Tatbestand:
Die Klägerin macht aus übergegangenem Recht Ansprüche auf Elternunterhalt für die Zeit vom 1. Januar 1994 bis 30. Juni 1996
geltend.
Die - inzwischen verstorbene - Mutter des Beklagten war seit vielen Jahren halbseitig gelähmt und lebte seit Oktober 1991
in einem Altenkrankenheim. Da sie die Kosten des Heimaufenthalts aus ihren Einkünften nur teilweise aufbringen konnte, gewährte
ihr die Klägerin Sozialhilfe in Form der Hilfe zur Pflege. Die monatlichen Leistungen beliefen sich in der Zeit von Januar
1994 bis Juni 1996 auf monatlich mindestens 2.419,39 DM und höchstens 3.657,79 DM.
Der Beklagte ist einer von drei Söhnen der Mutter. Er ist von Beruf Ingenieur und - kinderlos - verheiratet. Seine Ehefrau
erzielte in den Jahren 1994 bis 1996 ein monatliches Nettoeinkommen von mehr als 1.800 DM. Der Bruder des Beklagten, Hans-Peter
S., ist verheiratet und hat drei unterhaltsberechtigte Kinder. Er wurde von der Klägerin vor einem anderen Amtsgericht auf
Unterhaltsleistungen für die Mutter in Anspruch genommen. Der weitere Bruder des Beklagten, Reiner S., ist ebenfalls verheiratet
und hat ein unterhaltsberechtigtes Kind. Beide Brüder erzielten in der hier maßgeblichen Zeit geringere Einkünfte als der
Beklagte.
Die Klägerin hat den Beklagten, der die Mutter bis zu seiner Heirat zeitweise selbst gepflegt hat, bereits früher - u.a. für
die Zeit von Mai 1992 bis Dezember 1993 - auf Unterhalt für die Mutter in Anspruch genommen. Auch für die Zeit ab Juli 1996
wird von der Klägerin Elternunterhalt gefordert.
Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin Zahlung von 64.844,94 DM zuzüglich Zinsen für die Zeit von Januar 1994 bis Juni
1996 begehrt. Der Beklagte hat den Anspruch in Höhe von 6.000 DM anerkannt und im übrigen Klageabweisung beantragt. Das Amtsgericht
hat der Klage in Höhe von (insgesamt) 13.824 DM zuzüglich Zinsen stattgegeben und sie im übrigen mangels Leistungsfähigkeit
des Beklagten abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin, mit der sie ihr Klagebegehren weiterverfolgt hat, hat das Oberlandesgericht
das angefochtene Urteil teilweise abgeändert und den Beklagten zur Zahlung von (insgesamt) 32.130 DM zuzüglich Zinsen verurteilt.
Die Anschlußberufung des Beklagten, mit der er weiterhin Klageabweisung erstrebt hat, soweit der Anspruch nicht anerkannt
worden ist, hatte keinen Erfolg. Mit seiner - zugelassenen - Revision verfolgt der Beklagte sein zweitinstanzliches Begehren
weiter. Die Klägerin hat sich der Revision angeschlossen. Sie begehrt Zahlung weiterer 32.130 DM nebst Zinsen.
Entscheidungsgründe:
Revision und Anschlußrevision sind begründet. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung
der Sache an das Berufungsgericht.
1. Das Berufungsgericht hat angenommen, daß die Unterhaltsbedürftigkeit der Mutter in Höhe der für die Zeit von Januar 1994
bis Juni 1996 erbrachten Sozialhilfeleistungen zwischen den Parteien nicht streitig sei. Zur Leistungsfähigkeit des Beklagten
hat es ausgeführt: Dessen durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen sei mit 4.311 DM für 1994, 4.038 DM für 1995 und 4.356
DM für 1996 - jeweils nach Abzug einer Arbeitsmittelpauschale von 5 % - unstreitig. Entgegen der Auffassung des Beklagten
sei dieses Einkommen bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt auch insoweit zu berücksichtigen, als es auf der Zahlung
von Urlaubs- und Weihnachtsgeld und von Überstundenvergütungen und Auslösungen beruhe. Der angemessene Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen
sei ausgehend von dem insofern seit dem 1. Juli 1998 in der Düsseldorfer Tabelle vorgesehenen Mindestsatz zu ermitteln. Er
betrage nach der Düsseldorfer Tabelle (Stand: 1. Juli 1998) 2.250 DM und sei durch einen Aufschlag von 25 % auf den Selbstbehaltsatz
eines Unterhaltspflichtigen gegenüber einem volljährigen Kind (seinerzeit: 1.800 DM) errechnet worden. Diese Methode könne
auch für die Zeit vor dem 1. Juli 1998 angewendet werden. Der Mindestselbstbehaltsatz belaufe sich deshalb für die Zeit bis
zum 31. Dezember 1995 auf 2.000 DM (Selbstbehaltsatz nach der Düsseldorfer Tabelle - Stand 1. Juli 1992 - gegenüber einem
volljährigen Kind: 1.600 DM + 25 %) und für die Zeit ab 1. Januar 1996 auf 2.250 DM (Selbstbehaltsatz gegenüber einem volljährigen
Kind nach der Düsseldorfer Tabelle - Stand 1. Januar 1996 -: 1.800 DM + 25 %). Der Unterhaltsanspruch errechne sich unter
Berücksichtigung eines in den Jahren 1994 bis 1996 erzielten durchschnittlichen Einkommens von monatlich 4.211 DM daher mit
2.211 DM monatlich für die Jahre 1994 und 1995 (4.211 DM abzüglich 2.000 DM) und mit 1.961 DM monatlich für die Monate Januar
bis Juni 1996 (4.211 DM abzüglich 2.250 DM). Ein Abzug für die Ehefrau des Beklagten sei nicht vorzunehmen, da diese über
eigene Einkünfte verfügt habe, die über dem in der Düsseldorfer Tabelle (Stand: 1. Juli 1998) mit 1.750 DM angesetzten angemessenen
Unterhalt des mit dem Unterhaltspflichtigen zusammenlebenden Ehegatten gelegen hätten. Der dem Beklagten zuzubilligende Selbstbehalt
sei nicht wegen geringerer als der in der Düsseldorfer Tabelle veranschlagten Wohnkosten herabzusetzen, denn bei den Beträgen
handle es sich um Richtsätze, die den Unterhaltsschuldner nicht hinderten, sein Einkommen zur Bestreitung seines Lebensbedarfs
anders zu verteilen. Andererseits sei es auch nicht gerechtfertigt, die vorgenannten Selbstbehaltsätze für den Unterhaltspflichtigen
weiter zu erhöhen, da sie im Verhältnis zu dem gegenüber einem volljährigen Kind anzunehmenden Selbstbehalt bereits maßvoll
erhöht seien. Abgesehen davon komme dem Beklagten jedenfalls im Rahmen der nach § 91 Abs. 2 BSHG anzustellenden sozialhilferechtlichen Vergleichsberechnung eine Unterhaltsentlastung zugute, die derjenigen, die teilweise
in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte sowie in den Empfehlungen des 11. Deutschen Familiengerichtstages und des Deutschen
Vereins für öffentliche und private Fürsorge befürwortet werde, vergleichbar sei. Der Anspruchsübergang sei nämlich nach §
91 Abs. 2 BSHG in gleicher Weise begrenzt wie die Heranziehung des Einkommens und Vermögens des Unterhaltspflichtigen. Die sozialhilferechtlichen
Selbstbehaltsätze hätten sich im vorliegenden Fall unter Berücksichtigung des Grundbetrages und der Wohnkosten auf monatlich
2.026,80 DM (Januar 1994 bis Juni 1994), 2.075,80 DM (Juli 1994 bis Juni 1995) und auf 2.082,80 DM (Juli 1995 bis Juni 1996),
im Durchschnitt damit auf rund 2.069 DM monatlich, belaufen. Ein weiterer Selbstbehalt für die Ehefrau des Beklagten sei nicht
anzusetzen, weil sie wegen des von ihr erzielten Einkommens auch sozialhilferechtlich nicht unterhaltsbedürftig gewesen sei.
Nach § 84 Abs. 1 BSHG dürfe der Hilfeempfänger und deshalb auch der Unterhaltspflichtige außerdem nur in angemessenem Umfang in Anspruch genommen
werden. Insofern sei vor allem die Dauer der Sozialhilfegewährung zu beachten. Da der Beklagte bereits zum wiederholten Male
zu Unterhaltsleistungen für seine Mutter herangezogen werde, erscheine auch unter Berücksichtigung der weiteren Umstände,
insbesondere der Tatsache, daß die Klägerin die Brüder des Beklagten nur in Höhe von 50 % der Differenz zwischen Einkommen
und Selbstbehalt heranziehe, eine Inanspruchnahme in Höhe von 50 % angemessen. Der Anspruchsübergang auf die Klägerin sei
deshalb auf monatlich 1.071 DM zu begrenzen (durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen: 4.211 DM abzüglich sozialhilferechtlicher
Selbstbehalt: 2.069 DM = 2.142 DM : 2). Der Gesamtanspruch für den hier maßgeblichen Zeitraum belaufe sich somit auf 32.130
DM (1.071 DM x 30). Auf die unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit der Brüder des Beklagten komme es im Ergebnis nicht an.
Beide hätten unstreitig geringere Einkünfte erzielt als der Beklagte. Da der durchschnittliche Bedarf der Mutter durch die
angenommene Unterhaltspflicht des Beklagten nur zu weniger als 1/3 gedeckt werde, könne eine Heranziehung der Brüder nach
den entsprechenden Maßstäben zu keiner Bedarfsdeckung führen, weshalb eine Verringerung der vom Beklagten zu leistenden Quote
nach §
1606 Abs.
3 BGB nicht in Betracht komme.
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
a) Die Unterhaltspflicht des Beklagten gegenüber seiner Mutter steht allerdings, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen
hat, dem Grunde nach nicht im Streit. Sie ergibt sich aus §
1601 BGB. Auch den Unterhaltsbedarf der Mutter hat der Beklagte nicht in Abrede gestellt; er wird durch die Unterbringung in einem
Altenkrankenheim bestimmt und deckt sich mit den dort angefallenen Kosten, soweit diese nicht aus eigenem Einkommen bestritten
werden konnten (§§
1602 Abs.
1,
1610 Abs.
2 BGB).
b) Unstreitig ist ferner die Höhe des von dem Beklagten in dem hier maßgeblichen Zeitraum erzielten Einkommens. Insofern rügt
die Revision jedoch, daß das Berufungsgericht auch die von dem Beklagten bezogene Überstundenvergütung als unterhaltsrelevantes
Einkommen angesehen habe. Das Oberlandesgericht habe entgegen seinen eigenen Leitlinien nicht festgestellt, daß die geleistete
Mehrarbeit berufsüblich oder nur in geringem Umfang angefallen sei. Es habe auch nicht erwogen, ob Einkünfte aus Mehrarbeit
bei der Berechnung des Elternunterhalts nach Zumutbarkeitsgesichtspunkten zu behandeln seien.
Damit vermag die Revision nicht durchzudringen.
Nach der Rechtsprechung des Senats sind bei der Ermittlung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen zur Feststellung
seines Einkommens grundsätzlich alle Einkünfte heranzuziehen, die ihm zufließen. Deshalb sind als Arbeitseinkommen regelmäßig
alle Leistungen anzusehen, die ihm im Hinblick auf das Arbeits- oder Dienstverhältnis gewährt werden, gleichgültig, aus welchem
Anlaß sie im einzelnen gezahlt werden. Was die Vergütung von Überstunden anbelangt, so ist diese grundsätzlich gleichfalls
- in voller Höhe - mit einzusetzen. Das gilt jedenfalls dann, wenn sie nur in geringem Umfang anfällt oder wenn die Ableistung
von Überstunden im fraglichen Ausmaß in dem vom Unterhaltsschuldner ausgeübten Beruf üblich ist (Senatsurteil vom 25. Juni
1980 - IVb ZR 530/80 - FamRZ 1980, 984).
Da somit das auf Überstundenvergütung beruhende Einkommen des Unterhaltspflichtigen unterhaltsrechtlich grundsätzlich zu berücksichtigen
ist, hat er die Umstände darzulegen, aus denen sich ergibt, daß das betreffende Einkommen gleichwohl außer Betracht zu bleiben
hat. Entsprechende Feststellungen hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Die Revision rügt auch nicht, daß insofern Vorbringen
des Beklagten übergangen worden sei. Anhaltspunkte, die für eine nur eingeschränkte Berücksichtigung der Überstundenvergütung
sprechen würden, sind auch nicht ersichtlich. Nach den vorgelegten Verdienstbescheinigungen hat der Beklagte 1994 insgesamt
122 Überstunden geleistet und 1995 insgesamt 46. Für das Jahr 1996 ist insofern aus der Verdienstbescheinigung nichts ersichtlich.
Selbst im Jahr 1994 sind mithin nur rund 10 Überstunden im Monatsdurchschnitt und damit deutlich weniger als 10 % der regulären
Arbeitszeit geleistet worden. Bei einem solchen Anteil ist jedenfalls noch von einem geringen Umfang der Überstunden auszugehen
(vgl. auch OLG Köln FamRZ 1984, 1108, 1109), so daß gegen die Berücksichtigung des hieraus resultierenden Einkommens keine rechtlichen Bedenken bestehen. Auch
bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt gelten insofern keine anderen Maßstäbe.
c) Unterhaltspflichtig ist der Beklagte allerdings nur insoweit, als er bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen
imstande ist, ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren (§
1603 Abs.
1 BGB).
aa) Zu den zu berücksichtigenden sonstigen Verpflichtungen gehört auch die Unterhaltspflicht gegenüber der Ehefrau des Beklagten,
falls diese kein ihren Unterhaltsbedarf deckendes eigenes Einkommen erzielt. Der Beklagte schuldet ihr in diesem Fall gemäß
§§
1360,
1360 a BGB Familienunterhalt. Dieser Unterhaltsanspruch läßt sich zwar nicht ohne weiteres nach den zum Ehegattenunterhalt bei Trennung
und Scheidung entwickelten Grundsätzen bemessen. Denn er ist nach seiner Ausgestaltung nicht auf die Gewährung einer - frei
verfügbaren - Geldrente für den jeweils anderen Ehegatten, sondern als gegenseitiger Anspruch der Ehegatten darauf gerichtet,
daß jeder von ihnen seinen Beitrag zum Familienunterhalt entsprechend seiner nach dem individuellen Ehebild übernommenen Funktion
leistet. Sein Maß bestimmt sich aber nach den ehelichen Lebensverhältnissen, so daß §
1578 BGB als Orientierungshilfe herangezogen werden kann (Senatsurteile vom 22. Februar 1995 - XII ZR 80/94 - FamRZ 1995, 537 und vom 22. Januar 2003 - XII ZR 2/00 - FamRZ 2003, 363, 366 f.). Deshalb ist es rechtlich unbedenklich, den Anspruch auf Familienunterhalt im Fall der Konkurrenz mit anderen Unterhaltsansprüchen
auf die einzelnen Familienmitglieder aufzuteilen und in Geldbeträgen zu veranschlagen. Der anzusetzende Betrag kann daher
insoweit in gleicher Weise wie der Unterhaltsbedarf eines getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten ermittelt werden (Senatsurteile
vom 19. Februar 2003 - XII ZR 67/00 - FamRZ 2003, 860, 864; vom 22. Januar 2003 aaO.; vom 20. März 2002 - XII ZR 216/00 - FamRZ 2002, 742 und vom 18. Oktober 2000 - XII ZR 191/98 - FamRZ 2001, 1065, 1066).
bb) Welcher Betrag bei dem auf Elternunterhalt in Anspruch genommenen Unterhaltspflichtigen für den Unterhalt seines Ehegatten
anzusetzen ist, wird in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte und im Schrifttum nicht einheitlich beantwortet. Nachdem
die Düsseldorfer Tabelle für diesen Fall bei gemeinsamer Haushaltsführung einen Selbstbehalt für den Ehegatten von mindestens
1.750 DM (ab 1. Juli 1998) vorsieht, ist vielfach der entsprechende Betrag herangezogen worden. Der Senat hat inzwischen entschieden,
daß der Unterhaltsanspruch der mit dem - auf Elternunterhalt in Anspruch genommenen - Unterhaltspflichtigen zusammenlebenden
Ehefrau nicht auf einen Mindestbetrag beschränkt, sondern nach den individuell ermittelten Lebens-, Einkommens- und Vermögensverhältnissen,
die den ehelichen Lebensstandard bestimmen, zu bemessen ist. Für sie ist deshalb nicht von vornherein ein bestimmter Mindestbetrag
anzusetzen. Bei der Bemessung des Unterhaltsanspruchs der Ehefrau nach den ehelichen Lebensverhältnissen stellt sich allerdings
die Frage, ob diese bereits durch Unterhaltsleistungen für die Mutter geprägt waren. Denn der Unterhaltsanspruch eines Ehegatten
kann auch durch Unterhaltsansprüche nachrangig Berechtigter eingeschränkt werden, soweit die sich aus einem entsprechenden
Vorwegabzug ergebende Verteilung der zum Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nicht zu einem Mißverhältnis hinsichtlich
des wechselseitigen Bedarfs der Beteiligten führt (Senatsurteil vom 19. Februar 2003 aaO. S. 865).
cc) Danach kann die angefochtene Entscheidung keinen Bestand haben. Wie die Revision zu Recht geltend macht, ist der Unterhaltsbedarf
der Ehefrau des Beklagten mit Rücksicht auf das von den Eheleuten erzielte Einkommen grundsätzlich höher zu bemessen als der
Mindestbedarf von 1.750 DM. Welcher Betrag insofern anzusetzen ist, hängt zum einen von dem Einkommen der Ehefrau ab, zu dessen
konkreter Höhe das Berufungsgericht - aus seiner Sicht folgerichtig - keine Feststellungen getroffen hat.
Zum anderen kommt es darauf an, ob die ehelichen Lebensverhältnisse durch Unterhaltsleistungen für die Mutter geprägt waren.
Das kann dadurch zum Ausdruck gekommen sein, daß bereits tatsächlich Unterhalt für diese geleistet worden ist. Darüber hinaus
kann aber auch schon die latente Unterhaltslast für einen Elternteil die ehelichen Lebensverhältnisse mitbestimmen (vgl. Senatsurteil
vom 19. Februar 2003 aaO. S. 865). Insofern ist jedenfalls davon auszugehen, daß die ehelichen Lebensverhältnisse um so eher
von einer Unterhaltsverpflichtung geprägt werden, je höher die Wahrscheinlichkeit einzuschätzen ist, für den Unterhalt von
Eltern aufkommen zu müssen. Denn die ehelichen Lebensverhältnisse, die von den sich wandelnden wirtschaftlichen und persönlichen
Verhältnissen der Ehegatten abhängen, können durch derartige Umstände ebenfalls beeinflußt werden. Mit Rücksicht darauf kann
es auch nicht allein auf die Verhältnisse bei der Eheschließung des Unterhaltspflichtigen ankommen, sondern - wie klarzustellen
ist - auch auf deren spätere Entwicklung. Ob und unter welchen Umständen danach allgemein eine Prägung der ehelichen Lebensverhältnisse
- etwa im Fall einer sich abzeichnenden Pflegebedürftigkeit eines Elternteils (vgl. hierzu auch Anmerkung Klinkhammer FamRZ
2003, 866, 867 f.) - angenommen werden kann, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Da der Beklagte seine - seit vielen Jahren halbseitig
gelähmte - Mutter bis zu seiner Heirat zeitweise selbst gepflegt hat und bereits in der Vergangenheit auf Unterhalt für sie
in Anspruch genommen wurde, dürfte hier von einer Prägung der ehelichen Lebensverhältnisse durch die Unterhaltspflicht für
die Mutter auszugehen sein. Der Unterhaltsanspruch der Ehefrau des Beklagten wird deshalb mit Rücksicht darauf und unter Einbeziehung
ihres eigenen Einkommens zu ermitteln sein.
Entgegen der Auffassung der Revision bestand für das Berufungsgericht allerdings kein Anlaß für die Prüfung, ob das Einkommen
der Ehefrau entsprechend dem Rechtsgedanken des §
1577 Abs.
2 BGB teilweise anrechnungsfrei zu bleiben hat, weil sie neben der eigenen Berufstätigkeit den Haushalt alleine führe. Soweit die
Revision sich darauf stützt, der Beklagte habe entsprechende Umstände geltend gemacht, verkennt sie, daß es sich bei dem in
Bezug genommenen Protokoll des Amtsgerichts vom 14. Oktober 1997 um ein solches über die mündliche Verhandlung in dem vorausgegangenen
Rechtsstreit der Parteien handelt.
d) Das Berufungsurteil begegnet aber noch aus einem weiteren Grund rechtlichen Bedenken. Das Berufungsgericht hat angenommen,
der Unterhaltsanspruch der Mutter bestehe in Höhe von monatlich 2.211 DM für die Zeit bis Dezember 1995 und in Höhe von monatlich
1.961 DM ab Januar 1996. Eine Begrenzung der Inanspruchnahme des Beklagten ist erst aufgrund der sozialhilferechtlichen Bestimmungen
im Rahmen der Prüfung des Anspruchsübergangs auf die Klägerin erfolgt. Das steht mit dem Gesetz nicht in Einklang.
Die beim Verwandtenunterhalt maßgebliche Vorschrift des §
1603 Abs.
1 BGB gewährleistet jedem Unterhaltspflichtigen vorrangig die Sicherung seines eigenen angemessenen Unterhalts; ihm sollen grundsätzlich
die Mittel verbleiben, die er zur angemessenen Deckung seines allgemeinen Bedarfs benötigt. In welcher Höhe dieser Bedarf
zu bemessen ist, hängt von der Lebensstellung des Unterhaltsverpflichteten ab, die sich aus seinem Einkommen, Vermögen und
sozialen Rang ergibt. Denn es entspricht der Erfahrung, daß die Lebensstellung an die zur Verfügung stehenden Mittel angepaßt
wird. Mit Rücksicht darauf kann der angemessene Eigenbedarf nicht unabhängig von dem im Einzelfall vorhandenen Einkommen und
Vermögen bestimmt werden; er ist entsprechend den Umständen des Einzelfalles veränderlich. Wie der Senat inzwischen entschieden
hat, braucht der Unterhaltsverpflichtete bei einer Inanspruchnahme auf Unterhalt für einen Elternteil eine spürbare und dauerhafte
Senkung seines berufs- und einkommenstypischen Unterhaltsniveaus jedenfalls insoweit nicht hinzunehmen, als er nicht einen
nach den Verhältnissen unangemessenen Aufwand betreibt. Eine derartige Schmälerung des eigenen angemessenen Bedarfs wäre mit
dem Gesetz nicht zu vereinbaren, das den Unterhaltsanspruch der Eltern rechtlich vergleichsweise schwach ausgestaltet hat
(Senatsurteil vom 23. Oktober 2002 - XII ZR 266/99 - FamRZ 2002, 1698, 1700 f.).
Die Bemessung des angemessenen Bedarfs des Unterhaltspflichtigen obliegt der tatrichterlichen Beurteilung des Einzelfalls.
Das dabei gewonnene Ergebnis ist revisionsrechtlich jedoch darauf zu überprüfen, ob es den anzuwendenden Rechtsgrundsätzen
Rechnung trägt und angemessen ist (Senatsurteile vom 27. April 1983 - IVb ZR 372/81 - FamRZ 1983, 678 und vom 6. November 1985 - IVb ZR 45/84 - FamRZ 1986, 151). Das ist hier nicht der Fall. Wenn von dem Unterhaltspflichtigen verlangt wird, mehr von seinem Einkommen für den Unterhalt
eines Elternteils einzusetzen, als ihm selbst verbleibt, wie es hier für die Zeit bis Dezember 1995 angenommen worden ist,
wird die Grenze des dem Unterhaltspflichtigen Zumutbaren in der Regel überschritten (vgl. Senatsurteil vom 23. Oktober 2002
aaO. S. 1700).
Ob und inwieweit die Mindestsätze des Selbstbehalts zu erhöhen sind, hat der Tatrichter in eigener Verantwortung zu entscheiden.
Der Senat hat es bereits gebilligt, wenn bei der Ermittlung des für den Elternunterhalt einzusetzenden bereinigten Einkommens
allein auf einen - hälftigen - Anteil des Betrages abgestellt wird, der den an sich vorgesehenen Mindestselbstbehalt übersteigt.
Denn durch eine solche Handhabung kann im Einzelfall ein angemessener Ausgleich zwischen dem Unterhaltsinteresse der Eltern
einerseits und dem Interesse des Unterhaltsverpflichteten an der Wahrung seines angemessenen Selbstbehalts andererseits zu
bewirken sein. Zugleich kann eine ungerechtfertigte Nivellierung unterschiedlicher Verhältnisse vermieden werden. Überdies
hat eine derartige Verfahrensweise den Vorteil der Rechtssicherheit und Praktikabilität für sich (Senatsurteil vom 19. März
2003 - XII ZR 123/00 - FamRZ 2003, 1179, 1182).
Der Notwendigkeit, den angemessenen Eigenbedarf des Beklagten unter Berücksichtigung der beim Elternunterhalt vorliegenden
besonderen Verhältnisse zu bestimmen, war das Berufungsgericht nicht mit Rücksicht auf den nach den §§ 91 Abs. 2, 84 Abs. 1 BSHG in nur eingeschränktem Umfang bejahten Anspruchsübergang auf die Klägerin enthoben. Die Frage, inwieweit der zivilrechtliche
Unterhaltsanspruch auf den Träger der Sozialhilfe übergeht, stellt sich erst, nachdem der Unterhaltsanspruch festgestellt
worden ist. Denn es ist nicht auszuschließen, daß der übergegangene Unterhaltsanspruch niedriger ist als das Ergebnis der
sozialhilferechtlichen Vergleichsberechnung. Da das Oberlandesgericht den dem Beklagten zu belassenden angemessenen Selbstbehalt
danach nicht rechtsfehlerfrei ermittelt hat, kann die Entscheidung auch aus diesem Grund keinen Bestand haben.
e) Soweit das Berufungsgericht es allerdings abgelehnt hat, den dem Beklagten zugebilligten Selbstbehalt wegen der tatsächlich
geringeren als in den Selbstbehaltsätzen enthaltenen Kosten der Warmmiete zu reduzieren, wendet sich die Anschlußrevision
hiergegen ohne Erfolg.
Richtig ist zwar der Ausgangspunkt, daß in den pauschalierten Selbstbehaltsätzen für den Unterhaltspflichtigen und dessen
Ehefrau - ab 1. Juli 1998 - eine Warmmiete von insgesamt 1.400 DM (800 DM + 600 DM) enthalten war. Selbst wenn dieser Betrag
für den hier maßgeblichen Zeitraum geringer anzusetzen ist, liegt er doch deutlich über den Kosten, die dem Beklagten und
seiner Ehefrau ausgehend von einer Kaltmiete von monatlich rund 576 DM an Wohnkosten entstanden sind. Ungeachtet dessen ist
eine Kürzung des dem Beklagten zuzubilligenden Selbstbehalts nicht veranlaßt. Es unterliegt grundsätzlich der freien Disposition
des Unterhaltspflichtigen, wie er die ihm zu belassenden Mittel nutzt. Ihm ist es deshalb nicht verwehrt, seine Bedürfnisse
anders als in den Unterhaltstabellen vorgesehen zu gewichten und sich z.B. mit einer preiswerteren Wohnung zu begnügen, um
zusätzliche Mittel für andere Zwecke, etwa für Bekleidung, Urlaubsreisen oder kulturelle Interessen, einsetzen zu können (ebenso
OLG Hamm OLG-Report 2001, 79, 80; OLG Düsseldorf FamRZ 1999, 1020; OLG Frankfurt FamRZ 1999, 1522; Kalthoener/Büttner/Niepmann Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 8. Aufl. Rdn. 970; Wendl/Scholz Das Unterhaltsrecht
in der familiengerichtlichen Praxis 5. Aufl. § 2 Rdn. 270; a.A. Wendl/Gutdeutsch aaO. § 5 Rdn. 183, 203; OLG Dresden FamRZ
1999, 1522, 1523 für einen Mangelfall bei gesteigerter Unterhaltspflicht). Bei dieser Betrachtungsweise verlieren die in den Selbstbehaltsätzen
ausgewiesenen Warmmietanteile nicht ihren Sinn. Ihnen kommt vielmehr die Bedeutung zu, daß der Unterhaltspflichtige bei unvermeidbar
höheren Wohnkosten als im Selbstbehalt berücksichtigt, evtl. dessen Heraufsetzung geltend machen kann (vgl. Anmerkung 5 der
Düsseldorfer Tabelle).
f) Das angefochtene Urteil kann danach nicht bestehen bleiben. Die Sache ist an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen, damit
die Leistungsfähigkeit des Beklagten unter Nachholung der erforderlichen Feststellungen erneut geprüft werden kann.
3. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
a) Familienunterhalt steht der Ehefrau grundsätzlich in Höhe der Hälfte des beiderseitigen Einkommens der Ehegatten zu (vgl.
Senatsurteil vom 20. März 2002 aaO.), soweit dieses die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt hat und nicht zur Vermögensbildung
verwandt worden ist. Da die Unterhaltspflicht für die Mutter des Beklagten die ehelichen Lebensverhältnisse mitbestimmt haben
dürfte, wird der Unterhaltsanspruch der Ehefrau nach Vorwegabzug der für den Elternunterhalt einzusetzenden Mittel zu bemessen
sein. Letztere ergeben sich - als Höchstbetrag - aus der Differenz zwischen dem tatrichterlich festzustellenden Selbstbehalt
und dem Einkommen des Beklagten. Der - nach entsprechendem Vorwegabzug - errechnete Ehegattenunterhalt ist auf seine Angemessenheit
zu überprüfen (vgl. Senatsurteil vom 19. Februar 2003 aaO. S. 865).
b) Soweit für die Ehefrau nicht ein Mindestbedarfssatz heranzuziehen ist, wird die durch die gemeinsame Haushaltsführung erfahrungsgemäß
eintretende Ersparnis zu berücksichtigen sein, die zu schätzen ist (§
287 ZPO).
c) Der Beklagte und seine Brüder sind als (gleich nahe) Verwandte verpflichtet, entsprechend ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit
anteilig für den Unterhalt ihrer Mutter aufzukommen (§§
1601,
1606 Abs.
3 Satz 1
BGB). Um die jeweils geschuldeten Unterhaltsquoten ermitteln zu können, müssen die nach Abzug des Selbstbehalts von den bereinigten
Einkommen verbleibenden Beträge grundsätzlich zueinander ins Verhältnis gesetzt werden. Dabei mag es im Einzelfall, insbesondere
wenn die Geschwister nicht in einem Rechtsstreit gemeinsam in Anspruch genommen werden, möglich sein, von einer exakten Quotierung
abzusehen, weil sich absehen läßt, daß z.B. das Geschwister mit dem höheren zu berücksichtigenden Einkommen nicht weitergehend
in Anspruch genommen wird, als es seinem nach Kopfteilen ermittelten Anteil entspricht. Ob hier ein solcher Fall vorliegt,
wird sich letztlich erst beurteilen lassen, wenn festgestellt worden ist, in welcher Höhe nach Abzug eventueller Unterhaltsansprüche
der jeweiligen Ehegatten und des nach den individuellen Verhältnissen ermittelten Selbstbehalts bei den Geschwistern Einkünfte
für den Elternunterhalt zur Verfügung stehen.
d) Inwieweit der Unterhaltsanspruch der Mutter nach § 91 Abs. 1 und 2 BSHG auf den Träger der Sozialhilfe übergegangen ist, kann erst im Rahmen einer abschließenden Prüfung beurteilt werden. Dabei
wird gegebenenfalls zu beachten sein, daß der von dem Berufungsgericht bei seiner Abwägung herangezogene Gesichtspunkt, die
Brüder des Beklagten seien von der Klägerin nur in Höhe von 50 % der Differenz zwischen Einkommen und Selbstbehalt in Anspruch
genommen worden, bezüglich des Bruders Hans-Peter nicht zutreffen dürfte, wie die Anschlußrevision zu Recht geltend macht.