Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen und Umlagebeträgen
Darlegung verfassungsrechtlicher Bedenken
Anspruch auf rechtliches Gehör
1. Zur Darlegung verfassungsrechtlicher Bedenken gegen Regelungen, auf die das Berufungsgericht seine Entscheidung stützt,
genügt die Behauptung der Verfassungswidrigkeit nicht.
2. Vielmehr muss unter Einbeziehung der einschlägigen Literatur und Rechtsprechung, insbesondere des BVerfG, aber auch das
BSG, im Einzelnen aufgezeigt werden, woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll.
3. In der Begründung ist deshalb im Rahmen der notwendigen Erörterung der Klärungsbedürftigkeit auch darzulegen, dass und
inwiefern die Frage der Verfassungsmäßigkeit durch die bisherige Rechtsprechung nicht geklärt oder in der Rechtsprechung und
Literatur mit beachtlichen Gründen in Zweifel gezogen worden ist.
4. Der Anspruch auf rechtliches Gehör gewährleistet nur, dass der Kläger "gehört", nicht jedoch "erhört" wird.
Gründe:
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit wendet sich der Kläger gegen eine Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen
und Umlagebeträgen.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Bayerischen LSG vom 17.11.2014 ist in entsprechender
Anwendung von §
169 S 2 und 3
SGG als unzulässig zu verwerfen.
Das BSG darf gemäß §
160 Abs
2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder
- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder
- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).
Allein die Behauptung, das Berufungsurteil sei inhaltlich unrichtig, kann demgegenüber nicht zur Zulassung der Revision führen
(vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).
Der Kläger hat in seiner Beschwerdebegründung vom 3.2.2015 entgegen §
160a Abs
2 S 3
SGG keinen der vorgenannten Zulassungsgründe dargelegt oder bezeichnet.
1. Sofern der Kläger der "Frage, ob Rentner, die im Rentenalter sozialversicherungspflichtige Tätigkeiten ausüben, Sozialversicherungsbeiträge
zahlen müssen, obwohl sie weder eine Rentensteigerung erhalten noch anderweitig in den Genuss ihrer im Rentenalter einbehaltenen
Sozialversicherungsbeiträge kommen", grundsätzliche Bedeutung beimessen wollte, hat er die Darlegungsanforderungen für eine
Grundsatzrüge nach §
160 Abs
2 Nr
1 SGG (vgl hierzu exemplarisch BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN) nicht einmal im Ansatz erfüllt. Denn er hat mit der von ihm aufgeworfenen Fragestellung bereits keine abstrakt
generelle Rechtsfrage - zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zu höherrangigem Recht (vgl allgemein BSG vom 6.4.2010 - B 5 R 8/10 B - Juris RdNr 10; BSG vom 21.7.2010 - B 5 R 154/10 B - Juris RdNr 10; BSG vom 5.11.2008 - B 6 KA 24/07 B - Juris RdNr 7) formuliert. Die Bezeichnung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar,
damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann (Becker, SGb 2007, 261, 265; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, Kap IX, RdNr 181). Es gehört nicht zu
den Aufgaben des Beschwerdegerichts, den Beschwerdevortrag daraufhin zu untersuchen, ob sich aus ihm eventuell eine entsprechende
Rechtsfrage herausfiltern ließe (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 26 S 48).
Soweit sich der Kläger - allerdings nicht in eine Rechtsfrage gekleidet - in seiner Beschwerdebegründung auf die Verletzung
von Verfassungsrecht beruft, ist zudem auf Folgendes hinzuweisen: Zur Darlegung verfassungsrechtlicher Bedenken gegen Regelungen,
auf die das Berufungsgericht seine Entscheidung stützt, genügt die Behauptung der Verfassungswidrigkeit nicht. Vielmehr muss
unter Einbeziehung der einschlägigen Literatur und Rechtsprechung, insbesondere des BVerfG, aber auch das BSG, im Einzelnen aufgezeigt werden, woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll (vgl BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11; vgl auch BSG vom 2.6.2009 - B 12 KR 65/08 B - Juris RdNr 9; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Aufl 2014, §
160a RdNr 14e mwN). In der Begründung ist deshalb im Rahmen der notwendigen Erörterung der Klärungsbedürftigkeit auch darzulegen,
dass und inwiefern die Frage der Verfassungsmäßigkeit durch die bisherige Rechtsprechung nicht geklärt oder in der Rechtsprechung
und Literatur mit beachtlichen Gründen in Zweifel gezogen worden ist. Auch diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung
nicht.
2. Sofern der Kläger rügt, das LSG habe "zu der hier offenen Frage nicht Stellung genommen", und meint, dass aus diesem Grunde
ein "Formfehler" vorliege, weil eine "Nichtstellungnahme keine Entscheidung" darstelle, hat er auch keinen Verfahrensmangel
im Sinne des §
160 Abs
2 Nr
3 SGG bezeichnet (zu den Anforderungen an die Bezeichnung eines solchen Verfahrensmangels s exemplarisch BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 4 und Nr 21 RdNr 4, jeweils mwN). Er nennt bereits keine für das sozialgerichtliche Verfahren maßgebende Norm,
die das Berufungsgericht verletzt haben soll. Überdies wird ein entscheidungserheblicher Mangel des Berufungsverfahrens nur
dann hinreichend bezeichnet, wenn der Beschwerdeführer diesen hinsichtlich aller ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen
darlegt, sodass das Beschwerdegericht allein anhand dieser Begründung darüber befinden kann, ob die angegriffene Entscheidung
des LSG möglicherweise auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruht. Hinreichende Ausführungen enthält die Beschwerdebegründung
dazu nicht.
Soweit man in dem - in Bezug auf die Verletzung konkreter Regelungen des
SGG nicht spezifizierten - Vorbringen des Klägers, das LSG habe "zu der hier offenen Frage nicht Stellung genommen", die Rüge
des Fehlens von Entscheidungsgründen sehen wollte, ist darauf hinzuweisen, dass eine Entscheidung nicht schon dann nicht mit
Gründen iS des §
128 Abs
1 S 2 iVm §
136 Abs
1 Nr
6 SGG versehen ist, wenn das Gericht sich unter Beschränkung auf den Gegenstand der Entscheidung kurz fasst und nicht jeden Gesichtspunkt,
der erwähnt werden könnte, behandelt hat (BSGE 76, 233, 234 = SozR 3-1750 § 945 Nr 1 S 3; BSG Beschluss vom 18.12.2012 - B 13 R 305/11 B - Juris RdNr 7). Die Begründungspflicht wird selbst dann nicht verletzt, wenn die Ausführungen des Gerichts zu den rechtlichen
Voraussetzungen oder zum tatsächlichen Geschehen falsch, oberflächlich oder wenig überzeugend sein sollten (BSG Beschluss vom 22.1.2008 - B 13 R 144/07 B - Juris RdNr 7). Der Umstand, dass das LSG Ausführungen des Klägers im Berufungsverfahren nicht gefolgt ist, begründet
auch keinen Gehörsverstoß. Denn der Anspruch auf rechtliches Gehör gewährleistet nur, dass der Kläger "gehört", nicht jedoch
"erhört" wird (BSG Beschluss vom 18.12.2012 - B 13 R 305/11 B - Juris RdNr 8; BSG Beschluss vom 9.5.2011 - B 13 R 112/11 B - Juris RdNr 9).
3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung
beizutragen (§
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 S 1 Halbs 3
SGG iVm §
154 Abs
2, §
162 Abs
3 VwGO.
5. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren hat ihre Grundlage in §
197a Abs
1 S 1 Halbs 1
SGG iVm §
63 Abs
2 S 1, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 und 3 GKG und entspricht der von den Beteiligten nicht beanstandeten Festsetzung durch das LSG.