Gründe:
I
Mit Urteil vom 15.11.2016 hat das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg einen Anspruch der Klägerin auf Rente wegen
Erwerbsminderung verneint.
Es hat sich dabei auf das vom Sozialgericht (SG) eingeholte Gutachten des Rheumatologen und Internisten Prof. Dr. V. gestützt, der nach Auswertung der vorliegenden ärztlichen
Unterlagen und unter Berücksichtigung seiner Untersuchungsergebnisse vom 10.9.2015 zu dem überzeugenden Ergebnis gelangt sei,
dass bei der Klägerin zwar qualitative Leistungseinschränkungen vorlägen, ihr quantitatives Leistungsvermögen aber nicht auf
weniger als sechs Stunden arbeitstäglich gesunken sei. Dies sei durch die im Berufungsverfahren beigezogenen ärztlichen Berichte
der M. -Klinik und den Entlassungsbericht aus der Rehaklinik in Bad K. - bestätigt worden, wo die Klägerin jeweils als arbeitsfähig
entlassen worden sei. Eine schwere spezifische Leistungsminderung oder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen,
die ausnahmsweise die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erforderlich machen
würden, lägen hier nicht vor.
Anlass zu weiteren Ermittlungen bestehe nicht; eine aufklärungsbedürftige Verschlimmerung der Erkrankung, die voraussichtlich
sechs Monate andauern werde, ergebe sich nicht aus der vorgelegten Bescheinigung des Dr. O. über eine Arbeitsunfähigkeit vom
28.9.2016 bis voraussichtlich 19.11.2016. Auch aus der Stellungnahme des psychologischen Therapeuten S. vom 14.11.2016 ergebe
sich über den bereits geklärten Sachverhalt hinaus kein Anhalt für eine dauerhafte Einschränkung der Erwerbsfähigkeit und
das Erfordernis weiterer Ermittlungen.
Die Klägerin hat mit Schreiben vom 23.11.2016 Prozesskostenhilfe (PKH) und Beiordnung eines Rechtsanwalts für ein Beschwerdeverfahren
gegen die Nichtzulassung der Revision im vorstehend genannten Urteil beantragt und zugleich einen "formlosen Antrag" im Hinblick
auf das Beschwerdeverfahren gestellt.
Sie macht sinngemäß einen Verfahrensfehler geltend, weil das LSG kein fachpsychologisches Gutachten eingeholt habe, obwohl
Prof. Dr. V. dies als fakultativ angesehen habe. Die Mitteilung ihres Psychotherapeuten sei ignoriert worden. Die Gutachten
seien nicht verwertbar; es bestehe der Verdacht, dass sie nur für die Beklagte erstellt worden seien. Das LSG habe außerdem
die Leitsätze der Entscheidungen des Großen Senats vom 11.12.1969 sowie vom 10.12.1976 zur praktischen Verschlossenheit des
(Teilzeit-)Arbeitsmarktes nicht beachtet. Das LSG habe alle entlastenden Einwendungen ignoriert, auch den Hinweis auf die
Broschüre der Beklagten vom Dezember 2011 über die Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Das Urteil enthalte beleidigende
Bemerkungen über ihre Familie, die gegen Art
1 Abs
1 GG verstoßen würden.
II
Der PKH-Antrag der Klägerin ist abzulehnen. Nach §
73a Abs
1 S 1 des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) iVm §
114 Abs
1 S 1 der
Zivilprozessordnung (
ZPO) kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Das ist hier
nicht der Fall.
Nach §
160 Abs
2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), das Urteil des LSG von einer Entscheidung
des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) abweicht und auf
dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel vorliegt, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann
(Nr 3). Daher kommt es im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde (§§
160,
160a SGG) nicht darauf an, ob die Entscheidung des LSG richtig oder falsch ist. Ein Grund für die Zulassung der Revision im zuvor
benannten Sinne ist nach Prüfung des Streitstoffs und unter Berücksichtigung des Vorbringens der Klägerin sowie des Inhalts
der Gerichts- und Verwaltungsakten nicht gegeben.
1. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus
aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig
(dh entscheidungserheblich) ist. Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung sind im vorliegenden Verfahren nicht ersichtlich;
das LSG hat bei seiner Entscheidung über das Vorliegen der Voraussetzungen einer Erwerbsminderungsrente vielmehr eine Tatsachenwürdigung
im Einzelfall getroffen.
2. Es ist auch nicht ersichtlich, dass ein beim BSG zugelassener Prozessbevollmächtigter eine Divergenz iS des §
160 Abs
2 Nr
2 SGG mit Erfolg rügen könnte. Eine Divergenz kann nur dann zur Revisionszulassung führen, wenn das LSG einen tragenden abstrakten
Rechtssatz in Abweichung von einem abstrakten Rechtssatz in einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG aufgestellt hat (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 67 S 89).
Dies ist nicht der Fall. Soweit sich die Klägerin auf die Entscheidungen des Großen Senats vom 11.12.1969 (BSGE 30, 167 = SozR Nr 79 zu § 1246
RVO und 30, 192 = SozR Nr 20 zu § 1247
RVO) sowie vom 10.12.1976 (BSGE 43, 75 = SozR 2200 § 1246 Nr 13) bezieht, ist das LSG von diesen nicht abgewichen. Den Entscheidungen lagen bereits andere Fallgestaltungen zugrunde.
Dort ging es zum einen um Fragen der Berufsunfähigkeit (BSGE 30, 167 = SozR Nr 79 zu § 1246
RVO), die für die Klägerin schon wegen ihres Geburtsjahrs (1980) nach dem Stichtag des 2.1.1961 (§
240 Abs
1 SGB VI) nicht relevant sind; zum anderen behandeln die Entscheidungen (BSGE 30, 192 = SozR Nr 20 zu § 1247
RVO und 43, 75 = SozR 2200 § 1246 Nr 13) die Verweisbarkeit von Versicherten, bei denen - anders als hier - eine zeitliche Einschränkung des täglichen Leistungsvermögens
schon festgestellt ist, auf Teilzeitarbeitsplätze. Das LSG ist auch nicht von der Rechtsprechung des BSG (vgl ua BSGE 80, 24, 39 = SozR 3-2600 § 44 Nr 8) zur Verschlossenheit des Arbeitsmarktes im Fall einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung oder einer Summierung
ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen abgewichen, sondern hat sich vielmehr ausdrücklich daran ausgerichtet (vgl BSG Urteil vom 10.12.2003 - B 5 RJ 64/02 R - SozR 4-2600 § 44 Nr 1). Ob eine im Einzelfall zutreffende Subsumtion stattgefunden hat, ist für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde
irrelevant (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 73 mwN).
3. Auch kann die Klägerin mit dem Vorbringen, das LSG habe mangels Einholung eines psychologischen Gutachtens die tatrichterliche
Sachaufklärungspflicht (§
103 SGG) verletzt, ihrem PKH-Gesuch nicht zum Erfolg verhelfen. Ein Verfahrensmangel kann nach §
160 Abs
2 Nr
3 SGG nur dann erfolgreich geltend gemacht werden, wenn sich die Aufklärungsrüge auf einen bis zuletzt aufrechterhaltenen Beweisantrag
bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist und die Entscheidung des LSG auf der unterlassenen Beweisaufnahme
beruhen kann (zum Ganzen s BSG Beschluss vom 12.12.2003 - SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 5 mwN).
Zwar sind an Form, Inhalt, Formulierung und Präzisierung eines Beweisantrags verminderte Anforderungen zu stellen, wenn die
Klägerin - wie hier - in der Berufungsinstanz durch keinen rechtskundigen Prozessbevollmächtigten vertreten war (vgl BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 1 RdNr 5 und Nr 13 RdNr 11; BSG Beschlüsse vom 1.3.2006 - B 2 U 403/05 B - Juris RdNr 5 und vom 2.6.2003 - B 2 U 80/03 B - Juris RdNr 4; BVerfG SozR 3-1500 § 160 Nr 6 S 14). Gleichwohl muss auch ein solcher Beteiligter einen konkreten Beweisantrag
zumindest sinngemäß gestellt und aufrechterhalten haben (vgl BSG Beschluss vom 28.9.2015 - B 9 SB 21/15 B - Juris RdNr 7). Auch unvertretene Kläger müssen dem Berufungsgericht verdeutlichen, dass und ggf wo sie die Sachaufklärungspflicht
noch nicht als erfüllt ansehen und deshalb im Berufungsverfahren auf die Sachverhaltsaufklärung hinwirken, deren Unterlassen
sie rügen wollen (vgl BSG Beschlüsse vom 25.8.2015 - B 5 R 206/15 - Juris RdNr 8; vom 2.6.2003 - B 2 U 80/03 B - Juris RdNr 4 und vom 1.3.2006 - B 2 U 403/05 B - Juris RdNr 5).
Die Klägerin hat zwar im Verfahren vor dem SG ausdrücklich eine psychologische Mitbegutachtung zum Gutachten von Prof. Dr. V. insbesondere durch ihren behandelnden Psychotherapeuten
begehrt. Im Verfahren vor dem LSG, auf das es im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde allein ankommt, hat sie jedoch einen
Beweisantrag auf psychologische oder nervenärztliche Begutachtung weder ausdrücklich noch sinngemäß gestellt. Die Klägerin
hat auch keine neuen Gesichtspunkte ihrer psychischen Erkrankung ins Verfahren vor dem LSG eingeführt; sowohl in dem Gutachten
des Prof. Dr. V. als auch in dem Bericht der M. -Klinik vom 2.8.2016 werden die psychischen Aspekte der Klägerin (inklusive
Psychotherapie) bei der Schmerzerkrankung ausführlich abgehandelt und berücksichtigt.
Insbesondere liegt auch in der Übersendung der Stellungnahme ihres Psychotherapeuten am Tag vor der mündlichen Verhandlung
kein im oben genannten Sinn aufrechterhaltener Beweisantrag; darin wird lediglich die Teilnahme an "belastenden bzw sozial
komplexen Veranstaltungen" als "nicht angeraten" bezeichnet. Insoweit musste sich das LSG schon deshalb zu keiner weiteren
Aufklärung gedrängt fühlen, weil es in seinem Urteil selbst von derartigen qualitativen Leistungseinschränkungen der Klägerin
(keine Arbeiten mit besonderer nervlicher Belastung, unter Zeitdruck, mit starkem Publikumsverkehr und hohen Anforderungen
an Konzentrations- und Reaktionsvermögen) ausgeht.
Soweit die Klägerin mit der Auswertung des Sachverständigengutachtens und der sonstigen medizinischen Unterlagen nicht einverstanden
ist, wendet sie sich gegen die Beweiswürdigung (§
128 SGG). Auf deren Verletzung kann jedoch eine Nichtzulassungsbeschwerde wegen §
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 2 Alt 1
SGG von vorneherein nicht erfolgreich gestützt werden.
4. In Bezug auf den gerügten Verstoß gegen Art
1 Abs
1 GG ist kein Zulassungsgrund ersichtlich. Bei den von der Klägerin gerügten Formulierungen handelt es sich im Übrigen nicht um
Werturteile des Gerichts, sondern um die Wiedergabe von Formulierungen aus dem psychischen Befund im Abschlussbericht der
M. -Klinik.
5. Da die aufgezeigten Voraussetzungen für eine Bewilligung von PKH nicht vorliegen, kommt die Beiordnung eines Rechtsanwalts
für die Durchführung des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens nicht in Betracht (§
73a Abs
1 S 1
SGG iVm §
121 Abs
1 ZPO).
6. Die von der Klägerin selbst eingelegte Beschwerde ist nicht formgerecht, da sie nicht durch einen vor dem BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§
73 Abs
4 SGG) eingelegt worden ist. Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt gemäß §
160a Abs
4 S 1 Halbs 2 iVm §
169 S 3
SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechender Anwendung des §
193 SGG.