Parallelentscheidung zu BSG - B 12 R 55/14 - v. 29.04.2015
Gründe:
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten über die Versicherungspflicht
des Klägers in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der
Arbeitsförderung in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. als Kraftfahrer seit dem 7.12.2009. Zuletzt hat das LSG Baden-Württemberg
mit Beschluss vom 26.11.2014 - wie auch in einem weiteren Rechtsstreit des Klägers zu seiner Tätigkeit für ein anderes Speditionsunternehmen
(LSG-Beschluss vom 26.11.2014 - Az: L 11 R 1517/14, Az der Nichtzulassungsbeschwerde B 12 R 55/14 B) - die Berufung des Klägers zurückgewiesen und eine Versicherungspflicht des Klägers bestätigt.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des LSG Baden-Württemberg vom 26.11.2014 ist
gemäß §
160a Abs
4 S 1 Halbs 2
SGG in entsprechender Anwendung von §
169 S 2 und 3
SGG als unzulässig zu verwerfen. Der Kläger hat in der Begründung seines Rechtsmittels entgegen §
160a Abs
2 S 3
SGG einen Zulassungsgrund nicht hinreichend dargelegt oder bezeichnet.
Das BSG darf gemäß §
160 Abs
2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder
- das angefochtene Urteil bzw der angefochtene Beschluss von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder
- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).
Allein die Behauptung, das Berufungsurteil bzw der auf die Berufung ergangene Beschluss sei inhaltlich unrichtig, kann demgegenüber
nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).
1. Der Kläger macht in seiner Beschwerdebegründung vom 27.2.2015 den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache
(§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) geltend. Hierzu muss eine Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den
zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich
(Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 60 und 65; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16 mwN - stRspr; vgl auch BVerwG NJW 1999, 304 und BVerfG SozR 3-1500 § 160a Nr 7). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem
Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht
zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (BSG SozR 1500 § 160a Nr 31).
Der Kläger trägt vor, das LSG Baden-Württemberg stelle bei der versicherungsrechtlichen Beurteilung von Kraftfahrern maßgeblich
darauf ab, ob der Fahrer ein eigenes Fahrzeug für die Transporte einsetze oder nicht. Die Anschaffung eines eigenen LKW sei
für den Kläger in der Anfangszeit finanziell nicht realisierbar. Auf die daraus folgende "verfassungsrechtliche Problematik
im Hinblick auf Art.
12 GG" sei das LSG Baden-Württemberg nicht eingegangen. Auch sei die vom LSG zitierte Rechtsprechung des BSG nicht einschlägig (Hinweis auf BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 5).
Die Beschwerdebegründung erfüllt nicht die Darlegungsvoraussetzungen für eine Grundsatzrüge (vgl hierzu exemplarisch BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).
a) Es fehlt bereits die Formulierung einer abstrakt-generellen Rechtsfrage - zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur
Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (vgl §
162 SGG) mit höherrangigem Recht - (vgl allgemein BSG Beschluss vom 6.4.2010 - B 5 R 8/10 B - Juris RdNr 10 = BeckRS 2010, 68786 RdNr 10; BSG Beschluss vom 21.7.2010 - B 5 R 154/10 B - Juris RdNr 10 = BeckRS 2010, 72088 RdNr 10; BSG Beschluss vom 5.11.2008 - B 6 KA 24/07 B - Juris RdNr 7 = BeckRS 2009, 50073 RdNr 7). Die Bezeichnung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage
ist jedoch unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann (Becker,
SGb 2007, 261, 265; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, Kap IX, RdNr 181).
b) Auch enthält die Beschwerdebegründung keine ausreichenden Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit. Als höchstrichterlich
geklärt muss eine Rechtsfrage auch dann angesehen werden, wenn das Revisionsgericht sie zwar für einzelne Berufsgruppen oder
bestimmte Tätigkeitsfelder noch nicht ausdrücklich entschieden hat, zur Auslegung der anzuwendenden gesetzlichen Vorschrift
jedoch schon viele höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von
der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben. Hier kommt es dann in der Regel (lediglich) auf die Anwendung
der von der Rechtsprechung erarbeiteten Grundsätze auf einen bestimmten Sachverhalt - eine bestimmte Berufsgruppe oder ein
bestimmtes Tätigkeitsfeld - an (vgl BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 22). Ergeben sich hinsichtlich der Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage Zweifel, muss die Beschwerde diese ausräumen.
Hierzu gehört auch, die bereits vorliegende - und von dem Kläger teilweise auch zitierte - höchstrichterliche Rechtsprechung
auf (gemeinsame) Beurteilungsgesichtspunkte hin zu untersuchen oder in der gebotenen Weise Widersprüche und damit Klärungsbedarf
herauszuarbeiten. Dies unterlässt der Kläger in seiner weniger als drei Seiten umfassenden Beschwerdebegründung völlig und
verweist lediglich hinsichtlich einer einzigen Entscheidung des BSG auf unterschiedliche Sachverhaltskonstellationen. Soweit der Kläger auf die durch Art
12 Abs
1 GG verfassungsrechtlich garantierte Berufsfreiheit verweist, unterlässt er jedwede vertiefte Auseinandersetzung hiermit sowie
mit der Rechtsprechung des BVerfG zur Versicherungspflicht in der Sozialversicherung (zu den insoweit geltenden Anforderungen
vgl BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11; BSG Beschluss vom 2.6.2009 - B 12 KR 65/08 B - Juris).
c) Schließlich erfüllt die Beschwerdebegründung auch nicht die Anforderungen an die Darlegung der Klärungsfähigkeit der aufgeworfenen
Frage: Der Kläger befasst sich insbesondere nicht damit, dass die Zuordnung einer Tätigkeit zum rechtlichen Typus der Beschäftigung
bzw selbstständigen Tätigkeit nach deren Gesamtbild vorzunehmen ist und voraussetzt, dass alle nach Lage des Einzelfalls als
Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau
mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, dh den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander
abgewogen werden (stRspr, vgl nur BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 RdNr 25 mwN). Demzufolge beachtet er nicht die sich hieraus für die Darlegung der Entscheidungserheblichkeit ergebenden
Konsequenzen: Weil das LSG sein Ergebnis auf eine Gesamtabwägung verschiedener Indizien gegründet hat (vgl insbesondere Seite
10 ff der Berufungsentscheidung), hätte der Kläger alle vom LSG in die Abwägung eingestellten Gesichtspunkte sowie deren jeweilige
vom LSG vorgenommene Gewichtung benennen und darlegen müssen, dass sich das von ihm hinterfragte Kriterium (Vorhandensein
eines eigenen LKW) das Gewicht der vom LSG in die vorgenommene Gesamtabwägung eingestellten Indizien so zu seinen (des Klägers)
Gunsten verschieben würde, dass entgegen dem Abwägungsergebnis des LSG eine Beschäftigung nicht mehr angenommen werden kann.
2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung
beizutragen (§
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG; zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit einer solchen Verfahrensweise vgl BVerfG [Kammer] Beschluss vom 8.12.2010 - 1 BvR 1382/10 - NJW 2011, 1497).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.