Gründe:
I. Streitig ist die Familienversicherung der Ehefrau des Klägers.
Der Kläger und seine Ehefrau (Beigeladene zu 1) sind Vietnamesen. Der Kläger reiste im Juni 1991, die damals noch nicht mit
ihm verheiratete Beigeladene zu 1) im September 1992 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Der Aufenthalt war beiden zunächst
zur Durchführung des Asylverfahrens gestattet (§
55 des Asylverfahrensgesetzes [
AsylVfG]). Am 3. Dezember 1993 heirateten der Kläger und die Beigeladene zu 1). Am 7. Juli 1994 wurde der gemeinsame Sohn geboren
(Beigeladener zu 2). Der Kläger ist seit dem 2. Dezember 1994 als Asylberechtigter anerkannt. Das Asylverfahren der Beigeladenen
zu 1) und 2) wird noch betrieben.
Der Kläger ist seit dem 9. März 1992 zunächst aufgrund einer Erwerbstätigkeit, später wegen Bezugs von Leistungen der Arbeitslosenversicherung
in der Krankenversicherung versicherungspflichtig und Mitglied der Beklagten. Seinen Antrag, für die Beigeladene zu 1) die
Familienversicherung nach §
10 Abs.
1 des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Krankenversicherung (
SGB V) durchzuführen, lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 29. März 1994). Den Widerspruch wies sie zurück (Widerspruchsbescheid
vom 27. September 1994). Sie stellte fest, daß die Beigeladenen nicht familienversichert seien, weil sie weder ihren Wohnsitz
noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hätten.
Der Kläger hat Klage erhoben. Während des Klageverfahrens hat die Beklagte für die Beigeladenen zu 1) und 2) die Familienversicherung
für die Zeit ab 7. September 1994 anerkannt und der Kläger das Anerkenntnis angenommen. Wegen der Familienversicherung für
die davorliegende Zeit hat der Kläger sein Klagebegehren fortgeführt. Das Sozialgericht (SG) hat der Klage stattgegeben und unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide festgestellt, daß die Beigeladene zu 1) bereits
seit der Eheschließung am 3. Dezember 1993 und der Beigeladene zu 2) seit seiner Geburt am 7. Juli 1994 bei der Beklagten
nach §
10
SGB V versichert sind (Urteil vom 19. April 1995). Die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür seien erfüllt. Insbesondere habe ein
gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland bestanden. Auch bei einer nur für die Dauer des Asylverfahrens erteilten vorübergehenden
Aufenthaltsbefugnis könne ein gewöhnlicher Aufenthalt im Inland gegeben sein. Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthaltes könne
nur hinreichend unter Berücksichtigung des Zwecks des Gesetzes bestimmt werden, in welchem er gebraucht werde. Im Rahmen der
Versicherung nach §
10
SGB V fehle es bei Asylbewerbern an einem gewöhnlichen Aufenthalt nur, wenn Anzeichen dafür erkennbar seien, daß lediglich mit
einem vorübergehenden Verweilen im Inland zu rechnen sei. Die Berufung gegen dieses Urteil hat das Landessozialgericht (LSG)
zurückgewiesen (Beschluß vom 30. Mai 1996).
Gegen diesen Beschluß richtet sich die Revision der Beklagten. Während des Revisionsverfahrens haben die Beteiligten hinsichtlich
des Beigeladenen zu 2) einen Vergleich geschlossen. Im übrigen rügt die Beklagte eine Verletzung des §
136 Abs.
1 Nr.
6 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) und des §
10
SGB V.
Die Beklagte beantragt,
den Beschluß des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 30. Mai 1996 - L 5 K 60/95 - und das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 19. April 1995 - S. 5 K 144/94 - hinsichtlich der Beigeladenen zu 1) aufzuheben und die Klage insoweit abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält den angefochtenen Beschluß für zutreffend.
Die Beigeladene zu 1) ist im Revisionsverfahren nicht vertreten.
II. Die Revision der Beklagten ist nicht begründet. Das LSG hat die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende
Urteil des SG zu Recht zurückgewiesen. Der Kläger als Stammversicherter konnte die Familienversicherung der Beigeladenen zu 1) feststellen
lassen und das Feststellungsverfahren für die Vergangenheit weiterbetreiben (vgl. BSGE 72, 292 = SozR 3-2500 § 10 Nr. 2).
Die Beigeladene zu 1) ist nicht erst seit dem 7. September 1994 bei der Beklagten versichert, sondern bereits seit der Eheschließung
am 3. Dezember 1993. Nach §
10 Abs.
1
SGB V (seit 1. Januar 1995: §
10 Abs.
1 Satz 1
SGB V i.d.F. des Art. 4 Nr. 1 des Gesetzes zur Reform der agrarsozialen Sicherung [ASRG] vom 29. Juli 1994 [BGBl I S. 1890]) ist der Ehegatte eines Mitglieds
versichert, wenn er seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat (§
10 Abs.
1 Nr.
1
SGB V) und keiner der in §
10 Abs.
1 Nrn. 2 bis 5
SGB V aufgeführten Ausschlußtatbestände vorliegt. Letzteres war bei der Beigeladenen zu 1) nicht der Fall. Dies hat das LSG in
seinem Beschluß durch die nach §
153 Abs.
4
SGG zulässige Bezugnahme auf das Urteil des SG festgestellt.
Die Beigeladene zu 1) hatte bereits am 3. Dezember 1993 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland. §
30 Abs.
3 Satz 2 des Sozialgesetzbuchs - Allgemeiner Teil (
SGB I) bestimmt, daß jemand den gewöhnlichen Aufenthalt dort hat, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, daß
er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Diese Vorschrift gilt nach §
37 Satz 1 Halbsatz 1
SGB I auch für das
SGB V, soweit sich aus dessen Vorschriften nichts Abweichendes ergibt. Die Beigeladene zu 1) hatte jedenfalls am 3. Dezember 1993
ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland. Sie hält sich seit September 1992 als Asylbewerberin in Deutschland auf. Nach den
Feststellungen des LSG waren im Zeitpunkt der Heirat Anhaltspunkte für ein nur kurzes Verweilen der Beigeladenen zu 1) im
Inland nicht erkennbar. Ihr Aufenthalt war wegen der Dauer des Asylverfahrens auf unbestimmte Zeit ausgerichtet. Die tatsächlichen
Voraussetzungen für die Annahme, daß die Beigeladene zu 1) im Inland nicht nur vorübergehend verweilen werde, sind damit hinreichend
festgestellt. Die Beklagte hat weder vor dem SG noch vor dem LSG Bedenken gegen die Annahmen der Gerichte geltend gemacht und im Revisionsverfahren die tatsächlichen Feststellungen
nicht angegriffen.
Die Rüge der Beklagten, das Urteil des LSG enthalte keine hinreichenden Entscheidungsgründe, denn es lasse nicht erkennen,
ob es einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland bejaht, ist unbegründet. Nach den Entscheidungsgründen seines
Urteils geht das LSG im Anschluß an das SG davon aus, die Beigeladene zu 1) habe jedenfalls ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland. Soweit das LSG ausführt, die Beigeladene
zu 1) habe "ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt" im Inland gehabt, hat es erkennbar nur geprüft, ob wegen des ausländerrechtlichen
Aufenthaltsstatus ein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Inland ausgeschlossen ist. Die Rechtsprechung stellt zu beiden
Tatbestandsmerkmalen darauf ab, daß ein bestimmter Aufenthaltsstatus in gleicher Weise für die Annahme oder den Ausschluß
des inländischen Wohnsitzes oder des inländischen gewöhnlichen Aufenthalts maßgebend ist (vgl. etwa BSGE 67, 243, 248 = SozR 3-7833 § 1 Nr. 2).
Die Vordergerichte haben zu Recht angenommen, die Beigeladene zu 1) habe den gewöhnlichen Aufenthalt i.S. des §
10 Abs.
1 Nr.
1
SGB V im Inland gehabt, obwohl ihr Aufenthalt seit der Einreise und über den September 1994 hinaus nur zur Durchführung des Asylverfahrens
gestattet (§
55
AsylVfG) und nicht rechtlich beständig war, etwa in dem Sinne, daß sie eine Aufenthaltserlaubnis (§ 15 des Ausländergesetzes [AuslG]) oder eine Aufenthaltsberechtigung (§ 27
AuslG) besaß.
Die Rechtsprechung hat den Anspruch auf Familienhilfe nach § 205 der
Reichsversicherungsordnung (
RVO) , der nach dessen Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 von einem gewöhnlichen Aufenthalt des Angehörigen im Geltungsbereich der
RVO abhing, bejaht, wenn sowohl der Aufenthalt des Mitglieds (Stammversicherten) als auch der des Angehörigen nach §
19
AsylVfG vom 16. Juli 1982 (BGBl I 946 [
AsylVfG aF.]) nur zur Durchführung des Asylverfahrens gestattet war (BSGE 57, 93 = SozR 2200 § 205 Nr. 56 und Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 23. Oktober 1984 - 8 RK 12/84 - USK 84135 = Inf-AuslR 1985, 77), obwohl schon nach der damaligen Rechtsprechung zum
Bundeskindergeldgesetz (
BKGG) solche Asylbewerber keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland i.S. des § 1 Nr. 1
BKGG hatten. Das BSG ist davon ausgegangen, die Definition des gewöhnlichen Aufenthalts in §
30 Abs.
3 Satz 2
SGB I habe an der herkömmlichen Auslegung von "sich gewöhnlich aufhalten" in § 205 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1
RVO nichts geändert. Wegen des Zwecks der Familienhilfe sei in § 205
RVO nicht das gleiche Verständnis des Begriffs geboten, wie es schon damals für § 1 Nr. 1
BKGG zugrunde gelegt wurde (vgl. BSGE 57, 93 = SozR 2200 § 205 Nr. 56 in Abgrenzung zur Rechtsprechung zum
BKGG in BSGE 49, 254 = SozR 5870 § 1 Nr. 6 und BSGE 53, 294 = SozR 5870 § 1 Nr. 10).
Der Senat hält an der Rechtsprechung zu § 205 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1
RVO für das Verständnis des gewöhnlichen Aufenthalts in §
10 Abs.
1 Nr.
1
SGB V fest. Es braucht hier nicht entschieden zu werden, ob der in §
30 Abs.
3 Satz 2
SGB I für alle Bereiche des SGB umschriebene Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts stets - auch ohne eine nach §
37 Satz 1
SGB I vorbehaltene andere Regelung - unter Beachtung des Sachbereichs verstanden werden muß, in dem er im Einzelfall anzuwenden
ist. Hierfür spricht, daß bei der Auslegung des Gesetzes sein Regelungsgegenstand und der Regelungszusammenhang mitzuberücksichtigen
sind. Dabei kann es dann in Abhängigkeit von dem jeweiligen Sachzusammenhang angemessen sein, den ausländerrechtlichen Aufenthaltsstatus
zu berücksichtigen. Es kann offenbleiben, ob dabei für die Annahme, der Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthalt eines Ausländers
sei im Inland, in der Regel ein hinreichend beständiger ausländerrechtlicher Aufenthaltsstatus gefordert wird, von dem nur
unter der Berücksichtigung der Zwecke eines bestimmten Gesetzes abgesehen werden kann (so in der Tendenz BSGE 67, 243 = SozR 3-7833 § 1 Nr. 2) oder ob der rein vom tatsächlichen Verweilen her verstandene Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts
im Einzelfall unter der Zwecksetzung des anzuwendenden Gesetzes einschränkend ausgelegt wird (so in der Tendenz BSGE 60, 262 = SozR 1200 § 30 Nr. 10).
Der gewöhnliche Aufenthalt im Inland i.S. des §
10
SGB V ist bei Ausländern jedenfalls dann gegeben, wenn ihr ausländerrechtlicher Aufenthaltsstatus so beständig ist, wie dies früher
bei § 205
RVO gefordert wurde, d.h. wenn der Aufenthalt der Familienversicherten und des Stammversicherten ausländerrechtlich gestattet
ist. Aus der Entstehungsgeschichte des
SGB V ergibt sich nicht, daß mit der Änderung des Wortlauts von "sich gewöhnlich ... aufhalten" in § 205 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1
RVO zu "Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt" in §
10 Abs.
1 Nr.
1
SGB V eine Änderung des Kreises der geschützten Angehörigen beabsichtigt war (vgl. BT-Drucks. 11/2237 S. 161 zu § 10). Es sind
keine Gründe dafür erkennbar, bei der Familienversicherung von Ausländern, die tatsächlich länger im Inland bleiben werden,
den gewöhnlichen Aufenthalt von einem hinreichend beständigen (zukunftsoffenen) ausländerrechtlichen Status abhängig zu machen.
Da Ausländer, die mit einem inländischen Staatsangehörigen verheiratet sind, nach § 23 Abs. 1 Nr. 1
AuslG ohnehin einen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis haben, tritt die Frage, ob ein bestimmter ausländerrechtlicher Aufenthaltsstatus
für die Familienversicherung notwendig ist, nur für Ausländer wie die Beigeladene zu 1) auf, die die Familienversicherung
von einem ausländischen Mitglied (Stammversicherten) ableiten. Bei Ausländern ist der Zugang zur Familienversicherung neben
dem tatsächlichen Aufenthalt von Voraussetzungen abhängig, die einem beständigen ausländerrechtlichen Aufenthaltsstatus vergleichbar
sind. Die Familienversicherung als abgeleitete Versicherung besteht nur, wenn der Stammversicherte nach §
5 oder §
9
SGB V versichert ist. Ausländer haben aus eigenem Recht und damit als Stammversicherte Zugang zur Krankenversicherung in der Regel
nur nach §
5 Abs.
1 Nr.
1
SGB V, d.h. aufgrund einer abhängigen Beschäftigung. Diese Beschäftigung wiederum dürfen Ausländer, sofern sie nicht aus einem
Mitgliedsstaat der Europäischen Union kommen, nur aufgrund einer Arbeitserlaubnis aufnehmen (§ 19
Arbeitsförderungsgesetz [AFG] i.V.m. der Arbeitserlaubnisverordnung [AEVO]). Versicherungspflicht und der durch sie vermittelte Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung besteht
zwar für jeden, der im Inland abhängig beschäftigt ist (§ 3 Nr. 1 des Sozialgesetzbuchs - Gemeinsame Vorschriften für die
Sozialversicherung [SGB IV]), unabhängig davon, ob er hier einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Wegen der für
die Aufnahme einer abhängigen Beschäftigung notwendigen Arbeitserlaubnis wird aber im Inland beschäftigt in der Regel nur
ein Ausländer sein, der hier entweder seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt jedenfalls in dem Sinne hat, daß
er sich für längere Zeit erlaubt hier aufhält und der Staat daher seinen Zugang zum inländischen Arbeitsmarkt für sinnvoll
hält. Ist für den Stammversicherten der Zugang zur Krankenversicherung durch Aufnahme einer Beschäftigung aufgrund einer öffentlich-rechtlichen
Entscheidung (Arbeitserlaubnis) eröffnet, so kann der abgeleitete Zugang des Angehörigen, der hier tatsächlich nicht nur vorübergehend
verweilt, nicht von einem qualifizierteren ausländerrechtlichen Status abhängig gemacht werden, als ihn der Stammversicherte
hat.
Die Familienversicherung geht von dem Grundsatz aus, daß in der gesetzlichen Krankenversicherung der Stammversicherte Versicherungsschutz
für seine Angehörigen hat, es sei denn, aufgrund einer eigenen Versicherung oder der Einkommenssituation dieses Angehörigen
oder des Alters der Kinder erscheint der Schutz nicht notwendig (vgl. zu diesen Ausschlußtatbeständen § 10 Abs. 1 Nrn. 2 bis
5, Abs.
2 und Abs.
3
SGB V). Die Voraussetzung des inländischen Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthaltes für die Versicherung der Angehörigen ist eine
Ausnahme von diesem Grundsatz. Als Ausnahme wird diese Voraussetzung gefordert, um die Krankenversicherung davor zu schützen,
von den Angehörigen eines Mitglieds in Anspruch genommen zu werden, die nur zum Zweck der Behandlung - d.h. um die Krankenversicherung
in Anspruch zu nehmen - ins Inland reisen, im übrigen aber im Ausland leben, d.h. Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt dort
haben. Ist der Aufenthalt der Angehörigen im Hinblick auf die voraussichtliche Dauer und ausländerrechtlich mit dem des Mitglieds
vergleichbar, so wird der Inlandsaufenthalt regelmäßig nicht zum Zwecke der Krankenbehandlung begründet worden sein. Es besteht
deshalb kein Anlaß, die Familienversicherung in diesen Fällen auszuschließen, wenn der Aufenthalt voraussichtlich nicht nur
vorübergehend sein wird.
Die Ausgestaltung der Leistungseinschränkung des §
27 Abs.
2
SGB V (angefügt mit Wirkung vom 1. Januar 1993 durch Art. 1 Nr. 14 Buchst. b des Gesundheitsstrukturgesetzes [GSG] vom 21. Dezember 1992 [BGBl I S. 2266]) weist darauf hin, daß der Gesetzgeber selbst davon ausgeht, auch Ausländer, deren
Aufenthalt nur geduldet oder zur Durchführung des Asylverfahrens gestattet ist, könnten nach §
10 Abs.
1
SGB V versichert sein, also ihren gewöhnlichen Aufenthalt i.S. dieser Vorschrift im Inland haben. Die Vorschrift schließt einige
Gruppen von Versicherten, deren Mitgliedschaft aufgrund einer eigenen Versicherung (§§
5 oder 9
SGB V) oder deren Versicherung nach §
10
SGB V nicht mindestens ein Jahr bestand, von bestimmten Leistungen aus. Zu den ausgeschlossenen Personengruppen gehören zur Ausreise
verpflichtete Ausländer, deren Aufenthalt nur aus bestimmten Gründen geduldet ist, und asylsuchende Ausländer, deren Asylverfahren
noch nicht unanfechtbar abgeschlossen ist, d.h. deren Aufenthalt in der Regel zur Durchführung des Asylverfahrens gestattet
ist. In der Gesetzesbegründung ist kein Hinweis darauf enthalten, daß für diese Ausländergruppen die unter den Vorversicherungszeiten
besonders aufgeführte Versicherungszeit nach §
10
SGB V wegen Fehlens eines gewöhnlichen Aufenthaltes im Inland ohnehin ausgeschlossen sein könnte.
Ein anderes Ergebnis folgt nicht aus dem Änderungsantrag zu §
10
SGB V, der bei den Beratungen des Entwurfs eines Gesetzes zur Anpassung krankenversicherungsrechtlicher Vorschriften (BT-Drucks.
12/6958) im Ausschuß für Gesundheit des Bundestages eingebracht wurde. Der Änderungsantrag sah (zeitlich vor der erwähnten
Änderung des §
10 Abs.
1
SGB V durch Art. 4 Nr. 1 ASRG) eine Ergänzung des §
10 Abs. 1
SGB V durch Anfügen eines Satzes 2 vor. Danach sollten für ausländische Familienangehörige die Voraussetzungen nach §
10 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1
SGB V erfüllt sein, wenn diese im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis sind, oder sich seit mindestens
24 Monaten ununterbrochen rechtmäßig oder geduldet im Geltungsbereich dieses Gesetzes aufhalten (Ausschuß für Gesundheit -
12. Wahlperiode - Ausschußdrucksache 0851). Dieser Änderungsantrag kann als Änderung des bestehenden Rechtszustandes i.S.
einer Erschwerung des Zugangs zur Familienversicherung verstanden werden. Er ist jedoch nicht Gesetz geworden.
Der Senat weicht mit seiner Entscheidung nicht i.S. des § 42
SGG von den Entscheidungen des BSG zum gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich des
BKGG, des Bundeserziehungsgeldgesetzes (BErzGG) und des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Rentenversicherung (
SGB VI) ab. Für diese Sozialrechtsbereiche ist unter Hinweis auf den jeweiligen Sachzusammenhang wiederholt entschieden worden,
ein Ausländer habe seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland unabhängig von der voraussichtlichen und beabsichtigten
Dauer des Aufenthalts nur dann, wenn sein Aufenthalt auch ausländerrechtlich hinreichend beständig (zukunftsoffen) sei (vgl.
zu § 1 Nr. 1
BKGG: BSGE 49, 254 = SozR 5870 § 1 Nr. 6; BSGE 53, 294 = SozR 5870 § 1 Nr. 10; BSGE 63, 47 = SozR 5870 § 1 Nr. 14. Zu § 1 Abs. 1 Nr. 1
BErzGG: BSGE 62, 67 = SozR 7833 § 1 Nr. 1; BSGE 67, 243 = SozR 3-7833 § 1 Nr. 2. Für die Kindererziehungszeiten in der Rentenversicherung - §
56 Abs.
2 Nr.
2 i.V.m. Abs.
3 Satz 1
SGB VI: BSGE 71, 78 = SozR 3-2600 §
56 Nr. 2 und SozR 3-2600 § 56 Nr. 7). Ausländer, deren Aufenthalt nur geduldet (§ 55
AuslG) oder nur für einen bestimmten vorübergehenden Zweck erlaubt (Aufenthaltsbefugnis, § 30
AuslG) oder zur Durchführung des Asylverfahrens gestattet ist (§
55
AsylVfG), haben danach keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland (vgl. BSGE 67, 243, 248 = SozR 3-7833 § 1 Nr. 2). Eine befristete Aufenthaltserlaubnis nach §§ 2, 5, § 7 Abs. 2
AuslG vom 28. April 1965 (BGBl I S. 353 [AuslG aF.]), bei der die Befristung nicht zu einem bestimmten Zweck ausgesprochen ist, schließt die Annahme des gewöhnlichen Aufenthalts
dabei nicht aus (vgl. BSG SozR 3-2600 § 56 Nr. 7; so schon für den gewöhnlichen Aufenthalt i.S. des Art. 1 Nr. 2 des Abkommens
zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über Renten- und Unfallversicherung [Abk Polen RV/UV]
BSG SozR 3-6710 Art. 1 Nr. 1; demgegenüber weitergehend BSG SozR 3-1200 § 30 Nr. 15: Auch bei geduldetem Aufenthalt genügt
ein dauerhafter Ausschluß der Abschiebung für die Annahme des gewöhnlichen Aufenthalts). Der Gesetzgeber hat für das
BKGG und das BErzGG die Rechtsprechung aufgegriffen und die Leistungsansprüche von Ausländern ausdrücklich von einem bestimmten ausländerrechtlichen
Aufenthaltsstatus abhängig gemacht (vgl. § 1 Abs. 3
BKGG, angefügt durch Art. 1 Nr. 1 des Zwölften Gesetzes zur Änderung des
BKGG vom 30. Juni 1989 [BGBl I S. 1294], jetzt § 1 Abs. 3
BKGG vom 23. Januar 1997 [BGBl I S. 46]; § 1 Abs. 1 Satz 2 BErzGG i.d.F. des Art. 1 Nr. 1 Buchst. a des Gesetzes zur Änderung des BErzGG und anderer Vorschriften vom 30. Juni 1989 [BGBl I S. 1297], jetzt § 1 Abs. 1a
BErzGG, eingefügt durch Art. 4 Nr. 1 Buchst. b des Gesetzes zur Umsetzung des föderalen Konsolidierungsprogramms vom 23. Juni 1993 - FKPG [BGBl I S. 944]).
Ein sachlicher Grund für diese Rechtsprechung liegt darin, daß im Unterschied zum Zugang zur Krankenversicherung für die Berücksichtigung
von Kindererziehungszeiten in der Rentenversicherung und für die Leistungen nach dem
BKGG und dem BErzGG neben dem Wohnsitz oder dem gewöhnlichen Aufenthalt im Inland keine zusätzliche, vom Staat zu kontrollierende Zugangsvoraussetzung
erfüllt zu sein braucht. Von daher erscheint es gerechtfertigt, die Ansprüche nach diesen Gesetzen auch davon abhängig zu
machen, daß der inländische Aufenthaltsstatus durch ausländerrechtliche Entscheidungen hinreichend gesichert ist. In der genannten
Rechtsprechung zum Kindergeld, zum Erziehungsgeld und zu den Kindererziehungszeiten in der Rentenversicherung ist im übrigen
stets auf die besonderen Zwecksetzungen der jeweils anzuwendenden Gesetze abgestellt und der Unterschied zur Krankenversicherung
gesehen worden (vgl. zB BSG SozR 3-7833 § 1 Nr. 1 und BSGE 71, 78 = SozR 3-2600 § 56 Nr. 2).
Die Familienversicherung in dem noch streitigen Zeitraum (3. Dezember 1993 bis 6. September 1994) ist nicht durch die spätere
Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter begründet worden und könnte auch nicht rückwirkend begründet werden, wenn die
Beigeladene zu 1), für die die Voraussetzungen des Familienasyls nach §
26
AsylVfG nicht erfüllt sind, aus eigenem Recht als Asylberechtigte anerkannt wird. Die Entscheidung, ob ein Ausländer seinen Wohnsitz
oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, ist regelmäßig vorausschauend nach den Verhältnissen verbindlich zu beurteilen,
die im Zeitpunkt der Entscheidung bestehen. Dies gilt besonders für die gesetzliche Krankenversicherung. Hier werden die Leistungen
grundsätzlich als Sachleistungen erbracht und können als solche nicht nachträglich gewährt werden. Der Krankenkasse muß es
zumindest möglich sein, für die Zukunft eine rechtmäßige Entscheidung über das Bestehen einer Versicherung und die Leistungserbringung
zu treffen. So gesehen kann das Bestehen einer (Familien-)Versicherung in der Krankenversicherung nicht davon abhängig gemacht
werden, ob bei Asylberechtigten nachträglich auch der Aufenthalt während des Asylverfahrens als gewöhnlicher Aufenthalt anerkannt
wird, wie dies bei der Feststellung der Versicherungspflicht nach §
56
SGB VI geschieht (vgl. dazu BSG SozR 3-2600 §
56 Nr. 3).
Nicht zu entscheiden ist im vorliegenden Verfahren, ob im Einzelfall auch eine andere aufenthaltsrechtliche Befugnis, zB eine
nicht nur für Besuchszwecke, sondern zur Familienzusammenführung erteilte Aufenthaltsbewilligung für den Ehegatten eines Asylbewerbers
(vgl. hierzu Kanein/Renner, Ausländerrecht 5. Aufl., § 28 RdNr. 4) eine Familienversicherung begründen könnte.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193
SGG.