Einsatz von durch Veräußerung des früheren Familienheims erlangten Vermögens für die Prozesskosten bei Erwerb eines neuen
Hausgrundstücks
Gründe:
I. Die Parteien sind geschiedene Ehegatten. In dem Ehescheidungsverfahren wurde der Antragsgegnerin unter Berücksichtigung
ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse mit Beschluss des Amtsgerichts vom 26. April 2006 ratenfreie Prozesskostenhilfe
unter Beiordnung ihrer erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten bewilligt. Ergänzend wurde in dem Beschluss ausgeführt:
"Die Prüfung der Bedürftigkeit bleibt vorbehalten, da der Antragsgegnerin evtl. ein Zugewinnausgleichsanspruch oder sonstige
Ausgleichsansprüche zustehen."
Später hat die Antragsgegnerin im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung von dem Antragsteller einen Betrag in Höhe von 56.087,99
EUR unter Aufgabe ihres Miteigentumsanteils an dem früher als Ehewohnung genutzten Hausgrundstück erhalten. Mit diesem Erlös,
einem neu aufgenommenen Bankkredit in Höhe von 142.000 EUR und einem weiteren Darlehen ihres Vaters in Höhe von 55.000 EUR
hat die Antragsgegnerin sodann zum Kaufpreis von 238.000 EUR ein Ein- bis Zweifamilienhaus mit einer Wohnfläche von ca. 140
m² erworben, in dem sie mit ihren drei in den Jahren 1993, 1995 und 1998 geborenen Kindern lebt.
Mit Beschluss vom 25. Januar 2007 ordnete das Amtsgericht die Zahlung der auf die Antragsgegnerin entfallenden Prozesskosten
in Höhe von 4.781,11 EUR an die Landeskasse an. Dagegen hat die Antragsgegnerin sofortige Beschwerde eingelegt, weil sie der
Auffassung ist, der Erlös aus der Verwertung ihres Miteigentumsanteils an dem früheren Hausgrundstück sei privilegiert und
müsse im Rahmen der bewilligten Prozesskostenhilfe nicht für entstandene Prozesskosten eingesetzt werden. Das Oberlandesgericht
hat die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die - vom Beschwerdegericht zugelassene - Rechtsbeschwerde.
II. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (vgl. Senatsbeschluss vom 4. August 2004 - XII ZA 6/04 - FamRZ 2004, 1633 f.) und auch sonst zulässig, weil das Beschwerdegericht sie gemäß §
574 Abs.
1 Nr.
1 und
2 ZPO wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen hat. Daran ist der Senat
im Rahmen der Rechtsbeschwerde gebunden (§
574 Abs.
3 Satz 2
ZPO), auch wenn der Zulassungsgrund nachträglich weggefallen ist. Die Rechtsbeschwerde ist aber nicht begründet.
1. Der Senat hat die Rechtsfrage, deretwegen das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde zugelassen hat, mit Beschluss vom
18. Juli 2007 (XII ZA 11/07 - FamRZ 2007, 1720, 1721 f.) bereits entschieden. Danach kann der Partei im Rahmen einer Änderungsentscheidung nach §
120 Abs.
4 ZPO Vermögen zugerechnet werden, das sie inzwischen erworben, aber in Kenntnis der Abänderungsmöglichkeit wieder ausgegeben hat,
womit sie ihre zeitweilig entfallene Leistungsunfähigkeit böswillig wieder herbeigeführt hat. Das gilt wegen der im Gesetz
normierten Möglichkeit zur Änderung einer Prozesskostenhilfeentscheidung innerhalb der folgenden vier Jahre (§
120 Abs.
4 ZPO) generell und ist nicht vom Zugang einer entsprechenden Verfügung des Gerichts abhängig. Die Partei muss auch schon vor Einleitung
des Verfahrens nach §
120 Abs.
4 ZPO mit der Verpflichtung zum Einsatz eines neu erlangten Vermögens für die Prozesskosten rechnen. Nur wenn schon berücksichtigungsfähige
Verbindlichkeiten vorhanden waren, als der Rechtsstreit absehbar wurde, darf ein Vermögenszufluss vorrangig zum Abtrag dieser
Verbindlichkeiten verwendet werden und führt erst im Übrigen zu einem für die Prozesskosten einzusetzenden Vermögen i.S. von
§
115 Abs.
3 ZPO.
Dem steht auch nicht entgegen, dass die Partei von einem erhaltenen Vermögen Wohnungseigentum erworben hat, das - wenn es
schon bei Beginn des Rechtsstreits vorhanden gewesen wäre - als privilegiertes angemessenes Hausgrundstück nach §
115 Abs.
3 ZPO i.V.m. §
90 Abs.
2 Nr.
8 SGB XII unberücksichtigt hätte bleiben müssen. Denn der Sinn der Privilegierung in § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII liegt darin,
der bedürftigen Partei den Mittelpunkt ihres bisherigen sozialen Lebens zu erhalten und sie davor zu bewahren, ein schon vorhandenes
privilegiertes Eigenheim zur Finanzierung der Verfahrenskosten veräußern zu müssen. Ein sonstiges Vermögen will das Gesetz
im Regelfall gerade nicht schützen, auch wenn dies dazu bestimmt ist, später ein privilegiertes Hausgrundstück zu erwerben.
Das ergibt sich aus einem Umkehrschluss aus § 90 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII. Danach bleibt sonstiges Vermögen nur berücksichtigungsfrei,
soweit es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks i.S. des § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII bestimmt
ist, falls dieses Wohnzwecken behinderter oder pflegebedürftiger Menschen dient oder dienen soll. Ist dies - wie hier - nicht
der Fall, ist das dafür eingesetzte Vermögen auch nicht privilegiert. Diese Qualifikation behält es, weil der beabsichtigte
Erwerb eines Hausgrundstücks in Kenntnis der Abänderungsmöglichkeit nach §
120 Abs.
4 ZPO daran nichts ändert.
Unerheblich ist auch, dass die Antragsgegnerin ihr Barvermögen aus dem Verkauf eines früher privilegierten Hausgrundstücks
i.S. von § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII erlangt hat. Mit der Verwertung des früheren Familienheims ist dessen Privilegierung entfallen
und hat sich nicht an dem Verkaufserlös fortgesetzt. Im Einklang damit sind grundsätzlich auch Guthaben aus zuteilungsreifen
Bausparverträgen als einzusetzendes Vermögen zu behandeln und nicht wegen ihrer Zweckbindung privilegiert (Senatsbeschluss
vom 18. Juli 2007 - XII ZA 11/07 - FamRZ 2007, 1720, 1722 m.w.N.).
2. Mit dieser jüngsten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs steht die angefochtene Entscheidung im Einklang. Danach ist der
Erlös aus dem Verkauf des früheren Familienwohnheims gerade nicht privilegiert und hätte deswegen zunächst für die Verfahrenskosten
eingesetzt werden müssen. Für die Antragsgegnerin stellt es auch keine Härte i.S. des § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII dar, wenn
sie von dem erhaltenen Verkaufserlös in Höhe von mehr als 56.000 EUR knapp 4.800 EUR für Prozesskosten aufwenden muss. Einerseits
hat die Antragsgegnerin schon nicht hinreichend nachvollziehbar vorgetragen, dass sie mit ihren drei minderjährigen Kindern
nicht auch eine Mietwohnung hätte beziehen oder ein Haus zu einem günstigeren Kaufpreis als 238.000 EUR hätte erwerben können.
Andererseits hat die Antragsgegnerin ohnehin den überwiegenden Teil des Kaufpreises, nämlich 142.000 EUR, mit einem Bankkredit
und weitere 55.000 EUR mit einem Privatdarlehen fremdfinanziert. Unter Berücksichtigung des Wertes des erworbenen Hauses spricht
dann nichts dagegen, dass die Antragsgegnerin auch einen weiteren Kredit von weniger als 5.000 EUR hätte finanzieren können.
Das Beschwerdegericht hat deswegen zu Recht auch eine Härte i.S. des § 90 Abs. 3 SGB XII verneint.