Rentenversicherung
Befreiung vom pflegeversicherungsrechtlichen Beitragszuschlag für Kinderlose
Verfahrensrüge
Rüge einer Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes
Übergehen eines Beweisantrags
1. Auf eine Verletzung des §
103 SGG (Amtsermittlungsprinzip) kann ein Verfahrensmangel nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem
das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
2. Das Übergehen eines Beweisantrags ist aber nur dann ein Verfahrensfehler, wenn das LSG vor seiner Entscheidung darauf hingewiesen
wurde, dass der Beteiligte die Amtsermittlungspflicht des Gerichts noch nicht als erfüllt ansieht.
3. Insoweit ist darzulegen, dass ein prozessordnungsgemäßer Beweisantrag in der abschließenden mündlichen Verhandlung bis
zuletzt aufrechterhalten oder gestellt worden ist, mit dem sowohl das Beweismittel als auch das Beweisthema angegeben und
aufgezeigt wurde, über welche Tatsachen im Einzelnen Beweis erhoben werden sollte.
Gründe:
I
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten darüber, ob der Kläger vom pflegeversicherungsrechtlichen
Beitragszuschlag für Kinderlose bereits seit Beginn seiner Altersrente am 1.9.2005 befreit ist. Das SG Chemnitz hat die Klage
abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 8.5.2015). Das Sächsische LSG hat die Berufung zurückgewiesen. Der erforderliche Nachweis
der Elterneigenschaft sei erst am 28.12.2012 erbracht worden (Urteil vom 4.7.2017). Gegen die Nichtzulassung der Revision
wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde.
II
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des LSG ist ohne Hinzuziehung ehrenamtlicher
Richter als unzulässig zu verwerfen (§
160a Abs
4 S 1 Halbs 2 iVm §
169 SGG). Der Kläger hat entgegen §
160a Abs
2 S 3
SGG den geltend gemachten Zulassungsgrund des Verfahrensmangels, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG), nicht hinreichend bezeichnet.
Auf eine Verletzung des §
103 SGG (Amtsermittlungsprinzip) kann ein Verfahrensmangel nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem
das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Das Übergehen eines Beweisantrags ist aber nur dann ein Verfahrensfehler,
wenn das LSG vor seiner Entscheidung darauf hingewiesen wurde, dass der Beteiligte die Amtsermittlungspflicht des Gerichts
noch nicht als erfüllt ansieht. Insoweit ist darzulegen, dass ein prozessordnungsgemäßer Beweisantrag in der abschließenden
mündlichen Verhandlung bis zuletzt aufrechterhalten oder gestellt worden ist, mit dem sowohl das Beweismittel als auch das
Beweisthema angegeben und aufgezeigt wurde, über welche Tatsachen im Einzelnen Beweis erhoben werden sollte (vgl BSG Beschluss vom 19.11.2007 - B 5a/5 R 382/06 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 21 RdNr 6; BSG Beschluss vom 18.12.2000 - B 2 U 336/00 B - SozR 3-1500 § 160 Nr 31 S 51 f; BSG Beschluss vom 28.5.1997 - 9 BV 194/96 - SozR 3-1500 § 160 Nr 20 S 32 f). Unabhängig von der Frage, ob der nach der Beschwerde bereits mit der Berufungsschrift gestellte Beweisantrag
bis zuletzt aufrechterhalten war, ist der Beschwerdebegründung jedenfalls nicht zu entnehmen, an welcher Stelle der Berufungsschrift
die Vernehmung der Ehefrau des Klägers als Zeugin dafür beantragt worden sein soll, dass sie selbst und nicht der Kläger die
Geburtsurkunde vorgelegt habe.
Abgesehen davon muss das LSG dem Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt sein. "Ohne hinreichende Begründung"
ist indes nicht formell, sondern materiell im Sinne von "ohne hinreichenden Grund" zu verstehen (BSG Beschluss vom 31.7.1975 - 5 BJ 28/75 - SozR 1500 § 160 Nr 5 S 6). Da sich das LSG von seinem sachlich-rechtlichen Standpunkt aus hätte gedrängt fühlen müssen, den beantragten Beweis
zu erheben (BSG Beschluss vom 12.12.2003 - B 13 RJ 179/03 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 9), ist darzulegen, inwiefern nach den dem LSG vorliegenden Beweismitteln Fragen zum tatsächlichen
Sachverhalt aus der rechtlichen Sicht des LSG erkennbar offengeblieben sind, damit zu einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts
zwingende Veranlassung bestanden hat und die so zu ermittelnden Tatsachen nach der Rechtsauffassung des LSG entscheidungserheblich
sind (BSG Beschluss vom 28.9.2015 - B 9 SB 41/15 B - Juris RdNr 6; BSG Beschluss vom 19.6.2008 - B 2 U 76/08 B - mwN). Auch daran fehlt es hier. Der Kläger hat nicht dargelegt, weshalb sich das LSG von seinem sachlich-rechtlichen Standpunkt
aus konkret hätte gedrängt fühlen müssen, weiteren Beweis zu erheben. Mit dem Einwand des LSG, die beantragte Vernehmung der
Ehefrau des Klägers laufe auf eine Ausforschung des Sachverhalts hinaus, setzt er sich nicht auseinander.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung
beizutragen (§
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.