auf die Rückstände
entfallende Streitwert gegenüber demjenigen des laufenden Unterhalts nicht wesentlich ins Gewicht fällt (vgl. OLG Stuttgart
FamRZ 2004, 1297 f.; Johannsen/Henrich/Thalmann aaO. §
114 ZPO Rdn. 4a; Oestreicher/Decker SGB XII/SGB II §
94 SGB XII Rdn. 220; Thomas/Putzo/Reichold aaO. § 114 Rdn. 7a; Luthin/Seidel Handbuch des Unterhaltsrechts 10. Aufl. Rdn. 5023).
Soweit das OLG Karlsruhe (FamRZ 1999, 1508, 1509 ff.) und das OLG Schleswig (OLGR 2000, 163) auch für die Geltendmachung künftiger Unterhaltsansprüche bei fortdauerndem
Leistungsbezug grundsätzlich von einem Anspruch auf Prozesskostenvorschuss gegen den Sozialhilfeträger ausgehen, befürworten
sie gleichwohl die Gewährung von Prozesskostenhilfe für die gesamte Klage, wenn der Leistungsempfänger laufenden Unterhalt
ab Rechtshängigkeit beansprucht, der die Höhe der Sozialhilfe wesentlich und damit den Streitwert erhöhend übersteigt. Die
Aufspaltung eines Unterhaltsanspruchs in einen mit Prozesskostenhilfe versehenen und einen restlichen Teil, für den ein Prozesskostenvorschuss
geltend zu machen wäre, sei nicht prozessökonomisch. In diesem Fall sei der Partei ein Vermögenseinsatz in Form eines Vorschusses
(§
115 Abs.
2 Halbs. 1
ZPO) nicht zumutbar (OLG Karlsruhe FamRZ 1999, 1508, 1510).
c) Der Senat schließt sich im Grundsatz der unter Ziff. II. 2 b) bb) dargestellten Auffassung an, nach der ein Unterhaltsberechtigter
für die Geltendmachung rückübertragener Unterhaltsansprüche grundsätzlich nicht bedürftig ist. Soweit ein Sozialhilfeempfänger
nach § 91 Abs. 4 Satz 1 BSHG a.F. (§ 94 Abs. 5 Satz 1 SGB XII) rückübertragene Unterhaltsansprüche geltend macht, steht ihm ein Anspruch auf Prozesskostenvorschuss gegen
den Sozialhilfeträger zu, der als Vermögenswert seine Bedürftigkeit im Sinne von §
114 ZPO ausschließt.
aa) Nachdem der Senat die treuhänderische Rückabtretung gesetzlich übergegangener Unterhaltsansprüche an den Leistungsberechtigten
zum Zwecke der Prozessführung - ebenso wie die Einziehungsermächtigung und die gewillkürte Prozessstandschaft - für unwirksam
gehalten hatte (Senatsurteile vom 3. Juli 1996 - XII ZR 99/95 und XII ZR 101/95 - FamRZ 1996, 1203, 1204 ff. bzw. 1207, 1208 und vom 19. Februar 1997 - XII ZR 236/95 - FamRZ 1997, 608, 609; vgl. bereits Senatsurteil vom 16. März 1994 - XII ZR 225/92 - FamRZ 1994, 829, 830 f.), fasste der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Reform des Sozialhilferechts vom 23. Juli 1996 (BGBl. I S. 1088) § 91 BSHG mit Wirkung ab dem 1. August 1996 neu. § 91 Abs. 4 Satz 1 BSHG a.F. (seit 1. Januar 2005 § 94 Abs. 5 Satz 1 SGB XII) stellt nun ausdrücklich klar, dass der Sozialhilfeträger den kraft Gesetzes übergegangenen Unterhaltsanspruch
im Einvernehmen mit dem Leistungsempfänger auf diesen zur gerichtlichen Geltendmachung rückübertragen und sich den geltend
gemachten Unterhaltsanspruch wieder abtreten lassen kann. Begründet wurde dies mit dem Interesse an einer vereinfachten Verwaltungspraxis,
da die Rechtsprechung zur Unzulässigkeit der Rückabtretung zu einer spürbaren Verwaltungsmehrbelastung geführt habe (BT-Drucks.
13/3904, S. 46). Zudem verhindert diese Regelung der Prozessökonomie widersprechende Parallelprozesse des Leistungsempfängers
einerseits und des Sozialhilfeträgers andererseits, indem sie eine einheitliche Prozessführung in Bezug auf rückübertragene
Unterhaltsansprüche, weitergehende eigene Ansprüche des Leistungsberechtigten für die Vergangenheit und zukünftige Unterhaltsansprüche
ermöglicht (vgl. auch OLG Köln FamRZ 2003, 100, 101). Um dem Einwand zu begegnen, die treuhänderische Rückabtretung sei nach §
32 Abs.
1 SGB I nichtig, weil sie dem Leistungsberechtigten das Prozess- bzw. Kostenrisiko für die Geltendmachung der rückübertragenen Ansprüche
auferlege (vgl. Senatsurteil vom 3. Juli 1996 - XII ZR 99/95 - FamRZ 1996, 1203, 1205), wurde der Sozialhilfeträger verpflichtet, die Kosten zu übernehmen, mit denen der Leistungsempfänger "dadurch selbst
belastet wird" (§ 91 Abs. 4 Satz 2 BSHG a.F./§ 94 Abs. 5 Satz 2 SGB XII).
Die vom Gesetzgeber geschaffene Möglichkeit zur Rückabtretung kraft Gesetzes übergegangener Unterhaltsansprüche ändert indessen
nichts daran, dass der Leistungsberechtigte an der Geltendmachung nach § 91 Abs. 4 Satz 1 BSHG a.F. (§ 94 Abs. 5 Satz 1 SGB XII) rückübertragener Unterhaltsansprüche kein eigenes schutzwürdiges Interesse hat (so auch Wendl/Scholz aaO.
§ 6 Rdn. 560). Ein solches Interesse kann auch nicht damit begründet werden, der Leistungsberechtigte mache seine ursprünglich
eigenen gesetzlichen Unterhaltsansprüche geltend. Nachdem er Sozialleistungen erhalten hat, berührt es seine Interessen nicht
mehr, ob und ggf. inwieweit die auf den Leistungsträger übergegangenen Ansprüche durchgesetzt werden. Leistungen der Sozialhilfe
werden bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen grundsätzlich ohne Rückerstattungsverpflichtung gewährt. Es bleibt deshalb
Sache des Sozialhilfeträgers, den Nachrang der Sozialhilfe durch Geltendmachung von Ansprüchen gegen Dritte, insbesondere
gegen den Unterhaltsschuldner zu realisieren (vgl. Senatsurteil vom 3. Juli 1996 - XII ZR 99/95 - FamRZ 1996, 1203, 1206). Für die Durchsetzung des Nachrangs der Sozialhilfe kann sich der Sozialhilfeträger zwar nach § 91 Abs. 4 Satz 1 BSHG a.F. (§ 94 Abs. 5 Satz 2 SGB XII) des Leistungsberechtigten bedienen, der durch die Rückabtretung wieder in vollem Umfang Gläubiger des Unterhaltsanspruches
wird. Mit dessen Geltendmachung nimmt der Sozialleistungsberechtigte aber treuhänderisch Aufgaben der öffentlichen Verwaltung
wahr, zumal er die ausgeurteilten Beträge zugleich wieder an den Sozialhilfeträger abtritt.
Die Rückübertragung an den Leistungsempfänger wird trotz der öffentlich-rechtlichen Gesetzesgrundlage durch privatrechtliche
Abtretung nach §
398 BGB vollzogen, der ein Auftragsverhältnis zwischen dem Sozialhilfeträger und dem Leistungsempfänger zugrunde liegt (§
662 BGB). Dabei übernimmt der Leistungsempfänger unentgeltlich die Besorgung eines Geschäftes des Sozialhilfeträgers (vgl. OLG Oldenburg
FamRZ 2003, 1761, 1762; OLG Celle FamRZ 1999, 1284; OLG Frankfurt FamRZ 1999, 1283, 1284; Oestreicher/Decker aaO. Rdn. 220; Schellhorn/H. Schellhorn aaO. Rdn. 143; Scholz/Stein aaO. Kap. L Rdn. 98). Der Anspruch
auf Kostenübernahme aus § 91 Abs. 4 Satz 2 BSHG a.F. (§ 94 Abs. 5 Satz 2 SGB XII) ist deshalb vor dem Hintergrund der Prinzipien des Auftragsrechts zu sehen. Mit diesem Anspruch will der
Gesetzgeber sicherstellen, dass dem Leistungsberechtigten durch die Rückübertragung und die damit verbundene treuhänderische
Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben keine Nachteile entstehen. Es liefe dieser Intention indessen zuwider, interpretierte
man § 91 Abs. 4 Satz 2 BSHG a.F. (§
94 Abs.
5 Satz 2 SGB XII) als eine den allgemeinen Vorschussanspruch nach §
669 BGB verdrängende spezialgesetzliche Regelung. Der zur klagweisen Geltendmachung rückübertragener Unterhaltsansprüche verpflichtete
Leistungsberechtigte (vgl. Senats-urteil vom 3. Juli 1996 - XII ZR 99/95 - FamRZ 1996, 1203, 1205) wäre in diesem Fall schlechter gestellt als die Partei eines allein den gesetzlichen Regeln der §§
662 ff.
BGB unterliegenden Auftragsvertrages. Dem Leistungsberechtigten steht deshalb aus § 91 Abs. 4 Satz 2 BSHG a.F. (§ 94 Abs. 5 Satz 2 SGB XII) ein Anspruch auf Prozesskostenvorschuss gegen den Sozialhilfeträger zu, den er als zu seinem Vermögen gehörend
für die Kosten der Prozessführung einzusetzen hat (vgl. Zöller/Philippi aaO. § 115 Rdn. 66). Dabei lässt sich dem Wortlaut von § 91 Abs. 4 Satz 2 BSHG a.F. (§ 94 Abs. 5 Satz 2 SGB XII) keine Einschränkung dahin entnehmen, der im Interesse des Sozialhilfeträgers tätige Leistungsempfänger habe
keinen Vorschussanspruch in Höhe der objektiv zur Ausführung des Auftrags erforderlichen Aufwendungen, sondern lediglich nach
Abschluss des Unterhaltsverfahrens einen Anspruch auf Übernahme der verbleibenden Kosten. Die Formulierung "belastet wird"
bezieht sich gerade auch auf die Gegenwart und auf vor Verfahrensabschluss anfallende Kosten, z.B. an das Gericht oder den
bevollmächtigten Anwalt zu leistende Vorschusszahlungen (vgl. OLG Oldenburg FamRZ 2003, 1761, 1762; OLG Karlsruhe FamRZ 1999, 1508, 1509; Wax FPR 2002, 471, 475).
bb) Dem Anspruch auf Prozesskostenvorschuss kann nicht entgegengehalten werden, dem Leistungsberechtigten entstünden auch
bei der Annahme eines bloßen Freistellungsanspruchs gegen den Sozialhilfeträger keine Nachteile, weil er sich für sein Prozesskostenhilfeersuchen
auf den aus § 2 Abs. 1 BSHG a.F. (§ 2 Abs. 1 SGB XII) folgenden Nachrang der Sozialhilfe gegenüber Leistungen anderer Sozialleistungsträger berufen könnte. Die Kostenerstattung
des Sozialhilfeträgers aus § 91 Abs. 4 Satz 2 BSHG a.F. (§ 94 Abs. 5 Satz 2 SGB XII) ist keine sozialstaatliche Leistung. Sie resultiert aus der im Interesse des Sozialhilfeträgers durchgeführten
zivilrechtlichen Rückabtretung. Letztlich handelt es sich deshalb um Kosten der laufenden Verwaltung, die der Sozialhilfeträger
zur Durchsetzung seiner eigenen Rechte aufzubringen hat (vgl. Schellhorn/H. Schellhorn aaO. § 94 Rdn. 145; Grube/Wahrendorf
SGB XII § 94 Rdn. 32; Wax FPR 2002, 471, 475). Die Frage nach einem Rangverhältnis zwischen Sozialhilfe und Prozesskostenhilfe, die als eine spezial-gesetzlich geregelte
Art von Sozialhilfe angesehen wird (Zöller/Herget/Philippi aaO. vor § 114 Rdn. 2), stellt sich mithin entgegen der Begründung des Gesetzgebers zu § 7 UVG (BT-Drucks. 13/7338, S. 46) nicht. Mit den Regelungen der Prozesskostenhilfe soll verhindert werden, dass eine Partei aus
wirtschaftlichen Gründen ihre Rechte vor Gericht nicht wahrnehmen kann (Zöller/Philippi aaO. vor §
114 Rdn. 2). Es liefe deshalb auch dem Zweck der §§
114 ff.
ZPO zuwider, müsste der Träger der Prozesskostenhilfe die Verwaltungskosten des Sozialhilfeträgers übernehmen (OLG Karlsruhe
FamRZ 1999, 1508, 1509; OLG Koblenz FamRZ 1997, 1086).
cc) Für die Geltendmachung laufenden Unterhalts ab Rechtshängigkeit der Klage ist dem Leistungsberechtigten indessen stets
Prozesskostenhilfe zu bewilligen, soweit nach seinem Vortrag Erfolgsaussicht besteht und er selbst bedürftig ist. Auch wenn
er in der Vergangenheit Sozialhilfe bezogen hat und der Sozialhilfeträger deshalb in Höhe der bisherigen monatlichen Aufwendungen
nach § 91 Abs. 3 Satz 2 BSHG a.F. (§ 94 Abs. 4 Satz 2 SGB XII) selbst auf laufende Zahlungen klagen könnte, hat der Leistungsberechtigte ein begründetes und anerkennenswertes
Interesse, den Unterhalt künftig vom Pflichtigen und nicht vom Sozialamt zu erhalten. Seine Klage auf zukünftige, noch nicht
auf den Sozialhilfeträger übergegangene Ansprüche entspricht dem in § 2 Abs. 1 BSHG a.F. (§ 2 Abs. 1 SGB XII) verankerten Selbsthilfegrundsatz (vgl. OLG Nürnberg FamRZ 1999, 1284, 1285; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs aaO. Rdn. 471; Wendl/Scholz aaO. § 6 Rdn. 557 f.; Wax FPR 2002, 471, 475; Göppinger/Wax/Vogel Unterhaltsrecht 8. Aufl. Rdn. 2659). Der Unterhaltsgläubiger kann deshalb für eine beabsichtigte
Klage auf laufenden Unterhalt ab Rechtshängigkeit nicht darauf verwiesen werden, im Interesse des Sozialhilfeträges zu handeln
und gegen diesen einen Prozesskostenvorschuss geltend zu machen (a.A. OLG Karlsruhe FamRZ 1999, 1508, 1509 f.; OLG Schleswig OLGR 2000, 163; jeweils für die Geltendmachung von künftigen Unterhaltsansprüchen bis zur Höhe der
bisherigen Aufwendungen des Sozialhilfeträgers). Sofern laufende Unterhaltsansprüche ab Rechtshängigkeit auf den Sozialhilfeträger
übergehen, bleibt der Leistungsempfänger - auch ohne Rückabtretung - nach §
265 Abs.
2 Satz 1
ZPO prozessführungsbefugt; insoweit hat er seinen Antrag auf Zahlung an den Sozialhilfeträger umzustellen (vgl. Senatsurteil
vom 14. Juni 1995 - XII ZR 171/94 - FamRZ 1995, 1131, 1134).
d) Zwar hat der Gesetzgeber in § 91 Abs. 4 Satz 1 BSHG a.F. (§ 94 Abs. 5 Satz 1 SGB XII) die Rückabtretung kraft Gesetzes übergegangener Unterhaltsansprüche ausdrücklich zugelassen, weshalb es regelmäßig
dem Gebot der Prozessökonomie entspricht, die beim Unterhaltsgläubiger verbliebenen und die vom Sozialleistungsträger rückübertragenen
Ansprüche in einem einheitlichen Verfahren geltend zu machen. Allein der Gesichtspunkt der Prozessökonomie rechtfertigt jedoch
kein schutzwürdiges Interesse des sozialleistungsberechtigten Unterhaltsgläubigers an einer Prozesskostenhilfebewilligung
für das gesamte Verfahren (in diesem Sinne OLG Oldenburg FamRZ 2003, 1761, 1763; KG FamRZ 2003, 99, 100). Bei der Geltendmachung rückabgetretener Unterhaltsansprüche geht es um die Erstattung bereits in Anspruch genommener
Sozialleistungen, weshalb das Interesse an einer einheitlichen Bewilligung zunächst allein auf Seiten des am Verfahren nicht
unmittelbar beteiligten Sozialleistungsträgers liegt. Der Leistungsberechtigte kann hingegen die bei ihm verbliebenen Unterhaltsansprüche
problemlos in einem gesonderten Verfahren geltend machen, ohne dass dies für ihn mit signifikanten Nachteilen verbunden wäre.
In Höhe der rückübertragenen Ansprüche hat er bereits von ihm nicht zu erstattende Sozialleistungen erhalten. Es obliegt allein
dem Sozialleistungsträger, die Erfolgssaussichten und die Kosten der gerichtlichen Durchsetzung kraft Gesetzes übergegangener
Unterhaltsansprüche abzuschätzen und, sofern er von der Möglichkeit des § 91 Abs. 4 Satz 1 BSHG a.F. (§ 94 Abs. 5 Satz 1 SGB XII) Gebrauch macht, dem Unterhaltsgläubiger - ggf. nach Rücksprache mit dessen Prozessbevollmächtigten - rechtzeitig
die erforderlichen Mittel zur Verfügung zu stellen (OLG Koblenz FamRZ 1997, 1086). Bis zur Zahlung eines entsprechenden Vorschusses kann der im Interesse des Sozialhilfeträgers tätig werdende Unterhaltsgläubiger
die gerichtliche Geltendmachung verweigern (vgl. für das Auftragsrecht Palandt/Sprau
BGB 67. Aufl. § 669 Rdn. 1). Die Durchsetzung des Vorschussanspruchs aus § 91 Abs. 4 Satz 2 BSHG a.F. (§ 94 Abs. 5 Satz 2 SGB XII) gegen den Sozialleistungsträger kann für den Unterhaltsgläubiger deshalb allenfalls im Einzelfall und nur
dann unzumutbar nach §
115 Abs.
2 Halbs. 1
ZPO sein, wenn er nicht alsbald realisierbar und deshalb mit Rechtseinbußen verbunden (Zöller/Philippi aaO. § 115 Rdn. 66) oder
der Verweis auf einen Prozesskostenvorschussanspruch bloße Förmelei wäre. Letzteres ist anzunehmen, wenn sich die Geltendmachung
rückübertragener Ansprüche neben den beim Unterhaltsgläubiger verbliebenen Unterhaltsansprüchen kostenrechtlich nicht auswirkt,
wie dies bei zwischen Eingang des Prozesskostenhilfeantrags und Rechtshängigkeit der Klage fällig werdenden Unterhaltsansprüchen
regelmäßig der Fall ist (§ 42 Abs. 5 Satz 2 GKG).
3. Vorliegend begehrt die Klägerin indessen ausschließlich rückständigen Trennungsunterhalt, der ihr vom Träger der Sozialhilfe
rückübertragen worden ist. Für die treuhänderische, ausschließlich im Interesse des Sozialhilfeträgers liegende Geltendmachung
dieses Anspruchs ist sie nicht bedürftig (§
114 Satz 1
ZPO). Die Klägerin hat ihren gegen den Sozialhilfeträger bestehenden Anspruch auf Prozesskostenvorschuss als vermögenswertes
Recht einzusetzen, um die anfallenden Prozesskosten zu bestreiten.