Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde im sozialgerichtlichen Verfahren, Bezeichnung einer Divergenz und einer Überraschungsentscheidung
als Verfahrensmangel
Gründe:
I
Die Beteiligten haben darüber gestritten, ob die Beigeladenen zu 1) bis 5) beim Kläger sozialversicherungspflichtig beschäftigt
und auf ihre Aufwandsentschädigungen Sozialversicherungsbeiträge zu erheben sind.
Der beklagte Rentenversicherungsträger stellte die Sozialversicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) bis 5) für die Zeit vom
1.4.1999 bis zum 31.10.2000 fest und forderte von dem Kläger die Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von zuletzt
43.000 DM. Das Sozialgericht (SG) hat der Klage gegen die Feststellung der Sozialversicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) bis 5) und gegen die Beitragsforderung
stattgegeben. Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen hat das Urteil des SG insoweit aufgehoben, als dieses die Feststellungen der Sozialversicherungspflicht des ehrenamtlich tätigen Kreisbrandmeisters,
Beigeladener zu 1), und des ehrenamtlich tätigen stellvertretenden Kreisbrandmeisters, Beigeladener zu 2), aufgehoben hatte.
Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG vom 8.11.2007.
II
Die Beschwerde ist in entsprechender Anwendung von §
169 Satz 2 und
3 SGG als unzulässig zu verwerfen. Der Kläger hat in der Begründung seines Rechtsmittels entgegen §
160a Abs
2 Satz 3
SGG keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.
Das Bundessozialgericht (BSG) darf gemäß §
160 Abs
2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder
- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder
- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).
Dagegen ist die behauptete Unrichtigkeit der angegriffenen Entscheidung kein Revisionszulassungsgrund.
1. Der Kläger beruft sich zum einen auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG). Die Beschwerdebegründung muss hierzu ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden
Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit)
und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 60 und 65; BSG SozR
3-1500 § 160a Nr 16 mwN, vgl auch Bundesverfassungsgericht SozR 3-1500 § 160a Nr 7). Die Beschwerdebegründung hat deshalb
auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist,
und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll
(BSG SozR 1500 § 160a Nr 31). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
Der Kläger benennt bereits keine konkrete Rechtsfrage. Allein die Behauptung, das Verfahren habe nicht nur für Feuerwehrführungskräfte
in Niedersachsen, sondern darüber hinaus im gesamten Bundesgebiet Bedeutung, ersetzt nicht die Darlegung, welche Rechtsfrage
zu klären ist und inwieweit diese im Hinblick auf die vorhandene Rechtsprechung und Literatur klärungsbedürftig und im konkreten
Verfahren klärungsfähig ist. Das LSG hat seine Entscheidung zur Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) und 2) auf §
7 Abs
1 SGB IV gestützt und entsprechend der Entscheidung des Senats vom 20.1.2006 (B 12 KR 12/05 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 6) eine Gesamtwürdigung der für und gegen eine abhängige Beschäftigung sprechenden Umstände vorgenommen.
Dabei hat es die allgemeine und besondere Pflichtenstellung der Beigeladenen zu 1) und 2) und die von ihnen wahrgenommenen
Verwaltungsaufgaben berücksichtigt. Inwieweit hier eine klärungsbedürftige Rechtsfrage gegeben sein könnte, die in einem Revisionsverfahren
klärungsfähig wäre, legt der Kläger nicht dar.
2. Weiter macht der Kläger den Zulassungsgrund der Abweichung geltend. Abweichung (Divergenz) iS von §
160 Abs
2 Nr
2 SGG bedeutet Widerspruch im Rechtssatz, nämlich das Nichtübereinstimmen tragender abstrakter Rechtssätze, die zwei Urteilen zu
Grunde gelegt worden sind. Eine Abweichung liegt nicht schon dann vor, wenn das Urteil eines LSG nicht den Kriterien entspricht,
die das BSG aufgestellt hat, sondern erst, wenn das LSG diesen Kriterien widersprochen, also andere Maßstäbe entwickelt hat.
Das LSG weicht damit nur dann iS von §
160 Abs
2 Nr
2 SGG von einer Entscheidung ua des BSG ab, wenn es einen abstrakten Rechtssatz aufstellt, der der zum selben Gegenstand gemachten
und fortbestehenden aktuellen abstrakten Aussage des BSG entgegensteht und dem Berufungsurteil tragend zu Grunde liegt. Die
Beschwerdebegründung muss deshalb erkennen lassen, welcher abstrakte Rechtssatz in den vorangegangenen höchstrichterlichen
Urteilen enthalten ist und welcher im Urteil des LSG enthaltene Rechtssatz dazu im Widerspruch steht (vgl BSG SozR 1500 §
160a Nr 14, 21, 29 und 67, SozR 3-1500 § 160 Nr 26 mwN). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
Es wird bereits kein konkreter Rechtssatz benannt, den das LSG aufgestellt hat und mit dem es von einem Rechtssatz eines Urteils
des BSG abgewichen sein könnte. Allein die Benennung des Urteils des Senats vom 22.6.2005 (B 12 KR 28/03 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 5) genügt nicht. Die weitere Begründung, das LSG habe das Merkmal der Eingliederung nicht geprüft, für
die Weisungsgebundenheit die tatsächlichen Verhältnisse nicht als ausschlaggebend angesehen und aus den Pflichten auf die
Eingliederung in den Organisationsbetrieb geschlossen, gibt allein die Art und Weise der vom LSG vorgenommenen Gesamtabwägung
wieder. Soweit der Kläger diese für unzulänglich oder fehlerhaft hält, weil das LSG aufgrund der Umstände zum gegenteiligen
Ergebnis hätte kommen müssen und eine Weisungsgebundenheit und eine Eingliederung hätte verneinen müssen, legt er keine mögliche
Abweichung dar, sondern lediglich eine mögliche inhaltliche Unrichtigkeit, die nicht zur Zulassung der Revision führen kann.
3. Schließlich beruft sich der Kläger auf einen Verfahrensmangel. Das Gericht habe das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs
aus Art
103 Abs
1 GG und seine richterliche Hinweispflicht aus §
139 ZPO iVm §
202 SGG verletzt, indem es überraschend die Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) und 2) angenommen habe. Der Kläger begründet
dies damit, dass der Berichterstatter zunächst in einem rechtlichen Hinweis eine andere Auffassung vertreten habe. Der Schriftsatz
der Beklagten mit deren abweichender Auffassung sei ihm nur zur Kenntnisnahme übersandt worden. Aus diesem Grunde sei er dem
auf den 8.11.2007 anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung ferngeblieben, nachdem auf telefonische Nachfrage der Berichterstatter
erklärt habe, dass das Erscheinen nicht erforderlich sei. Das Gericht hätte darauf hinweisen müssen, dass es entgegen der
bisher geäußerten Auffassung den Kreisbrandmeister und seinen Vertretern nun doch als weisungsgebunden und daher eingegliedert
ansehen werde. Hätte das Gericht seine neue Rechtsauffassung rechtzeitig offenbart, dann wäre es möglich gewesen, auf die
zur Divergenz vorgetragene Rechtslage hinzuweisen. Damit zeigt der Kläger einen Verfahrensmangel nicht in der erforderlichen
Weise auf.
Der Kläger legt bereits nicht dar, welcher Vortrag durch ihn aus welchen Gründen zu einer anderen Entscheidung hätte führen
können. Aufzuzeigen wäre darüber hinaus, dass die Entscheidung des LSG nach dem bisherigen Sach- und Streitstand von keiner
Seite als möglich vorausgesehen werden konnte (vgl BSG, Beschlüsse vom 5.3.2007, B 4 RS 58/06 B, und vom 21.9.2006, B 12 KR 24/06 B). Auch hieran fehlt es. Selbst wenn das LSG in seinem Schreiben durch den Berichterstatter zunächst eine andere Auffassung
vertrat, musste der Kläger damit rechnen, dass es die danach geäußerte abweichende Rechtsauffassung der Beklagten und deren
Begründung in dem auch ihm übersandten Schriftsatz zur Kenntnis nehmen, erwägen und sich möglicherweise aufgrund dessen eine
andere Meinung bilden könnte. Eine Überraschungsentscheidung in dem Sinne, dass ein gewissenhafter und kundiger Prozessbevollmächtigter
mit ihr nicht zu rechnen brauchte, liegt grundsätzlich dann nicht vor, wenn sich das LSG im Urteil dem Standpunkt eines der
Beteiligten angeschlossen hat. Hiermit muss ein sorgfältiger Prozessbevollmächtigter rechnen. Auch besteht keine Verpflichtung
des Gerichts, die für die richterliche Überzeugungsbildung möglicherweise leitenden Gründe zuvor mit den Beteiligten zu erörtern
(vgl BSG, Beschluss vom 20.8.2008, B 13 R 217/08 B, mwN). Auch wäre es dem Kläger möglich gewesen, entweder schriftsätzlich oder in der mündlichen Verhandlung auf den Schriftsatz
der Beklagten zu erwidern, und sich damit rechtzeitig rechtliches Gehör zu verschaffen. Dass der Schriftsatz der Beklagten
dem Kläger lediglich zur Kenntnis übersandt worden war, schloss diese Möglichkeit nicht aus. Dies gilt auch für den Hinweis
des Berichterstatters, ein Erscheinen in der mündlichen Verhandlung sei nicht erforderlich.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, da sie nicht geeignet ist, zu Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung
beizutragen (§
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren war gemäß §
197a Abs
1 Halbsatz 1
SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 2, § 47 Abs 1 und 3 Gerichtskostengesetz in Höhe des Auffangstreitwertes von 5.000 Euro festzusetzen. Für die wirtschaftliche Bedeutung des Beschwerdeverfahrens für
den Kläger, der sich nur noch gegen die Feststellung der Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) und zu 2) gewandt hat,
fehlen hinreichende Anhaltspunkte, um einen Streitwert in abweichender Höhe festzusetzen. Insbesondere kann nicht der Betrag
einer streitigen Beitragsforderung zugrunde gelegt werden. Da das wirtschaftliche Interesse des Klägers unabhängig vom Zeitraum,
für den die Versicherungspflicht festgestellt wird, nicht beziffert werden kann, kann auch keine entsprechende Differenzierung
vorgenommen und ggf ein Vielfaches des Auffangstreitwertes zugrunde gelegt werden.