Berücksichtigung späterer Änderungen des verfügbaren Einkommens bei der Bemessung des nachehelichen Unterhalts
Tatbestand:
Die Parteien streiten noch um Abänderung eines gerichtlichen Vergleichs zur Zahlung nachehelichen Ehegattenunterhalts, Abänderung
einer Jugendamtsurkunde über den Unterhaltsanspruch der Beklagten zu 3 sowie um Rückzahlung überzahlten Unterhalts einschließlich
der Kosten der Zwangsvollstreckung.
Der Kläger und die Beklagte zu 1 sind geschiedene Eheleute. Aus ihrer Ehe sind die am 9. November 1993 geborene Beklagte zu
2 und die am 29. Juli 1986 geborene Beklagte zu 3 hervorgegangen. Die Kinder leben noch bei ihrer Mutter.
Am 9. Juli 1999 schlossen der Kläger und die Beklagte zu 1 einen gerichtlichen Vergleich, worin sich der Kläger zur Zahlung
monatlichen Trennungsunterhalts und - für den Fall der Scheidung - monatlichen nachehelichen Unterhalts in Höhe von 754 DM
verpflichtete. Dabei gingen sie davon aus, dass der Kläger für die Beklagte zu 2 monatlich 522 DM und für die Beklagte zu
3 monatlich 618 DM jeweils abzüglich hälftigen Kindergeldes als Kindesunterhalt zahlt. Sie waren sich weiter darüber einig,
dass die Beklagte zu 1 bis einschließlich Juli 2003 monatlich 1.000 DM netto anrechnungsfrei hinzuverdienen durfte und dass
für diesen Zeitraum unmaßgeblich sein sollte, ob die Beklagte zu 1 in einer neuen Partnerschaft lebte. Für die Zeit ab August
2003 sollten sie hieran nicht mehr gebunden sein.
Der Kläger ist seit Juni 2000 wieder verheiratet. Aus dieser Ehe ist am 11. Juli 2001 eine weitere Tochter hervorgegangen.
Der Kläger wohnt mit seiner neuen Ehefrau und seiner jüngsten Tochter mietfrei in einem Haus der neuen Ehefrau.
Mit Vergleich vom 6. Februar 2002 änderten der Kläger und die Beklagte zu 1 den Unterhaltsvergleich vom 9. Juli 1999 ab. Der
nacheheliche Unterhalt wurde auf monatlich 333 EUR herabgesetzt; im Übrigen sollte es bei der Grundlage des Vergleichs vom
9. Juli 1999 verbleiben.
Mit Jugendamtsurkunden vom 27. Februar 2002 erkannte der Kläger seine Unterhaltspflicht gegenüber den Beklagten zu 2 und 3
in Höhe von 107 % des Regelbetrags der jeweiligen Altersstufe an.
Für die Zeit bis einschließlich Januar 2005 wurden auf den nachehelichen Unterhalt der Beklagten zu 1 monatlich 333 EUR beigetrieben.
Ab Februar 2005 zahlte der Kläger an die Beklagten monatlich 568 EUR, wovon nach den Feststellungen des Berufungsgerichts
249 EUR auf den Unterhaltsanspruch der Beklagten zu 2, 219 EUR auf den Unterhaltsanspruch der Beklagten zu 3 und 100 EUR auf
den Unterhaltsanspruch der Beklagten zu 1 entfielen. Darüber hinaus hinterlegte der Kläger auf die Unterhaltsansprüche der
Beklagten bei deren Prozessbevollmächtigten monatlich 287 EUR.
Mit der Klage hat der Kläger zuletzt den Wegfall seiner nachehelichen Unterhaltspflicht, eine Herabsetzung seiner Unterhaltspflicht
gegenüber der Beklagten zu 3 auf monatlich 219 EUR, die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung von Unterhaltszahlungen für
die Zeit von August bis Oktober 2004 durch die Beklagte zu 2, Rückzahlung beigetriebenen nachehelichen Unterhalts und Kindesunterhalts
sowie Erstattung der Kosten der Zwangsvollstreckung verlangt.
Das Amtsgericht hat der Klage insoweit stattgegeben, als es den nachehelichen Unterhalt aus dem Vergleich vom 6. Februar 2002
für die Zeit ab August 2004 auf monatlich 237 EUR herabgesetzt, die Zwangsvollstreckung der Beklagten zu 2 aus der Jugendamtsurkunde
für die Zeit von August bis Oktober 2004 für unzulässig erklärt und die Unterhaltspflicht des Klägers gegenüber der Beklagten
zu 3 für die Zeit ab Februar 2005 auf monatlich 219 EUR herabgesetzt hat. Außerdem hat es die Beklagten verurteilt, Unterhalt
an den Kläger zurückzuzahlen, und zwar die Beklagte zu 1 in Höhe beigetriebener 96 EUR monatlich seit dem 22. Oktober 2004,
die Beklagte zu 2 in Höhe von insgesamt 747 EUR für die Zeit von August bis Oktober 2004 und die Beklagte zu 3 in Höhe beigetriebener
54 EUR monatlich für die Zeit ab Februar 2005. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Auf die Berufungen der Parteien hat das Oberlandesgericht das angefochtene Urteil abgeändert. Es hat die Unterhaltspflicht
des Klägers aus dem Vergleich vom 6. Februar 2002 weiter herabgesetzt, und zwar zuletzt für die Zeit ab November 2005 auf
monatlich 135 EUR. Auf die Berufung der Beklagten zu 3 hat es die Jugendamtsurkunde vom 27. Februar 2002 lediglich insoweit
abgeändert, dass der Kläger ihr für die Zeit von Februar 2005 bis Juni 2005 monatlich 219 EUR und für die Zeit ab Juli 2005
monatlich 228 EUR schuldet. Ferner hat es die Verurteilung zur Rückzahlung überzahlten Unterhalts abgeändert und allein die
Beklagte zu 1 verurteilt, an den Kläger für die Zeit vom 17. November 2004 bis zum 31. Januar 2005 insgesamt 351,47 EUR zurückzuzahlen.
Den Ausspruch über die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung durch die Beklagte zu 2 hat es unverändert bestehen lassen.
Im Übrigen hat auch das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen.
Dagegen richtet sich die - vom Oberlandesgericht zugelassene - Revision des Klägers, mit der er weiterhin den Wegfall des
Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt, eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs der Beklagten zu 3 auf den vom Amtsgericht
ausgesprochenen Betrag und eine Verurteilung der Beklagten als Gesamtschuldner zur Erstattung der Kosten der Zwangsvollstreckung
gegen ihn in Höhe von 608,54 EUR beantragt.
Entscheidungsgründe:
Gegen den im Verhandlungstermin nicht erschienenen Beklagten ist durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Dieses beruht jedoch
inhaltlich nicht auf der Säumnis, sondern berücksichtigt den gesamten Sach- und Streitstand (BGHZ 37, 79, 81 ff.).
Die Revision ist begründet. Sie führt in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und
insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Oberlandesgericht hat die Klage auf Abänderung des Unterhaltsvergleichs für zulässig erachtet. Materiell-rechtlich
richte sich die Abänderung nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage. Hier sei allerdings eine Neuberechnung
ohne Bindung an die Grundlagen des Vergleichs erforderlich, weil sich die Vergleichsgrundlage, mit Ausnahme der bis Juli 2003
bindenden Vereinbarung über die Nichtberücksichtigung eines Hinzuverdienstes und eines Zusammenlebens der Beklagten zu 1 mit
einem neuen Partner, weder aus dem Vergleich ergebe noch unstreitig sei. Maßgeblich für den sich aus §
1570 BGB ergebenden Unterhaltsanspruch der Beklagten zu 1 seien deshalb die ehelichen Lebensverhältnisse der geschiedenen Ehegatten.
Zugrundezulegen sei das Erwerbseinkommen des Klägers im Jahre 2004, zumal seitdem keine weiteren Änderungen eingetreten seien.
Ein steuerlicher Realsplittingvorteil sei lediglich für die Zeit bis einschließlich Juli 2004 zu berücksichtigen, weil der
Kläger für die Zeit ab August 2004 eine Abänderung des Unterhaltsvergleichs und den Wegfall seiner Verpflichtung auf Zahlung
nachehelichen Unterhalts beantragt habe. Zu berechnen sei der Realsplittingvorteil auf der Grundlage eines vom Kläger nach
der Lohnsteuerklasse I zu versteuernden Einkommens. Der Splittingvorteil aus seiner neuen Ehe sei bei der Bemessung des Unterhaltsanspruchs
der geschiedenen Ehefrau nicht zu berücksichtigen. Auch der höhere Kinderfreibetrag des Klägers ab der Geburt seines weiteren
Kindes in der neuen Ehe sei nicht zu berücksichtigen. Vom Einkommen des Klägers seien neben den gesetzlichen Abgaben weitere
Beiträge für eine Direktversicherung sowie die vermögenswirksamen Leistungen des Arbeitgebers abzusetzen. Nach Abzug einer
5 %-igen Pauschale für berufsbedingte Aufwendungen verblieben Einkünfte in Höhe von monatlich 1.670 EUR. Für das Jahr 2004
sei die in diesem Jahr erstattete Steuer mit monatlich 39,16 EUR hinzuzurechnen. Denn nach dem Steuerbescheid habe nur der
Kläger und nicht seine zweite Ehefrau steuerpflichtiges Einkommen erzielt. Für 2005 könne hingegen keine Steuererstattung
berücksichtigt werden, weil der Kläger in diesem Jahr keine erhalten habe.
Ein Wohnvorteil sei nicht zu berücksichtigen, obwohl der Kläger mit seiner neuen Ehefrau in deren Haus wohne. Selbst wenn
er dort mietfrei wohnen würde, handele es sich dabei um freiwillige Leistungen Dritter, die der geschiedenen Ehefrau des Klägers
nicht zugute kommen könnten.
Von dem Einkommen des Klägers sei der die ehelichen Lebensverhältnisse prägende Kindesunterhalt abzusetzen. Dies gelte allerdings
nicht für den Unterhalt des aus der neuen Ehe des Klägers hervorgegangen Kindes, weil es nach Rechtskraft der Scheidung geboren
sei und die ihm gegenüber bestehende Unterhaltspflicht damit die ehelichen Lebensverhältnisse nicht mehr geprägt habe. Im
Übrigen sei bei der Bemessung des Kindesunterhalts der Splittingvorteil des Klägers aus seiner neuen Ehe zu berücksichtigen.
Danach schulde der Kläger zwar Unterhalt nach der Einkommensgruppe 5 der Düsseldorfer Tabelle. Weil sich sein Einkommen allerdings
an der unteren Grenze dieser Einkommensgruppe bewege und er neben der geschiedenen Ehefrau und den beiden Kindern aus erster
Ehe noch seinem weiteren Kind aus zweiter Ehe unterhaltspflichtig sei, sei eine Herabstufung des Kindesunterhalts um zwei
Einkommensgruppen gerechtfertigt.
Die Beklagte zu 1 sei im Hinblick auf das Alter der jüngsten Tochter, die in dem streitigen Unterhaltszeitraum die vierte
bzw. fünfte Klasse der Grundschule besucht habe, zur Aufnahme einer Halbtagstätigkeit verpflichtet gewesen. Nachdem sie im
Jahre 2004 zeitweise arbeitslos geworden sei bzw. Übergangsgeld bezogen habe, habe sie sich nicht hinreichend um die Aufnahme
einer neuen Erwerbstätigkeit bemüht. Für die gesamte relevante Zeit sei deswegen von einem aus Halbtagstätigkeit erzielbaren
Einkommen in Höhe von 630 EUR netto monatlich auszugehen, wie es die Beklagte zu 1 seit März 2005 erziele. Denn nach der langen
Haushaltstätigkeit sei sie nur für einfache Bürotätigkeit einsetzbar, nachdem sie in zwei Kursen Kenntnisse im Bereich der
Datenverarbeitung erlangt habe. Ein auf der Grundlage halbschichtiger Tätigkeit erzielbares Einkommen aus einem nach Steuerklasse
II zu versteuernden Stundenlohn von 8,50 EUR liege sogar geringfügig darunter. Nach Abzug berufsbedingter Aufwendungen und
einem Erwerbstätigenbonus verbleibe ihr ein anrechenbares Einkommen in Höhe von 538 EUR monatlich.
Der Kläger sei zur Zahlung des Unterhalts an die Beklagten und sein Kind aus zweiter Ehe hinreichend leistungsfähig. Der Splittingvorteil
sei auch insoweit der zweiten Ehe zu belassen. Zunächst sei ein auf der Grundlage eines fiktiven Einkommens nach Steuerklasse
I zu ermittelnder Anteil des Kindesunterhalts gemeinsam mit dem Unterhaltsanspruch der geschiedenen Ehefrau zu ermitteln.
Sodann seien die Kinder in einem weiteren Schritt gleichrangig mit dem neuen Ehegatten am Splittingvorteil zu beteiligen.
Der notwendige Selbstbehalt des Klägers sei wegen des Zusammenlebens mit einer neuen Ehefrau um 250 EUR zu reduzieren. Ob
der Rechtsansicht des Bundesgerichtshofs zu folgen sei, wonach eine Ersparnis schon durch das gemeinsame Wirtschaften eintrete,
könne dahinstehen, weil der Kläger mit seiner neuen Familie in dem Haus seiner zweiten Ehefrau wohne. Ob er dafür Miete zahle,
sei ohne Belang, weil dies nur zu einer Verschiebung von Einkommen innerhalb der Familie führe. Weil die Selbstbehaltssätze
der Düsseldorfer Tabelle Wohnkosten von 360 EUR enthielten, sei jedenfalls eine Reduzierung des Selbstbehalts um 250 EUR angemessen.
Der Unterhaltsanspruch der Beklagten zu 1 sei auch nicht verwirkt, obwohl sie in erster Instanz treuwidrig nicht offenbart
habe, dass sie schon seit März 2005 einen festen Arbeitsplatz hatte. Das Verschweigen eigener Einkünfte im Prozess könne zwar
die Voraussetzungen des §
1579 Nr. 2 (jetzt: Nr. 3)
BGB erfüllen. Verwirkung trete jedoch erst ein, wenn ein versuchter Prozessbetrug ein schwerwiegendes Fehlverhalten darstelle.
Diese Voraussetzung sei nicht erfüllt, obwohl die Beklagte zu 1 in erster Instanz nur das Arbeitslosengeld in Höhe von 538
EUR monatlich und nicht ihr ab März 2005 erzieltes Arbeitseinkommen in Höhe von 610 EUR monatlich angegeben habe. Denn schon
mit der Berufungsbegründung habe sie ihr tatsächliches Einkommen ohne gerichtliche Nachfrage offen gelegt.
Die Berufung der volljährigen Beklagten zu 3 gegen die Abänderung der Jugendamtsurkunde sei nur in geringem Umfang begründet.
Das für sie gezahlte Kindergeld sei in voller Höhe auf ihren Unterhaltsbedarf anzurechnen und entlaste in voller Höhe den
Kläger, weil dieser allein für ihren Unterhalt aufkomme. Der vom Amtsgericht titulierte Unterhalt von monatlich (373 EUR -
154 EUR =) 219 EUR sei wegen der zum 1. Juli 2005 geltenden neuen Düsseldorfer Tabelle für die Folgezeit allerdings auf monatlich
(382 EUR - 154 EUR =) 228 EUR zu erhöhen.
Der Kläger könne Unterhaltsleistungen lediglich für die Zeit ab Rechtshängigkeit der Rückforderungsklage, also ab dem 17.
November 2004, zurückfordern, weil die Beklagten für die davor liegende Zeit entreichert seien. Durch die Beitreibung von
monatlich 333 EUR bis Januar 2005 habe die Beklagte zu 1 insgesamt 351,47 EUR mehr erhalten, als ihr an Unterhalt zustehe.
Gegenüber den Beklagten zu 2 und 3 liege hingegen keine Überzahlung vor. Den zusätzlich hinterlegten Betrag könne der Beklagte
allenfalls aus dem zugrunde liegenden Treuhandverhältnis herausverlangen.
Die Kosten der Zwangsvollstreckung könne der Kläger nicht erstattet verlangen. §
788 Abs.
3 ZPO finde nach seinem Wortlaut nur auf Urteile Anwendung, während die Vollstreckung aus einem gerichtlichen Vergleich erfolgt
sei. Weil der Vergleich das Ergebnis eines gegenseitigen Nachgebens sei und keinen rechtskräftigen Titel bilde, dessen Durchbrechung
nur unter erschwerten Voraussetzungen und erst ab bestimmten Zeitpunkten möglich sei, liege insoweit auch keine planwidrige
Regelungslücke vor. So wie der Gläubiger auch eine rückwirkende Abänderung eines Vergleichs hinnehmen müsse, müsse der Schuldner
im Gegenzug akzeptieren, dass die Kosten einer im Nachhinein nicht vollständig gerechtfertigten Zwangsvollstreckung nur unter
den Voraussetzungen der §§
823,
826 BGB erstattet werden könnten. Diese lägen hier nicht vor.
Das hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
II. Das Berufungsgericht hat die Abänderungsklage zwar zu Recht für zulässig erachtet. Die Bemessung der Unterhaltsansprüche
der Beklagten entspricht aber nicht in allen Punkten der Rechtsprechung des Senats. Das wirkt sich schließlich auch auf die
Höhe des Rückforderungsanspruchs des Klägers aus.
1. Die Abänderungsklage ist nach §
323 Abs.
1,
2 und
4 ZPO zulässig, weil nach dem Vortrag der Parteien seit dem Vergleichsschluss und der Erstellung der Jugendamtsurkunden wesentliche
Änderungen der den Unterhaltstiteln zugrunde liegenden Verhältnisse eingetreten sind. Materiell-rechtlich richtet sich die
Abänderung des Unterhaltsvergleichs nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§
313 BGB), was eine Veränderung der dem Vergleich zugrunde liegenden Umstände voraussetzt (zur Abänderung der Jugendamtsurkunden vgl.
Senatsurteil vom 2. Oktober 2002 - XII ZR 346/00 - FamRZ 2003, 304, 306; s. auch Hoppenz FamRZ 2007, 716). Enthält der Unterhaltsvergleich - wie hier - allerdings keine ausdrückliche Vergleichsgrundlage und lässt diese sich auch
nicht unzweifelhaft ermitteln, ist der Unterhaltsanspruch im Abänderungsverfahren ohne eine Bindung an den abzuändernden Vergleich
allein nach den gesetzlichen Vorgaben zu ermitteln (Senatsurteile vom 26. Januar 1983 - IVb ZR 344/81 - FamRZ 1983, 569, 570 und vom 26. November 1986 - IVb ZR 91/85 - FamRZ 1987, 257, 258; Johannsen/Henrich/Brudermüller Eherecht 4. Aufl. §
323 ZPO Rdn. 128 und Wendl/Thalmann Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 8 Rdn. 171).
2. Danach wird der Unterhaltsanspruch der Beklagten zu 1 schon dem Grunde nach nur für die Zeit bis Ende 2007 von den Gründen
der angefochtenen Entscheidung getragen.
aa) Auf der Grundlage des bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Rechts hat das Oberlandesgericht der Beklagten zu 1 allerdings
zu Recht einen Anspruch auf Betreuungsunterhalt zugesprochen. Denn die jüngste gemeinsame Tochter der Parteien war im November
1993 geboren und in diesem Zeitpunkt erst 14 Jahre alt. Nach dem zum früheren Unterhaltsrecht in Rechtsprechung und Literatur
einhellig vertretenen Altersphasenmodell war die Beklagte zu 1 deswegen lediglich zu einer Halbtagstätigkeit verpflichtet
und konnte im Übrigen vom Kläger Unterhalt nach §
1570 BGB verlangen.
bb) Im Gegensatz zur Darstellung der Revision ist das Berufungsgericht bei der Bemessung des aus einer Halbtagstätigkeit erzielbaren
Einkommens der Beklagten zu 1 zutreffend von den seit März 2005 tatsächlich erzielten Einkünften ausgegangen. Denn es hat
ihr ab dieser Zeit tatsächlich erzieltes Nettoeinkommen von monatlich 630 EUR (nicht 610 EUR) für die gesamte unterhaltsrelevante
Zeit als erzielbar zugrunde gelegt. Abzüglich pauschalierter berufsbedingter Ausgaben in Höhe von 5 % (32 EUR) und eines Erwerbstätigenbonus
von weiteren 10 % ergibt sich daraus das berücksichtigte Einkommen in Höhe von rund 538 EUR. Das ist aus Rechtsgründen nicht
zu beanstanden.
cc) Für die Zeit ab dem 1. Januar 2008 wird das Berufungsgericht allerdings die Änderung des §
1570 BGB durch das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 21. Dezember 2007 (BGBl. 2007 I S. 3189; vgl. insoweit Borth FamRZ 2008 2, 5 ff., Meier FamRZ 2008, 101, 102 ff.; Weinreich/Klein Familienrecht 3. Aufl. § 1570 Rdn. 8 ff.; Borth Unterhaltsrechtsänderungsgesetz Rdn. 57 ff.; Klein
Das neue Unterhaltsrecht 2008 S. 45 ff.) zu berücksichtigen haben. Danach kann der geschiedene Ehegatte Betreuungsunterhalt
ohne weitere Begründung nur für die Dauer von drei Jahren nach der Geburt des Kindes beanspruchen (§
1570 Abs.
1 Satz 1
BGB). Zwar kann der Anspruch auf Betreuungsunterhalt im Einzelfall aus kindbezogenen (§
1570 Abs.
1 Satz 2 und
3 BGB) oder aus elternbezogenen (§
1570 Abs.
2 BGB) Gründen verlängert werden (zum Unterhaltsanspruch nach §
1615 l Abs.
2 BGB vgl. Senatsurteil BGHZ 168, 245, 260 ff. = FamRZ 2006, 1362, 1366 f.). Für die Umstände, die eine solche Verlängerung rechtfertigen können, ist allerdings die Beklagte zu 1 darlegungs-
und beweispflichtig.
3. Im Ansatz zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass sich die Höhe des Unterhaltsanspruchs der Beklagten
zu 1 gemäß §
1578 Abs.
1 Satz 1
BGB nach den ehelichen Lebensverhältnissen richtet.
a) Das für die ehelichen Lebensverhältnisse relevante Einkommen des Klägers hat das Berufungsgericht zutreffend ohne Berücksichtigung
des Splittingvorteils aus seiner neuen Ehe ermittelt.
aa) Mit Beschluss vom 7. Oktober 2003 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass steuerliche Vorteile, die der neuen
Ehe eines geschiedenen Unterhaltspflichtigen durch das Ehegattensplitting erwachsen, nicht schon in der früheren Ehe angelegt
sind und deswegen die Lebensverhältnisse dieser Ehe auch nicht bestimmt haben. Denn diese steuerlichen Vorteile, die in Konkretisierung
des Schutzauftrags aus Art.
6 Abs.
1 GG durch das Gesetz allein der bestehenden Ehe eingeräumt sind, dürfen ihr von Verfassungs wegen durch die Gerichte nicht wieder
entzogen und an die geschiedene Ehe weitergeleitet werden (BVerfGE 108, 351 = FamRZ 2003, 1821, 1823). Dem hat der Senat inzwischen Rechnung getragen. Danach sind bei der Bemessung des Unterhaltsanspruchs eines früheren
Ehegatten der Splittingvorteil eines wiederverheirateten Unterhaltspflichtigen außer Betracht zu lassen und sein unterhaltsrelevantes
Einkommen anhand einer fiktiven Steuerberechnung nach der Grundtabelle zu ermitteln (Senatsurteil BGHZ 163, 84, 90 f. = FamRZ 2005, 1817, 1819).
bb) Bei der Bemessung der Unterhaltsansprüche der Beklagten zu 2 und 3 hat das Berufungsgericht den Splittingvorteil allerdings
zu Recht berücksichtigt. Dieser steuerliche Vorteil aus der neuen Ehe ist schon deswegen bei der Bemessung des Kindesunterhalts
zu berücksichtigen, weil das höhere Nettoeinkommen auch dem Kind des Klägers aus seiner zweiten Ehe zugute kommt und die Unterhaltsansprüche
der leiblichen Kinder aus verschiedenen Ehen nicht auf unterschiedlichen Einkommensverhältnissen beruhen können (vgl. Senatsurteile
BGHZ 163, 84, 101 = FamRZ 2005, 1817, 1820, vom 14. März 2007 - XII ZR 158/04 - FamRZ 2007, 882, 885 und vom 25. April 2007 - XII ZR 189/04 - FamRZ 2007, 1081, 1082).
cc) Ebenso zutreffend hat das Berufungsgericht den Splittingvorteil des Klägers aus seiner neuen Ehe auch im Rahmen seiner
Leistungsfähigkeit nur hinsichtlich des Unterhaltsanspruchs der Beklagten zu 2 und 3 und nicht hinsichtlich des Anspruchs
auf nachehelichen Unterhalt der Beklagten zu 1 berücksichtigt. Allerdings wird sich die insoweit wegen des früheren Gleichrangs
des Unterhaltsanspruchs minderjähriger Kinder mit dem Unterhaltsanspruch geschiedener Ehegatten (§
1609 Abs.
2 BGB in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung) notwendige zweistufige Berechnung für die Zeit ab dem 1. Januar 2008
erübrigen, weil der Unterhaltsanspruch minderjähriger und privilegierter volljähriger Kinder jetzt dem Anspruch auf Ehegattenunterhalt
im Rang vorgeht (§
1609 Nr. 1
BGB).
b) Richtig ist ferner, dass das Berufungsgericht den Realsplittingvorteil des Klägers wegen der Unterhaltszahlungen an die
Beklagte zu 1 lediglich für die Zeit bis Juli 2004 berücksichtigt und auf der Grundlage des Grundtarifs (Steuerklasse I) bemessen
hat.
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist bei der Ermittlung der ehelichen Lebensverhältnisse gemäß §
1578 Abs.
1 Satz 1
BGB grundsätzlich von den tatsächlich erzielten Einkünften auszugehen. Im Regelfall ist deswegen auch die Steuerlast in ihrer
jeweils realen Höhe maßgebend, unabhängig davon, ob sie im konkreten Fall seit der Trennung gestiegen oder gesunken ist und
ob das auf einem gesetzlich vorgeschriebenen Wechsel der Steuerklasse oder auf einer Änderung des Steuertarifs beruht. Berichtigungen
der tatsächlichen, durch Steuerbescheide oder Lohnabrechnungen nachgewiesenen Nettoeinkünfte sind nur in besonders gelagerten
Fällen vorzunehmen, etwa dann, wenn nicht prägende Einkünfte eingeflossen sind, steuerliche Vergünstigungen vorliegen, die
- wie z.B. das Ehegattensplitting - dem Unterhaltsberechtigten nicht zugute kommen dürfen oder wenn erreichbare Steuervorteile
entgegen einer insoweit bestehenden Obliegenheit nicht in Anspruch genommen worden sind. Entsprechend trifft den Unterhaltspflichtigen
grundsätzlich eine Obliegenheit, mögliche Steuervorteile im Wege des Realsplittings nach §
10 Abs.
1 Nr.
1 EStG zu realisieren, soweit dadurch nicht eigene Interessen verletzt werden.
Die Verpflichtung des Unterhaltsschuldners zur Inanspruchnahme steuerlicher Vorteile aus dem Realsplitting geht allerdings
nur so weit, wie seine Unterhaltspflicht einem Anerkenntnis oder einer rechtskräftigen Verurteilung folgt oder freiwillig
erfüllt wird. Denn die steuerlichen Voraussetzungen des Realsplittings erfordern eine tatsächliche Unterhaltszahlung in dem
jeweiligen Steuerjahr. Hat der Unterhaltsschuldner nachehelichen Ehegattenunterhalt auf eine feststehende Unterhaltspflicht
in dem betreffenden Jahr geleistet, konnte und musste er den steuerlichen Vorteil des Realsplittings in Anspruch nehmen. Stand
seine Unterhaltspflicht aufgrund eines Anerkenntnisses oder eines Unterhaltstitels fest, hätte er bei Erfüllung dieser Unterhaltspflicht
ebenfalls den steuerlichen Vorteil des Realsplittings in Anspruch nehmen können, was zur fiktiven Zurechnung dieses Steuervorteils
führt (vgl. Senatsurteil BGHZ 171, 206 = FamRZ 2007, 793, 797).
bb) Für die Zeit bis Juli 2004 traf den Kläger wegen des Unterhaltsvergleichs und der tatsächlich geleisteten Zahlungen deswegen
eine unterhaltsrechtliche Obliegenheit, den daraus folgenden steuerlichen Vorteil in Anspruch zu nehmen. Weil er für die Zeit
ab August 2004 allerdings eine Abänderung des Vergleichs mit dem Ziel des Wegfalls seiner Verpflichtung zur Zahlung nachehelichen
Unterhalts beantragt hatte, ist das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass es ihm ab diesem Zeitpunkt nicht mehr
zumutbar war, steuerliche Vorteile in Anspruch zu nehmen, die er gegebenenfalls später zurückzahlen müsste.
cc) Auch soweit das Berufungsgericht den steuerlichen Vorteil des Realsplittings für die Zeit bis einschließlich Juli 2004
auf der Grundlage des Einkommens des Klägers nach der Grundtabelle (Steuerklasse I) errechnet hat, entspricht dies der Rechtsprechung
des Senats. Wie ausgeführt, muss der Splittingvorteil aus der neuen Ehe zwar grundsätzlich dieser Ehe vorbehalten bleiben.
Die geschiedene unterhaltsberechtigte Ehefrau darf also nicht davon profitieren, dass ihr unterhaltspflichtiger früherer Ehemann
wieder verheiratet ist und wegen der dadurch bedingten geringeren Steuerlast ein höheres Nettoeinkommen zur Verfügung hat.
Umgekehrt darf die geschiedene Ehefrau durch die neue Ehe des Unterhaltspflichtigen aber auch nicht schlechter gestellt werden.
Deswegen muss sowohl der Unterhaltsanspruch der geschiedenen Ehefrau als auch der Steuervorteil aus dem begrenzten Realsplitting
nach den Verhältnissen ohne Berücksichtigung der zweiten Ehe des Unterhaltspflichtigen bemessen werden. Wie das unterhaltsrelevante
Einkommen des Klägers ist somit auch dessen Realsplittingvorteil wegen der Unterhaltszahlungen an die Beklagte zu 1 fiktiv
nach der Grundtabelle zu bemessen (Senatsurteil vom 23. Mai 2007 - XII ZR 245/04 - FamRZ 2007, 1232, 1234 f.).
c) Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht die im Jahre 2004 geflossene Steuerrückzahlung zu Recht bei
der Bemessung des in diesem Jahr geschuldeten Unterhalts berücksichtigt. Denn nach den Feststellungen des Berufungsgerichts
beruht die Steuererstattung allein auf dem steuerpflichtigen Einkommen des Klägers, zumal seine zweite Ehefrau in dieser Zeit
nicht erwerbstätig war. Im Gegensatz zur Rechtsauffassung der Revision steht die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
und des Senats zur Berücksichtigung des Ehegattensplittings dem nicht entgegen. Der Kläger ist bereits seit Juni 2000 erneut
verheiratet, so dass davon auszugehen ist, dass der steuerliche Vorteil aus der Berücksichtigung der Splittingtabelle bereits
bei der Bemessung des laufenden Einkommens berücksichtigt ist. Entsprechend hat das Berufungsgericht dieses Nettoeinkommen
des Klägers für die Bemessung des Unterhaltsanspruchs der geschiedenen Frau auch fiktiv neu berechnet. Die Steuerrückzahlung
in Höhe von insgesamt 470 EUR dürfte deswegen im Wesentlichen auf andere steuerliche Abzugsposten zurückzuführen sein.
d) Im Ausgangspunkt ebenfalls zu Recht hat das Berufungsgericht die Ansprüche der Beklagten zu 2 und 3 auf Kindesunterhalt
bei der Bemessung des geschuldeten nachehelichen Unterhalts berücksichtigt. Zu Unrecht hat es dabei allerdings den Unterhaltsanspruch
des weiteren Kindes des Klägers aus seiner zweiten Ehe unberücksichtigt gelassen.
aa) Nach der neueren Rechtsprechung des Senats zu den wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen will die Anknüpfung des §
1578 Abs.
1 Satz 1
BGB für den unterhaltsberechtigten Ehegatten keine die früheren ehelichen Lebensverhältnisse unverändert fortschreibende Lebensstandardgarantie
begründen, die nur in den Grenzen fehlender Leistungsfähigkeit des unterhaltspflichtigen Ehegatten an dessen dauerhaft veränderte
wirtschaftliche Verhältnisse angepasst und nur insoweit auch "nach unten korrigiert" werden könnte. Für eine solche Absicherung
bietet das Recht des nachehelichen Unterhalts, das - jedenfalls im Grundsatz - nur die Risiken der mit der Scheidung fehlgeschlagenen
Lebensplanung der Ehegatten und der von ihnen in der Ehe praktizierten Arbeitsteilung angemessen ausgleichen will, keine Rechtfertigung.
Das Unterhaltsrecht will den bedürftigen Ehegatten nach der Scheidung wirtschaftlich nicht besser stellen, als er sich ohne
die Scheidung stünde. Bei Fortbestehen der Ehe hätte ein Ehegatte die negative Einkommensentwicklung des anderen Ehegatten
wirtschaftlich mit zu tragen. Es ist nicht einzusehen, warum die Scheidung ihm das Risiko einer solchen - auch vom unterhaltspflichtigen
Ehegatten hinzunehmenden - Entwicklung, wenn sie dauerhaft und vom Schuldner nicht durch in Erfüllung seiner Erwerbsobliegenheit
gebotene Anstrengungen vermeidbar ist, abnehmen soll (Senatsurteile BGHZ 153, 358, 364 f. = FamRZ 2003, 590, 591 f. und BGHZ 171, 206 = FamRZ 2007, 793, 795; s. auch Gerhardt FamRZ 2007, 845 f.). Nichts anderes kann für sonstige Änderungen der maßgeblichen Verhältnisse gelten, wenn sich dadurch das dem Unterhaltspflichtigen
verfügbare Einkommen vermindert (vgl. schon BGHZ 166, 351, 361 f. = FamRZ 2006, 683, 685 f.). Daher muss eine Korrektur nicht erst bei der Leistungsfähigkeit, sondern schon bei der Bedarfsbemessung ansetzen.
Die Anknüpfung an den Stichtag der rechtskräftigen Scheidung, wonach für die Bemessung der ehelichen Lebensverhältnisse grundsätzlich
die Entwicklungen bis zur Rechtskraft des Scheidungsurteils maßgebend und Änderungen in der Folgezeit nur dann zu berücksichtigen
seien, wenn diese schon in der Ehe angelegt gewesen seien (vgl. Senatsurteil vom 25. November 1998 - XII ZR 98/97 - FamRZ 1999, 367, 368 f. mit kritischer Anmerkung Graba), ist damit überholt. Das gilt insbesondere für den früheren Ansatz, dass unvorhersehbare
Änderungen nach der Trennung der Parteien nur deswegen grundsätzlich noch die ehelichen Lebensverhältnisse prägen sollten,
weil sie - zufällig - noch vor Rechtskraft des Scheidungsurteils eintraten und deshalb etwa die Unterhaltspflicht für ein
Kind aus einer anderen Verbindung bereits als "während der ehelichen Lebensgemeinschaft angelegt" anzusehen sei, wenn das
Kind noch vor Rechtskraft der Scheidung geboren ist (vgl. Senatsurteil vom 25. November 1998 - XII ZR 98/97 - FamRZ 1999, 367, 368 f.). Entscheidend ist aber, wie der Senat in seiner neueren Rechtsprechung wiederholt betont hat, dass dem Recht des
nachehelichen Unterhalts keine Lebensstandardgarantie entnommen werden kann (vgl. Senatsurteile vom 14. November 2007 - XII ZR 16/07 - FamRZ 2008, 134, 135; BGHZ 171, 206 = FamRZ 2007, 793, 795; BGHZ 166, 351, 361 f. = FamRZ 2006, 683, 685 f.; BGHZ 153, 358, 364 f. = FamRZ 2003, 590, 591 f.). Deswegen sind spätere Einkommensveränderungen bei der Bemessung des nachehelichen Ehegattenunterhalts grundsätzlich
zu berücksichtigen, unabhängig davon, ob sie vor der Rechtskraft der Ehescheidung oder erst später eingetreten sind, und grundsätzlich
auch unabhängig davon, ob es sich um Einkommensminderungen oder -verbesserungen handelt, wobei allerdings wegen der Anknüpfung
an die ehelichen Lebensverhältnisse in §
1578 Abs.
1 Satz 1
BGB Ausnahmen geboten sind.
Die Berücksichtigung einer nachehelichen Einkommensminderung findet ihre Grenze erst in der nachehelichen Solidarität der
geschiedenen Ehegatten (vgl. dazu jetzt ausdrücklich BT-Drucks. 253/06 S. 59). Soweit das Gesetz einen Anspruch auf nachehelichen
Unterhalt vorsieht, darf der Unterhaltspflichtige diesen nicht unterhaltsrechtlich leichtfertig gefährden. Beruhen Einkommensminderungen
auf einer Verletzung der Erwerbsobliegenheit des Unterhaltspflichtigen (vgl. Senatsurteil vom 12. April 2000 - XII ZR 79/98 - FamRZ 2000, 815, 816 f.; zum umgekehrten Fall beim Unterhaltsberechtigten vgl. Senatsurteil vom 14. Dezember 1983 - IVb ZR 38/82 - FamRZ 1984, 364, 367) oder sind sie durch freiwillige berufliche oder wirtschaftliche Dispositionen des Unterhaltspflichtigen veranlasst
und hätten sie von diesem durch zumutbare Vorsorge aufgefangen werden können (vgl. Senatsurteile vom 25. Februar 1987 - IVb ZR 28/86 - FamRZ 1987, 930, 933 und vom 21. Januar 1987 - IVb ZR 94/85 - FamRZ 1987, 372, 374; s. auch Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 1 Rdn. 494 ff.) bleiben sie deswegen
unberücksichtigt, sodass stattdessen fiktive Einkünfte anzusetzen sind.
In gleicher Weise sind auch Einkommenssteigerungen grundsätzlich zu berücksichtigen, gleichgültig, ob sie vor oder nach Rechtskraft
der Ehescheidung auftreten. Ausnahmen bestehen nur dort, wo die Steigerungen nicht schon in der Ehe angelegt waren wie etwa
allgemeine Lohnsteigerungen, sondern auf eine unerwartete Entwicklung, z.B. einen Karrieresprung, zurückzuführen sind. Nur
solche unvorhersehbar gestiegenen Einkünfte sind deswegen nicht mehr den ehelichen Lebensverhältnissen im Sinne des §
1578 Abs.
1 Satz 1
BGB zuzurechnen. Denn das Unterhaltsrecht will den geschiedenen Ehegatten nicht besser stellen, als er während der Ehezeit stand
oder aufgrund einer schon absehbaren Entwicklung ohne die Scheidung stehen würde. Auch insoweit kommt es nicht darauf an,
ob es sich um Einkommenssteigerungen des Unterhaltspflichtigen oder des Unterhaltsberechtigten handelt. Bereits in seiner
Surrogatrechtsprechung zur Berücksichtigung der Erwerbseinkünfte aus einer späteren Erwerbstätigkeit anstelle früherer Haushaltstätigkeit
und Kindererziehung (vgl. Senatsurteile vom 13. Juni 2001 - XII ZR 343/99 - FamRZ 2001, 986, 989 ff., vom 5. Mai 2004 - XII ZR 132/02 - FamRZ 2004, 1173, vom 13. April 2005 - XII ZR 273/02 - FamRZ 2005, 1154, 1157 und vom 7. September 2005 - XII ZR 311/02 - FamRZ 2005, 1979, 1981) hat der Senat ausgeführt, dass auch die später hinzugekommenen Einkünfte schon in Gestalt der Haushaltstätigkeit und
Kindererziehung in der Ehe angelegt waren. Ebenso kann es nach ständiger Rechtsprechung keinen Unterschied machen, ob die
Steigerung des für Unterhaltszwecke verfügbaren Einkommens auf einer Einkommenssteigerung oder darauf beruht, dass Zahlungsverpflichtungen
aufgrund einer absehbaren Entwicklung entfallen sind.
Im Hinblick auf diese Betrachtungsweise sind auch sonstige Veränderungen der maßgeblichen Verhältnisse zu berücksichtigen,
wenn sie Einfluss auf das dem Unterhaltspflichtigen verfügbare Einkommen haben. Die Berücksichtigung dadurch bedingter Einkommensminderungen
findet ihre Grenze ebenfalls erst in einem vorwerfbaren Verhalten, das - ähnlich wie bei der fiktiven Anrechnung vorwerfbar
nicht erzielten Einkommens - unterhaltsbezogen mutwillig sein muss. Das ist nicht der Fall, wenn ein geschiedener Unterhaltsschuldner
eine neue Familie gründet und in dieser neuen Ehe Kinder geboren werden. Auch in solchen Fällen wäre es verfehlt, die Unterhaltspflicht
für das neu hinzu gekommene Kind bei der Bemessung des Ehegattenunterhalts unberücksichtigt zu lassen, was dazu führen könnte,
dass der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten das dem Unterhaltspflichtigen für den eigenen Unterhalt verbleibende
Einkommen übersteigen würde, was nur im Rahmen des Selbstbehalts korrigiert werden könnte (vgl. insoweit Senatsurteil BGHZ
166, 351 = FamRZ 2006, 683, 685 f.). Bei der Neuberechnung des der Beklagten zu 1 zustehenden nachehelichen Unterhalts wird das Berufungsgericht deswegen
auch den Unterhaltsbedarf des in zweiter Ehe geborenen Kindes zu berücksichtigen haben.
bb) Bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen hat das Berufungsgericht wiederum zu Recht
den vollen Unterhaltsbedarf der Kinder des Klägers berücksichtigt. Daran hat sich auch durch das zum 1. Januar 2008 in Kraft
getretene Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 21. Dezember 2007 nichts geändert. Denn mit dem nunmehr in §
1609 BGB geschaffenen Vorrang des Unterhalts minderjähriger und privilegierter volljähriger Kinder ist insoweit keine Änderung der
früheren Rechtslage verbunden. Die Vorschrift des §
1609 BGB beschränkt sich auf die Regelung der Rangfolgen mehrerer Unterhaltsberechtigter, betrifft also die Leistungsfähigkeit. Auf
die Höhe des Unterhaltsbedarfs hat diese Vorschrift hingegen keine Auswirkung. Soweit der Unterhaltsanspruch von Kindern ohne
eigene Lebensstellung mit Ansprüchen anderer Unterhaltsberechtigter, wie Unterhaltsansprüchen getrennt lebender oder geschiedener
Ehegatten oder Ansprüchen nach §
1615 l
BGB, konkurriert, kann eine ausgewogene Verteilung des Einkommens etwa mit Hilfe der Bedarfskontrollbeträge der Düsseldorfer
Tabelle hergestellt werden (vgl. insoweit Klinkhammer FamRZ 2008, 193, 197 f.). Mit dem Vorrang des Unterhaltsanspruchs minderjähriger und privilegierter volljähriger Kinder haben derartige Korrekturen
für die Bemessung eines ausgewogenen Unterhaltsbedarfs aller Berechtigten allerdings eine noch größere Bedeutung gewonnen.
cc) Der bei der Bemessung des nachehelichen Unterhalts zunächst abzusetzende volle Unterhaltsbedarf der Kinder des Klägers
ist allerdings im Gegensatz zur Rechtsauffassung des Berufungsgerichts nach dem Nettoeinkommen aus der Grundtabelle (Steuerklasse
I) und nicht aus der Splittingtabelle zu bemessen. Zwar schuldet der Kläger seinen Kindern Unterhalt auf der Grundlage seiner
tatsächlich erzielten Einkünfte. Denn das Maß des den Kindern geschuldeten Unterhalts richtet sich gemäß §
1610 BGB nicht nach den ehelichen Lebensverhältnissen der Parteien, sondern nach der Lebensstellung der unterhaltsbedürftigen Kinder.
Diese leiten die Kinder regelmäßig aus der gegenwärtigen Lebensstellung des barunterhaltspflichtigen Elternteils ab. Auf die
Anträge der Beklagten zu 2 und 3 hat das Oberlandesgericht deren Unterhalt deswegen zutreffend nach den tatsächlichen Einkommens-
und Vermögensverhältnissen des Klägers bemessen.
Dieser - höhere - Unterhaltsanspruch der Kinder wäre dann aber auch von dem höheren tatsächlich erzielten Einkommen des Klägers
abzusetzen. Weil der nacheheliche Unterhalt der Beklagten zu 1 demgegenüber auf der Grundlage eines - ohne den Splittingvorteil
aus neuer Ehe fiktiv errechneten - geringeren Einkommens ermittelt wird, darf dieser nicht zusätzlich durch die Berücksichtigung
des höheren Kindesunterhalts reduziert werden. Denn schon die ehelichen Lebensverhältnisse sind regelmäßig dadurch geprägt,
dass ein vorhandenes Einkommen in ausgewogenem Verhältnis für die Bedürfnisse aller Familienmitglieder verwendet wird. Im
Interesse dieses ausgewogenen Verhältnisses der Unterhaltsansprüche von Kindern und geschiedenen Ehegatten ist bei der Bemessung
des nachehelichen Unterhalts ohne Berücksichtigung des Splittingvorteils deswegen auch nur ein Kindesunterhalt auf der Grundlage
dieses - geringeren - Einkommens abzusetzen (Senatsurteil vom 23. Mai 2007 - XII ZR 245/04 - FamRZ 2007, 1232, 1235).
dd) Soweit das Berufungsgericht den Unterhaltsanspruch der Kinder des Klägers wegen der Zahl der Unterhaltsberechtigten, nämlich
einer geschiedenen Ehefrau und insgesamt dreier Kinder, um zwei Einkommensgruppen der Düsseldorfer Tabelle herabgesetzt hat,
liegt dies im Rahmen seines tatrichterlichen Ermessens, das aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden ist. Das Berufungsgericht
wird allerdings zu berücksichtigen haben, dass die ab dem 1. Januar 2008 auf der Grundlage des neuen Unterhaltsrechts geltende
Düsseldorfer Tabelle höhere Einkommensschritte, nämlich jeweils 400 EUR, vorsieht, so dass künftig regelmäßig eine Herauf-
oder Herabstufung um eine Einkommensstufe ausreichend sein dürfte (vgl. Klinkhammer FamRZ 2008, 193, 195 f.).
4. Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht den dem Kläger zu belassenden Selbstbehalt wegen des Zusammenlebens mit seinem
neuen Ehegatten herabgesetzt. Die Bemessung des dem Unterhaltspflichtigen zu belassenden Selbstbehalts ist nach ständiger
Rechtsprechung des Senats Aufgabe des Tatrichters. Dabei ist es ihm nicht verwehrt, sich an Erfahrungs- und Richtwerte anzulehnen,
sofern nicht im Einzelfall besondere Umstände eine Abweichung gebieten (Senatsurteil BGHZ 166, 351, 356 = FamRZ 2006, 683, 684). Der Tatrichter muss aber die gesetzlichen Wertungen und die Bedeutung des jeweiligen Unterhaltsanspruchs berücksichtigen.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats muss dem Unterhaltspflichtigen jedenfalls der Betrag verbleiben, der seinen eigenen
Lebensbedarf nach sozialhilferechtlichen Grundsätzen in der jeweiligen Lebenssituation sicherstellt. Eine Unterhaltspflicht
besteht also nicht, soweit der Unterhaltsschuldner in Folge einer Unterhaltsleistung selbst sozialhilfebedürftig würde. Die
finanzielle Leistungsfähigkeit endet spätestens dort, wo der Unterhaltspflichtige nicht mehr in der Lage ist, seine eigene
Existenz zu sichern (BGHZ 166, 351, 356 = FamRZ 2006, 683, 684; vgl. dazu auch den 6. Existenzminimumbericht der Bundesregierung BT-Drucks. 16/3265).
Ob und in welchem Umfang der dem Unterhaltsschuldner zu belassende Selbstbehalt über den jeweils regional maßgeblichen sozialhilferechtlichen
Mindestbedarf hinausgehen kann, haben die Gerichte unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben zu bestimmen, die sich
insbesondere aus der Bedeutung und Ausgestaltung des jeweiligen Unterhaltsanspruchs und seiner Rangfolge im Verhältnis zu
anderen Unterhaltsansprüchen ergeben. Für den Unterhaltsanspruch minderjähriger - wie der Beklagten zu 2 oder des weiteren
Kindes des Klägers - oder privilegierter volljähriger Kinder ist nach ständiger Rechtsprechung deswegen von einem nur wenig
über dem Sozialhilfebedarf liegenden notwendigen Selbstbehalt auszugehen (Senatsurteil vom 9. Januar 2008 - XII ZR 170/05 - zur Veröffentlichung bestimmt), während für den Anspruch der Beklagten zu 1 auf nachehelichen Ehegattenunterhalt der Ehegattenselbstbehalt
(BGHZ 166, 351, 358 = FamRZ 2006, 683, 684) zu beachten ist.
b) Der notwendige Selbstbehalt gegenüber den Unterhaltsansprüchen minderjähriger und privilegierter volljähriger Kinder kann
entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts allerdings schon dann bis auf den jeweils konkret maßgeblichen Sozialhilfesatz
herabgesetzt werden, wenn der Unterhaltsschuldner in einer neuen Lebensgemeinschaft wohnt und dadurch Kosten der gemeinsamen
Haushaltsführung erspart (Senatsurteil vom 9. Januar 2008 - XII ZR 170/05 - zur Veröffentlichung bestimmt). Ist der Unterhaltsschuldner - wie hier - verheiratet, muss zusätzlich berücksichtigt werden,
dass der Unterhaltsschuldner und der neue Ehegatte nach §
1360 a BGB einander zum Familienunterhalt verpflichtet sind. Wechselseitig erbrachte Leistungen erfolgen deswegen auf dieser rechtlichen
Grundlage und nicht als freiwillige Leistungen Dritter.
Zu Recht sehen die Leitlinien des Berufungsgerichts deswegen vor, dass der jeweilige Selbstbehalt beim Verwandtenunterhalt
unterschritten werden kann, wenn der eigene Unterhalt des Pflichtigen ganz oder teilweise durch seinen Ehegatten gedeckt ist
(FamRZ 2008, 231, 234 Ziff. 21.5.1) und dass der Bedarf des neuen Ehegatten bei Unterhaltsansprüchen nachrangiger geschiedener Ehegatten oder
nachrangiger volljähriger Kinder lediglich mindestens 800 EUR beträgt und damit unter dem Ehegattenselbstbehalt liegt (FamRZ
2008, 231, 234 Ziff. 22.1). Das Berufungsgericht wird deswegen zu klären haben, ob das Einkommen der neuen Ehefrau des Klägers in ihrer
Bedarfsgemeinschaft eine Höhe erreicht, die eine Ersparnis für den Kläger durch das gemeinsame Wirtschaften rechtfertigt.
c) Zu diesen allgemeinen Ersparnissen kommt hinzu, dass der Kläger mit seiner Familie in dem Haus seiner neuen Ehefrau wohnt
und diese ihm den Wohnvorteil nicht als freiwillige Leistung Dritter, sondern im Rahmen ihrer Pflicht zum Familienunterhalt
nach §
1360 a BGB gewährt. Die Selbstbehaltsätze der Leitlinien des Berufungsgerichts enthalten Kosten für Unterkunft und Heizung, die sich
nach dem gegenwärtigen Stand beim notwendigen Selbstbehalt auf monatlich 360 EUR und beim Ehegattenselbstbehalt auf 400 EUR
belaufen (vgl. die Leitlinien des Berufungsgerichts FamRZ 2008, 231, 233 Ziff. 21.2 und 21.4). Im Gegensatz dazu wohnt der Kläger mietfrei, was auch im Rahmen des Selbstbehalts unterhaltsrechtlich
zu berücksichtigen ist.
Zwar sind die ersparten Mietkosten nach ständiger Rechtsprechung des Senats auch schon bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs
zu berücksichtigen (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 28. März 2007 - XII ZR 21/05 - FamRZ 2007, 879, 880 f.). Denn es handelt sich dabei um Gebrauchsvorteile im Sinne des §
100 BGB, die schon das verfügbare Einkommen entsprechend erhöhen. Dieser Umstand steht einer weiteren Berücksichtigung im Rahmen
der Leistungsfähigkeit aber nicht entgegen.
5. Soweit das Berufungsgericht eine Verwirkung des Unterhaltsanspruchs der Beklagten zu 1 verneint hat, ist dies aus revisionsrechtlicher
Sicht nicht zu beanstanden. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats setzt die Verwirkung eines Unterhaltsanspruchs nach §
1579 BGB neben der Feststellung eines Härtegrundes aus Ziff. 1 bis 8 dieser Vorschrift stets eine grobe Unbilligkeit der Inanspruchnahme
des Unterhaltspflichtigen voraus (Senatsurteil vom 12. November 2003 - XII ZR 109/01 - FamRZ 2004, 612, 614). Das hat das Oberlandesgericht in seiner tatrichterlichen Verantwortung in revisionsrechtlich unbedenklicher Weise
verneint.
Zwar war die Beklagte zu 1 im letzten Verhandlungstermin vor dem Amtsgericht am 2. März 2005 auch persönlich erschienen und
hatte die Aufnahme ihrer Berufstätigkeit ab März 2005 nicht offenbart. Deswegen hat das Amtsgericht ihr auch nicht die damals
tatsächlich erzielten 630 EUR monatlich zurechnen können, sondern lediglich ein fiktiv erzielbares Nettoeinkommen von 564
EUR. Schon in der Berufungsbegründung hat die Beklagte zu 1 dieses Versäumnis aber unaufgefordert klargestellt, was einen
Schaden des Klägers verhindert hat. Unter Berücksichtigung der sehr engen finanziellen Verhältnisse der Beklagten zu 1 hat
das Berufungsgericht deswegen zu Recht eine "grobe" Unbilligkeit verneint.
6. Im Grundsatz zu Recht hat das Berufungsgericht nur die Beklagte zu 1 zur Rückzahlung überzahlten Unterhalts verurteilt.
Zutreffend hat es auch keine Bedenken dagegen erhoben, dass der Kläger seine Anträge auf Abänderung des Unterhaltsvergleichs
und der Jugendamtsurkunden im Wege der Klagehäufung mit einer Klage auf Rückforderung überzahlten Unterhalts verbunden hat
(vgl. Wendl/Gerhardt Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 6 Rdn. 221).
a) Zu Recht hat das Berufungsgericht eine Rückzahlung der vor Rechtshängigkeit der Klage geleisteten Unterhaltszahlungen abgelehnt.
Denn insoweit können die Beklagten als Unterhaltsgläubiger sich gegenüber dem bereicherungsrechtlichen Anspruch nach §
818 Abs.
3 BGB auf den Wegfall der Bereicherung berufen. Diese Vorschrift dient dem Schutz des gutgläubig Bereicherten, der das rechtsgrundlos
Empfangene im Vertrauen auf das Fortbestehen des Rechtsgrundes verbraucht hat und daher nicht über den Betrag der bestehen
gebliebenen Bereicherung hinaus zur Herausgabe oder zum Wertersatz verpflichtet werden soll. Bei der Überzahlung von Unterhalt
kommt es daher darauf an, ob der Empfänger die Beträge restlos für seinen Lebensbedarf verbraucht oder sich noch in seinem
Vermögen vorhandene Werte - auch in Form anderweitiger Ersparnisse, Anschaffungen oder Tilgung eigener Schulden - verschafft
hat (Senatsurteile BGHZ 118, 383, 386 = FamRZ 1992, 1152, 1153 f. und vom 27. Oktober 1999 - XII ZR 239/97 - FamRZ 2000, 751).
b) Vom Eintritt der Rechtshängigkeit der Rückforderungsklage an kann sich der Empfänger einer rechtsgrundlos erbrachten Leistung
nach §
818 Abs.
4 BGB allerdings nicht mehr auf den Wegfall der Bereicherung berufen, sondern haftet nach allgemeinen Vorschriften (Senatsurteile
BGHZ 118, 383, 390 = FamRZ 1992, 1152, 1154 und vom 22. April 1998 - XII ZR 221/96 - FamRZ 1998, 951).
aa) Zur Höhe wird der Anspruch unter Berücksichtigung der monatlich bis einschließlich Januar 2005 beigetriebenen 333 EUR
allerdings davon abhängen, inwieweit die Beklagte zu 1 nach dem Ergebnis der Abänderungsklage zum Unterhalt berechtigt war,
der Unterhalt also mit Rechtsgrund geleistet worden ist.
bb) Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings einen Zahlungsanspruch auf Auskehr der beim Prozessbevollmächtigten der Beklagten
hinterlegten Beträge abgewiesen. Denn insoweit steht dem Kläger allenfalls ein Anspruch auf Freigabe der hinterlegten Beträge
zu. Die Voraussetzungen einer Erfüllung durch Hinterlegung nach §§
372,
378 BGB hat der Kläger nicht hinreichend vorgetragen (vgl. insoweit Senatsurteil vom 12. Februar 2003 - XII ZR 23/00 - NJW 2003, 1809, 1810).
c) Ebenfalls zu Recht hat das Berufungsgericht den Antrag auf Erstattung der Kosten der Zwangsvollstreckung durch die Beklagten
zu 1 bis 3 abgewiesen. Die Beklagten hatten ihre aus dem Vergleich bzw. den Jugendamtsurkunden folgenden Unterhaltsansprüche
für die Zeit bis einschließlich Januar 2005 vollstreckt. Die Klage auf Abänderung des Vergleichs über den nachehelichen Ehegattenunterhalt
und die Vollstreckungsgegenklage vom 29. Oktober 2004 wurden den Beklagten zu 1 und 2 am 18. November 2004 zugestellt. Erst
mit Beschluss des Amtsgerichts vom 15. Dezember 2004, zugestellt am 1. Januar 2005, wurde die Zwangsvollstreckung aus dem
gerichtlichen Vergleich über den nachehelichen Ehegattenunterhalt teilweise gegen Sicherheitsleistung eingestellt.
aa) Soweit die Abänderungsklage lediglich zu einer Reduzierung des geschuldeten Unterhalts, nicht aber zum vollständigen Wegfall
der Unterhaltspflicht des Klägers führt, hat die Beklagte zu 1 weiterhin zu Recht vollstreckt, so dass schon die Voraussetzungen
des §
788 Abs.
3 ZPO nicht vorliegen.
bb) Unabhängig davon findet §
788 Abs.
3 ZPO auf die Vollstreckung gerichtlicher Vergleiche keine Anwendung; eine Erstattung solcher Kosten kommt lediglich unter den
Voraussetzungen der §§
823,
826 BGB in Betracht. Zu Recht stellt das Berufungsgericht insoweit darauf ab, dass ein Unterhaltsvergleich keine materielle Rechtskraft
entfaltet und deswegen - anders als ein gerichtliches Urteil (§
323 Abs.
3 ZPO) - auch schon für die Zeit vor Rechtshängigkeit der Abänderungsklage abgeändert werden kann. Weil der Unterhaltsgläubiger
auf die Vollstreckung angewiesen ist, wenn der Schuldner seiner vergleichsweise vereinbarten Unterhaltspflicht nicht nachkommt,
kann die verschärfte Haftung des §
788 Abs.
3 ZPO nicht in entsprechender Weise auf Unterhaltsvergleiche ausgedehnt werden. Denn sie würde sich dann auch auf eine Vollstreckung
vor Rechtshängigkeit der Abänderungsklage erstrecken. Ein Schadensersatzanspruch kann dem Unterhaltsschuldner in solchen Fällen
- wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - nur unter den Voraussetzungen der §§
823,
826 BGB zustehen.
III. Danach kann das Urteil des Berufungsgerichts keinen Bestand haben und ist daher aufzuheben (§
562 Abs.
1 ZPO). Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif, weil das Berufungsgericht das unterhaltsrelevante Einkommen auf der Grundlage
der Rechtsprechung des Senats neu bemessen muss. Die Sache ist daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht
zurückzuverweisen (§
563 Abs.
1 ZPO). Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht zugleich Gelegenheit, den Unterhaltsanspruch der Beklagten zu 1 für die
Zeit ab Januar 2008 auf der Grundlage des neuen Unterhaltsrechts zu beurteilen.
IV. Falls das Berufungsgericht auf der Grundlage der Rechtsprechung des Senats zu einer geringeren Unterhaltspflicht des Klägers
gelangt, wird es auch zu prüfen haben, ob sich sein Einkommen aus anderen Gründen höher darstellt.
Denn das Berufungsgericht hat bei der Ermittlung des unterhaltsrelevanten Einkommens des Klägers dessen höheren Freibetrag
nach der Geburt des weiteren Kindes in neuer Ehe nicht berücksichtigt. Falls sich dies hier im Ergebnis auswirken würde, widerspräche
das der neueren Rechtsprechung des Senats. Der Freibetrag in Höhe von 1.824 EUR für das sächliche Existenzminimum des Kindes
(Kinderfreibetrag) sowie ein weiterer Freibetrag in Höhe von 1.080 EUR für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf
des Kindes werden nämlich für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen gewährt (§
32 Abs.
6 Satz 1
EStG). Die Berücksichtigung eines Kindes für einen Kinderfreibetrag setzt - außer bei Pflegekindern - grundsätzlich nicht voraus,
dass der Steuerpflichtige das Kind in seinen Haushalt aufgenommen oder unterhalten hat. Da diese Freibeträge mithin unabhängig
von einer Ehe der Eltern und sogar unabhängig von deren Zusammenleben eingeräumt werden, brauchen sie nicht der bestehenden
Ehe vorbehalten zu werden.
Anders zu beurteilen sind lediglich die auf §
32 Abs.
6 Satz 2
EStG beruhenden Freibeträge. Nach dieser Bestimmung verdoppeln sich die vorgenannten Beträge, wenn die Ehegatten - wie hier -
nach den §§
26,
26 b EStG zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden und das Kind zu beiden Ehegatten in einem Kindschaftsverhältnis steht. Die
Verdoppelung setzt mithin das Bestehen einer Ehe sowie das nicht dauernde Getrenntleben der Ehegatten voraus, so dass auf
jeden Ehegatten ein Freibetrag in Höhe von insgesamt 2.904 EUR entfällt. Nur der aus §
32 Abs.
6 Satz 2
EStG folgende - und damit der Ehefrau des Klägers zukommende - Steuervorteil muss deshalb der bestehenden Ehe vorbehalten werden
und kann nicht der geschiedenen Ehe zugute kommen (Senatsurteil vom 14. März 2007 - XII ZR 158/04 - FamRZ 2007, 882, 885 f.).